Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 20. März 2019, Az. 2 O 282/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Cottbus ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 28.929,47 EUR EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückgängigmachung eines Kaufvertrages über einen PKW aus dem Komplex "VW-Abgas-Skandal" in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 10. Dezember 2015 vom Audi Zentrum B... einen gebrauchten PKW Audi A4 Avant TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... mit einer Laufleistung von 18100 Kilometern zum Preis von 26.600,00 Euro. In dem Fahrzeug war ein von der Beklagten entwickelter Motor mit der internen Bezeichnung "EA 189" eingebaut. Der Motor war zum Zeitpunkt des Verkaufs mit einer Motorsteuerungssoftware ausgestattet, die erkennt, wenn das Fahrzeug - etwa im Rahmen des Zulassungsverfahrens - den sogenannten "Neuen Europäischen Fahrzeugzyklus" (NEFZ) durchfährt, der für die Prüfung des Abgaswertes eines neuen Fahrzeuges relevant ist. In diesem Zyklus wird eine bestimmte Menge an Abgasen vor Erreichen des Emissionskontrollsystems in den Motor zurückgeführt, fällt also bei der Kontrolle nicht an (Modus 1). Auf Basis der hierdurch erzielten Abgaswerte wurde dem Fahrzeug bzw. dem Motor bescheinigt, dass er die "Euro 5"- Abgasnorm erfülle, die unter anderem auch das Maß an ausgestoßenen Stickoxiden regelt. Unter realen Bedingungen im Straßenverkehr (Modus 0) erfolgt die Abgasrückführung nicht im selben Maße mit der Folge, dass wesentlich mehr Stickoxide ausgestoßen werden.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) stellte mit rechtskräftigem Bescheid vom 15. Oktober 2015 gegenüber der Beklagten fest, dass es sich bei der von der Beklagten verwendeten Motorsteuerungssoftware um eine unzulässige Abschaltvorrichtung gemäß Art. 3 Nr. 10 der EU- Verordnung Nr. 715/2007 handelte. Die Beklagte wurde verpflichtet, diese zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen.

Am 22. September 2015 gab die Beklagte eine ad-hoc Mitteilung heraus, in der sie über die Diesel-Thematik informierte, und teilte darin mit, "Volkswagen treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck voran". Noch im Herbst 2015 schaltete die Beklagte eine Internetwebseite, auf der sich Kunden mit Hilfe der Fahrzeugidentifikationsnummer darüber informieren können, ob ihr Fahrzeug von der Manipulation betroffen ist. Dies wurde in den Medien auch bekannt gemacht. Im Anschluss an diese Nachricht wurde in sämtlichen Medien über die sogenannte "Diesel-Affäre" bzw. den "Diesel-Skandal" berichtet.

Die Beklagte entwickelte in der Folge ein Software-Update für den Motortyp EA 189. Mit Schreiben vom 03. Juni 2016 an die Beklagte bestätigte das KBA der Beklagten gegenüber - bezüglich der Fahrzeuge des hier streitgegenständlichen Typs -, dass die von der Volkswagen AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet seien, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein deliktischer, auf die Rückabwickelung des Kaufvertrages gerichteter Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB sowie wegen Betrugs aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu. Die im Motor eingesetzte Software sei eine unzulässige Abschaltvorrichtung im Sinne der Art. 5 Abs. 2 der EU-Verordnung. Er hat behauptet, vom Einbau der unzulässigen Software hätten neben zahlreichen, teilweise namentlich benannten Führungskräften, leitenden Managern und Ingenieuren auch mehrere Vorstände und der damalige Vorstandsvorsitzende gewusst.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an ihn 20.917,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2.336,95 EUR sowie weiterer Zinsen aus 24.036,53 EUR in Höhe von 4 % pro Jahr seit dem 28. Februar 2019 zu zahlen und ihn von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der Audi Bank aus dem Darlehensvertrag zur Darlehensvertragsnummer ... in Höhe von 3.800,- EUR freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs Audi A 4 Avant Attraction 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... über Übertragung des dem Kläger gegenüber der Audi Bank zustehenden Anwartschaftsrechts auf Übereignung des vorstehend bezeichneten Fahrzeuges,

es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziff. 1 genannten Fahrzeuges seit dem 4. Januar 2018 in Annahmeverzug befindet,

die Beklagte wird verurteilt, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten sowie ihn von weiteren Rechtsanwaltskosten in Höhe von 359,38 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der ...

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