Leitsatz (amtlich)

1. Der Klageantrag, es der beklagten Partei zu untersagen, uneingeschränkt Hilfeleistungen in Steuersachen anzubieten und/oder zu erbringen, ist mangels Bestimmtheit unzulässig, denn er wiederholt lediglich den Wortlaut des Verbots des § 5 Abs. 1 StBerG.

2. Da nach § 8 Abs. 4 Satz 1 StBerG die in § 6 Nr. 4 StBerG bezeichneten Personen sich als "Buchhalter" bezeichnen dürfen, dürfen sie damit grundsätzlich auch die Worte "Buchhaltung" bzw. "Buchführung" in ihrer Werbung verwenden und sich als "Buchführungsbüro" bezeichnen. Die Verwendung dieser Begriffe für sich allein ist nicht verboten.

3. Ein Kontierer darf seine Tätigkeitsschwerpunkte jedoch nicht mit den Begriffen "lfd. Lohn- und Finanzbuchhaltung" und "Offene Posten Buchhaltung" beschreiben, weil sie zur Täuschung geeignete Angaben enthalten.

4. Die dadurch verursachte Irreführungsgefahr wird nicht durch den Hinweis auf die Vorschriften des § 6 Nr. 3 und 4 StBerG beseitigt, denn den angesprochenen Verkehrskreisen fehlt die Kenntnis von deren Regelungsgehalt.

Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem beide Parteien Ihre Nichtzulassungsbeschwerden (I ZR 208/09) zurückgenommen haben.

 

Normenkette

ZPO § 253 Abs. 2; UWG § 4 Nr. 11, § 5; StBerG § 5 Abs. 1, § 6 Nrn. 3-4, § 8 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 02.01.2009; Aktenzeichen 12 O 139/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2.1.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Frankfurt/O. - 12 O 139/08 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt neu gefasst:

Der Beklagten wird es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit "lfd. Lohn- und Finanzbuchhaltung, Offene Posten Buchhaltung" aufzutreten und diese Tätigkeiten zu bewerben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Der hilfsweise im Berufungsverfahren gestellte erweiterte Klageantrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 3/4, die Beklagte zu 1/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 10.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist die Berufskammer aller Steuerberater und Steuerbevollmächtigten, die im Bezirk der Oberfinanzdirektion C. ihre berufliche Niederlassung haben.

Die Beklagte ist Steuerfachgehilfin und betreibt als Franchisenehmerin ein Buchführungsbüro der D. AG. Sie ist nicht Angehörige der steuerberatenden Berufe gem. § 3 Steuerberatungsgesetz. Sie ist jedoch zur Erbringung der in § 6 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz aufgeführten Tätigkeiten berechtigt.

Die Beklagte bewirbt ihre Leistungen im Internet unter der Seite ... (Bl. 27 d.A.) wie folgt:

D.-Bürodienstleistungen

Frau M. K.

(Adresse)

Telefon:...

FAX:...

E-Mail:...

Tätigkeitsschwerpunkte:

Sortieren, Kontieren und Erfassen d. lfd. Geschäftsvorfälle, Datenaufbereitung nach Wunsch Ihres Steuerberaters, lfd. Lohn- und Finanzbuchhaltung, Offene Posten Buchhaltung, Mahnwesen, Zahlungsverkehr, digitale Beleggutarchivierung. D. Buchführungsbüros arbeiten nach den Vorschriften des § 6 Nr. 3 und 4 StBerG. Rechts- u. Steuerberatung gehören nicht zum Leistungsumfang eines Buchführungsbüros

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 16.4.2008 (Bl. 29-32 d.A.) unter Fristsetzung auf den 14.5.2008 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit der Unterlassungserklärung sollte sich die Beklagte verpflichten, Tätigkeiten und Leistungen nicht anzubieten und zu erbringen, die den steuerberatenden Berufen vorbehalten sind, solange ihr die dazu notwendigen Voraussetzungen fehlen, sowie nicht mit ihnen zu werben, insbesondere nicht "laufende Lohn- und Finanzbuchhaltung" und "Offene Posten Buchhaltung" anzubieten und mit "Buchführungsbüro" zu werben.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.5.2008 (Bl. 33-37 d.A.) lehnte die Beklagte die Abgabe der Unterlassungserklärung ab.

Die Klägerin hat gemeint, das Bewerben ihres Dienstleistungsspektrums mit den Begriffen "laufende Lohn- und Finanzbuchhaltung, Offene Posten Buchhaltung ... D. Buchführungsbüro" durch die Beklagte sei unlauter im Sinne des UWG. Gleichzeitig mit der Bewerbung solcher Leistungen, die über das ihr gem. § 6 Nr. 3, 4 StBerG Erlaubte hinausgingen, biete sie auch ihr nicht erlaubte Leistungen an, so da...

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