Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Mai 2019 einen Notanwalt zu bestellen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Das LSG Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 15.5.2019 einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) nach dem Pflegegrad 1 verneint: Der Anspruch auf Leistungen bestehe nicht, da der Kläger nicht pflegebedürftig im Sinne des SGB XI sei. Auf der Grundlage der im Verwaltungsverfahren eingeholten MDK-Gutachten und der weiteren Ermittlungen des Senats, auch beim behandelnden Arzt, seien keine wesentlichen Defizite des Klägers im Bereich der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten nach den in § 14 Abs 2 SGB XI genannten Kriterien nachweisbar gewesen. Das vom Kläger in den Vordergrund gestellte Unvermögen, selbst einkaufen zu gehen und deshalb einen entgeltlichen Einkaufsdienst in Anspruch zu nehmen, sei nicht pflegerelevant, da die Haushaltsführung nicht zu den für die Bestimmung des Pflegegrads relevanten Modulen zähle. Der Senat könne daher offenlassen, ob die im MDK-Gutachten vom 8.11.2017 mit 3,75 festgesetzten Punkte von einer erforderlichen Mindestzahl von 12,5 Punkten in Bezug auf selten auftretende Ängste tatsächlich zutreffend seien. Diese Einschätzung habe die Gutachterin aufgrund der Angabe des Klägers getroffen, dass er nie das Haus verlasse. Dies allein begründe aber keinen Pflegebedarf. Die Ursache für die bei dem Kläger bestehende Immobilität bestehe im Fehlen von finanziellen Mitteln. Eine krankheitsbedingte Störung der Selbstpflegeerfordernisse sei nicht erkennbar.
Mit einem persönlich unterzeichneten Schreiben vom 30.8.2019 hat der Kläger Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil eingelegt und um Bestellung eines "Not- oder Pflichtanwalts" gebeten. Aufgrund seiner fehlenden Mobilität könne er keinen Rechtsanwalt finden, der ihn vertrete, da er hierfür das Haus verlassen müsse. Im Hinblick auf das Gutachten des MDK sei seine mental-soziale Situation nicht hinreichend berücksichtigt worden. Tatsächlich lebe er wie ein Häftling in der Justizvollzugsanstalt. Krankheitsbedingt müsse er die Dienstleistung der Versorgung mit Nahrungsmitteln bezahlen. Diese Kosten müsse die Pflegekasse übernehmen.
II
a) Der Antrag auf gerichtliche Beiordnung eines Notanwalts ist abzulehnen.
Für das Verfahren der Beschwerde zum BSG gegen die Nichtzulassung der Revision in einer Entscheidung des LSG gemäß § 160a SGG ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte oder andere qualifizierte Prozessbevollmächtigte vorgeschrieben (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG). Zur Beiordnung eines Notanwalts ist es notwendig, dass der Beschwerdeführer ausreichend darlegt, dass es ihm nicht gelungen ist, einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden. Der Senat lässt offen, ob es hier unzumutbar gewesen ist, diese Anforderungen zu erfüllen, weil der Kläger nach eigener Einschätzung sein Haus mangels Mobilität nicht verlassen könne, während die kontaktierten Rechtsanwälte ihn gebeten hätten, die Kanzlei persönlich aufzusuchen.
Ungeachtet dessen erscheint eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das angefochtene Berufungsurteil bei gebotener summarischer Prüfung ähnlich dem Verfahren der Prozesskostenhilfe (PKH; vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG, § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO) jedenfalls aussichtlos. Im Unterschied zur PKH ist der Entscheidungsmaßstab allerdings nicht eine hinreichende Erfolgsaussicht, sondern "Aussichtslosigkeit" als solche. Aussichtslosigkeit besteht, wenn ein günstigeres Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Beiordnung eines Rechtsanwalts soll einen Rechtsanwalt, der die Verantwortung für den Inhalt und die Fassung seiner Schriftsätze trägt, vor einer ihm nicht zumutbaren Vertretung in von Vornherein aussichtlosen Sachen bewahren (stRspr vgl nur BSG Beschluss vom 29.3.2012 - SozR 4-1750 § 78b Nr 1 RdNr 5 mwN). Bei einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in einer Entscheidung des LSG liegt eine solche Aussichtslosigkeit vor, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Gründe für die Zulassung der Revision - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - offenbar nicht vorliegen.
Das Vorliegen eines der in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe für die Zulassung der Revision ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffes nicht gegeben. Weder wird durch das vorliegende Verfahren eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen noch finden sich Hinweise auf eine mögliche Abweichung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG. Schließlich ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines möglichen Verfahrensmangels. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich das LSG zu weiteren Sachverhaltsermittlungen hätte gedrängt sehen müssen. Die vom Kläger selbst benannten Defizite bei der Bewältigung des Alltags (Inanspruchnahme von Dienstleistungen beim Einkaufen) begründen für sich allein keine Pflegebedürftigkeit iS von § 14 Abs 1 bis 3 SGB XI iVm § 15 Abs 1 bis 5 SGB XI iVm den Anlagen 1 und 2 zu § 15 SGB XI (letztere abgedruckt bei Udsching/Schütze, SGB XI, 5. Aufl 2018, S 871 ff). Das soziale Rückzugsverhalten des Klägers bezieht sich nach den Feststellungen des LSG auf Funktionsstörungen, die die Selbstständigkeit im Bereich außerhäuslicher Aktivitäten oder der Haushaltsführung betreffen, die für die Feststellung eines Pflegegrades allein aber nicht ausreichend sind. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger im Berufungsverfahren weitere Sachaufklärung beantragt hätte oder hätte beanspruchen können. Mit Schreiben vom 10.2.2019, in dem er sein Einverständnis zu einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt hat, hat er vielmehr ausgeführt, dass die Beweisaufnahme das bestätigt habe, was er bereits dem Gericht an Umständen geschildert habe.
Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache "richtig" entschieden hat, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig und kann daher nicht deren Erfolgsaussicht begründen.
b) Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden ist. Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13; BSG Beschluss vom 10.12.2014 - B 5 R 378/14 B - juris), ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils hingewiesen worden. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss zu verwerfen.
c) Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13656402 |