Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 01.06.1956) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts in München vom 1. Juni 1956 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Gebühr für die Berufstätigkeit des Rechtsanwalts Dr. J. wird auf DM 120,– festgesetzt.
Gründe
Der Kläger hat persönlich mit Schreiben vom 22. August 1956 am 27. August 1956 sowie durch seinen Prozeßbevollmächtigten, Rechtsanwalt Dr. J., Nabburg, mit Schreiben vom 7. September 1956 am 80. September 1956 Revision eingelegt und diese mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 7. Oktober 1956 am 9. Oktober 1956 – unter Stellung eines Revisionsantrages – begründet.
Die persönlich eingelegte Revision entspricht nicht dem Erfordernis des § 66 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SOG), da sie nicht von einem zugelassenen Prozeßbevollmächtigten unterzeichnet ist. Die von dem Prozeßbevollmächtigten eingelegte Revision enthält nicht den nach § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Antrag; auch ist dieser nicht innerhalb der Revisionsfrist nachgeholt worden. In der bloßen Erklärung der Revisionseinlegung kann nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ein Revisionsantrag nicht erblickt worden (vgl. Beschl. v. 27.6.1955 – Az. 4 RJ 33/54 – BSG. 1 S. 47). Der erst in der Revisionsbegründungsschrift gestellte Antrag ist verspätet. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG kann nicht gewährt werden, da sich nichts dafür ergibt, daß der Kläger ohne Verschulden verhindert war, diese Verfahrensfrist einzuhalten. Insbesondere ist er nicht durch seine Armut verhindert gewesen, den Revisionsantrag rechtzeitig zu stellen, da er spätestens am 6. September 1956 einen Rechtsanwalt gefunden hat, der bereit war, die Revision ohne Rücksicht auf die Leistung eines Kostenvorschusses oder Beiordnung im Armenrechtsverfahren einzulegen und zu begründen. Auch stand diesem Prozeßbevollmächtigten bis zum Ablauf der Revisionsfrist (16. September 1956) noch genügend Zeit zur Verfügung, die Revision unter Stellung eines Revisionsantrages einzulegen. Tatsächlich hat er auch mit Schriftsatz vom 7. September 1956 die Revision rechtzeitig eingelegt, hat aber den Revisionsantrag erst nach Ablauf der Revisionsfrist gestellt. Es hätte nichts im Wege gestanden, mit der Revisionseinlegung gleichzeitig auch den Revisionsantrag zu stellen. Zwar hat der Prozeßbevollmächtigte noch die Einsichtnahme der Prozeßakten beantragt. Diese benötigte er aber nur zur Begründung der Revision, nicht zur Stellung des Revisionsantrags. Es bedarf keiner Untersuchung, ob in schwieriger liegenden Fällen auch schon zur Stellung des Revisionsantrages die vorherige Einsichtnahme der Prozeßakten erforderlich ist. In dem zur Entscheidung stehenden – einfach liegenden – Fall, in welchem der Kläger die Gewährung der Invalidenrente beantragt hat, die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen worden ist, hätte jedenfalls der Prozeßbevollmächtigte den Revisionsantrag nach Einsichtnahme der ergangenen Entscheidungen, die in Händen des Klägers waren, sowie auf Grund der Unterlagen und Angaben des Klägers ohne Schwierigkeit stellen können. Er brauchte also den Eingang der Prozeßakten nicht abzuwarten. Zwar handelt es sich insoweit nicht um ein eigenes Verschulden des Klägers, sondern um das seines Prozeßbevollmächtigten, das Verschulden eines Prozeßbevollmächtigten schließt aber ebenso die Wiedereinsetzung aus wie das eigene Verschulden eines Beteiligten (BSG. Urt. v. 8.6.1955 – Az. 7 RAr 26/54 –).
Da die Revision danach nicht den Erfordernissen der §§ 164, 166 SGG entspricht, mußte sie nach § 169 Satz 2 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Die Festsetzung der Gebühr für die Berufstätigkeit des Rechtsanwalts Dr. J. beruht auf § 196 SGG.
Fundstellen