Verfahrensgang

LG Cottbus (Urteil vom 31.05.2022; Aktenzeichen 3 O 19/21)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird hinsichtlich der geforderten Rechtsanwaltskosten i.H.v. 306,25 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2021 verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das am 31.05.2022 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus, Az.: 3 O 19/21, hinsichtlich der Verzinsung der Hauptforderung teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2015 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 321,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2021 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Beklagten im Übrigen wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in I. Instanz haben der Kläger 7/8 und der Beklagte 1/8 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 7/10 und der Beklagte zu 3/10 zu tragen

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den beklagten Landkreis (im folgenden: Beklagter) auf Zahlung von Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz in Form von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus einem Verkehrsunfall vom 20.03.2013 in ("Ort 01") auf der ("Adresse 01") in Höhe der Hausnummer ... in Anspruch. Der Kläger befand sich als Beifahrer in dem von seinem Arbeitskollegen ("Name 01") gefahrenen VW Caddy, wobei der VW Caddy im Zuge der Durchführung eines Wendemanövers aus einer Grundstückseinfahrt auf die Fahrbahn zurücksetzte. Dabei kollidierte der VW Caddy mit einem Notarztwagen des Rettungsdienstes des Beklagten, der sich aus Richtung ("Ort 02") mit eingeschaltetem Blaulicht, jedoch ohne eingeschaltetem Martinshorn näherte. Der Notarztwagen leitete bei einer Geschwindigkeit von 102 km/h eine Gefahrenbremsung ein. Dem Fahrer des VW Caddy war durch einen Baum die Sicht auf den Notarztwagen jedenfalls teilweise verdeckt. Der Kläger wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Der Kläger und sein Arbeitskollege hatten zuvor im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit einen Hydranten gewartet. Der Unfall wurde vom Träger der gesetzlichen Unfallversicherung des Klägers als Arbeitsunfall anerkannt. Die Parteien streiten über die einer Haftung des Beklagten zugrundezulegende Quote, über die Höhe eines angemessenen Schmerzensgeldes und die Höhe der dem Kläger auszugleichenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie den Beginn einer Zinspflicht des Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit am 31.05.2022 verkündeten Urteil hat das Landgericht den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 10.000,00 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 321,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2015 bzw. seit dem 05.03.2021 zu zahlen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Anspruch des Klägers aus §§ 7, 18 StVG und § 823 BGB bestehe nicht, soweit im Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Arbeitskollegen des Klägers bzw. den Halter des VW Caddy nicht der Beklagte haften würde. Der Beklagte hafte daher nicht über den vorgerichtlich zugestandenen Anteil von 50 % hinaus. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. ("Name 02") in seinem Gutachten vom 28.01.2014 sei der Fahrer des VW Caddy entweder ohne Sicht und ohne sich einweisen zu lassen auf die Fahrbahn eingefahren oder er hätte den sich nähernden Notarztwagen sehen können und bemerken müssen, dass dieser mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit und eingeschaltetem Blaulicht fuhr, und sei gleichwohl gefahren. Zudem hätten für den Fahrer des VW Caddy die erhöhten Sorgfaltsanforderungen des § 9 Abs. 5 StVO und des § 10 StVO gegolten. Hingegen habe sich der Notarztwagen im Einsatz befunden und daher schneller als 50 km/h fahren dürfen. Unter Berücksichtigung der unstreitigen Verletzungen und Verletzungsfolgen sei ohne Berücksichtigung der Haftungsquote ein Schmerzensgeld von 100.000,00 EUR angemessen, sodass bei einer Haftungsquote von 50 % unter Anrechnung der vorgerichtlichen Zahlung des Beklagten ein Anspruch i.H.v. 10.000,00 EUR verbleibe. Der Feststellungsantrag sei zulässig, jedoch unbegründet, da eine 50 %ige Haftung seitens des Beklagten anerkannt worden sei und eine höhere Haftung nicht bestehe. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten seien unter Berücksichtigung eines Gebührensatzes von 1,8 zu erstatten. Wegen der Begründung im...

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