Tenor

1. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 25. Juni 2019 zum Aktenzeichen 13 O 411/18 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.297,73 EUR EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2018 zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs VW Touran mit der FIN ....

b) Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs VW Touran mit der FIN ... in Annahmeverzug befindet.

c) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von vier Prozent aus 16.866 EUR seit dem 11. April 2015 und aus weiteren 11.672,75 EUR seit dem 29. Mai 2015 bis zum 10. Dezember 2018 zu zahlen.

d) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 633,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2018 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen sowie ihre weitergehende Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz hat die Beklagte tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu 29 % und die Beklagte zu 71 % zu tragen.

3. Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 30.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die beklagte Herstellerin des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Dieselmotors der Baureihe EA189 auf Schadensersatz in Form des an diese gezahlten Kaufpreises und weiterer Schäden in Anspruch.

Die Klägerin erwarb das Fahrzeug, einen Pkw der Marke VW Touran Comfortline 1,6 l TDI, mit unmittelbar mit der Beklagten geschlossenem Vertrag vom 20./27. Januar 2015 als Neufahrzeug zu einem Preis von 28.538,75 EUR. Die Klägerin finanzierte einen Teil des Kaufpreises über ein Darlehen der ... Bank GmbH. Die ... Bank GmbH zahlte ausweislich der als Anlage K1 vorgelegten Rechnung der Beklagten vom 24.04.2015 an diese am 10.04.2015 zwei Teilbeträge in Höhe von insgesamt 16.866,- EUR; die Zahlung des restlichen Betrages von 11.672,75 EUR erfolgte auf ein im Mai 2015 gewährtes Darlehen nach dem beklagtenseits unbestrittenen Vortrag der Klägerin am 28.05.2015.

Der von der Beklagten hergestellte Motor des Fahrzeugs verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchführt, und sodann einen besonderen Modus aktiviert (sogenannte Umschaltlogik). In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zu dem normalen Betriebsmodus verändert, wodurch die nach der Euro-5-Norm vorgegebenen Stickoxid-Werte während des Durchfahrens des NEFZ eingehalten werden. Im normalen Fahrbetrieb wird dieser Modus deaktiviert, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt. Durch den Einsatz dieser Motorsteuerungssoftware wurde die EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erlangt.

Der Dieselmotor wurde serienmäßig in diverse Fahrzeugmodelle der Beklagten sowie derer Konzernunternehmen verbaut. Das Kraftfahrtbundesamt verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 dazu, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Motor der Baureihe EA189 die aus Sicht des Bundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen. Die Beklagte entwickelte ein Update für die Motorsteuerungssoftware, wonach das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. November 2018 forderte die Klägerin die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich 4 % Zinsen aus § 849 BGB Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs sowie Zahlung einer Nutzungsentschädigung für aktuell gefahrene 55.000 Kilometer auf der Basis einer anzusetzenden Nutzungsdauer von 500.000 km auf.

Am 03. März 2020 wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 81.067 km auf.

Das Landgericht hat der Klage teilweise, nämlich in Höhe von 26.946,84 EUR nebst Verzugszinsen ab dem 11. Dezember 2018 Zug um Zug gegen Übereignung des PKW und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 7.659,91 EUR, hinsichtlich der Anträge auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden und Aufwendungen und des Annahmeverzuges sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 691,33 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Im Übrigen, d.h. insbesondere in Bezug auf den Antrag auf Zahlung von Deliktszinsen gemäß § 849 BGB, hat es die Klage abgewiesen. Es hat einen Anspruch des Klägers aus § 826 BGB dem Grunde na...

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