Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 13.04.2023; Aktenzeichen L 5 KR 26/23)

SG Köln (Entscheidung vom 15.12.2022; Aktenzeichen S 21 KR 1412/21)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. April 2023 zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. April 2023 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger legte dieser am 4.5.2021 einen Heil- und Kostenplan der "Elephant 5 Dental Intelligence" in Köln vom 28.4.2021 für eine zahnprothetische Behandlung mit Gesamtkosten von 19 782,37 Euro vor. Die KK bewilligte bei Annahme eines Härtefalls einen Zuschuss von 100 Prozent der Kosten für die Regelversorgung in Höhe von insgesamt 11 294,74 Euro (Bescheid vom 6.5.2021). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe Anspruch auf eine vollständige Kostenübernahme. Er erhalte Leistungen nach dem SGB II und könne den Eigenanteil nicht bezahlen. Der behandelnde Zahnarzt könne wegen einer Allergie und Krankheiten durch Kontakt mit Schwermetallen "keine Eisenzähne" implantieren. Mit diesem Begehren hatte er bei der KK und den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 15.12.2022). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Ein Anspruch des Klägers auf volle Kostenübernahme für den von ihm begehrten Zahnersatz gemäß Heil- und Kostenplan vom 28.4.2021 bestehe nicht. Für die beantragte prothetische Versorgung habe der Kläger von Seiten der KK unter Annahme einer unzumutbaren Belastung nach § 55 Abs 2 SGB V bereits den doppelten Festzuschuss bewilligt erhalten. Die Begrenzung auf höchstens die vollen Kosten der Regelversorgung beruhe darauf, dass Versicherte damit das erhielten, was geeignet, ausreichend und erforderlich sei. Es komme kein Anspruch aus einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts wie bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen sowie bei wertungsmäßig damit vergleichbaren Erkrankungen in Betracht, weil selbst drohende Zahnlosigkeit keinen vergleichbaren Schweregrad erreiche (Urteil vom 13.4.2023).

Der Kläger hat mit einem von ihm unterzeichneten Schreiben Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde unter Beiordnung eines Rechtsanwalts gestellt.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Aus diesem Grund kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Dagegen ist die bloße Behauptung der Unrichtigkeit einer Berufungsentscheidung kein Revisionszulassungsgrund.

Die Durchsicht der Akten und das Vorbringen des Klägers in seinen beim BSG eingegangenen Schreiben hat keinen Hinweis auf das Vorliegen eines der oben genannten Revisionszulassungsgründe ergeben.

1. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, zur Vereinbarkeit von § 55 SGB V mit den Grundrechten Versicherter, insb dem allgemeinen Gleichheitssatz vgl BSG vom 27.8.2019 - B 1 KR 9/19 R - BSGE 129, 62 = SozR 4-2500 § 13 Nr 49, RdNr 20 ff; zur Frage einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts vgl BSG vom 2.9.2014 - B 1 KR 12/13 R - juris RdNr 21).

2. Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass das LSG entscheidungstragend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Erforderlich hierfür wäre, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG vom 19.11.2019 - B 1 KR 72/18 B - juris RdNr 8). Dies ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Schließlich ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Danach ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für eine unterbliebene notwendige Beiladung des Grundsicherungsträgers liegen schon deshalb nicht vor, weil dieser die Leistung nach den Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren offenbar bestandskräftig abgelehnt hat und darüber hinaus von der KK im Ergebnis bereits die vollen Kosten der erforderlichen konkreten Regelversorgung übernommen worden sind.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.

4. Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden ist. Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfG ≪Kammer≫ vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13 mwN), ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils ausdrücklich hingewiesen worden. Die Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss zu verwerfen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Schlegel

Bockholdt

Geiger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16186791

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