Leitsatz (amtlich)

Hat die KK einem am Schädigungsfolgen arbeitsunfähig erkrankten Versorgungsberechtigten Kranken- bzw Hausgeld gezahlt und ist diesem später rückwirkend eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder das Altersruhegeld bewilligt worden, so hat die Versorgungsverwaltung der KK die Beträge an Kranken- bzw Hausgeld zu erstatten, welche die nach RVO § 183 Abs 3 S 2 auf die KK übergangene Rente übersteigen.

 

Normenkette

BVG § 19 Abs. 2 Fassung: 1966-12-28; RVO § 183 Abs. 3 S. 2 Fassung: 1961-07-17

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 9. April 1969 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

In drei rechtlich gleichgelagerten und deshalb vom Landessozialgericht (LSG) zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbundenen Streitsachen

a) des F B,

b) des O K,

c) des O Z

begehrt die klagende Ersatzkasse von dem beklagten Versorgungsamt (VersorgA) die Erstattung von Krankengeld bzw. Hausgeld. In allen drei Fällen hatte sie diese Leistungen an die Bezieher von Versorgungsrente erbracht, welche wegen der anerkannten Schädigungsfolgen arbeitsunfähig krank waren; ihnen war von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) rückwirkend Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) gewährt worden; der Rentenbeginn war in die Zeit des Bezuges von Kranken- bzw. Hausgeld gefallen. Das VersorgA hatte in zwei Fällen zunächst den Erstattungsanspruch in voller Höhe bzw. zu einem Teilbetrag des geleisteten Kranken- bzw. Hausgeldes befriedigt. Nachdem die Renten gewährt und für die Zeit des Bezuges von Kranken- bzw. Hausgeld von der BfA an die Klägerin ausgezahlt worden waren, hat es seine Leistungen für die Zeit vom Rentenbeginn an zurückgefordert und sich im Wege der Aufrechnung gegen neue Erstattungsforderungen der klagenden Ersatzkasse befriedigt, schließlich im dritten Fall jede Erstattung abgelehnt.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klagen abgewiesen. Nach § 183 Abs. 3 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ende der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tage, von dem an ein Träger der Rentenversicherung Rente wegen EU oder Altersruhegeld zubillige. Das gezahlte Krankengeld könne auch nicht als Gewährung von Einkommensausgleich umgedeutet werden, zumal die Versicherten eine dahingehende Erklärung nicht erhalten hätten. Die Klägerin sei also zu der hier streitigen Leistung nicht verpflichtet gewesen, so daß ein Erstattungsanspruch nicht bestehe.

Mit den Berufungen gegen die drei Urteile hat die Klägerin den ursprünglich ebenfalls erhobenen Anspruch auf Erstattung der durch den Rentenübergang bereits gedeckten Teile des Kranken- bzw. Hausgeldes nicht aufrechterhalten. Durch Urteil vom 9. April 1969 hat das LSG die Urteile des SG abgeändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin

im Falle a) den Betrag von 2118,30 DM,

im Falle b) den Betrag von 3908,50 DM und

im Falle c) den Betrag von 3024,70 DM

zu zahlen. Es hat die Revision zugelassen, weil es sich um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung gehandelt habe: Zwar habe nach § 183 Abs. 3 Satz 1 RVO der Anspruch der Versorgungsberechtigten auf Gewährung von Kranken- bzw. Hausgeld infolge der nachträglichen und rückwirkenden Zubilligung von Rente vom Rentenbeginn an geendet. Die Klägerin habe aber das Kranken- bzw. Hausgeld aufgrund der RVO und ihrer Tarife gewähren müssen und sei nicht berechtigt, die gezahlten Beträge - auch nicht deren durch den Rentenübergang nicht gedeckten Teil - von den Versicherten zurückzufordern (§ 183 Abs. 3 Satz 3 RVO). Den Versicherten bleibe also trotz rückwirkender Rentengewährung die Leistung der Krankenkasse. Deshalb werde gemäß § 19 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ihr Anspruch auf Erstattung der durch den Rentenübergang nicht gedeckten Teile der Kranken- bzw. Hausgeldzahlung nicht berührt. Voraussetzung für den Erstattungsanspruch sei die tatsächliche Zahlung dieser Leistungen, sofern sie aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung gewährt seien und nicht zurückgefordert werden könnten. Nach den Grundgedanken des BVG - insbesondere § 19 Abs. 2 - seien die Kosten der Heilbehandlung und auch Kranken- und Hausgeld vom Bund zu tragen und zu erstatten, wenn die Heilbehandlung oder die Arbeitsunfähigkeit und die Krankenhauspflege durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden seien. Daran könne sich nichts ändern, wenn der Beschädigte, der gleichzeitig krankenversichert sei, rückwirkend eine Rente wegen EU erhalte. Es sei kein Gesichtspunkt erkennbar, der es rechtfertigen könnte, in einem solchen Falle den Bund zu entlasten und die durch die Schädigungsfolge verursachten Kosten der Krankenkasse aufzuerlegen, zumal im vorliegenden Fall diese das Kranken- bzw. Hausgeld in Erfüllung ihrer rechtlichen Verpflichtungen gezahlt habe. Die Verpflichtung der Klägerin zu diesen Leistungen sei durch die Stellung des Rentenantrags der Versicherten nicht beeinflußt worden.

Der Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt,

das Urteil des LSG Hamburg vom 9. April 1969, Nr. III KOBf 84/68, 86/68 und 87/68 aufzuheben und die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des SG Hamburg vom 21. Juni 1968, Az.: 28 KO 93/68, 702/67 und 703/67 als unbegründet zurückzuweisen.

Er rügt mit näherer Begründung eine Verletzung des § 19 Abs. 2 BVG und ist der Ansicht, er sei zur Erstattung nur dann verpflichtet, wenn die Klägerin Kranken- und Hausgeld nach dem Gesetz erbringen mußte. Diese Leistungen hätten ebenso wie die Rente wegen EU die Funktion eines Lohnersatzes. Die doppelte Gewährung von Leistungen mit Lohnersatzfunktion solle vermieden werden, und deshalb ende der Anspruch auf Kranken- und Hausgeld mit dem Beginn einer rückwirkend bewilligten Rente wegen EU. Rückschauend betrachtet seien die streitigen Leistungen der Klägerin keine gesetzlichen; sie habe vielmehr ohne Rechtsgrund gezahlt.

Der Versicherte bleibe nach § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO von einer Rückzahlungspflicht befreit, sei aber doch ungerechtfertigt bereichert. Da die Leistungen der Klägerin während des Zeitraums der Rentengewährung nicht gesetzlich vorgeschriebenes Kranken- und Hausgeld gewesen sei, bestehe kein Erstattungsanspruch aus § 19 Abs. 2 BVG. Die tatsächliche Krankengeldgewährung könne nicht genügen, um die Rechtsfolgen aus § 19 Abs. 2 BVG eintreten zu lassen. Denn diese Vorschrift stelle es allein darauf ab, daß die Krankenkasse nach außerhalb des BVG liegenden Vorschriften zu Recht geleistet habe und habe leisten müssen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält mit näherer Begründung das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist noch darauf, daß ihre Satzung eine Zahlung von Kranken- oder Hausgeld unter Vorbehalt nicht zulasse. Sie erfahre nichts davon, wenn ihre Mitglieder die Gewährung von Rente bei der BfA wegen EU oder Alters beantragen, außerdem sei nicht von vornherein abzusehen, ob dem Antrage auf Gewährung einer Rente wegen EU auch entsprochen werde.

Der Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Sein zulässiges Rechtsmittel konnte keinen Erfolg haben.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Erstattung von Kranken- und Hausgeld, welches sie für Mitglieder wegen einer behandlungsbedürftigen Arbeitsunfähigkeit, verursacht ausschließlich durch anerkannte Schädigungsfolgen, aufgewendet hat. Infolge der rückwirkenden Gewährung von Rente wegen EU hatten jedoch gemäß § 183 Abs. 3 RVO die Ansprüche der Versicherten auf diese Kassenleistungen schon vor deren Beginn geendet; die auf die Klägerin übergegangenen Renten sind niedriger gewesen als das gezahlte Kranken- bzw. Hausgeld. Die Klägerin hat dementsprechend in der Berufungsinstanz nur noch begehrt, ihr diese Spitzenbeträge zu erstatten. Hierauf hat sich der Streit im zweiten Rechtszug beschränkt. Der Streitgegenstand hat sich auch in der Revisionsinstanz nicht geändert.

Das LSG ist - im Gegensatz zum SG - der Auffassung gewesen, daß die Spitzenbeträge, deren Erstattung hier streitig ist, trotz der Beendigung des Anspruchs (§ 183 Abs. 3 RVO) Kranken- bzw. Hausgeld geblieben sind; außerdem sei kein Gesichtspunkt erkennbar, der es rechtfertigen könnte, in einem solchen Fall den Bund zu entlasten und die durch die Schädigungsfolge verursachten Kosten der Krankenkasse aufzuerlegen. Zu Unrecht ist der Beklagte demgegenüber der Ansicht, die Gewährung von Kranken- bzw. Hausgeld sei in den hier streitigen Fällen eine nicht geschuldete Leistung gewesen, so daß eine Gewährung von Kranken- bzw. Hausgeld nicht vorliege. Dies ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte noch dem Sinnzusammenhang der in Betracht kommenden Vorschriften.

Maßgebend ist § 19 Abs. 2 BVG in der Fassung des 3. NOG. Danach werden bei Arbeitsunfähigkeit durch anerkannte Schädigungsfolgen Krankengeld und Hausgeld für krankenversicherte Versorgungsberechtigte der Krankenkasse erstattet, welche gemäß § 18 c Abs. 2 Satz 1 BVG zunächst leistungspflichtig ist. Der Wortlaut ergibt nicht, was unter "Kranken- bzw. Hausgeld" zu verstehen ist. Im Gegensatz zu § 19 Abs. 1 BVG, welcher die Erstattung von Aufwendungen für Heilbehandlung - also eine Leistung nach dem BVG (§§ 9 Nr. 1, 10 ff BVG) - regelt, sind Krankengeld und Hausgeld keine Leistungen nach dem BVG. Sie zählen vielmehr zum Gegenstand der Versicherung nach dem 2. Buch der RVO (§§ 179 ff, 182 Abs. 1 Nr. 2, 186 in Verbindung mit § 184 Abs. 1 RVO). Deshalb ist es geboten, die einschlägigen Vorschriften der RVO heranzuziehen. Das gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem streitig ist, ob die Unterschiedsbeträge zwischen Kranken- bzw. Hausgeld und der niedrigeren nachträglich und rückwirkend zugebilligten Rente wegen EU noch als derartige Leistungen anzusehen sind.

Die Entstehung der Spitzenbeträge beruht auf § 183 Abs. 3 RVO. Er lautet:

Der Anspruch auf Krankengeld endet mit dem Tage, von dem an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld von einem Träger der Rentenversicherung zugebilligt wird. Ist über diesen Zeitpunkt hinaus Krankengeld gezahlt worden, so geht der Anspruch auf Rente bis zur Höhe des gezahlten Krankengeldes auf die Kasse über. Übersteigt das Krankengeld die Rente, so kann die Kasse den überschießenden Betrag vom Versicherten nicht zurückfordern.

Diese Vorschrift gilt gemäß § 186 Abs. 3 RVO auch für das Hausgeld.

§ 183 RVO beruht auf dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 12. Juli 1961 (BGBl I S. 913 ff). Dieses Gesetz hat für die Versicherten Verbesserungen und auch Verschlechterungen gebracht; die Verbesserungen aber überwiegen. Eine Verschlechterung gegenüber dem Rechtszustand vor Erlaß dieses Gesetzes besteht darin, daß früher nebeneinander Krankengeld und Rente aus der Invaliden- oder Angestelltenversicherung gewährt werden konnten. Demgegenüber hat der Gesetzgeber sich von der sozialpolitischen Auffassung leiten lassen, daß für ein und dieselbe Zeit nicht zwei Leistungen gewährt werden sollten, welche die Funktion eines Lohnersatzes haben. Deshalb war es nach der Systematik der Neuregelung nicht mehr möglich, Krankengeld, das eine Lohnersatzfunktion hat, neben der Rente uneingeschränkt weiter zu gewähren. Hierauf beruht die Regelung des § 183 Abs. 3 RVO. Sie führt zu einem gesetzlichen Forderungsübergang der nachträglich gewährten Rente an die Krankenkasse, um eine Doppelleistung zu vermeiden. Gleichzeitig ordnet sie an, daß ein etwa überschießender Betrag an Krankengeld dem Versicherten verbleiben soll. Der sozialpolitische Ausschuß (Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucksache 2748) hat hierzu folgendes ausgeführt:

"Der Versicherte, dem während seiner Arbeitsunfähigkeit Altersruhegeld oder eine Erwerbsunfähigkeitsrente zugebilligt wird, hat von dem Tage an, von dem an er diese Rente erhält, keinen Anspruch mehr auf Krankengeld. Der Anspruch fällt aber nicht etwa rückwirkend weg; der Versicherte erhält vielmehr das Krankengeld, das bis zur Zustellung des Rentenbescheides gezahlt ist; es wird lediglich die für diese Zeitspanne gezahlte Rente in der Weise angerechnet, daß der Anspruch auf Rente bis zur Höhe des gezahlten Krankengeldes auf die Kasse übergeht."

Schon diese Ausführungen weisen darauf hin, daß der Spitzenbetrag an Krankengeld gegenüber der Rente keine ohne Rechtsgrund gewährte Leistung darstellt. Zu dem gleichen Ergebnis ist das Berufungsgericht zu Recht gekommen.

In der angefochtenen Entscheidung ist u. a. ausgeführt, die Krankenkasse habe kraft gesetzlicher Pflicht gezahlt. Dies ist hier entscheidend. Nach § 210 RVO werden Barleistungen ... mit Ablauf jeder Woche ausbezahlt (die Klägerin hat nach ihren Satzungen das Krankengeld an jedem Donnerstag für die vorausgegangenen sieben Tage zu zahlen). Dem kann sich die Krankenkasse nicht entziehen. Sie kann das Krankengeld auch nicht etwa unter Vorbehalt leisten, wenn sie davon erfahren sollte - in den vorliegenden drei Streitfällen ist das nicht der Fall gewesen -, daß die Versicherten die Gewährung von Altersrente oder von Rente wegen EU beantragt haben. Vielmehr ist das Krankengeld an jedem Donnerstag fällig geworden. Diesen fälligen Anspruch mußte die Klägerin erfüllen. Wenn dann nachträglich sich herausstellt, daß schon zur Zeit der Zahlung des Krankengeldes der Anspruch geendet hatte, so kann nicht davon gesprochen werden, daß die Versicherten durch die Leistung der Krankenkasse auf deren Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hätten; vielmehr könnte allenfalls daran gedacht werden, daß der zunächst vorhandene rechtliche Grund später weggefallen ist. Die Ausführungen des Beklagten beruhen insoweit - wie seine weiteren Darlegungen über eine ungerechtfertigte Bereicherung der versicherten Versorgungsberechtigten dartun - nicht auf Regelungen im BVG oder in der RVO, sondern im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), allenfalls auf allgemeinen Rechtsgrundsätzen, welche in §§ 812 ff BGB ihren Niederschlag gefunden haben. Sie können nicht überzeugen; denn in den Regelungen, welche der Beklagte heranzieht, handelt es sich bei dem späteren Wegfall des rechtlichen Grundes im allgemeinen um ein Rechtsverhältnis, welches sich auflöst. Hier aber stehen Ansprüche aus einem Versicherungsverhältnis zur Rede, welches fortbesteht und bei dem es sich lediglich um das Schicksal von Kassenleistungen einer bestimmten Art aus Anlaß eines einzelnen Versicherungsfalles handelt, während das gesamte Versicherungsverhältnis unabhängig von den Umständen, welche für diese Art von Kassenleistungen maßgebend sind, weiterbesteht, und diese Leistung, nachdem sie einmal geendet hatte, sogar wieder aufleben kann (BSG 27, 66). Insoweit ist auch der Wortlaut des § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO belangvoll. Denn er regelt den Fall, daß über den Zeitpunkt des Beginns der Rente Krankengeld gezahlt worden ist, und spricht aus, daß der Anspruch auf Rente "bis zur Höhe des gezahlten Krankengeldes auf die Kasse" übergeht. Wenn das Krankengeld in diesem Fall seinen Charakter als derartige Leistung verloren hätte, hätte der Gesetzgeber nicht mehr von "Krankengeld" sprechen können. Vor allem bleibt die Tatsache entscheidend, daß die Krankenkasse an jedem Fälligkeitstage ihre Leistung nach Gesetz und Satzung erbringen mußte und erbracht hat. An diesen Fälligkeitszeitpunkten aber war es Kranken- bzw. Hausgeld.

Die Verpflichtung des Beklagten wird auch nicht etwa dadurch berührt, daß die Krankenkasse für ihre Leistung an Kranken- bzw. Hausgeld in den hier vorliegenden drei Streitfällen einen teilweisen Ausgleich durch den kraft Gesetzes übergegangenen Anspruch der Versicherten auf ihre Rente erhalten hat und ihrerseits den überschießenden Betrag von den Versicherten nicht zurückfordern darf. Der gesetzliche Forderungsübergang entspricht - wie bereits dargelegt - dem Grundgedanken des Verbots von Doppelleistungen mit gleicher Lohnersatzfunktion. Diesen Rentenübergang hat die Klägerin bei ihrer Forderung berücksichtigt. Weitergehende Wirkungen kann er nicht haben. Vielerlei Gründe haben dafür zusammengewirkt, daß die Klägerin von den Versicherten die Spitzenbeträge nicht zurückfordern kann, z. B. Verwaltungsvereinfachung, Ersparnis von Verwaltungsarbeit und auch die Erhaltung des sozialen Friedens. Ferner hat die Krankenkasse aus gesetzlicher und satzungsmäßiger Verpflichtung heraus geleistet; andererseits durften die Versicherten - da sie das Schicksal ihrer Rentenanträge ja nicht vorher kennen konnten - ohne weiteres bei dem Empfang der Leistungen der Auffassung sein, auf sie einen Anspruch zu haben, und konnten sich dementsprechend verhalten. Dieses Verhältnis der Krankenkasse zu ihren Versicherten beweist, daß einerseits mit Rechtsgrund geleistet worden ist und andererseits die Spitzenbeträge den rechtlichen Charakter eines Restes von Kranken- bzw. Hausgeld behalten haben (vergl. BSG 27, 68). Keinesfalls wird die Versorgungsverwaltung durch das Verbot der Rückforderung in § 183 Abs. 3 Satz 3 RVO ermächtigt, diese Spitzenbeträge der Krankenkasse anzulasten.

Zu dem gleichen Ergebnis führt die Entstehungsgeschichte des § 19 Abs. 2 BVG. Er ist durch das Zweite Neuordnungsgesetz eingefügt. In dem Entwurf der Bundesregierung (Deutscher Bundestag, 4. Wahlperiode, Drucks. IV/1305 S. 3, 16) ist zur Begründung lediglich ausgeführt:

"Der Entwurf geht von dem Grundsatz der vollen Kostenerstattung aus, der sich aus dem Zweck der gesetzlichen Krankenversicherung und dem Versicherungsrisiko ergibt. Zu diesem Zweck sollen den Krankenkassen alle nachweisbaren Aufwendungen einzeln erstattet werden. Für die Erstattung der übrigen Aufwendungen mußte eine Pauschalierung vorgesehen werden ...".

In der parlamentarischen Arbeit ist diese Vorschrift nicht nochmals besonders angesprochen worden. Der Entwurf ist unverändert zum Gesetz geworden. Infolgedessen ist aus den Materialien und den aus ihnen zu entnehmenden Vorstellungen der gesetzgebenden Körperschaften nur zu folgern, daß der Krankenkasse die Leistungen erstattet werden sollen, welche sie aus Anlaß der mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Behandlungsbedürftigkeit von gegen Krankheit versicherten Versorgungsberechtigten gewährt hat.

Der Sinnzusammenhang des § 19 BVG spricht ebenfalls für die Pflicht des Beklagten, der Klägerin die streitigen Spitzenbeträge zu erstatten. Die oben angeführte Begründung der Vorschrift stellt es auf den Zweck der gesetzlichen Krankenversicherung und die bei ihr versicherten Risiken ab. Gemäß § 165 Abs. 1 RVO ist "Krankheit" das Risiko der gesetzlichen Krankenversicherung. Hierfür bringen die Versicherten Beiträge auf. In Fällen der vorliegenden Art aber handelt es sich nicht um den Eintritt eines derartigen durch Beitragsleistung abgesicherten Risikos, sondern um eine Folge des Aufopferungsanspruchs, welchen die Kriegsopfer gegen den Staat haben. Infolgedessen muß der Grundsatz der vollen Kostenerstattung, welcher mit der Schaffung des § 19 BVG angestrebt worden ist, in Fällen der vorliegenden Art dazu führen, nicht die Versichertengemeinschaft anstelle des Staates eintreten zu lassen. Schließlich hat der Beklagte nicht zu Unrecht auf § 20 BVG hingewiesen. Diese Vorschrift betrifft zwar anders gelagerte Fälle. In ihnen ist die Krankenkasse entweder nur gemäß § 18 c Abs. 2 Satz 1 BVG tätig geworden oder aber die gegen Krankheit versicherten Beschädigten haben keinen Anspruch mehr auf Krankengeld oder Krankenhauspflege. Trotzdem ist aus dieser andersartigen Vorschrift der letzte Satz des § 20 BVG für die Ermittlung des Sinnzusammenhangs der Erstattungsregelung zwischen der Versorgungsverwaltung und den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung zu verwerten. Nach dem letzten Satz ist Kostenersatz auch dann zu leisten, wenn die Heil- oder Krankenbehandlung sowie der Einkommensausgleich ohne Verschulden der Krankenkasse zu Unrecht gewährt worden sind. Wenn schon den Krankenkassen, die nach § 18 c Abs. 2 Satz 1 BVG tätig geworden sind, die Kosten für zu Unrecht gewährte Leistungen abgenommen werden, so beweist dies die Pflicht der Versorgungsverwaltung zum vollen Kostenersatz der ohne Verschulden nach Gesetz und Satzung aufgewendeten Leistung und die Verpflichtung des Beklagten, die hier streitigen Spitzenbeträge zu erstatten.

Da demgemäß die angefochtene Entscheidung richtig ist, mußte die Revision des Beklagten - wie geschehen - zurückgewiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1668997

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