Jan Curschmann, Daniel Coelho Moreira
1. Umfang der Vertretungsmacht
Rz. 97
Die Ernennung zum Geschäftsführer ermächtigt zu allen Geschäften, welche die Leitung der Gesellschaft mit sich bringt, Art. 1053 i.V.m. Art. 1015 CC. Zur Belastung oder Veräußerung von Grundstücken bedarf der Geschäftsführer jedoch der Ermächtigung durch mehrheitlichen Gesellschafterbeschluss, es sei denn, dass derartige Geschäfte den Gesellschaftsgegenstand/Unternehmenszweck bilden (Art. 1015 CC).
2. Einzel- oder Gesamtvertretungsbefugnis
Rz. 98
Sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Gegenteiliges bestimmt und keine Geschäftsführer benennt, ist jeder Gesellschafter einzeln zur Geschäftsführung befugt, Art. 1053 i.V.m. Art. 1013 CC. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten entscheidet die Gesellschafterversammlung durch einfache Mehrheit, Art. 1053 i.V.m. Art. 1013 § 1 CC. Die Geschäftsführungsbefugnis erstreckt sich nur dann auch auf neu hinzutretende Gesellschafter, wenn der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich vorsieht, Art. 1060 § 1 CC. Bei Gesamtvertretung vertreten die hierzu bestimmten Geschäftsführer die Gesellschaft – außer in dringenden Fällen – gemeinsam, Art. 1053 i.V.m. Art. 1014 CC.
3. Beschränkung der Vertretungsmacht
Rz. 99
Die Befugnisse des Geschäftsführers können durch Gesellschaftsvertrag eingeschränkt werden, Art. 1053 i.V.m. Art. 1015 CC. Eine Überschreitung der Vertretungsbefugnis kann Dritten nur entgegengehalten werden, wenn die Beschränkung im Handelsregister eingetragen war, oder wenn der Dritte sie kannte, oder wenn die Handlung den Geschäften der Gesellschaft offensichtlich fremd war, Art. 1053 i.V.m. Art. 1015 § 1 CC.
4. Mangel der Vertretungsmacht
Rz. 100
Auf die Vertretung der Gesellschaft durch die Geschäftsführer finden die Vorschriften über die Geschäftsbesorgung (mandato) subsidiäre Anwendung, Art. 1053 i.V.m. Art. 1011 § 2 i.V.m. Art. 653 ff. CC. Muss der Dritte das Fehlen der Vertretungsmacht gegen sich gelten lassen, so hängt die Wirksamkeit des Geschäfts für und gegen die Gesellschaft von deren Genehmigung ab, Art. 662 CC. Genehmigt die Gesellschaft das Geschäft nicht, so begründet es lediglich persönliche Verpflichtungen des Geschäftsführers gegenüber dem Dritten, Art. 665 i.V.m. Art. 663 CC. Die Haftung des Geschäftsführers entfällt grundsätzlich, wenn der Dritte den Mangel der Vertretungsmacht kannte, Art. 673 CC. Für die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft gelten die allgemeinen Vorschriften (siehe Rdn 95 f.).
5. Prokuristen und deren Vertretungsbefugnisse, Zulässigkeit sonstiger rechtsgeschäftlicher Vollmachten
Rz. 101
Die Geschäftsführung darf die ihr übertragenen Befugnisse nicht in toto delegieren, Art. 1053 i.V.m. Art. 1018 CC. Zulässig ist aber, Bevollmächtigte für bestimmte Aufgaben zu bestellen, welche dann jeweils in der Vollmachtsurkunde genau zu bezeichnen sind.
6. Nachweis der Vertretungsmacht
Rz. 102
Die Vertretungsmacht eines Geschäftsführers kann durch Einsichtnahme im Handelsregister festgestellt und nachgewiesen werden (siehe Rdn 66): Einräumung, Umfang und Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis sind im Handelsregister einzutragen. Die Beendigung der Tätigkeit eines Geschäftsführers wird im Verhältnis zu Dritten erst mit Eintragung im Handelsregister wirksam.