Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde zum BSG. Unzulässigkeit. Frist. Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Beschwerde zum BSG ist nicht zulässig, wenn sie nicht in der vorgeschriebenen Monatsfrist seit Zustellung des LSG-Urteils erhoben wird.
2. Eine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist kommt nicht in Betracht, wenn der Kläger nicht alles ihm Zumutbare unternommen hat, um innerhalb der Beschwerdefrist Prozesskostenhilfe zu erlangen, wozu die Einreichung des PKH-Antrags einschließlich der vorgeschriebenen Erklärung vor Ablauf der Rechtsmittelfrist gehört.
Normenkette
SGG § 64 Abs. 2-3, § 67 Abs. 1, § 73 Abs. 4, § 73a Abs. 1 S. 1, § 160a Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 2, § 169; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, § 121
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. Juli 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist, ob dem Kläger auf einen Antrag aus April 2011 Leistungen zur Rehabilitation psychisch Erkrankter durch die Beklagte zugestanden hätten. Sein Begehren ist erfolglos geblieben. Zuletzt hat das LSG seine Berufung mit Urteil vom 28.7.2022 zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Das Urteil ist ihm am 9.9.2022 zugestellt worden. Bereits mit einem per Telefax am 13.8.2022 beim LSG eingegangenen Schreiben vom 28.7.2022 hat der Kläger ua die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt sowie Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil vom 28.7.2022 erhoben. Das Schreiben des Klägers ist am 16.11.2022 beim BSG eingegangen.
II
1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für ein Verfahren vor dem BSG PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Es fehlt schon an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die vom Kläger beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde. Würde ein Rechtsanwalt oder sonstiger Bevollmächtigter iS des § 73 Abs 4 Satz 1 SGG nach PKH-Bewilligung für den Kläger unverzüglich eine formgerechte Beschwerde einlegen, müsste diese als unzulässig verworfen werden (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG). Die Beschwerde wäre nicht in der vorgeschriebenen Monatsfrist seit Zustellung des LSG-Urteils (vgl § 160a Abs 1 Satz 2 SGG) erhoben. Eine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist (vgl § 67 Abs 1 SGG) käme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht alles ihm Zumutbare unternommen hat, um innerhalb der Beschwerdefrist PKH zu erlangen.
Dazu gehört die Einreichung des PKH-Antrags einschließlich der vorgeschriebenen Erklärung (vgl § 117 Abs 2 ZPO) vor Ablauf der Rechtsmittelfrist (stRspr aller obersten Bundesgerichte; vgl BSG Beschluss vom 24.10.2007 - B 5a R 340/07 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 31.8.2021 - B 5 R 21/21 BH - juris RdNr 6; BGH Beschluss vom 25.4.2019 - III ZB 104/18 - juris RdNr 6, jeweils mwN). Daran fehlt es hier. Der Kläger hat bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist am 10.10.2022 (§ 160a Abs 1 Satz 2, § 64 Abs 2 und 3 SGG) keine Erklärung vorgelegt. Es sind auch keine Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, nach denen der Kläger ohne Verschulden an einer rechtzeitigen Vorlage der Erklärung gehindert gewesen wäre. Das LSG hatte ihn in den seiner Entscheidung beigefügten Erläuterungen zur PKH zutreffend darüber belehrt, dass sowohl das PKH-Gesuch als auch die formgerechte Erklärung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG einzureichen sind. Dies war dem Kläger aus anderen von ihm vor dem BSG geführten Verfahren zudem hinreichend bekannt (vgl BSG Beschluss vom 2.3.2022 - B 5 R 4/22 BH - juris RdNr 2 f; BSG Beschluss vom 8.7.2022 - B 5 R 30/22 BH).
Da dem Kläger keine PKH zusteht, entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG ist unzulässig, denn sie entspricht nicht der gesetzlichen Form. Die Beschwerde konnte, worauf der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden ist, wirksam nur durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist eingelegt werden (§ 73 Abs 4, § 160a Abs 1 Satz 2 SGG). Ausnahmen hiervon sehen die gesetzlichen Regelungen nicht vor.
Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Düring Gasser Hahn
Fundstellen
Dokument-Index HI15516004 |