Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 10.11.2005; Aktenzeichen 2 O 417/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10.11.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Potsdam - 2 O 417/04 - teilweise abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu unterlassen, wie nachstehend wiedergegeben, über die Klägerin Dritten gegenüber zu behaupten und/oder behaupten zu lassen:
"Denn die D. heftet sich doch mit ihrem eigenen unternehmerischen Gewinn (Summe der Franchisegebühren) quasi wie eine Zecke an die Lebensadern der Kontierer, die von ihr zur unbefugten, geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen aufgestachelt wurden.
Es ist doch eindeutig ersichtlich, dass die D. und ihre unerfahrenen Franchi-senehmer eine parasitäre Veranstaltung darstellt, bei der nicht nur die Steuerpflichtigen geschädigt, sondern auch die unerfahrenen Franchisenehmer an der Nase herumgeführt werden."
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 6.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Es wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 571 ff. d.A.).
Das LG Potsdam hat mit dem am 10.11.2005 verkündeten Urteil die Klage als unzulässig abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. In einem förmlichen Verfahren (hier: Rechtstreit 11 O 86/03, LG Cottbus) getätigte ehrkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dienten, könnten grundsätzlich nicht zum Gegenstand einer Unterlassungsklage gemacht werden. Dies gelte jedenfalls dann, wenn das förmliche Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Durch die Unterlassungsklage dürfe nicht in das laufende Verfahren eingegriffen werden. Vorliegend sei das Verfahren nicht abgeschlossen, da das Urteil des LG Cottbus in dem zitierten Rechtsstreit und auch das Berufungsurteil (6 U 108/04) wegen des noch laufenden Revisionsverfahrens nicht rechtskräftig seien.
Dieser Grundsatz gelte auch dann, wenn die ehrverletzenden Äußerungen einen an dem förmlichen Verfahren nicht beteiligten Dritten wie die Klägerin beträfen, jedenfalls dann, wenn dieser nicht als vollkommen Unbeteiligter in den Prozess einbezogen werde, wenn die Äußerungen nicht ohne jeden inneren Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Rechten getätigt würden und wenn die Unwahrheit der Äußerungen nicht ohne Weiteres auf der Hand liege. In solchen Fällen dürfe die Partei in Wahrnehmung ihres prozessualen Grundrechtes aus Art. 103 GG, ihre rechtlichen Interessen in einem ordentlichen Gerichtsverfahren umfassend zu verfolgen, auch die Ehre eines Dritten verletzende Äußerungen für erforderlich halten. Die Klägerin sei bezogen auf das Verhältnis zwischen der Beklagten und der Franchise-nehmerin M. nicht vollkommen unbeteiligt.
Ohne die Franchise - vertragliche Bindung zwischen der Klägerin und Frau M. wäre es zu der von der Beklagten im Rechtsstreit 11 O 86/03 gerügten konkreten Bewerbung der buchführerischen Tätigkeiten der Frau M. gar nicht gekommen.
Was den Unterlassungsantrag zu a.) anbelange, so liege die Unwahrheit der angegriffenen Äußerungen nicht auf der Hand. Die Äußerung im Vorprozess, die Klägerin veranlasse reihenweise Personen, wettbewerbswidrige Hilfeleistungen in Steuersachen in Form von Buchhaltung anzudienen und zu erbringen, sei nicht offenkundig unwahr. Mit dieser Äußerung habe die Beklagte Bezug genommen auf die umfangreiche Werbung der Klägerin für das Franchisen von Buchführungsbüros. Dass die Klägerin von der (auch rechtswidrigen) Tätigkeit der Franchisenehmer über die Franchisegebühr profitiere, sei ohne Weiteres zutreffend.
Die Äußerung der Beklagten in dem zitierten Schriftsatz, die Klägerin verschweige den Fran-chisenehmern die Rechtswidrigkeit der uneingeschränkten Werbung mit "Buchführung", sei nicht offenbar falsch. Auch aus der Internetwerbung der Klägerin ergebe sich nicht der ausdrückliche Hinweis, dass die Franchisenehmer mit dem Angebot der uneingeschränkten Buchführung nicht werbend auftreten dürften.
Auch die Äußerung der Beklagten, die entdeckten Franchisenehmer führten Prozesse auf Kosten der Klägerin, wie deren Prozessbevollmächtigter vor dem OLG Brandenb...