Leitsatz (amtlich)
Die Grundsätze der Rechtsprechung des BGH, dass die Erben ein Mietverhältnis über eine zum Nachlass gehörende Sache wirksam mit Stimmenmehrheit kündigen können, wenn sich die Kündigung als Maßnahme ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung darstellt, sind auf die Kündigung eines Girovertrages bzw. eines Vertrages über ein Sparkonto übertragbar.
Eine solche Kündigung stellt eine Maßregel zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung des Nachlasses dar, die zur ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung gehört. Dies ist jedenfalls dann der Fall, um bei einer sicheren Einlage die Erzielung eines höheren Habenzinses zu ermöglichen.
Normenkette
BGB § 2038 Abs. 1-2, § 2040 Abs. 1, § 745 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 21.04.2010; Aktenzeichen 8 O 550/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.4.2010 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Potsdam - 8 O 550/09 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn die Kläger vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
I. Die Kläger sind Mitglieder der ungeteilten Erbengemeinschaft nach der am ... in ... verstorbenen L. (nachfolgend Erblasserin). Ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des AG Königs Wusterhausen vom 11.6.2008 (6 VI 337/05) sind die Kläger zu Ziff. 1. bis Ziff. 3. Miterben zu je ¼ und die vormaligen Kläger Ziffer zu 4. bis Ziff. 10. Miterben zu je 1/32 der Erblasserin geworden. Einer der Miterben zu 1/32, J. R., ist am ... verstorben. Ausweislich des Erbscheins des AG Marienberg vom 11.6.2008 (VI 0180/09) ist C. R. Erbin des J. R. geworden.
Die Erblasserin unterhielt zu ihren Lebzeiten bei der Beklagten ein Girokonto Nr ... (alt:...) und ein Sparkonto Nr ... (alt:...). Das Guthaben auf dem Girokonto wird nicht verzinst, dasjenige auf dem Sparkonto unterliegt derzeit einer Verzinsung von 0,5 % p.a.. Die Guthaben beider Konten betrugen am Jahresende nach dem Sterbedatum der Erblasserin - also zum Jahresende 2003 - inklusive der Zinsen insgesamt 31.716 EUR.
Ursprünglich hatten alle 10 Kläger die Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 26.2.2010 haben die Kläger zu Ziff. 4. bis Ziff. 10. die Klage zurückgenommen.
Mit von den drei verbliebenen Klägern gefasstem Beschluss vom 4.12.2009 beschloss die Erbengemeinschaft die Beendigung der Geschäftsverbindung zur Beklagten und die Beauftragung des Klägervertreters, der mit Schreiben vom 4.12.2009 die Kündigung der Geschäftsbeziehung der Erbengemeinschaft zur Beklagten erklärte und die Auszahlung des Gutachtens geltend machte. Mit weiterem Beschluss vom 20.2.2010 wiederholte die Versammlung der Erbengemeinschaft mit den Stimmen der drei Kläger die Erteilung der Vollmacht an den Prozessbevollmächtigten betreffend die Kündigung der Geschäftsbeziehung zur Beklagten sowie die Prozessführung.
Die Kläger zu Ziff. 1. bis Ziff. 3. begehren die Kündigung der Konten bei der Beklagten, um bei einem anderen Geldinstitut zu einer Verzinsung gleich bzw. über dem Kaufkraftschwund bei 100%iger Einlagensicherheit anlegen zu können.
Sie haben die Auffassung vertreten, die von ihnen erklärte Kündigung sei wirksam, da sie mit Stimmenmehrheit der Erbengemeinschaft beschlossen worden sei. Die Nachlasssubstanz werde durch die verfahrensgegenständliche Kündigung nicht negativ betroffen. Vielmehr sei die Erbengemeinschaft im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung berechtigt, jederzeit Sparkonten begründen oder beenden zu können. Ferner haben sie die Ansicht vertreten, die Erbengemeinschaft sei bei Fortbestand der Geschäftsbeziehung zur Beklagten zur geltend gemachten Einziehung der Kontenguthaben auch ohne eine Kündigung berechtigt.
Nachdem die Klage ursprünglich von den Klägern zu Ziff. 1. bis Ziff. 10. erhoben und Zahlung an die Kläger gemeinschaftlich begehrt worden war, haben die verbliebenen Kläger zu Ziff. 1. bis Ziff. 3. nach Rücknahme der Klage durch die vormaligen Kläger zu Ziff. 4. bis Ziff. 10. beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft über den Nachlass der am 1.2.1920 in ... geborenen, zuletzt in ... wohnhaft gewesenen, am ... in ... verstorbenen L. 31.716 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.1.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Klage sei bereits mangels hinreichender Angabe im Antrag, wer Mitglied der Erbengemeinschaft sei, unzulässig. Ferner hat sie gemeint, jedenfalls sei die Kündigung der bei ihr für die Erblasserin geführten Konten unwirksam, da die Erben gem. § 2040 BGB nur gemeinschaftlich über die Nachlassgegenstände verfügen dürften. Die Kündigung stelle im Gegensatz zur Verwaltung gem. § 2038 BGB eine Verfügung dar, nämlich einen Eingriff in den Kernbestand der Erbengemeinschaft und müsse deshalb einstimmig erfolgen, was vorliegend jedoch ...