Entscheidungsstichwort (Thema)

Allgemeiner Arbeitsmarkt bei Frauen. ernstliche Arbeitsbereitschaft einer Ehefrau

 

Leitsatz (redaktionell)

Der "allgemeine Arbeitsmarkt" umfaßt bei Frauen grundsätzlich auch Tätigkeiten in gewerblichen Frauenberufen, in fremden Haushalten, in Krankenhäusern, Küchenbetrieben usw; eine von vornherein auf bestimmte berufliche Tätigkeiten "eingeschränkte Arbeitsbereitschaft" genügt in aller Regel nicht. Nicht jedes Absinken des Einkommens des Ehemannes rechtfertigt einen Schluß auf die Ernstlichkeit der Bereitschaft der Ehefrau, wieder eine Tätigkeit als Arbeitnehmerin aufzunehmen; es kommt insoweit auf die gesamte wirtschaftliche Lage der Eheleute an.

 

Orientierungssatz

"Arbeitslos" iS von RVO § 1248 Abs 2 iVm AVAVG § 75 Abs 1 kann auch sein, wer längere Zeit vor seiner Arbeitslosmeldung dem Kreis der sogenannten "berufsmäßigen Arbeitnehmer" nicht mehr angehört hat.

 

Normenkette

RVO § 1248 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; AVG § 25 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; AVAVG § 75 Abs. 1 Fassung: 1957-04-03

 

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 7. Mai 1963 wird aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Die Klägerin, geboren ... 1900, war von 1916 bis 1929 als Kontoristin und Kassiererin beschäftigt. 1925 heiratete sie; von 1929 bis 1939 arbeitete sie im Geschäft ihres Mannes, von Juli 1945 bis 30. September 1951 versah sie eine Hauswartstelle, sodann bezog sie kurze Zeit Arbeitslosenunterstützung. Von 1916 bis 1927 und von 1945 bis 1959 entrichtete sie Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung, Angestelltenversicherung und zur einheitlichen Rentenversicherung in Berlin.

Am 2. Juni 1959 meldete sie sich beim Arbeitsamt (ArbA) Berlin-West als Arbeitssuchende. Im Dezember 1960 beantragte sie das vorzeitige Altersruhegeld (§ 25 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -). Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Mai 1961 ab, da die Klägerin nicht arbeitslos gewesen sei. Auf die Klage verurteilte das Sozialgericht (SG) Berlin am 17. April 1962 die Beklagte, der Klägerin vom 1. Dezember 1960 an das Altersruhegeld zu zahlen. Die Berufung der Beklagten wies das Landessozialgericht (LSG) Berlin durch Urteil vom 7. Mai 1963 zurück: Die Klägerin habe bei Antragstellung das 60. Lebensjahr vollendet gehabt und eine Wartezeit von mehr als 180 Monaten zurückgelegt; sie sei auch mindestens ein Jahr ununterbrochen arbeitslos gewesen; Arbeitslosigkeit im Sinne des § 25 Abs. 2 AVG liege auch dann vor, wenn ein Versicherter eine frühere Arbeitnehmertätigkeit zunächst aufgegeben habe, später wieder als Arbeitnehmer auf den "Arbeitsmarkt" zurückkehre und dann keinen Arbeitsplatz finde; die Klägerin sei zuletzt von 1945 bis 1951 als Arbeitnehmerin tätig gewesen, diese Tätigkeit habe sie unfreiwillig aufgegeben, einen neuen Arbeitsplatz habe sie damals wegen der Lage des "Arbeitsmarktes" nicht finden können; im Jahre 1959, als die Klägerin sich wieder um einen Arbeitsplatz bemüht habe, sei die Arbeitsmarktlage viel günstiger gewesen; die Klägerin habe auch aus wirtschaftlichen Gründen Veranlassung gehabt, sich wieder in das Berufsleben einzugliedern, sie habe vorausgesehen, daß ihr Ehemann 1960 altershalber aus dem Erwerbsleben ausscheiden und auf seine Altersrente angewiesen sein werde, ferner seien auch die beiden Söhne der Klägerin, die sich 1958 und 1960 verheiratet und bis dahin zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen hätten, mit der Heirat aus dem Elternhaus ausgeschieden; die Ernsthaftigkeit des Arbeitswillens der Klägerin ergebe sich auch daraus, daß sie sich seit Juni 1959 ständig beim ArbA gemeldet und später eine Aushilfstätigkeit angenommen habe. Das LSG ließ die Revision zu. Das Urteil wurde der Beklagten am 11. Juni 1963 zugestellt.

Am 26. Juni 1963 legte die Beklagte Revision ein, sie beantragte,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des SG Berlin vom 17. April 1962 die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trug sie - nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist - am 29. August 1963 vor: Das LSG habe den Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne von § 25 Abs. 2 AVG und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung (§§ 75, 76 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG -) verkannt; soweit das LSG für die "Ernstlichkeit" des Arbeitswillens der Klägerin Schlüsse aus einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin gezogen habe, habe es den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verletzt; soweit das LSG solche Schlüsse aus der späteren Annahme einer Aushilfstätigkeit durch die Klägerin gezogen habe, habe es gegen § 128 Abs. 1 SGG verstoßen.

Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

II

Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG). Sie ist auch begründet.

Das LSG ist bei der Beurteilung der Frage, ob die Klägerin in der Zeit vom 2. Juni 1959 (Arbeitslosmeldung) bis Dezember 1960 (in diesem Monat hat die Klägerin das 60. Lebensjahr vollendet und das Altersruhegeld nach § 25 Abs. 2 AVG beantragt) "arbeitslos" im Sinne von § 25 Abs. 2 AVG gewesen ist, zutreffend grundsätzlich vom Recht der Arbeitslosenversicherung ausgegangen. Es hat deshalb zu Recht zunächst geprüft, ob die Klägerin in dieser Zeit die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 AVAVG erfüllt hat, ob sie also in dieser Zeit "berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmerin tätig zu sein" pflegte, "aber vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis" gestanden hat (und auch, was hier außer Betracht bleiben kann, nicht im Betrieb eines Angehörigen mitgeholfen hat), es hat diese Frage im Ergebnis zu Recht bejaht. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in mehreren Urteilen (BSG 15, 131 ff; 18, 287 ff; Urteile des erkennenden Senats vom 18. Februar 1964, SozR Nr. 19 zu § 1248 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnungs- RVO - = § 25 Abs. 2 AVG; vom 16. April 1964 - 11/1 RA 112/61 - und vom 23. Juni 1964 - 11/1 RA 192/61-) dargelegt, daß die Zugehörigkeit zum Kreis der sogenannten "berufsmäßigen Arbeitnehmer" schon durch den Entschluß zur Aufnahme oder Wiederaufnahme abhängiger Arbeit begründet werde und daß "arbeitslos" im Sinne von § 25 Abs. 2 AVG i. V. m. § 75 Abs. 1 AVAVG auch sein könne, wer längere Zeit vor seiner Arbeitslosmeldung diesem Personenkreis nicht mehr angehört habe. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ihre Einwendungen insoweit auch nicht mehr aufrecht erhalten.

Nicht genügend gewürdigt hat das LSG aber, daß der Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne von § 25 Abs. 2 AVG (ebenso wie in § 1248 Abs. 2 RVO) neben den Tatbestandsmerkmalen des § 75 AVAVG grundsätzlich auch die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AVAVG mit einschließt und und daß deshalb - bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen - Anspruch auf das vorzeitige Altersruhegeld nach § 25 Abs. 2 AVG nur Versicherte haben, die seit mindestens einem Jahr nicht nur ohne Beschäftigung, sondern in dieser Zeit auch arbeitswillig und arbeitsfähig gewesen sind, also subjektiv und objektiv der Arbeitsvermittlung oder doch jedenfalls dem "Arbeitsmarkt" zur Verfügung gestanden haben (vgl. die zitierten Urteile des erkennenden Senats). Die Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AVAVG müssen gerade in den Fällen besonders sorgfältig geprüft werden, in denen ein Versicherter - wie hier die Klägerin-, der das vorzeitige Altersruhegeld nach § 25 Abs. 2 AVG begehrt, längere Zeit - im vorliegenden Fall immerhin sieben Jahre - keine abhängige Arbeit mehr verrichtet hat und den Entschluß zur Aufnahme solcher Arbeit erst zu einer Zeit bekundet, die in sein 59. Lebensjahr fällt. In solchen Fällen spricht zunächst viel dafür, daß der Versicherte, der sich erst so spät als arbeitslos und als Arbeitsuchender beim ArbA meldet, von vornherein damit nicht ernstlich die Erlangung eines Arbeitsplatzes anstrebt, sondern nur dem Schein nach die Voraussetzungen schaffen will, an die das Gesetz den Anspruch auf das vorzeitige Altersruhegeld knüpft.

Nach § 76 Abs. 1 AVAVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer 1. ernstlich bereit und 2. ungeachtet der Lage des Arbeitsmarktes nach seinem Leistungsvermögen imstande sowie 3. nicht durch sonstige Umstände, insbesondere tatsächliche oder rechtliche Bindungen, gesetzliche Beschäftigungsverbote oder behördliche Anordnungen, die eine Beschäftigung von mehr als geringfügigem Umfang (§ 66 AVAVG) ausschließen, gehindert ist, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts auszuüben und nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsauffassung für eine Vermittlung als Arbeitnehmer in Betracht kommt. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob das LSG stillschweigend hat davon ausgehen dürfen, die Klägerin komme nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsauffassung für eine Vermittlung als Arbeitnehmer in Betracht (§ 76 Abs. 1, letzter Satzteil) und sie sei ungeachtet der Lage des Arbeitsmarktes nach ihrem Leistungsvermögen imstande, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben (§ 76 Abs. 1 Nr. 2). Jedenfalls hat das LSG nicht ausreichend geprüft, ob die Klägerin auch "ernstlich bereit" (gewesen) ist, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben (§ 76 Abs. 1 Nr. 1). Mit der Frage, ob die Klägerin ernstlich bereit gewesen ist, eine Beschäftigung "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" auszuüben, hat sich das LSG überhaupt nicht befaßt. Das LSG hat dies im vorliegenden Fall aber schon deshalb tun müssen, weil sich in den von ihm beigezogenen Akten des SG eine Auskunft des ArbA III Berlin (West) vom 26. Februar 1962 befindet, wonach die Klägerin sich dort um "Arbeit als Kassiererin und Lohnbuchhalterin täglich vier bis fünf Stunden" bemüht hat. Diese Auskunft läßt offen, ob die Klägerin - selbst wenn sie sich nach ihren eigenen Angaben gegenüber dem SG auch um eine Arbeit als "Hilfskraft" bemüht hat und auch für eine solche Tätigkeit beim ArbA zur Vermittlung vorgemerkt gewesen ist - nur bereit gewesen ist, Arbeit zu übernehmen, die im wesentlichen ihrer früheren beruflichen Tätigkeit als Kontoristin und Kassiererin oder doch jedenfalls als Büroangestellte entsprochen hat. Der "allgemeine Arbeitsmarkt" umfaßt indessen alle Beschäftigungen, für die der Arbeitslose, ohne Einschränkung auf seinen Beruf, bei verständiger Würdigung des Einzelfalles in Betracht kommt (vgl. BSG SozR Nr. 19 zu § 1248 RVO; BSG 11, 16), bei einer Frau also grundsätzlich auch Tätigkeiten in gewerblichen Frauenberufen, in fremden Haushalten, in Krankenhäusern, Küchenbetrieben usw.; eine von vornherein auf bestimmte berufliche Tätigkeiten "eingeschränkte Arbeitsbereitschaft" genügt in aller Regel nicht. Das LSG hat daher ermitteln müssen, ob sich die eigenen Arbeitsbemühungen der Klägerin und ihre Bemühungen beim ArbA auch auf solche Arbeiten erstreckt haben und warum es trotz des jedenfalls schon seit Juni 1959 bestehenden großen Mangels an Arbeitskräften aller Art, insbesondere aber an Arbeitskräften für hauswirtschaftliche Arbeiten, der Klägerin nicht gelungen ist, Arbeit zu finden; es ist auch erheblich gewesen, auf welche Tageszeit die Klägerin etwa ihre Arbeitsbereitschaft beschränkt hat und ob es sich dabei um eine Zeit gehandelt hat, die den "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" entspricht. Insbesondere hat aber das LSG - wie die Beklagte zu Recht rügt - keine ausreichenden Unterlagen gehabt für die Feststellung, die Klägerin sei "ernstlich" bereit gewesen, Arbeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes aufzunehmen. Da die Bereitschaft zur Arbeit ein subjektiver Vorgang ist, der sich der unmittelbaren Feststellung durch die Verwaltung und die Gerichte entzieht, ist das Wort "ernstlich" auf die objektiven Nachweise der Arbeitsbereitschaft zu beziehen (vgl. die zitierten Urteile des erkennenden Senats); als "ernstlich" arbeitsbereit ist nur der Versicherte anzusehen, dessen Bereitschaft durch objektive Umstände in einer Weise dargetan ist, die keinen vernünftigen Zweifel mehr zuläßt. Insoweit genügt aber nicht schon die Arbeitslosmeldung beim ArbA und auch nicht, daß sich ein Versicherter regelmäßig der Meldekontrolle unterzieht, beides schließt nicht aus, daß möglicherweise damit nur der Anschein der Arbeitsbereitschaft hervorgerufen werden soll. Es kommt vielmehr auf alle Arbeitsbemühungen des Versicherten an und es muß geklärt werden, aus welchen Gründen er trotz aller Anstrengungen und trotz günstiger Konjunkturlage eine Arbeit in der fraglichen Zeit nicht gefunden hat. Das LSG hat deshalb insoweit weitere Auskünfte beim ArbA einholen und auch noch Ermittlungen über die sonstigen Arbeitsbemühungen der Klägerin anstellen müssen. Soweit das LSG dies getan und darauf abgehoben hat, die Klägerin habe "inzwischen" (nach Mitteilung der Klägerin an das LSG: im September 1962) eine Aushilfstätigkeit angenommen, hat das LSG verkannt, daß die Aufnahme dieser Tätigkeit, die keine Beschäftigung unter den "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" ist, keinen Rückschluß darauf zuläßt, ob die Klägerin in der maßgebenden Zeit von Dezember 1959 bis Dezember 1960 zur Aufnahme einer Beschäftigung unter solchen üblichen Bedingungen bereit gewesen sei. Schließlich hat das LSG zwar auf die Ernstlichkeit der Arbeitsbereitschaft auch Schlüsse daraus ziehen dürfen, ob eine wesentliche Änderung in den persönlichen und in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten eingetreten ist, auch eine solche Änderung kann einen objektiven Anhalt dafür bieten, daß ein lange Jahre nicht mehr in abhängiger Arbeit tätiger Versicherter wieder in den Kreis der Arbeitnehmer zurückkehren will (vgl. BSG aaO); die Feststellung, daß die Klägerin im Jahre 1959 aus wirtschaftlichen Gründen Veranlassung gehabt habe, wieder in das Berufsleben zurückzukehren, hat das LSG aber, wie die Beklagte zu Recht rügt, nicht ausreichend begründet; soweit das LSG festgestellt hat, daß die Söhne der Klägerin bis zu ihrer Verheiratung 1958 und 1960 zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen haben, hat das LSG dies allein dem Vorbringen der Klägerin entnommen, es hat nicht ermittelt, ob die Söhne überhaupt und in welcher Höhe sie - über einen Beitrag hinaus, der zur Bestreitung des Unterhalts der Söhne selbst bestimmt gewesen ist - zum Unterhalt der Klägerin und ihres Ehemannes beigetragen haben und inwieweit dadurch, daß die Söhne einen eigenen Haushalt begründet haben, eine wesentliche Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin und ihres (1959 noch voll im Berufsleben stehenden) Ehemannes eingetreten ist; soweit das LSG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe sich im Jahre 1959 auf eine wesentliche Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse im Hinblick darauf einrichten müssen, daß ihr Ehemann von 1960 an nur noch über ein Einkommen aus Rente verfüge, fehlt es an Ermittlungen darüber, wie hoch das Einkommen des Ehemannes bis zu seinem Ausscheiden aus dem Beruf gewesen ist und welches Einkommen er ab 1960 zu erwarten gehabt hat; nicht jedes Absinken des Einkommens des Ehemannes rechtfertigt einen Schluß auf die Ernstlichkeit der Bereitschaft der Ehefrau, wieder eine Tätigkeit als Arbeitnehmerin aufzunehmen; es kommt insoweit auf die gesamte wirtschaftliche Lage der Eheleute an. Nicht geprüft hat das LSG aber auch, ob die Klägerin in der hier maßgebenden Zeit "nicht durch sonstige Umstände, insbesondere tatsächliche Bindungen ..., die eine Beschäftigung von mehr als geringfügigem Umfang (§ 66 AVAVG) ausschließen, an der Aufnahme einer Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts gehindert gewesen ist (§ 76 Abs. 1 Nr. 3)"; solche tatsächlichen Bedingungen können darin bestanden haben, daß die Klägerin nach ihrer eigenen Darstellung im Juni 1959 nicht nur den Haushalt für sich und ihren Ehemann zu besorgen, sondern auch noch einen unverheirateten Sohn mit zu versorgen gehabt hat; ob die Arbeitsbereitschaft der Klägerin auf eine Beschäftigung von "mehr als geringfügigem Umfang" gerichtet gewesen ist, hat das LSG besonders deshalb prüfen müssen, weil sich die Klägerin nach der Auskunft des ArbA um eine Arbeit von zeitlich vier bis fünf Stunden täglich bemüht hat, eine solche Beschäftigung wäre aber möglicherweise - jedenfalls bei der weithin üblichen Fünftagewoche - eine geringfügige im Sinne der §§ 76 Abs. 1 Nr. 3, 66 Abs. 2 Nr. 1 AVAVG gewesen.

Das LSG hat daher nach dem von ihm bisher ermittelten Sachverhalt nicht davon überzeugt sein dürfen, die Klägerin sei in der maßgeblichen Zeit von Dezember 1959 bis Dezember 1960 "arbeitslos" im Sinne von § 25 Abs. 2 AVG gewesen, die Beklagte hat begründete Revisionsrügen gegen die tatsächlichen Feststellungen des LSG geltend gemacht, diese Feststellungen sind daher für das BSG nicht bindend (§ 163 SGG). Es ist möglich, daß das LSG, wenn es den Sachverhalt weiter klärt, zu anderen tatsächlichen Feststellungen und damit auch zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommt, das Urteil des LSG ist daher aufzuheben. Da der Senat die noch erforderlichen Ermittlungen nicht selbst anstellen darf, ist die Sache zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2325641

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