Leitsatz (amtlich)
1. Zur Barunterhaltspflicht des Obhutselternteils, wenn dieser auswärtig arbeitet und das Kind dauerhaft bei den Großeltern lebt.
2. Bei anteiliger Haftung beider Elternteile nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB braucht sich das Kind auf fiktive Einkünfte des nicht in Anspruch genommenen Elternteils nicht verweisen zu lassen.
Verfahrensgang
AG Strausberg (Urteil vom 16.07.2002; Aktenzeichen 2 F 964/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16.7.2002 verkündete Urteil des AG Strausberg teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin Unterhalt, den zukünftigen jeweils bis zum 3. eines Monats, wie folgt zu leisten:
- 1.293 Euro für die Monate April bis November 2001,
- 174 Euro für den Monat Dezember 2001,
- 208 Euro monatlich ab Januar 202.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Insoweit bleibt das Versäumnisurteil des Senats vom 7.1.2003 aufrechterhalten, im Übrigen wird es aufgehoben.
Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis des Beklagten im Senatstermin vom 7.1.2003 entstanden sind und die der Beklagte allein zu tragen hat, werden der Klägerin zu 3 % und dem Beklagten zu 97 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die am 26.12.1995 geborene Klägerin nimmt den Beklagten, ihren Vater, der mit ihrer Mutter nicht verheiratet war, auf Kindesunterhalt für die Zeit ab März 2001 in Anspruch. gem. § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er trägt vor: Eine Verurteilung zur Unterhaltszahlung für den Monat März 2001 habe mangels Inverzugsetzung nicht erfolgen dürfen.
Wenn sich die Klägerin dauerhaft, zumindest seit 1999/2000, im Haushalt der Großeltern aufgehalten habe, sei auch ihre in München lebende Mutter zur Barunterhaltsleistung verpflichtet.
Er habe infolge einer psychischen Erkrankung unter Angstzuständen, Panikattacken, Depressionen, Insomnia und Barreliose gelitten. Er sei deshalb nach wie vor arbeitsunfähig.
Durch Versäumnisurteil vom 7.1.2003, dem Beklagten zugestellt am 13.1.2003, hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beklagte am 27.1.2003 Einspruch eingelegt.
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils des AG vom 16.7.2002 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 7.1.2003 aufrechtzuerhalten.
Sie trägt vor: Ihre Mutter habe sich nur vorübergehend in München aufgehalten, sei Anfang Dezember 2001 nach S. zurückgekehrt und habe dann wieder mit ihr im großelterlichen Haus gelebt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die gesetzliche Vertreterin der Klägerin und den Beklagten angehört. Dabei hat die gesetzliche Vertreterin der Klägerin erklärt:
Im August 2001 habe ich meinen Urlaub in S. verbracht. In den Monaten September bis November 2001 war ich wieder in München.
Am 15.12.2001 bin ich wieder zu meinen Eltern und zu meinem Kind nach S. zurückgekehrt. Seitdem wohne ich ununterbrochen dort.
In der Zeit von Dezember 2001 bis Februar 2002 war ich nicht beim Arbeitsamt gemeldet. Seit 18.2.2002 arbeite ich in Berlin … Das Beschäftigungsverhältnis besteht bis heute fort.
Der Beklagte hat erklärt:
Ich habe keinen Kontakt zum Kind, von einem Geschenk zu Weihnachten abgesehen. Auch zu dessen Mutter habe ich keinen Kontakt.
Auf den zulässigen Einspruch des Beklagten ist das Versäumnisurteil des Senats vom 7.1.2003 teilweise aufzuheben, im Übrigen aufrechtzuerhalten. Die zulässige Berufung des Beklagten ist zum Teil begründet. Er ist verpflichtet, der Klägerin in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Unterhalt zu zahlen.
Die Klägerin kann Unterhalt erst ab April 2001 verlangen, § 1613 Abs. 1 BGB. Unterhalt schon für März 2001 kommt nicht in Betracht.
Allerdings hat der Großvater der Klägerin, G.W., den Beklagten durch Schreiben vom 5.3.2001 aufgefordert, „Unterhalt auf das bekannte Konto” zu zahlen. Mit Anwaltsschreiben vom 14.3.2001 wies der Beklagte das Begehren unter Hinweis darauf zurück, dass der Großvater nicht der gesetzliche Vertreter der Klägerin sei. Mit Schreiben vom 20.3.2001 teilte Rechtsanwalt E. in S. dem Beklagten seine Beauftragung durch den Großvater mit, die Interessen des Kindes zu vertreten. Der Großvater seinerseits sei von der Mutter bevollmächtigt worden. Eine Kopie der Vollmacht sei beigefügt. Dieses Schreiben wurde vom Beklagten mit Rücksicht auf das Fehlen einer von der Mutter ausgestellten Prozessvollmacht ebenfalls zurückgewiesen. Erst mit Schreiben vom 23.4.2001 übersandte Rechtsanwalt Elken eine Vollmacht auch der Mutter. Angesichts dessen kann Unterhalt erst von April 2001 an verlangt werden. Denn eine Bevollmächtigung des Großvaters durch die Mutter als gesetzliche Vertreterin der Klägerin ist nicht dargelegt.
Gemäß § 174...