Leitsatz (amtlich)

1. Schließt ein Zweckverband mit der Verbandsvorsteherin einen befristeten Anstellungsvertrag in zeitlicher Übereinstimmung mit deren Amtszeit, steht dem Dienstherrn kein Recht zur ordentlichen Kündigung zu, wenn es einzelvertraglich nicht vereinbart ist.

2. Eine als "ordentlich" bezeichnete Kündigung kann nicht in eine außerordentliche Kündigung mit einer Frist umgedeutet werden, wenn die Kündigung mit einer betrieblichen Umstrukturierung begründet worden ist und nach den aufgrund der Parteivereinbarung heranzuziehenden arbeitsrechtlich auslegten Bestimmungen des BAT-O betriebsbedingte Gründe allenfalls eine ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen könnten, nicht aber eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen können.

3. Auch für einen freien Dienstvertrag gilt der Grundsatz, dass der Dienstverpflichtete, der auf die ständige Ausübung seiner Berufstätigkeit angewiesen ist, um seine Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erhalten, einen Anspruch auf Beschäftigung hat. Der Dienstherr kann jedoch erst ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils zur Weiterbeschäftigung verurteilt werden, nicht mehr rückwirkend.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 613, 620; BAT-O §§ 53-54

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 12.12.2006; Aktenzeichen 13 O 119/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.12.2006 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt/O. - 13 O 119/05 - teilweise abgeändert.

1. Es wird festgestellt, dass das Dienstverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 12.11.2004 nicht aufgelöst wurde.

2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

3. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, die Klägerin künftig als Angestellte mit einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe III der Anlage 1a/1b des BAT/O zu beschäftigen.

4. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu 2) zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts, die der Klägerin zur Last fallen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte zu 2) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses der Klägerin.

Wegen der Feststellungen wird auf das Urteil des LG Frankfurt/O. vom 12.12.2006 Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).

Das LG hat den Beklagten zu 2) verurteilt, der Klägerin ein endgültiges Zeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt, zu erteilen und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Dienstverhältnis der Klägerin sei durch die Kündigung des seinerzeit noch existierenden Beklagten zu 1) vom 12.11.2004 wirksam zum 30.6.2005 beendet worden. Zwar sei während der Laufzeit eines befristeten Arbeits- oder Dienstverhältnisses eine ordentliche Kündigung regelmäßig ausgeschlossen. Eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit müsse jedoch nicht ausdrücklich vereinbart worden sein. Es reiche aus, wenn sich aus den Gesamtumständen ein entsprechender beiderseitiger Wille hinreichend erkennbar ergebe. Das sei hier auf Grund der Verknüpfung der Laufzeit des Dienstvertrages mit der Wahlperiode der Fall. Die Parteien hätten allerdings die Möglichkeit der vorzeitigen Abwahl der Klägerin nicht berücksichtigt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Sie meint, das LG sei nach fehlerhafter ergänzender Vertragsauslegung zu dem Schluss gelangt, trotz fehlender ausdrücklicher Vereinbarung eines vorzeitigen Kündigungsrechts habe ihr befristetes Dienstverhältnis mit dem Beklagten zu 1) durch die ordentliche Kündigung vom 12.11.2004 zum 30.6.2005 aufgelöst werden können. Das LG habe das Urteil des BAG vom 4.7.2001 (2 AZR 88/00) falsch verstanden. Eine Vertragsergänzung komme nicht in Betracht. Eine planwidrige Regelungslücke liege nicht vor. Ein - angenommen - vereinbartes Kündigungsrecht wäre zudem nicht schriftlich und deshalb wegen Verstoßes gegen die zwingende Formvorschrift des § 4 II BAT-O unwirksam vereinbart. Aus § 16 IV 3 GKG des Landes Brandenburg ergebe sich ebenfalls kein Kündigungsrecht. Wenn das LG im Wege der Vertragsauslegung zur Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses gekommen sei, hätte es jedenfalls konsequenterweise sich mit den Kündigungsgründen beschäftigen und auf ihre soziale Rechtfertigung gem. § 1 KSchG überprüfen müssen.

Die Klägerin habe aus § 61 BAT-O einen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses bereits ab Ausspruch der Kündigung. Dass sie den Anspruch nunmehr gegen den Beklagten zu 2) und nicht mehr gegen den nichtexistenten Beklagten zu 1) geltend mache, sei eine zulässige Klageänderung.

Die Abwahl der Klägerin hindere ihre Weiterbes...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge