Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 14.02.2023; Aktenzeichen L 9 BA 138/18)

SG Karlsruhe (Entscheidung vom 12.12.2017; Aktenzeichen S 12 R 2124/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Februar 2023 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 62 966,71 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen, Umlagen und Säumniszuschlägen in Höhe von 62 966,71 Euro für die Zeit vom 1.1.2011 bis zum 30.9.2012 wegen nicht gezahlten Mindestlohns.

Die klagende GmbH betreibt ua die Konzeption, Planung und Lieferung von Ticketingsystemen für öffentliche und private Betreiber. Sie betrieb im streitigen Zeitraum Toilettenanlagen, hauptsächlich in Rasthöfen, teilweise in Gastronomiebetrieben, und ist daneben auf weiteren Geschäftsfeldern tätig. Im Rahmen des Betriebs der Toilettenanlagen hatte die Klägerin bei insgesamt 65 Beschäftigten mit 60 Personen Arbeitsverträge abgeschlossen. Das Tätigkeitsgebiet wurde in den Arbeitsverträgen zunächst mit "Reinigungskraft mit dem Aufgabenbereich Reinigung und Betrieb von Damen- und Herrentoiletten", teilweise auch mit "Betrieb, Überwachung und Sauberhaltung von Damen- und Herrentoiletten" und später (etwa ab März 2011) mit "Toilettenaufsicht für den Aufgabenbereich Bestückung und Betrieb, teilweise auch Beaufsichtigung und Instandhaltung von Damen- und Herrentoiletten" umschrieben. Der Stundenlohn betrug jeweils zwischen 6 Euro und 7,35 Euro.

Die Beklagte forderte Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung, Umlagen U1, U2, ab 2012 auch Insolvenzgeldumlage sowie Säumniszuschläge in Höhe von 62 966,71 Euro nach, weil die Klägerin Mindestlohn nach dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag für die gewerbliche Gebäudereinigung geschuldet, aber nicht gezahlt habe (Bescheid vom 11.9.2013, Widerspruchsbescheid vom 10.6.2014). Während des Widerspruchsverfahrens wies das Arbeitsgericht Passau mit rechtskräftigem Urteil vom 18.2.2014 (2 Ca 489/13) die Klage einer Arbeitnehmerin gegen die Klägerin auf Zahlung eines höheren Bruttoentgelts für Mai 2011 bis Januar 2013 unter Berücksichtigung des Mindestlohns für gewerblich Beschäftigte in der Gebäudereinigung ab.

Das SG hat die angefochtenen Bescheide mit der Begründung aufgehoben, dass die Voraussetzungen des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung nicht erfüllt seien (Urteil des SG Karlsruhe vom 12.12.2017). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Betriebsteil der Klägerin, der abgegrenzt vom übrigen Betrieb überwiegend Reinigungsarbeiten erbracht habe, unterfalle dem Rahmentarifvertrag. Die im Bescheid benannten Beschäftigten seien in der Gebäudereinigung tätig gewesen. Das Urteil des Arbeitsgerichts Passau stehe der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht entgegen, denn es wirke nur inter partes und im Sozialgerichtsprozess gelte anders als im Zivilprozess der Amtsermittlungsgrundsatz. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll formulierten Beweisanträge hat das LSG abgelehnt (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 14.2.2023).

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN). Im Rahmen der Klärungsbedürftigkeit ist in der Beschwerdebegründung darzulegen, inwieweit sich weder aus den gesetzlichen Bestimmungen noch aus der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG hinreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben. Schließlich ist im Rahmen der Klärungsfähigkeit darzulegen, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste, die Frage also entscheidungserheblich ist. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Die Klägerin formuliert folgende Rechtsfrage:

"Bindet ein rechtskräftiges arbeitsgerichtliches Urteil zur Höhe des geschuldeten Arbeitslohns infolge der (Nicht-)Anwendbarkeit eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages die Sozialversicherungsträger bzw. nachfolgend die Sozialgerichtsbarkeit gegenüber den Parteien des arbeitsgerichtlichen Verfahrens hinsichtlich der Festsetzung von Sozialversicherungsbeiträgen und/oder Säumniszuschlägen hieraus?"

Die Klägerin legt die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinreichend dar. Eine Rechtsfrage ist dann höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN).

Die Klägerin nimmt insoweit Bezug auf die "maßgebliche Anspruchstheorie" und verweist als Beispiel auf das Urteil des BSG vom 25.9.1981 (12 RK 58/80 - BSGE 52, 152 = SozR 2200 § 405 Nr 10), in dem über die Auswirkungen eines laufenden Kündigungsschutzprozesses auf die Fälligkeit der Beiträge entschieden worden sei. Mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Entstehung von Beitragsansprüchen der Sozialversicherungsträger (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 25 f; BSG Urteil vom 18.1.2018 - B 12 R 3/16 R - BSGE 125, 105 = SozR 4-7815 § 10 Nr 2 RdNr 15; BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 R 4/17 R - BSGE 126, 226 = SozR 4-7815 § 10 Nr 3 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 27.4.2021 - B 12 R 18/19 R - SozR 4-7815 § 10 Nr 4 RdNr 15; BSG Urteil vom 29.6.2016 - B 12 R 8/14 R - BSGE 121, 275 = SozR 4-2400 § 28e Nr 5, RdNr 18) setzt sie sich aber nicht hinreichend auseinander. Danach ist maßgebend für das Entstehen von an das Arbeitsentgelt Beschäftigter anknüpfenden Beitragsansprüchen allein das Entstehen des arbeitsrechtlich geschuldeten Entgeltanspruchs, ohne Rücksicht darauf, ob, von wem und in welcher Höhe dieser Anspruch im Ergebnis durch Entgeltzahlung erfüllt wird. Unerheblich ist auch, ob der einmal entstandene Entgeltanspruch vom Arbeitnehmer (möglicherweise) nicht mehr realisiert werden kann (BSG Urteil vom 27.4.2021 - B 12 R 18/19 R - SozR 4-7815 § 10 Nr 4 RdNr 15; BSG Urteil vom 29.6.2016 - B 12 R 8/14 R - BSGE 121, 275 = SozR 4-2400 § 28e Nr 5 RdNr 18).

Die Klägerin untersucht auch nicht hinreichend die Rechtsprechung des BSG zur Bindungswirkung arbeitsgerichtlicher Urteile auf den Anspruch auf Konkursausfallgeld (BSG Urteil vom 29.6.2000 - B 11 AL 35/99 R - BSGE 87, 1 = SozR 3-4100 § 141a Nr 2; BSG Urteil vom 9.5.1995 - 10 RAr 5/94 - SozR 3-4100 § 141b Nr 15 S 68 ff; BSG Urteil vom 30.7.1981 - 10/8b RAr 4/80 - SozR 1500 § 141 Nr 9) und zur Bindungswirkung arbeitsgerichtlicher Vergleiche (BSG Urteile vom 24.9.2008 - B 12 KR 27/07 R - BSGE 101, 273 = SozR 4-2400 § 7 Nr 10 und - B 12 KR 22/07 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 9) auf deren Übertragbarkeit auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt. Danach wird zwischen einem den Anspruch ablehnenden und einem zusprechenden arbeitsgerichtlichen Urteil unterschieden, das der Arbeitsverwaltung nicht das Recht nehme, aus eigener Zuständigkeit den Anspruch auf Konkursausfallgeld zu prüfen. Die Bindung an zusprechende Versäumnisurteile der Arbeitsgerichte sei im Hinblick auf das fehlende Amtsermittlungsprinzip eingeschränkt. Inwieweit sich die aufgeworfene Frage nicht anhand dieser Rechtsprechung beantworten lassen soll, geht aus der Beschwerdebegründung nicht hinreichend deutlich hervor.

Soweit die Klägerin darüber hinaus eine Bindungswirkung auch für die am Arbeitsgerichtsprozess nicht beteiligten Arbeitnehmer geklärt sehen möchte, hätte sie sich zumindest mit § 325 ZPO und dessen Anwendbarkeit im arbeitsgerichtlichen Prozess und dessen Bedeutung für das Betriebsprüfungsverfahren und anschließende sozialgerichtliche Verfahren auseinandersetzen müssen.

2. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSG Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - BSGE 2, 81, 82; BSG Urteil vom 24.10.1961 - 6 RKa 19/60 - BSGE 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - juris RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.

a) Soweit ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren prozessordnungsgerechten und bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung hätten drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 13.4.2015 - B 12 KR 109/13 B - juris RdNr 11 mwN). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Unabhängig davon, ob die im Urteil des LSG zitierten Beweisanträge der Klägerin prozessordnungsgemäß gestellt waren, fehlt es an hinreichenden Darlegungen, inwiefern das LSG aufgrund seiner Rechtsauffassung welche Tatfragen als klärungsbedürftig hätte ansehen müssen und sich zu weiterer Sachaufklärung hätte gedrängt sehen müssen. Es fehlt auch an hinreichenden Darlegungen, warum das LSG bei weiteren Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

b) Eine Verletzung des Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 128 Abs 2, § 62 SGG) liegt insbesondere dann vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG Urteil vom 16.3.2016 - B 9 V 6/15 R - SozR 4-3100 § 60 Nr 7 RdNr 26; BVerfG Beschluss vom 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188, 190). Es ist aber nicht verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen; ihn also zu "erhören" (BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN).

Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wende gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung mehrerer vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (stRspr; BVerfG Beschluss vom 29.05.1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188, 190; BVerfG Beschluss vom 19.05.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133, 144 f; BVerfG Urteil vom 14.7.1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218, 263; BSG Urteil vom 12.12.1990 - 11 RAr 137/89 - SozR 3-4100 § 103 Nr 4 S 23; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 44/08 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 17 mwN). Andererseits liegt keine unzulässige Überraschungsentscheidung vor, wenn die Problematik bereits Gegenstand von Äußerungen der Beteiligten des streitigen Verfahrens war (vgl zB BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 12.7.2006 - BVerfGK 8, 376 - juris RdNr 37; vgl auch BSG Beschluss vom 20.8.2008 - B 13 R 217/08 B - juris RdNr 9) oder selbst in das Verfahren eingeführt wurde.

Die Klägerin macht als Überraschungsentscheidung geltend, das LSG sei in Würdigung des Tatbestands des Urteils des Amtsgericht Brühl überzeugt gewesen sei, dass ihr Geschäftsführer mit bedingten Vorsatz gehandelt habe, sie aber schon im Anhörungs- und Widerspruchsverfahren der Beklagten Unterlagen vorgelegt habe, die auf ein nicht vorsätzliches Verhalten hindeuteten. Damit ist nicht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör hinreichend dargelegt, sondern lediglich eine unzutreffende Beweiswürdigung geltend gemacht worden.

c) Soweit die Klägerin rügt, das LSG habe nur im Tatbestand die von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegte Berufsinformation der Bundesagentur für Arbeit und das Urteil des Arbeitsgerichts Passau erwähnt, sie aber nicht in den Entscheidungsgründen richtig gewürdigt, ist dieser Vortrag ebenfalls nicht geeignet, einen Verfahrensfehler zu begründen. Nach § 128 Abs 1 Satz 2 SGG sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das bedeutet, aus den Entscheidungsgründen muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Eine Entscheidung ist aber nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz gefasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der möglicherweise hätte erwähnt werden können, behandelt hat. Die Begründungspflicht wäre selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - juris RdNr 7 mwN). Die Klägerin behauptet aber nicht, dass das LSG die Entscheidung zu den Säumniszuschlägen nicht begründet habe.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG). Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3, § 162 Abs 3 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.

Heinz

Bergner

Padé

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16180476

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