Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 06.10.2011; Aktenzeichen 2 O 386/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 6.10.2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Potsdam - 2 O 386/10 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, gemäß § 890 ZPO zu unterlassen, die in der Anlage K 1 (ohne die beiden ersten Seiten) und die in der Anlage K 5 bezeichneten Artikel (Anlage zum Urteil) in einem entgeltlichen oder unentgeltlichen Internetarchiv öffentlich zugänglich zu machen, insbesondere wie geschehen auf der Internetpräsenz der Beklagten unter www.m.de,

2. an den Kläger außergerichtliche Kosten i.H.v. 869 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 87 %, die Beklagte 13 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 77 %, die Beklagte zu 23 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 20.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um urheberrechtliche Ansprüche aus dem Zugänglichmachen von Zeitungsartikeln des Klägers in einem Online-Archiv der von der Beklagten herausgegebenen M. (M.).

Der Kläger ist freier Journalist. Von 1995 bis Ende 2009 war er in unterschiedlicher Weise für die Beklagte tätig. Schriftliche Vereinbarungen zwischen den Parteien im Hinblick auf die journalistische Tätigkeit des Klägers existieren nicht.

In den Jahren 2001 bis 2009 veröffentlichte die Beklagte 1.526 Artikel des Klägers mit dessen Einwilligung in der M., überwiegend im Lokalteil der Lokalredaktion B. (B. Kurier), ca. 200 Texte im überregionalen Teil. Dem Kläger war bekannt, dass die Beklagte einige seiner Artikel, soweit sie tagesaktuell waren, auch auf ihrer seit 1998 bestehenden Homepage veröffentlichte.

Die Beklagte zahlte ihm hierfür eine Vergütung, zu deren Höhe die Parteien nicht detailliert vorgetragen haben. Als der Kläger im März 2007 in der Lokalredaktion B. der Beklagten als sog. Pauschalist tätig war, erhielt er eine monatliche Pauschale i.H.v. 1.480 EUR brutto und zusätzlich, soweit er für eine andere Redaktionsabteilung journalistisch tätig war, eine Einzelvergütung nach Druckzeilen.

Der Kläger war außerdem aufgrund schriftlicher Verträge vom 28.3.2000 und vom 27.9.2007 für ein Jahr bzw. ein halbes Jahr als EDV-Berater für das Redaktionssystem bei der Beklagten tätig.

Die M. erschien im Zeitraum 2001 bis 2009 mit fallender Tendenz in einer Auflage von zwischen 197.255 und 147.071, der Lokalteil B. Kurier ebenfalls mit fallender Tendenz in einer Auflage von zwischen 17.120 und 24.000.

Seit Juli 2001 verfügt die Beklagte, wie der Kläger wusste, über ein internes elektronisches Archiv, in welches sie die in der M. erschienenen Artikel einstellt, u.a. auch die Texte des Klägers.

Von 2003 bis 2007 machte die Beklagte das elektronische Archiv über ihre Homepage auf der Startseite für die Öffentlichkeit entgeltlich zugänglich. Dabei erzielte sie keinerlei Einnahmen durch den Abruf von Beiträgen des Klägers. Von Oktober 2007 bis Mai 2010 war die Archivnutzung durch die Öffentlichkeit kostenfrei, seit Juni 2010 ist sie wieder entgeltlich.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 14.9.2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, die Einstellung seiner Texte in ihr elektronisches Archiv zu unterlassen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte löschte daraufhin die Artikel des Klägers in dem Archiv, lehnte jedoch mit Schreiben vom 27.9.2010 die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit der Begründung ab, eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, da sie bis zur Abmahnung durch den Kläger von dessen konkludenter Einwilligung in die Archivnutzung seiner Texte habe ausgehen können.

Der Kläger hat behauptet, bis 2008 sei ihm unbekannt gewesen, dass die Beklagte ihr elektronisches Archiv öffentlich zugänglich gemacht habe.

Er hat gemeint, weil er der Beklagten weder zu Beginn der Vertragbeziehung der Parteien im Jahre 1995 noch im Laufe der Geschäftsbeziehung das Recht zur Nutzung seiner Artikel in einem öffentlich zugänglichen elektronischen Archiv eingeräumt habe, stehe ihm ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Die Nutzung seiner Artikel in dem Online-Archiv sei eine wirtschaftlich eigenständige Verwertungsform und Nutzungsart.

Ferner habe er wegen der unbef...

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