Tenor
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im Revisionsverfahren wird für die Kläger zu 1) und 2) auf
166.000, – DM
und für die Klägerin zu 3) auf
144.000, – DM
festgesetzt.
Gründe
In den Anwendungsfällen des § 116 Abs 2 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) ist der Gegenstandswert mangeIs einschlägiger Wertvorschriften nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 8 Abs 2 Satz 2 BRAGO). In Anlehnung an § 13 des Gerichtskostengesetzes ist dabei auf die sich aus dem Antrag des Rechtsmittelführers für ihn ergebende Bedeutung der Sache, in der Regel also auf sein wirtschaftliches Interesse an der erstrebten Entscheidung des Revisionsgerichts und deren Auswirkungen, abzustellen (vgl dazu BSG SozR 1930 § 8 Nr 2).
Streitig war die Genehmigung der Anstellung der Klägerin zu 3) in der vertragsärztlichen Praxis der Kläger zu 1) und 2) durch den Beklagten. Das wirtschaftliche Interesse der Kläger zu 1) und 2) bemißt sich dementsprechend nach der Steigerung ihres Einkommens aus vertragsärztlicher Tätigkeit, wobei von der Erhöhung des Bruttoumsatzes durch die Tätigkeit der Klägerin zu 3) auszugehen ist und dann die allgemeinen Praxisunkosten sowie das der Klägerin zu 3) zu zahlende Gehalt abzusetzen sind. Dieser Wert ist, anders als in vertragsärztlichen Zulassungssachen (vgl dazu BSG MedR 1986, 85) nicht auf die Dauer von fünf Jahren, sondern lediglich von zwei Jahren zu erstrecken. Während die grundsätzlich auf unbestimmte, lebenslange Zeit angelegte Zulassung als Vertragsarzt die Zugrundelegung eines Fünf-Jahres-Zeitraums für die Bemessung des Gegenstandswertes rechtfertigt, muß für die Anstellung eines Arztes ein deutlich kürzerer Zeitraum zur Bemessung des wirtschaftlichen Interesses dienen, da der Zustand der Anstellung in der Regel nicht auf Dauer, sondern tatsächlich – unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung des Anstellungsverhältnisses – nur auf eine mehr oder weniger lange Zeitspanne angelegt ist. Der Senat hält daher die Annahme eines Zeitraums von zwei Jahren für angemessen (ebenso LSG Baden-Württemberg, MedR 1996, 379).
Bezüglich der Höhe der durch die Anstellung eines Dauerassistenten zu erwartenden Umsatzsteigerung bei dem anstellenden Arzt kann nicht zugrundegelegt werden, daß der anzustellende Arzt regelmäßig einen Umsatz erzielen wird, der dem des anstellenden Arztes entspricht. Demgemäß ging auch § 85 Abs 4b Satz 10 SGB V in der bis zum 30. Juni 1997 gültig gewesenen Fassung davon aus, daß nach der Degressionsregelung des Abs 4b aaO die dem anstellendem Zahnarzt zustehende degressionsfreie Punktmenge sich um 70 vH je ganztägig angestellten Zahnarzt iS von § 32 Abs 1 Zahnärzte-ZV erhöht. Andererseits war, worauf das LSG Baden-Württemberg (aaO) ebenso zutreffend hingewiesen hat, ein ganztags angestellter Arzt im Rahmen der Bedarfsplanung mit dem Faktor 1 zu berücksichtigen (§ 101 Satz 5 SGB V in der bis zum 30. Juni 1997 gültig gewesenen Fassung). Im Rahmen einer notwendigerweise pauschalierenden Betrachtungsweise sieht es der Senat als angemessen an, der zu erwartenden Umsatzsteigerung durch einen anzustellenden Arzt 80 Prozent des Umsatzes des anstehenden Arztes zugrunde zu legen. Dabei ist – entgegen dem LSG Baden-Württemberg (aaO) – nicht auf den Durchschnittsumsatz eines Arztes der jeweiligen Fachgruppe, sondern auf den konkret vom anstellenden Vertragsarzt erzielten Umsatz abzustellen, denn der selbst erwirtschaftete Umsatz und dessen erwartete Steigerung ist die das wirtschaftliche Interesse entscheidend prägende Größe.
Bezüglich des vom Bruttoumsatz abzusetzenden Praxiskostenanteils geht der Senat im vorliegenden Verfahren von einem Wert von 56 Prozent aus. Das entspricht dem von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (vgl Grunddaten zur kassenärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, 1996, Tabellen bzw Übersichten D 2 und D 6) für das Jahr 1994 ermittelten Betriebskostenanteil bei Hautärzten. Der Senat hat allerdings bisher in pauschalierender Betrachtung generell einen Praxiskostenanteil von 50 % für alle Gruppen von Vertragsärzten zugrunde gelegt (vgl nur Anwaltsblatt 1982, 308; USK 8279; MedR 1986, 85). Daran hält er jedoch im Hinblick auf die zwischen den einzelnen Arztgruppen immer stärker differierenden Anteile der Praxiskosten am Gesamtumsatz nicht mehr fest. Schwankungen der Betriebskostenanteile zwischen 50 % bei den Nervenärzten und 77 % bei den Radiologen (vgl Grunddaten zur kassenärztlichen Versorgung aaO) dürfen auch bei einer notwendig pauschalierenden und typisierenden Betrachtung nicht unberücksichtigt bleiben. Der Senat hält indessen daran fest, daß stets auf den statistisch ermittelten Praxiskostenanteil der Fachgruppe des jeweils betroffenen Arztes und nicht auf die Situation der einzelnen Praxis abzustellen ist. Es ist weder geboten noch sachgerecht, aus Anlaß einer Gegenstandswertfestsetzung die Kosten anhand der individuellen Praxisverhältnisse zu ermitteln, denn ihre Aufklärung wäre anders als die Feststellung des Praxisumsatzes aus vertragsärztlicher Tätigkeit nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich. Die individuellen Praxiskosten sind von zahlreichen vorgegebenen (etwa der Fallzahl der Praxis) oder steuerbaren Umständen (zB lnvestitionsentscheidungen des Arztes) abhängig und können daher von Jahr zu Jahr stark schwanken. Die Zugrundelegung der durchschnittlichen Praxiskosten der Fachgruppe ist deshalb auch zur Vermeidung von Zufallsergebnissen geboten.
In Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich für die Kläger zu 1) und 2) jeweils ein Gegenstandswert von 166.000,– DM. Nach eigenen Angaben erwirtschafteten sie 1993 gemeinsam brutto 1.033.360,– DM aus vertragsärztlicher Tätigkeit, auf einen Vertragsarzt bezogen also 516.680,– DM. 80 Prozent davon betragen 413.344,– DM. Hiervon abzusetzen ist das für die Klägerin zu 3) in Aussicht genommene Jahresgehalt von 72.000,– DM je zur Hälfte sowie von dem Restbetrag (377.344,– DM) der Praxiskostenanteil von 56 Prozent, so daß ein Betrag von 166.031,– DM verbleibt. Für zwei Jahre gerechnet ergeben sich gerundet 332.000,– DM. Diese durch die Arbeit der Klägerin zu 3) zu erwartende Umsatzsteigerung muß abschließend durch zwei geteilt werden, da die Kläger zu 1) und 2) nur jeweils hälftig diesen Betrag könnten.
Anders als bei den Klägern zu 1) und 2) bemißt sich das wirtschaftliche Interesse der Klägerin zu 3), die als angestellte Ärztin beschäftigt werden sollte, an der erstrebten Entscheidung nicht nach der bei den Vertragsärzten zu erwartenden Umsatzsteigerung, sondern nach dem von ihr durch die angestellte Tätigkeit erzielbaren Bruttogehalt. Bezogen auf einen Zeitraum von ebenfalls zwei Jahren beträgt der Gegenstandswert für die Klägerin zu 3) demnach 144.000,– DM.
Fundstellen