Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG
Orientierungssatz
Es obliegt rechtskundig vertretenen Beteiligten, in der mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die das Gericht entscheiden soll. Es ist der Sinn der erneuten Antragstellung zum Schluß der mündlichen Verhandlung auch darzustellen, welche Anträge nach dem Ergebnis der für die Entscheidung maßgebenden mündlichen Verhandlung noch abschließend gestellt werden, mit denen sich das LSG dann im Urteil befassen muß, wenn es ihnen nicht folgt.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 3, §§ 103, 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 14.02.1989; Aktenzeichen L 3 U 155/87) |
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren, ihm wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls (Verkehrsunfall) vom 3. Oktober 1983 ab 1. Oktober 1985 eine Verletztenrente auf Dauer nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH zu gewähren, ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 8. August 1985; zusprechendes Urteil des Sozialgerichts vom 10. Februar 1987; klageabweisendes Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 14. Februar 1989). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, dem Kläger stehe eine Verletztenrente über den 30. September 1985 hinaus nicht zu, weil die Folgen des Arbeitsunfalls vom 3. Oktober 1983 keine MdE von mindestens 20 vH mehr bedingten.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger einen Verfahrensmangel geltend. Das LSG habe nämlich seinem Antrag, eine Stellungnahme von Prof. Dr. P. zu den Gutachten der Sachverständigen beider Instanzen Dr. W. (chirurgisches Gutachten vom 21. Juni 1985), Dr. F. (orthopädisches Gutachten vom 22. September 1988) und Dr. S. (psychiatrisch-neurologisches Gutachten vom 17. November 1988) einzuholen, ohne hinreichende Begründung nicht entsprochen. Ferner weiche das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) ab.
Die Beschwerde ist unzulässig. Gründe für die Zulässigkeit der Revision nach § 160 Abs 2 iVm § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind nicht schlüssig vorgetragen.
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Im vorliegenden Fall fehlt es an der schlüssigen Darlegung des Zulassungsgrundes (s BSG SozR 1500 § 160a Nr 24), insbesondere an dem Vorhandensein eines entsprechenden Beweisantrags. Der Kläger hat zwar in seinem Schriftsatz vom 23. Januar 1989 einen entsprechenden Antrag auf Anhörung von Prof. Dr. P. gestellt. Das Gericht ist aber, wie der Kläger bereits aus dem Hinweis des LSG vom 14. Dezember 1988 und der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 14. Februar 1989 entnehmen konnte, diesem Antrag nicht gefolgt. Der Kläger hätte deshalb in der maßgebenden mündlichen Verhandlung am 14. Februar 1989 den Antrag auf Ladung dieses Sachverständigen zu seiner Anhörung zumindest hilfsweise zu dem Sachantrag stellen müssen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Kläger diesen Beweisantrag nicht mehr zur Entscheidung gestellt, sondern nur den Berufungsantrag zur Sache. Dazu hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß es jedenfalls rechtskundig vertretenen Beteiligten obliegt, in der mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die das Gericht entscheiden soll (vgl Beschlüsse des Senats vom 24. November 1988 - 2 BU 139/88 - und vom 9. Februar 1989 - 2 BU 203/88 - jeweils mwN). Es ist der Sinn der erneuten Antragstellung zum Schluß der mündlichen Verhandlung auch darzustellen, welche Anträge nach dem Ergebnis der für die Entscheidung maßgebenden mündlichen Verhandlung noch abschließend gestellt werden, mit denen sich das LSG dann im Urteil befassen muß, wenn es ihnen nicht folgt.
Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann ausreichend begründet, wenn erklärt wird, mit welchem genau bestimmten, entscheidungserheblichen Rechtssatz das angegriffene Urteil von welcher genau bestimmten rechtlichen Aussage des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 21, 29 und 54). Daran fehlt es der Beschwerde. Der Kläger meint zwar, das LSG sei mit dem angefochtenen Urteil von der Entscheidung des Senats vom 18. Dezember 1962 (BSGE 18, 173 = NJW 1963, 1693) zur Frage psychischer Reaktionen als Unfallursache abgewichen. Einen tragenden, abweichenden Rechtssatz des angefochtenen Urteils hat der Kläger jedoch nicht aufgezeigt. Das LSG ist vielmehr auf dem Wege der im Beschwerdeverfahren nicht nachprüfbaren Beweiswürdigung (s § 128 Abs 1 Satz 1, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG) zu dem Ergebnis gelangt, daß beim Kläger zur Zeit der Feststellung der Dauerrente keine wesentlichen Schädeltraumafolgen verblieben waren und daß es ferner beim Kläger zu einer Entwicklung abnormer seelischer Reaktionen ohne ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall gekommen ist.
Die übrigen Rügen des Klägers betreffen eine seiner Ansicht nach unzutreffende Verwertung und Würdigung der vorhandenen Beweismittel (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Auf diese Verfahrensrüge kann, wie bereits ausgeführt, die Beschwerde nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG).
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen