Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.10.2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 6 O 114/17 - i.d.F. des landgerichtlichen Berichtigungsbeschlusses vom 23.04.2019 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger EUR 7.887,99 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

a) aus EUR 6.307,44 ab 28.01.2017 und

b) aus weiteren EUR 1.580,55 ab 11.01.2018

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen fallen der Beklagten zur Last.

III. Das Berufungsurteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Gleiches gilt für die angefochtene Entscheidung, soweit sie aufrechterhalten wird.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. (Ohne Niederschrift tatsächlicher Feststellungen gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 540 Abs. 2 ZPO.)

II. A. Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurde sie sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst führt sie zur Abänderung des angefochtenen Urteils; es ist nicht frei von Rechtsirrtum und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere - dem Anspruchsteller günstigere - Entscheidung (§ 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO). Er kann von der beklagten Assekuranz aus der - unstreitig von beiden Prozessparteien gemäß dem Antrag vom 21.04.2015 (Kopie Anl. K1/GA I 8 ff.) zu den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB), Stand 01.09.2014 (Kopie Anl. K2/GA I 11 ff.), abgeschlossenen - Vollkaskoversicherung mit Ergänzungsschutz Vollkasko plus wegen des Unfalles, den der versicherte Pkw ... mit dem amtlichen Kennzeichen ... am ...12.2016 gegen 10:00 Uhr auf der Ortsverbindungsstraße von S... in Richtung K... im Landkreis ... hatte, nicht lediglich die Hälfte der - auf Basis des Wiederbeschaffungswerts ermittelten - Versicherungsleistung laut Abrechnung der Anspruchsgegnerin vom 13.01.2017 (Kopie Anl. K7/GA I 29) verlangen, die ihm bereits vorgerichtlich gezahlt wurde, sondern die volle Summe zuzüglich der sogenannten GAP-Deckung (§ 1 Satz 1 VVG i.V.m. Abschn. A.2.10.1 und A.2.6.6 AKB). Eine Leistungskürzung wegen (relativer) Fahruntüchtigkeit des Berufungsführers zum Unfallzeitpunkt vorzunehmen, wie mit dem Schreiben vom 09.01.2017 (Kopie Anl. K6/GA I 28) geschehen, ist die Berufungsgegnerin nicht befugt. Mit einem Teil seiner Nebenforderungen dringt der Anspruchsteller indes nicht durch. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass das versicherte Fahrzeug bei einem Unfall nach dem Verständnis von Abschn. A.2.5.2 AKB einen sogenannten wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hat, indem es von der Fahrbahn abkam, daneben noch einige Meter weiter fuhr, zu einem unmittelbar angrenzenden Waldgebiet gehörende Bäume zu Boden stieß und schließlich an einem Baum zum Stehen gekommen ist (LGU 4), wobei es schwer beschädigt wurde (vgl. dazu auch die Lichtbildmappe der Polizei in der beigezogenen Akte der Zentralen Bußgeldstelle, dort Bl. 8 ff.). Damit sind gemäß Abschn. A.2.5 AKB die Voraussetzungen für einen Leistungsfall in der Vollkaskoversicherung gegeben. Ein Recht, ihre Versicherungsleistung zu kürzen, hat die Beklagte unter den hier gegebenen Umständen laut Abschn. A. 2.21.1 Satz 3 AKB lediglich dann, wenn der Versicherungsfall vom Kläger infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel grob fahrlässig herbeigeführt wurde; diese Regelung schränkt § 81 Abs. 2 VVG - in zulässiger Weise (arg. e c. § 87 VVG) - zugunsten des Versicherungsnehmers ein. Die sogenannte Trunkenheitsklausel im Abschn. D.2.1 AKB, auf die sich die Rechtsmittelgegnerin schon vorgerichtlich in ihrem Schreiben vom 09.01.2017 (Kopie Anl. K6/GA I 28) berufen hat und deren Missachtung als Obliegenheitsverletzung ausgestaltet ist (Abschn. D.3 AKB), gilt - wie sich aus der Systematik des Regelwerkes ergibt - allein für die Kfz-Haftpflicht- und die Umweltschadenversicherung. Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche tatsächlichen Voraussetzungen eines Leistungskürzungsrechts trägt der Versicherer; er kann sich dabei hinsichtlich des Verschuldensgrades zwar auf Indizien, nicht aber auf einen Beweis des ersten Anscheins stützen (vgl. Halbach in Stiefel/Maier, KraftfahrtVers, 19. Aufl., AKB 2015 A.2 Rdn. 953 und 956, m.w.N.). Um eine relative Fahruntüchtigkeit des Wagenlenkers zu bejahen, deren Unfallkausalität tatsächlich vermutet wird, genügt nicht allein die Feststellung einer Blutalkoholkonzentration im Bereich zwischen 0,2 und 1,1 o/oo, sondern es müssen sich - anders als bei absoluter Fahruntüchtigkeit, die nach neuerer Rechtsprechung bei 1,1 o/oo beginnt (grundlegend BGH, Urt. v. 09.10.1991 - IV ZR 264/90, LS und Rdn. 7, juris = BeckRS 9998, 96172) - weitere Gegebenheiten, speziell alkoholtypisc...

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