Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeldbemessung bei einer Schulterverletzung
Normenkette
BGB § 253 Abs. 2, § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 22.08.2012; Aktenzeichen 14 O 274/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 22.8.2012 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt/O. - 14 O 274/11 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.8.2011 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus der Körperverletzungshandlung vom 1.6.2011 gegen 12:30 Uhr in F.,... straße 15d, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung vorprozessual entstandener Rechtsanwaltskosten i.H.v. 661,16 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Beklagte 68 % und die Klägerin 32 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes von mindestens 7.500 EUR, auf Feststellung der Ersatzpflicht für sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Sie stützt ihre Forderungen darauf, der Beklagte habe sie am 1.6.2011 durch gewaltsames Öffnen der Eingangstür der Wohnung ... straße 15d in F. verletzt. Von der Darstellung des Tatbestandes im Übrigen wird abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil nicht gegeben ist, §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
II. Die gem. §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet. Sie führt unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zur Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 4.500 EUR nebst Zinsen, zur Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden der Klägerin und zur Verurteilung des Beklagten, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 661,16 EUR freizustellen. Im Übrigen unterliegt die Berufung der Zurückweisung, denn die weiter gehende Klage ist unbegründet.
1) Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld in der zuerkannten Höhe und ein Anspruch auf Ersatz künftiger materieller und immaterieller Schäden wegen unerlaubter Handlung gem. §§ 823 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2 BGB zu. Der Beklagte hat die Klägerin am 1.6.2011 durch gewaltsames Aufdrücken/Aufstoßen der Eingangstür der Wohnung ... straße 15d in F. an der rechten Schulter verletzt.
1.1) Entgegen der Ansicht des LG ist die Feststellung gerechtfertigt, dass der Beklagte auf den Körper der Klägerin in der Weise eingewirkt hat, dass er die Eingangstür der Wohnung aufgedrückt oder aufgestoßen hat, während die Klägerin die Tür schließen wollte, um ein Eindringen des Beklagten in die Wohnung ihrer Eltern zu verhindern.
Diese Feststellung stützt sich auf die von beiden Parteien im Rahmen ihrer Anhörung im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Erklärungen und die vom LG protokollierten Aussagen der Zeugen C. F. und M. Z..., deren Glaubwürdigkeit keinen Bedenken begegnet und von den Parteien auch nicht angezweifelt wird.
So hat die Klägerin geschildert, dass sie an der Eingangstür der Wohnung ihrer Eltern stand, um den Krankentransport und ihre aus dem Krankenhaus entlassene pflegebedürftige Mutter in die Wohnung zu lassen. Dem dahinter erschienenen Beklagten und seiner Begleiterin, der Zeugin Z ..., hat die Klägerin nach ihrer Darstellung gesagt, sie sollen draußen bleiben. Als sie die Tür schließen wollte, so die Klägerin weiter, hat der Beklagte die Tür mit Gewalt aufgedrückt und sie dadurch gegen die Hausflurwand geschleudert (Protokoll der mündlichen Verhandlung v. 8.2.2012, S. 2, Bl. 94 d.A.). Der Beklagte hat den Geschehensablauf im Kern nicht anders dargestellt. Zwar hat er mitgeteilt, dass er die Tür gegen die Schulter bekommen hat, als die Klägerin diese zumachen oder zuschlagen wollte. Dabei hat er aber eingeräumt, dass die Klägerin ihm, bevor er die Wohnung betreten hat, gesagt hat, dass er draußen bleiben solle (Protokoll der mündlichen Verhandlung v. 8.2.2012, S. 2, Bl. 94 d.A.). Dass der Beklagte gegen den Widerstand der Klägerin in die Wohnung gelangt ist, steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
Übereinstimmend damit hat der Zeuge C. F., der sich im Flur der Wohnung befand, ausgesagt, dass die Klägerin an der Tür stand, als der Beklagte, wie er es ausgedrückt hat, hereingestürmt kam. Dabei hat der Zeuge nach seiner Schilderung auch wahrgenommen, dass die Klägerin den Beklagten aufgefordert...