Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Juni 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Höhe der zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zu entrichtenden Beiträge in der Zeit von August 2016 bis einschließlich September 2017.
Der Kläger ist seit 2010 selbstständig erwerbstätig, bei der Beklagten freiwillig kranken- und bei der Beigeladenen pflegeversichert. In der Vergangenheit entrichtete er Beiträge in Höhe der Mindestbeiträge. Einer Aufforderung der Beklagten, seinen aktuellen Einkommensteuerbescheid vorzulegen, kam er zunächst nicht nach und legte schließlich mit dem Hinweis auf Datenschutz einen teilweise geschwärzten Einkommensteuerbescheid vor. Das SG Darmstadt hat die gegen die in Höhe des dreißigsten Teils der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzten Beiträge gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 9.3.2018), die dagegen gerichtete Berufung hat keinen Erfolg gehabt (Beschluss vom 18.6.2018). Nach § 16 SGB IV sei das Gesamteinkommen die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts. Das Einkommen sei durch Vorlage des Einkommensteuerbescheids nachzuweisen. Dabei könne nach der Rechtsprechung des BSG ein vertikaler Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkommensarten nicht stattfinden. Der Kläger habe die Feststellung dieser Voraussetzungen durch teilweise Schwärzung der Einkommensteuerbescheide nicht ermöglicht. Deshalb seien die Beiträge nach § 240 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB V anhand der Beitragsbemessungsgrenze zu berechnen. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG). Der Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 5 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger wirft auf Seite 3 seiner Beschwerdebegründung folgende Frage auf:
"ob das Sozialversicherungsrecht so weit gehen darf, dass es aus den Feststellungen der Finanzbehörden zur gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Sinne des Steuerrechts überhaupt keine Rückschlüsse mehr auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts zieht."
a) Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht erfüllt, weil der Kläger keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN).
b) Der Kläger hat jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht aufgezeigt. Er setzt sich nicht mit dem Gesetz, namentlich § 240 Abs 1 S 2 (in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.7.2014, BGBl I 1133) und Abs 4 S 2 SGB V, und der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und BSG zur Beitragsbemessung bei freiwillig versicherten Selbstständigen auseinander. Denn auch wenn das BSG eine Frage noch nicht ausdrücklich entschieden hat, so ist eine Rechtsfrage auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte auch zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Eine Auseinandersetzung mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Beitragsbemessung bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung (sPV) Versicherten (vgl nur BSG Urteil vom 18.12.2013 - B 12 KR 15/11 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 21; Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 19) und zur Bedeutung der steuerrechtlichen Abzugsmöglichkeiten für die Beitragserhebung in der GKV und sPV (vgl BSG Urteil vom 9.8.2006 - B 12 KR 8/06 R - BSGE 97, 41 = SozR 4-2500 § 240 Nr 8) sowie zum Nachweis über die Höhe der Einnahmen durch Einkommensteuerbescheid (vgl BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 12 KR 21/08 R - BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12; Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 19 RdNr 21) fehlt indes ebenso wie eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Beiträge für Selbstständige (vgl BVerfG Beschluss vom 22.5.2001 - 1 BvL 4/96 - BVerfGE 103, 392 = SozR 3-2500 § 240 Nr 39). Inwieweit sich die aufgeworfene Frage nicht anhand dieser Rechtsprechung und des Gesetzeswortlauts des § 240 Abs 1 S 2 und Abs 4 S 2 SGB V beantworten lassen soll, geht aus der Beschwerdebegründung nicht hervor.
c) Schließlich legt der Kläger auch die Klärungsfähigkeit der von ihm aufgeworfenen Frage nicht dar. Der Beschwerdebegründung kann nicht entnommen werden, wie sich seine Frage in einem von ihm angestrebten Revisionsverfahren angesichts der tatsächlichen Feststellungen des LSG überhaupt stellt und vom BSG im Hinblick auf § 163 SGG beantwortet werden kann.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN).
Der Kläger hat weder sich widersprechende Rechtssätze noch aufgezeigt, dass das LSG die Rechtsprechung des BVerfG nicht nur nicht beachtet oder unzutreffend angewandt, sondern auch in Frage gestellt hätte. Sofern der Kläger die Rechtsprechung des BVerfG zum Gebot der Ausrichtung der Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit anführt, zeigt er nicht auf, dass das LSG dem im Grundsätzlichen widersprochen hätte. Die Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).
3. Auch einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels s exemplarisch BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4 jeweils mwN; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 202 ff).
a) Sofern der Kläger die Unrichtigkeit der angeblichen Feststellung des LSG rügt, dass er steuerrechtlich der Zusammenveranlagung der Ehegatten unterliege, übersieht er, dass Unrichtigkeiten des Tatbestandes mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht als Verfahrensfehler geltend gemacht werden können (stRspr, zB BSG Beschluss vom 2.9.2014 - B 9 V 17/14 B - Juris RdNr 7 mwN).
b) Die geltend gemachte Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) legt der Kläger ebenfalls nicht in hinreichender Weise dar. Ein Gehörsverstoß setzt voraus, dass das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19).
Der Kläger rügt, das LSG habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass es von einer Zusammenveranlagung von Ehegatten ausgehe. Damit hat der Kläger eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und auch die zugleich gerügte Verletzung der richterlichen Hinweispflichten, die sich für das sozialgerichtliche Verfahren aus § 106 Abs 1 bzw § 112 Abs 2 S 2 SGG ergeben, nicht substantiiert dargetan. Insbesondere ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht, dass das LSG bei Kenntnis einer fehlenden steuerrechtlichen Zusammenveranlagung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Vielmehr führt der Kläger selbst in der Beschwerdebegründung aus, dass das LSG gerade keine Privilegierung von Ehegatten bei der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung angenommen habe. Warum dennoch die Entscheidung des LSG auf der angeblichen Annahme einer Zusammenveranlagung beruhen soll, begründet der Kläger nicht.
Im Übrigen hat das LSG an der vom Kläger bezeichneten Stelle eine Entscheidung des BSG wörtlich zitiert und gerade keine Feststellungen zum Sachverhalt getroffen. Inwiefern durch das wörtliche Zitat von Passagen aus einem Urteil in einem anderen Verfahren ein Verfahrensmangel eingetreten sein soll, erklärt der Kläger nicht.
Soweit der Kläger das Fehlen einer mündlichen Verhandlung rügt, ist nicht dargetan, dass seitens des LSG ein Ermessensfehlgebrauch vorlag (vgl BSG Beschluss vom 23.6.2016 - B 3 KR 4/16 B - SozR 4-1500 § 140 Nr 3 RdNr 11 mwN). Hinsichtlich der Rüge, der Sachverhalt sei noch aufzuklären gewesen, geht aus der Beschwerdebegründung nicht hervor, dass ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag bis zuletzt aufrechterhalten oder gestellt worden wäre (vgl BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 6).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12335584 |