Verfahrensgang
LG Cottbus (Aktenzeichen 2 O 428/21) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 04.09.2023, Az. 2 O 428/21, abgeändert: Das Versäumnisurteil vom 18.08.2022 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis des Beklagten, die dieser selbst trägt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf die Wertstufe bis zu 260.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus drei Höchstbetragsbürgschaften in Anspruch.
Der nicht verfahrensbeteiligten ("Firma 01") (nachfolgend: Hauptschuldnerin), deren Gesellschafter und zeitweise Geschäftsführer der Beklagte war, gewährte die Klägerin im Dezember 2014 zwei Darlehen (zur Konto-Nr. ... i.H.v. 65.000 EUR und zur Konto-Nr. ... i.H.v. 95.000 EUR) und räumte ihr einen Kontokorrentkredit (zur Konto-Nr. ... i.H.v. 120.000 EUR) ein. Der Beklagte gab für alle drei Darlehen selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaften ab. In den jeweiligen Vertragserklärungen vereinbarten die Parteien u.a. die Anwendung deutschen Rechts und nachfolgende Verjährungsregelung:
"Verlängerung der Verjährungsfrist
Ansprüche der Bank aus diesem Bürgschaftsvertrag verjähren nach Ablauf von fünf Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist."
Für Teilbeträge der der Hauptschuldnerin gewährten Darlehen und Kontokorrentkredite übernahm die ("Firma 02") (nachfolgend: Bürgschaftsbank) Ausfallbürgschaften, nämlich für den Kontokorrentkredit i.H.v. zunächst 100.000 EUR, ab Januar 2016 nur noch i.H.v. 40.000 EUR und für das Darlehen zur Nr. ... i.Hv. 40.000 EUR. Das weitere Darlehen zur Nr. ... wurde nicht zusätzlich besichert. In den die Ausfallbürgschaften betreffenden Anlagen zu den Darlehensverträgen vereinbarte die Klägerin mit der Hauptschuldnerin die Geltung der Allgemeinen Bürgschaftsbedingungen der Bürgschaftsbank, nach denen die Forderungen der Hausbank im Leistungsfall auf die Bürgschaftsbank übergehen (Ziffer 19.1) und die Hausbank bevollmächtigt ist, die Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen (Ziffer 19.2). Als Rückbürgen der Bürgschaftsbank traten das Land Brandenburg und der Bund auf.
Im Februar 2016 kündigte die Klägerin die Darlehen, nachdem die Hauptschuldnerin ihren Rückzahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen war und rechnete über sie ab. Über das Vermögen der Hauptschuldnerin wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und darin der vollständige Ausfall der Darlehensforderungen festgestellt. Daraufhin nahm die Klägerin im Juni 2016 den Beklagten aus den Bürgschaften in Anspruch und forderte ihn erfolglos zur Zahlung in Höhe von insgesamt 234.896,39 EUR auf, wovon 120.000 EUR auf den Kontokorrentkredit, 58.317,36 EUR auf das Darlehen zur Nr. ... und 56.579,03 EUR auf das Darlehen zur Nr. ... entfielen.
Auf Anforderung der Klägerin leistete die Bürgschaftsbank im Januar 2017 Zahlungen i.H.v. insgesamt 86.511,63 EUR, davon 40.000 EUR auf den Kontokorrentkredit und 46.511,63 EUR auf das Darlehen .... Die Zahlungen standen unter dem Vorbehalt der endgültigen Prüfung des Forderungsausfalls, den die Bürgschaftsbank im Mai 2023 aufhob. Die Klägerin trat ihre gegen den Beklagten gerichteten Ansprüche in Höhe der von der Bürgschaftsbank geleisteten Zahlungen im April 2017 an die dies annehmende Bürgschaftsbank ab.
Im Mai 2017 verzog der Beklagte nach ("Stadt 01") in ("Land 01"), nachdem er sich Ende April 2017 beim Bezirksamt ("Stadt 02") ordnungsbehördlich abgemeldet hatte. Eine von der Bürgschaftsbank im Juni 2020 mit der Adressprüfung beauftragte Deutsche Post AG bestätigte als Adresse des Beklagten dessen frühere inländische Wohnanschrift "("Adresse 01")".
Mit ihrer am 27.12.2021 eingegangenen Klage macht die Klägerin den zuvor außergerichtlich vom Beklagten geforderten Gesamtbetrag i.Hv. 234.896,39 EUR geltend.
Nachdem die Zustellung der Klage an der in der Klageschrift angegebenen Anschrift des Beklagten in ("Stadt 03") nicht möglich gewesen war, hat die Klägerin unter Verweis auf ihre erfolglosen Adressrecherchen die öffentliche Zustellung beantragt. Auf die Mitteilung des Gerichts, in "anderer Sache" sei eine Anschrift des Beklagten in ("Land 01") (("Adresse 02")) bekannt, hat die Klägerin an ihrem Antrag der öffentlichen Zustellung festgehalten und vorgetragen, ihre Ermittlungen hätten ergeben, dass der Beklagte an der angegebenen Anschrift in ("Land 01") nicht mehr wohnhaft sei. Daraufhin hat das Landgericht die öffentliche Zustellung der Klage und der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens angeordnet, die sodann bis zum 15.07.2022 ausgeführt wurde. Mit Versäumnisurteil v...