Verfahrensgang
SG Braunschweig (Entscheidung vom 28.08.2019; Aktenzeichen S 3 R 271/17) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 29.05.2024; Aktenzeichen L 1 R 421/19) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Mai 2024 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat seine Klage abgewiesen(Urteil vom 28.8.2019) und das LSG seine hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen sowie die Revision nicht zugelassen(Urteil vom 29.5.2024) . Der Kläger hat sich mit einem am 2.8.2024 beim BSG eingegangenen Schreiben vom 30.7.2024 gegen das ihm am 4.7.2024 zugestellte Urteil des LSG gewandt, "Antrag für Prozesshilfe" gestellt und ausgeführt, er "möchte Revision gegen das Urteil vom 29.05.2024" einlegen. Er habe bis heute keinen Rechtsanwalt gefunden und zuletzt im Krankenhaus gelegen, sodass er um Verlängerung der Rechtsmittelfrist bitte. Nach Hinweis in der Eingangsbestätigung der Geschäftsstelle des BSG hat der Kläger am 6.9.2024 ein Erklärungsformular für einen "Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe" beim BSG eingereicht.
II
Der Senat wertet das Vorbringen des Klägers als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mit Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil des LSG.
Der so verstandene Antrag ist abzulehnen. Würde ein Rechtsanwalt nach Bewilligung von PKH für den Kläger unverzüglich eine formgerechte Beschwerde einlegen, so wäre die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen(§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm§ 169 SGG ) . Die Beschwerde wäre nicht in der vorgeschriebenen Monatsfrist seit Zustellung des LSG-Beschlusses(vgl§ 160a Abs 1 Satz 2 SGG ) erhoben. Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand(vgl§ 67 Abs 1 SGG ) käme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht alles ihm Zumutbare unternommen hat, um innerhalb der Beschwerdefrist PKH zu erlangen. Dazu gehört die Einreichung des PKH-Antrags einschließlich der vorgeschriebenen Erklärung(vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 117 Abs 2 ZPO ) vor Ablauf der Rechtsmittelfrist(stRspr aller obersten Bundesgerichte; vglBSG Beschluss vom 24.10.2007 - B 5a R 340/07 B - SozR 4-1500 § 73a Nr 6 RdNr 5;BSG Beschluss vom 5.9.2019 - B 2 U 149/19 B - juris RdNr 2 ;BSG Beschluss vom 31.8.2021 - B 5 R 21/21 BH - juris RdNr 6 ;BGH Beschluss vom 25.4.2019 - III ZB 104/18 - juris RdNr 6 , jeweils mwN) . Das LSG hat den Kläger in den der Entscheidung beigefügten Erläuterungen zur PKH zutreffend darüber informiert, dass sowohl der PKH-Antrag als auch die formgerechte Erklärung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG eingegangen sein müssen(Seite 16 des Urteils) .
Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der Kläger hat bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist, die am Montag, dem 5.8.2024 endete(§ 160a Abs 1 Satz 2 ,§ 64 Abs 2 und 3 SGG) , zwar einen PKH-Antrag gestellt, die erforderliche Erklärung jedoch nicht vorgelegt. Das eingereichte Erklärungsformular ist erst am 6.9.2024 und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG eingegangen und betrifft im Übrigen einen Antrag auf Beratungshilfe. Der Kläger hat damit innerhalb der Rechtsmittelfrist, für die eine Verlängerung im Gesetz nicht vorgesehen ist, nicht alles ihm Zumutbare unternommen, um PKH zu erlangen. Zwar hat er unter dem 30.7.2024 mitgeteilt, er habe "zuletzt" im Krankenhaus gelegen, aktenkundig ist jedoch nur ein stationärer Aufenthalt in der Zeit vom 27.7.2024 bis 30.7.2024. Dass der Kläger zuvor oder unmittelbar nach seiner Entlassung gehindert war, das Prozesskostenhilfeformular an das BSG zu senden, ist nicht ersichtlich.
Mangels rechtzeitigem Zugang des vorgeschriebenen Formulars kann offenbleiben, ob der Kläger, der im Berufungsverfahren vom S vertreten worden ist, im Rahmen der Mitgliedschaft auch Rechtsschutz in Verfahren vor dem BSG(zur Vertretungsbefugnis vgl§ 73 Abs 4 Satz 2 iVm Abs 2 Satz 2 Nr 5 bis9 SGG ) beanspruchen könnte und seine satzungsmäßigen Rechte auf eine entsprechende Prozessvertretung ausgeschöpft hat. PKH kann erst dann bewilligt werden, wenn die zur Prozessvertretung vor dem BSG befugte Organisation tatsächlich keinen Rechtsschutz gewährt oder wenn im Einzelfall die Inanspruchnahme des Verbandsrechtsschutzes unzumutbar ist(vglBSG Beschluss vom 7.1.2016 - B 13 R 260/13 B - juris RdNr 5 mwN;BSG Beschluss vom 28.9.2023 - B 5 R 32/23 BH - juris RdNr 6 ).
Schließlich fehlt es auch an der erforderlichen Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung. Einem Beteiligten kann für das Verfahren vor dem BSG nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Es ist nicht zu erkennen, dass ein nach § 73 Abs 4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) ,
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht(§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) .
Es ist nicht ersichtlich, dass einer dieser Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte.
Da dem Kläger keine PKH zusteht, entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH( § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 121 Abs 1 ZPO ) .
Fundstellen
Dokument-Index HI16651050 |