Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Oktober 2023 - L 4 SO 180/21 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit steht zwischen den Beteiligten die Kommunikation des Klägers mit dem Beklagten per E-Mail.
Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 70, das Merkzeichen "G" ist festgestellt. Er hat Klage zum Sozialgericht (SG) Kassel mit dem Begehren erhoben, den Beklagten zu verpflichten, mit ihm generell - auch bei formgebundenen Schriftverkehr, wie zB bei der Einlegung von Widersprüchen - per einfacher E-Mail zu kommunizieren, weil er die Wohnung nicht mehr verlassen könne und die Voraussetzung, elektronisch nur noch mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu kommunizieren, unsinnige Willkür sei. Die Klage hat keinen Erfolg gehabt(Gerichtsbescheid vom 16.7.2021; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 18.10.2023). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten begehre, mit ihm außerhalb des formgebundenen Schriftverkehrs per einfacher E-Mail zu kommunizieren, weil die Kommunikation mittels einfacher E-Mail diesbezüglich nicht verwehrt werde. Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten begehre, formgebundenen Schriftverkehr, insbesondere die Einlegung von Widersprüchen, mittels einfacher E-Mail zuzulassen, sei die Klage jedenfalls unbegründet. § 84 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm§ 36a Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) stehe dem Begehren entgegen. Aus Art 3 Abs 3 Satz 2 Grundgesetz (GG), Art 3 Abs 3 GG und Art 13 Abs 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention ≪UN-BRK≫) ergebe sich nichts anderes.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde und beantragt zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II
PKH kann dem Kläger nicht bewilligt werden. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint( § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫) ; daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten(§ 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte, denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) . Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Wegen der Form der Erhebung eines Widerspruchs nach§ 84 Abs 1 SGG(idF des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017 ≪BGBl I 2208≫ und des Gesetzes zur Anpassung des Zwölften und des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Gesetze vom 22.12.2023 ≪BGBl I Nr 408) sowie der Kommunikation mit Behörden mittels E-Mail im Übrigen wirft der vorliegende Fall keine Fragen auf, die sich nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen(im Einzelnen dazu Gall in jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 84 SGG , Stand 15.6.2022, RdNr 18 ff; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 84 RdNr 3; zu den Formvorschriften nach § 84 Abs 1 SGG zuletzt auchBSG vom 27.9.2023 - B 7 AS 10/22 R - RdNr 17 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen) . Es ist auch nicht erkennbar, dass eine Divergenzrüge(§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte.
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel(§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Das LSG durfte in Abwesenheit des Klägers aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da er ordnungsgemäß in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war. Es ist deshalb auch nicht erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter mit Erfolg eine Verletzung rechtlichen Gehörs(Art 103 Abs 1 GG ;§ 62 SGG ) rügen könnte; denn der Kläger hatte nach Aktenlage Gelegenheit, sich in der mündlichen Verhandlung ausreichend rechtliches Gehör zu verschaffen. Das LSG hat auch nicht verfahrensfehlerhaft die Klage als unzulässig angesehen, soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten begehrt, mit ihm außerhalb des formgebundenen Schriftverkehrs per einfacher E-Mail zu kommunizieren. Der Beklagte kommuniziert insoweit (nach Klarstellung im Klageverfahren auch künftig) tatsächlich mit dem Kläger per E-Mail. Soweit der Kläger eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG ua hinsichtlich der Fälschungsmöglichkeiten von Telefaxen und der Kosten für die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur oder De-Mail behauptet, ist nicht ersichtlich, dass diese Tatsachen dem LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen.
Mit der Ablehnung von PKH entfällt auch die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten im Rahmen der PKH( § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 121 Abs 1 ZPO ) .
Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf wurde der Kläger ausdrücklich hingewiesen. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des§ 193 Abs 1 SGG .
Fundstellen
Dokument-Index HI16612119 |