Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 28.05.1997; Aktenzeichen 1 a O 684/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28. Mai 1997 verkündete Urteil der 1 a Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 720.430,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4. März 1997 zu zahlen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin zu 6 % und die Beklagte zu 94 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Beklagten zur Last. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 815.650,00 DM abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 700,00 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der – Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheiten dürfen auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Das Grundstück M.-Straße 21–24 in W. ist mit einem im Rahmen des komplexen Wohnungsbaus errichteten Wohnblock bebaut. Die Bauarbeiten dauerten vom 5.10.1989 – mit Unterbrechung – bis zum 31.5.1991. Am 10.6.1991 fand die Abnahme der 40 Wohneinheiten des Wohnblocks zwischen der Hoch- und Tiefbaugesellschaft W. mbH (Auftragnehmer) und der Gebäude- und Wohnungswirtschaft W. (Auftraggeber) statt (Bl. 107 d. A.). Da nur ein Teil der Wohnung vermietet werden konnte, teilte die Beklagte das gesamte Grundstück in 40 Eigentumswohnungen, die sie über die Vertreiberfirma A. Immobilienkontor GmbH & Co. KG noch vor Ablauf des Jahres 1991 an Erwerber aus dem süddeutschen Raum veräußerte. Die Erwerber, die auf der Grundlage des Prospekts der Firma A. immobilienkontor GmbH & Co. KG (Bl. 15–35 d. A.) kauften, schlossen im wesentlichen gleichlautende, von Notar B. in H. beurkundete Verträge (vgl. Bl. 116–128 d. A.). Die Besitzübergabe der 40 Wohnungen sollte – namentlich aus steuerrechtlichen Gründen – noch am 30.12.1991 stattfinden; die Eintragungen der Erwerber im Grundbuch erfolgten nach Zahlung der jeweiligen Kaufpreise.
Mit Schreiben vom 29.5.1996 (Bl. 36–38 d. A.) rügte Rechtsanwalt K. namens und in Vollmacht mehrerer Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft Baumängel. Mit Anwaltsschreiben vom 9.9.1996 (Bl. 39, 40 d. A.) lehnte die Beklagte die Beseitigung von Mängeln ab.
Die Klägerin hat behauptet, das Gebäude weise Baumängel auf, wie sie der Sachverständige K. im Gutachten vom 14.8.1996 (Kopie Bl. 41–74 d. A.) festgehalten habe. Die Baumängel führten zu einer Minderung von insgesamt 720.430,00 DM. Der Beklagten falle Arglist zur Last, weil sie die Erwerber nicht darauf hingewiesen habe, daß das schon während des Bestehens der DDR begonnene Bauwerk nicht dem Stand der Technik entspreche.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 720.430,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4.3.1997 zu zahlen,
- festzustellen, daß die Beklagte der Klägerin auch die Minderungskosten für einen noch festzustellenden, nicht den Regeln der Technik entsprechenden Schallschutz im Treppenhaus und Trittschallschutz betreffend die Treppe im Treppenhaus zu erstatten hat.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Ansicht vertreten, die Sachmängelhaftung richte sich nach Kaufvertragsrecht.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, auf die Rechtsbeziehungen der Erwerber zu der Beklagten seien die Sachmängelvorschriften des Werkvertragsrechts anzuwenden; etwaige Gewährleistungsansprüche seien jedoch selbst bei Annahme eines auf den 30.12.1991 bezogenen Verjährungsbeginns verjährt, da die am 4.3.1997 bewirkte Zustellung der Klage nicht mehr demnächst (§ 270 Abs. 3 ZPO) sei; die in §§ 633, 634 BGB geregelten Gewährleistungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil das Mängelbeseitigungsverlangen im Schreiben vom 29.5.1996 entgegen § 3 Abs. 2 der Verträge nicht an die bauausführenden Handwerker gerichtet gewesen sei; schließlich stehe dem Klagebegehren der in § 3 Abs. 3 der Verträge vereinbarte Gewährleistungsausschluß entgegen, der nicht gegen das AGBG verstoße, weil die Verträge nicht als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzustufen seien; der Beklagten falle auch Arglist nicht zur Last, da schon aus dem Prospekt der Firma A. Immobilienkontor GmbH & Co. KG ersichtlich gewesen sei, daß es sich um einen sogenannten Plattenbau gehandelt habe.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Beide Parteien vertiefen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 720.430,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4.3.1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genom...