Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 03.09.2020 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 23.855,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.01.2020 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs VW Caddy, Fahrzeugidentifikationsnummer W..., zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.501,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.01.2020 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer 1. genannten Zug-um-Zug-Leistung in Verzug befindet.
4. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 23% und die Beklagte 77 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Seite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.
7. Die Revision wird zugelassen.
8. Streitwert des Berufungsverfahrens: Bis zu 25.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein vom so genannten Dieselskandal betroffenes Fahrzeug.
Der Kläger erwarb am ...2013 vom Autohaus S... in P... ein von der Beklagten hergestelltes Neufahrzeug der Marke VW Caddy Maxi 2,0 l TDI 103 kW zum Preis von 31.500 EUR (Anlage K 1). Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor EA 189 EU 5 ausgestattet und hatte zum Zeitpunkt des Erwerbs einen Kilometerstand von 10 km. Am 07.11.2016 wurde ein Software-Update aufgespielt, um die ursprünglich in dem Motor EA 189 installierte Manipulationssoftware auszuschalten.
Mit Schreiben vom 15.10.2019 forderte der Kläger die Beklagte zur Anerkennung ihrer Schadensersatzpflicht auf (Anlage K 20).
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 31.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.01.2020) Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs VW Caddy, Fahrzeugidentifikationsnummer W..., sowie gegen Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Nutzungsentschädigung zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zinsen in Höhe von 4% aus 31.500 EUR seit dem 19.12.2013 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit (17.01.2020) zu zahlen;
3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.256,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.01.2020) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 03.09.2020 die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klageforderung sei verjährt. Wegen der weiteren erstinstanzlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger meint, die Klageforderung sei nicht verjährt. Weder könne aufgrund des durchschnittlichen Medienkonsums in Deutschland auf seine Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs geschlossen werden noch habe sich aus der unübersichtlichen Berichterstattung ein Anhaltspunkt dafür ergeben. Ihm sei auch keine grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen. Dass die Beklagte 2015 die Öffentlichkeit und ihre Partnerunternehmen informiert habe, genüge in diesem Zusammenhang nicht, zumal die Beklagte zugleich die Vorgänge verschleiert und ihre Schadensersatzpflicht negiert habe. Die Verjährungsfrist könne außerdem nicht vor der Entscheidung des BGH vom 25.05.2020 (VI ZR 252/19) zu laufen begonnen haben, da ihm vorher eine Klageerhebung wegen unsicherer Rechtslage nicht zumutbar gewesen sei. Es gelte außerdem die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 BGB. Schließlich sei die Erhebung der Verjährungseinrede rechtsmissbräuchlich, weil die Beklagte die Anspruchsinhaber durch umfassende Leugnung ihrer Einstandspflicht irregeführt habe.
Die Beklagte habe auch einen Betrug durch das Aufspielen des Software-Updates begangen, indem dieses als unzulässiges Thermofenster programmiert worden sei. Die Abgasreinigung nach Durchführung des Updates funktioniere lediglich bei Temperaturen zwischen 10 und 32 Grad Celsius und werde zudem ab einer Höhe von 1000 Metern ausgeschaltet. Dabei handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. d. Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO 715/2007.
Messungen und auch der erneute Rückruf durch das KBA betreffend den EOS belegten, dass die betroffenen Fahrzeuge auch nach dem Software-Update die NOx-Werte lediglich im NEFZ-Prüfstand einhielten. Damit sei zugleich belegt, dass durch das Software-Update weitere Abschalteinrichtungen installiert seien. Die Software könne mittels einer Lenkwinkelerkennung,...