Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 29.06.2021; Aktenzeichen L 6 AS 19/18)

SG Detmold (Entscheidung vom 21.12.2017; Aktenzeichen S 9 AS 344/12)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Juni 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichtsakten sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht erkennbar.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Das LSG hat die Berufung teilweise als unzulässig angesehen, weil die Verwaltungsakte, die der Kläger angefochten hat (Bescheid vom 11.8.2008 und Widerspruchsbescheid vom 11.4.2012), vom Beklagten bereits aufgehoben worden seien. Im Übrigen hat es die Berufung als unbegründet angesehen, weil ein Anspruch auf Auszahlung von weiteren Leistungen für Oktober und November 2008 nicht bestehe, da Absenkungsbescheide (Bescheide vom 26.8.2008 und vom 23.9.2008, Widerspruchsbescheid vom 24.4.2009) für diese Monate bestandskräftig geworden seien, nachdem eine hiergegen gerichtete Klage rechtskräftig abgewiesen wurde. Dies betrifft die Umstände des Einzelfalles, wirft aber keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Insbesondere hat das LSG die Berufung im Tenor im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen und nicht teilweise als unzulässig verworfen, obwohl es in den Entscheidungsgründen von einer teilweise unzulässigen Berufung ausgegangen ist (vgl zur Beachtlichkeit des richtigen Tenors BFH vom 7.5.2013 - VIII R 17/09 - juris RdNr 11). Die dem zugrundeliegende Auffassung, dass der Bescheid vom 11.8.2008 und der Widerspruchsbescheid vom 11.4.2012 durch die Erklärung des Beklagten in seinem Schreiben an das LSG vom 14.2.2019 wirksam aufgehoben worden sind, ist nicht zu beanstanden. Nachdem das LSG dieses Schreiben an den Kläger weitergeleitet hatte, war es auch diesem gegenüber bekanntgegeben worden (§ 37 Abs 1 Satz 1 SGB X). Die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide beseitigte das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für seine Anfechtungsklage, entgegen der Auffassung des LSG aber nicht sein Rechtsschutzbedürfnis für die Berufung; letzteres ist nicht zu verneinen, da der Kläger durch die klageabweisende Entscheidung des SG weiterhin formell beschwert war (vgl BSG vom 10.5.2000 - B 6 KA 20/99 R - BSGE 86, 126 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 289 = juris RdNr 23). Hieraus folgt, dass die Berufung zwar (insgesamt) zulässig, aber unbegründet war, sodass der Tenor zutreffend war.

Auf seinen Einwand, er "glaube [...] nicht", dass die Bescheide vom 26.8.2008 und vom 23.9.2008 bestandskräftig seien, und überdies seien diese Bescheide nichtig, könnte der Kläger die Rüge eines Verfahrensmangels ebenfalls nicht stützen. Für das vorliegende Verfahren ist die Frage, ob diese Bescheide bestandskräftig geworden sind, ebenso wie die Frage, ob sie nichtig sind, nicht verfahrensrechtlicher, sondern materieller Natur.

Meßling                              Söhngen                      Burkiczak

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15098693

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