Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. September 1996 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. März 1995 mit der Feststellung zurückgewiesen, daß die Klägerin am 3. November 1990 in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung versicherungspflichtig und in der Arbeitslosenversicherung, beitragspflichtig geworden ist.
Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) die, außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis versicherungs- und beitragspflichtig geworden ist.
Die 1965 geborene Klägerin war nach einer Ausbildung als Verkäuferin im August 1985 im erlernten Beruf beschäftigt. Anschließend war sie, unterbrochen von einer dreitägigen Beschäftigung als Putzhilfe im Februar 1990, arbeitslos und bezog zeitweise Arbeitslosengeld. Bereits 1990 war sie mit Unterbrechungen freiwilliges Mitglied der AOK Konstanz, deren Rechtsnachfolgerin seit dem 1. April 1994 die Beklagte ist. Die Beiträge trug das Sozialamt. Auf Anraten ihres Hausarztes suchte die Klägerin am 16. Oktober 1990 eine Ärztin für Psychiatrie auf. Diese überwies sie zur Untersuchung in ein psychiatrisches Krankenhaus, wo sie am 22. und 23. Oktober 1990 stationär behandelt wurde, die Behandlung dann aber abbrach. Am 2. November 1990 schloß sie einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem Verein für familiäre Altenpflege eV (VfA), wonach sie gegen einen Bruttolohn von 1.500 DM als Stations- und Küchenhilfe beschäftigt werden sollte. Wie im Arbeitsvertrag vorgesehen, nahm sie am Samstag, dem 3. November 1990, die Arbeit auf. Am 9. November meldete sie sich krank und ließ sich wieder in dem psychiatrischen Krankenhaus behandeln. Am 13. November 1990 erschien sie am Arbeitsplatz, um die Arbeit wieder aufzunehmen, verließ diesen aber nach etwa einer Stunde wieder. Im Laufe des Tages kam sie zurück und vereinbarte mit dem VfA, die Arbeit am nächsten Tag wieder aufzunehmen,. das Arbeitsverhältnis jedoch am 30. November 1990 zu beenden. Zu einer Wiederaufnahme der Arbeit kam es nicht; die Klägerin unterschrieb vielmehr am 14. November 1990 eine vom VfA vorgefertigte fristlose Eigenkündigung. Am 26. November 1990 stürzte sie sich aus dem Fenster ihrer Wohnung; seitdem ist sie querschnittsgelähmt.
Die AOK teilte nach Befragen der Ärztin für Psychiatrie der Klägerin durch Bescheid vom 11. Februar 1991 mit, ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis beim VfA sei nicht zustande gekommen. Es liege ein mißglückter Arbeitsversuch vor; die Klägerin sei bereits bei Aufnahme der Beschäftigung arbeitsunfähig gewesen. Den Widerspruch der Klägerin wies die AOK mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 1992 zurück.
Das Sozialgericht (SG) hat nach Zuziehung ärztlicher Befundberichte mit Urteil vom 21. März 1995 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte zur Anerkennung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der am 3. November 1990 begonnenen Tätigkeit als Küchenhilfe beim VfA verurteilt. Die Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs sei nicht mehr anzuwenden. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) nach Beiladung des VfA (Beigeladener zu 1), der Landesversicherungsanstalt Baden (Beigeladene zu 2) und der Bundesanstalt für Arbeit (Beigeladene zu 3) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. September 1996). Das nach wie vor geltende Rechtsinstitut des mißglückten Arbeitsversuchs sei auf die Klägerin anzuwenden, Diese sei nach den übereinstimmenden ärztlichen Berichten bereits bei Arbeitsaufnahme arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Sie habe während der insgesamt vom 3. bis 8. November 1990 dauernden Beschäftigung, die sie am 13. November 1990 noch einmal für eine gute Stunde versucht habe, keine brauchbare Arbeit über einen wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeitraum geleistet. Denn an keinem der genannten Tage habe sie zeitlich ihr Pensum erfüllt und auch die Arbeit in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung nicht bewältigt. So habe sie die ihr aufgetragene Arbeit unvollständig verrichtet, sich unbefugt in Patientenzimmer begeben und ihren Arbeitsplatz ohne Angabe von Gründen vorzeitig verlassen.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 2 Abs. 2 und des § 31 des Sozialgesetzbuchs – Allgemeiner Teil (SGB I) sowie des § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Nach den genannten Vorschriften könne die Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung dürfe nicht an gesundheitlichen Einschränkungen scheitern.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 20. September 1996 aufzuheben und die Berufung der Beklagten, gegen das Urteil des SG vom 21. März 1995 mit der Feststellung zurückzuweisen, daß die Klägerin am 3. November 1990 in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung versicherungspflichtig sowie in der Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig geworden ist.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 3) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben sich nicht geäußert.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das LSG hat das Urteil des SG zu Unrecht aufgehoben; dieses hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und daß die Klägerin versicherungs- und beitragspflichtig geworden ist.
1. Für die im Jahre 1990 ausgeübte Beschäftigung der Klägerin richtet sich die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen SGB V. Danach sind Arbeitnehmer, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, versicherungspflichtig. Die Versicherungspflicht der abhängig beschäftigten Arbeiter in der Rentenversicherung richtete sich bis Ende 1991 nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Rechtsgrundlage der Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung ist § 168 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (ÄFG). Danach sind Personen beitragspflichtig, die gegen Entgelt beschäftigt sind. Im Sinne der genannten Vorschriften ist beschäftigt, wer eine nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, ausübt (§ 7 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs- Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung [SGB IV] i.V.m. § 173a AFG). Die Klägerin ist nach den genannten Vorschriften am 3. November 1990 in der Krankenversicherung und der Rentenversicherung versicherungspflichtig sowie in der Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig geworden.
2. In der Krankenversicherung scheitert die Versicherungspflicht nicht an der Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs. Sie ist in ihrem bisherigen Verständnis unter der Geltung des SGB V nicht mehr anzuwenden.
a) Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seiner Rechtsprechung zu § 165 Abs. 1 Nrn 1 und 2 RVO (Versicherungspflicht der Beschäftigten) und zu § 306 Abs. 1 RVO (Beginn der Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter mit dem Tage des Eintritts in die versicherungspflichtige Beschäftigung) geprüft, ob die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung aufgrund dieser Rechtsfigur scheitert (BSGE 101, 156, 159; BSGE 15, 89, 91, 92 = SozR Nr. 25 zu § 165 RVO; BSGE 20, 145, 147 = SozR Nr. 1 zu § 107 AVAVG; BSG SozR Nrn 44, 53, 61, 63 und 75 zu § 165 RVO; BSG SozR 2200 § 165 Nrn 2, 4, 33, 34 und 66; BSG SozR 2200 § 306 Nr. 10; BSGE 46, 118, 120 = SozR 2600 § 45 Nr. 21; BSGE 54, 62, 68 = SozR 2200 § 182 Nr. 84; BSGE 54, 148 = SozR 2200 § 306 Nr. 13; BSGE 54, 257 = SozR 2200 § 306 Nr. 14; BSGE 55, 78, 80, 81 = SozR 2200 § 1531 Nr. 13; BSG SozR 2200 § 1241 Nr. 32; BSG SozR 4100 § 159 Nr. 5; BSG USK 7399, 78142, 78196, 8201, 8323 und 8398). Es hat dabei, beginnend mit seinem Urteil vom 8. Juli 1959 (BSGE 10, 156, 159), Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes (RVA) zu den §§ 165 und 306 RVO übernommen und die Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs weiterentwickelt. Danach ließ ein mißglückter Arbeitsversuch ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis i.S. des § 165 Abs. 1 Nrn 1 und 2 RVO nicht entstehen. Er lag vor, wenn objektiv feststand, daß der Beschäftigte bei Aufnahme der Arbeit zu ihrer Verrichtung nicht fähig war oder er die Arbeit nur unter schwerwiegender Gefährdung seiner Gesundheit – etwa unter der Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Leidens – würde verrichten können, und wenn er die Arbeit entsprechend der darauf zu gründenden Erwartung vor Ablauf einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit aufgegeben hatte (BSG SozR 2200 § 165 Nr. 33). Ein mißglückter Arbeitsversuch wurde dagegen verneint, wenn der Beschäftigte trotz der genannten ungünstigen Erwartung tatsächlich brauchbare Arbeit über einen wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeitraum geleistet hatte, und deshalb nach den Umständen des Falles darauf vertrauen durfte, durch seine Beschäftigung Versicherungsschutz erworben zu haben (BSG SozR 2200 § 165 Nr. 33 m.w.N.). Eine feste Grenze für einen wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeitraum hat das BSG nicht gezogen. In der jüngeren Rechtsprechung wurde ein mißglückter Arbeitsversuch nach dreiwöchiger Beschäftigung noch bejaht (BSG SozR 2200 § 165 Nrn 2 und 33), nach sechswöchiger Beschäftigung verneint (BSG USK 7399). Beschäftigungszeiten bei mehreren Arbeitgebern waren unter bestimmten Umständen zusammenzurechnen (BSG SozR 2200 § 165 Nrn 33 und 34). Versicherungspflicht wurde wegen eines mißglückten Arbeitsversuchs in insgesamt elf Urteilen des BSG verneint oder bei Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz in Frage gestellt (BSG SozR Nrn 53, 61, 63 zu § 165 RVO; BSG SozR 2200 § 165 Nrn 2, 4, 33, 66; BSGE 54, 148 = SozR 2200 § 306 Nr. 13; BSGE 54, 257 = SozR 2200 § 306 Nr. 14; BSG USK 78142 und 8323). Diese Entscheidungen ergingen in der Zeit von April 1967 bis Februar 1983, wobei die Rechtsfigur erst in den Urteilen vom 19. Dezember 1978 und vom 25. Januar 1979 (SozR 2200 § 165 Nrn 33 und. 34) ihre letzte Ausformung erhielt.
b) Begründet wurde die Rechtsfigur unter der Geltung der RVO mit der Notwendigkeit der Mißbrauchsabwehr sowie mit dem Versicherungsprinzip. Kein am Versicherungsprinzip orientiertes Leistungssystem könne darauf verzichten, daß jeder Versicherte mindestens der Möglichkeit nach zugleich Leistungsempfänger und Beitragszahler sei, niemand könne also Mitglied der Versichertengemeinschaft werden, der von vornherein wegen Arbeitsunfähigkeit als Beitragszahler ausscheide (BSG SozR Nr. 63 zu § 165 RVO, BSG SozR 2200 § 165 Nr. 33).
c) Die Auswirkungen der Rechtsfigur waren erheblich. Lag ein mißglückter Arbeitsversuch vor, hatte dies für den Betroffenen den vollständigen Ausschluß der Versicherungspflicht und nicht etwa nur die Versagung einzelner Leistungen, z.B. für eingebrachte Krankheiten, zur Folge. Der Ausschluß erfaßte einmal eine Gruppe von Personen, die durch Aufnahme einer Beschäftigung überhaupt erst Versicherungsschutz erwerben wollten, weil sie sonst keinen hatten; sie erhielten bei Vorliegen eines mißglückten Arbeitsversuchs mangels Versicherungspflicht keine Leistungen der Krankenversicherung. Zum zweiten war eine Personengruppe betroffen, die zwar einen Krankenversicherungsschutz hatte, bei der dieser Schutz aber kein Krankengeld einschloß. Dieses traf vornehmlich bei Personen zu, die ohne Anspruch auf Krankengeld freiwillig versichert waren oder für die Anspruch auf Familienhilfe bestand (§ 205 RVO). Für sie galt bei einem mißglückten Arbeitsversuch der bisherige krankengeldlose Versicherungsschutz weiter. Krankengeld, war für beide Gruppen erstrebenswert, weil es versicherungspflichtigen Mitgliedern bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit für lange Zeit den Ersatz des Arbeitsentgelts sicherte und die Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung aufrecht erhielt (§ 311 Satz 1 Nr. 2 RVO), ohne daß aus dem Krankengeld Beiträge zu entrichten, waren (§ 383 RVO).
d) Anwendungsbereich der Rechtsfigur war im wesentlichen die Versicherungspflicht der Beschäftigten nach § 165 Abs. 1. Nrn 1 und 2 RVO. Diese Versicherungspflicht wurde durch den mißglückten Arbeitsversuch nicht nur für diejenigen ausgeschlossen, die bei Arbeitsaufnahme ihre Arbeitsunfähigkeit kannten und mit ihrem baldigen Ausscheiden aus der Beschäftigung sowie hohen Leistungsaufwendungen der Krankenkasse rechneten. Vielmehr scheiterte die Versicherungspflicht auch bei denjenigen, die ihre Krankheit und Arbeitsunfähigkeit nicht kannten oder nicht einmal kennen konnten (vgl. BSGE 54, 148 = SozR 2200 § 306 Nr. 13). Auf andere Tatbestände der Versicherungspflicht ist die Rechtsfigur nur zurückhaltend angewandt worden, und zwar bei berufsfördernden Maßnahmen außerhalb eines Rehabilitationsverfahrens (Versicherungspflicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 2a RVO – BSG SozR 2200 § 306 Nr. 12) und in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 155 Abs. 1 AFG) für die Zeit nach Einstellung der Zahlung von Arbeitslosengeld (BSG SozR 4100 § 155 Nr. 4),
e) Im Schrifttum ist die Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs zunächst überwiegend anerkannt worden, wobei jedoch zu Einzelheiten teilweise Kritik geübt oder, ein Überprüfungsbedarf gesehen wurde (Zur RVO: Heinze im Gesamtkomm Sozialversicherung, Stand 1980, § 165 RVO Anm. 6 V; Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, 2. Aufl., § 165 Anm. 5.1; H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1985, § 165 RVO Anm. 11; Schulin, Fälle zum Sozialrecht, 1. Aufl. 1987, S. 26ff., jedoch auch ZfA 1978, 215, 218 Fußnote 5; Töns, DOK 1969, 101ff. und 146ff., – Zum SGB V: Breuer im Gemeinschaftskomm zum SGB, Stand 1990, § 5 SGB V RdNrn 99 bis 104; Gerlach in Hauck/Haines, Komm zum SGB, Stand 1989, § 5 SGB V RdNrn 110 bis 113, Heinze a.a.O., Stand 1989, § 5 SGB V Anm. 7; Krauskopf/Schroeder-Printzen a.a.O., Stand 1989, § 5 SGB V RdNr 9; H. Peters a.a.O., Stand 1989, § 5 SGB V RdNrn 107 bis 114; Zipperer in Maaßen/Schirmer/Wiegand/Zipperer, Komm zur gesetzlichen Krankenversicherung, Stand 1992, § 5 SGB V RdNrn 15, 16). Sie ist jedoch auch und mit der Zeit zunehmend auf Kritik gestoßen (Fuchs, VSSR 1991, 281, 307ff., Gagel, SGb 1985, 268, 270ff. und SGb 1990, 1, 2 ff; Girardi, ZfS 1975, 4, 5 ff; Kunze, DOK 1981, 454 ff; Seewald, Kasseler Komm Sozialversicherungsrecht, Stand Juli 1991, § 7 SGB IV RdNrn 22 bis 24).
f) In seinem Urteil vom 11. Mai 1993 (BSGE 72, 221, 224, 225 = SozR 3-2200 § 165 Nr. 10) und in einem weiteren Urteil vom selben Tage (12 RK 34/91) hat der erkennende Senat die Bedenken gegen die Rechtsfigur zusammengefaßt und als gewichtig bezeichnet. Ob sie deswegen aufzugeben war, brauchte nicht entschieden zu werden, weil bei ihrer jedenfalls gebotenen einschränkenden Anwendung die damaligen Kläger nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 RVO versicherungspflichtig waren. Im Anschluß an diese Entscheidungen ist im Schrifttum weitere Kritik an der Rechtsfigur geübt worden (Bloch, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1 Krankenversicherung, 1994, § 16 RdNrn 55-59; Bultmann, ZfS 1995, 217 ff; Kretschmer, VSSR 1995, 171 ff; Kunze in Anm. zum Urteil des BSG vom 11. Mai 1993, SGb 1994, 135, 136; Wollenschläger/Löcher, SGb 1997, 137ff.).
g) Die Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs beruhte nach ihrem letzten Stand auf richterlicher Rechtsfortbildung. Im Wege der Gesetzesauslegung ließ sie sich nicht mehr gewinnen. Zu Gewohnheitsrecht (vgl. BSGE 69, 131, 137 m.w.N. = SozR 3-2200 § 520, Nr. 1) hat sie sich nicht verfestigt. Insbesondere ist sie nicht über lange Zeit unumstritten gewesen und zudem in ihrer Ausgestaltung unsicher geblieben.
3. Zum 1. Januar 1989 ist das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988, (BGBl. I 2477) vollständig neu geregelt worden. Damit ist zu prüfen, ob die zum früheren Recht entwickelte Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs auch unter der Geltung des neuen Rechts anzuwenden ist. Dieses ist zu verneinen.
a) Die Versicherungspflicht entgeltlich Beschäftigter richtet sich nunmehr nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Bei ihnen beginnt die Mitgliedschaft nach § 186 Abs. 1 SGB V mit dem Tag des Eintritts in die Beschäftigung. Das SGB V macht diese Versicherungspflicht allein davon abhängig, daß eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, d.h., eine Beschäftigung, die in persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt verrichtet wird und die Grenze der Geringfügigkeit (§ 7 SGB V) überschreitet, die des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, SGB V) jedoch nicht übersteigt. In diese Beschäftigung muß der Betreffende eingetreten sein (§ 186 Abs. 1 SGB V). Unerheblich ist der Beweggrund für ihre Aufnahme. Selbst wenn der Zweck, der Beschäftigung darin liegt, sich einen vorher nicht bestehenden oder günstigen Krankenversicherungsschutz zu verschaffen, steht das der Versicherungspflicht nicht entgegen, wenn die gesetzlichen Anforderungen hierfür erfüllt sind (BSG SozR 2200 § 165 Nr. 98). Das SGB V enthält keine Vorschrift, nach der die Versicherungspflicht von bestimmten gesundheitlichen Voraussetzungen oder von Arbeitsfähigkeit abhängt.
b) Dieses wird durch einzelne Regelungen des neuen Rechts bestätigt. So sieht das SGB V im Gegensatz zum froheren Recht für den Beitritt freiwillig Versicherter keine Wartezeiten oder Leistungsausschlüsse bei Vorerkrankungen vor. Vielmehr sind die entsprechenden Vorschriften der RVO (§ 207 und § 310 Abs. 2 RVO) nicht in das SGB V übernommen worden. Sie hatten zwar im Laufe der Zeit an Bedeutung verloren, weil sie, für mehrere Beitrittstatbestände nicht mehr galten (§ 176a Abs. 1 Satz 3, § 176b Abs. 2 Satz 1 und § 176c Satz 2 Halbsatz 2 RVO). Allgemein aufgegeben worden sind Wartezeit und Ausschluß von, Vorerkrankungen aber erst mit dem SGB V. Allerdings läßt es den Beitritt zur freiwilligen Versicherung außer bei erstmals beschäftigten höher verdienenden Arbeitnehmern (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 SGB V) in der Regel nur noch zu, wenn ihr ein anderer Versicherungstatbestand vorangegangen ist (§ 9 Abs. 1 Nrn 1, 2, 4 und 5 SGB V). Dennoch bleibt der Verzicht des Gesetzgebers auf Wartezeit und Ausschluß von Vorerkrankungen jedenfalls in den Fällen bedeutsam, in denen solche Einschränkungen für den, vorangegangenen Versicherungstatbestand ebenfalls nicht galten.
Des weiteren spricht § 8 Abs. 1 Satz 3 des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) in der seit dem 1. Januar 1989 geltenden Fassung des Art 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2606) gegen einen allgemeinen Ausschluß des Versicherungsbeginns bei Arbeitsunfähigkeit. Nach dieser Vorschrift beginnt bei selbständigen Künstlern und Publizisten, die zum gesetzlich vorgesehenen Beginn der Versicherungspflicht arbeitsunfähig sind, die Versicherungspflicht erst an dem auf das Ende der Arbeitsunfähigkeit folgenden Tage. Damit sollte ein bewußtes Hinauszögern der Versicherungspflicht und der damit verbundenen Leistungspflicht durch ein Hinausschieben der Anmeldung bis zum Beginn einer Arbeitsunfähigkeit verhindert werden (vgl. Begründung zu § 8 des Entwurfs, BT-Drucks 11/2964 S. 15). Der Regelung ist zu entnehmen, daß der Ausschluß von Versicherungspflicht bei Arbeitsunfähigkeit jedenfalls seit dem 1. Januar 1989 einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf. Bei abhängig Beschäftigten fehlt sie.
c) Das Versicherungsprinzip rechtfertigt die Ablehnung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht. Auf der Leistungsseite gilt es nicht, weil ein Ausschluß der am Beginn der Versicherung bestehenden Risiken nicht vorgesehen ist. Aber auch von der Beitragsseite her gesehen rechtfertigt es den Ausschluß der Versicherungspflicht nicht. Insbesondere trifft nicht zu, daß ein Arbeitsunfähiger, der in eine versicherungspflichtige Beschäftigung eintritt, wegen der Arbeitsunfähigkeit von vornherein als Beitragszahler ausscheidet. Wer trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit in die versicherungspflichtige Beschäftigung eintritt und eine Zeitlang gegen Entgelt arbeitet, hat für diese Zeit Beiträge zu entrichten (§ 3 Satz 1, 2, § 223 Abs. 1 i.V.m. § 186 Abs. 1 SGB V). Gleiches gilt, wenn ein Beschäftigter nach Eintritt in die Beschäftigung wegen Arbeitsunfähigkeit die Arbeit niederlegt, jedoch Entgeltfortzahlung erhält. Erst wenn er Anspruch auf Krankengeld hat oder dieses bezieht, bleibt seine Mitgliedschaft nach Maßgabe des § 224 Abs. 1 SGB V beitragsfrei erhalten (§ 192 Abs. 1, Nr. 2 SGB IV). In den Fällen des mißglückten Arbeitsversuchs mochte zwar das Verhältnis von Leistungsaufwand zu Beitragseinnahmen für die Krankenkassen ungünstig sein. Dieses Verhältnis war aber nicht nennenswert günstiger, wenn die Beschäftigung kurz nach Erreichen einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit aufgegeben und dann ein mißglückter Arbeitsversuch nicht mehr angenommen würde. Es entspricht ferner nicht dem Solidaritätsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung, Personen die Versicherung zu verwehren, weil sie hohe Leistungsaufwendungen verursachen, aber nur geringe Beiträge entrichten. Dieses Prinzip, das neben der finanziellen Leistungsfähigkeit, dem Alter und dem Geschlecht auch das gesundheitliche Risiko des Versicherten einbezieht (vgl. Begründung: des Entwurfs eines GRG, Teil A Abschn 1 Nr. 1, BT-Drucks 11/2237 S. 46), ist für die gesetzliche Krankenversicherung als bewußte Erweiterung und Durchbrechung des versicherungstechnischen Äquivalenzprinzips allgemein anerkannt (vgl. Endbericht der Enquete-Kommission des 11. Deutschen Bundestags „Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung”, 1990, Bd 1 Zweiter Teil I. – Abschn Nr. 2.1 S. 314).
Der Hinweis auf das Versicherungsprinzip vermag auch deshalb nicht zu überzeugen, weil durch die Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs bei Eintritt in die Beschäftigung nur ein Arbeitsunfähiger von der Versicherungspflicht ausgeschlossen wurde, nicht aber ein arbeitsfähiger chronisch Kranker. Für diesen können aber die Leistungsaufwendungen der Krankenkasse erheblich höher sein, als bei dem Arbeitsunfähigen. Außerdem hat die Rechtsprechung bei anderen Versicherungstatbeständen eine Versicherung nicht aus Gründen angezweifelt, die für die Annahme eines mißglückten Arbeitsversuchs maßgebend waren (Ausnahmen zum früheren Recht oben 2c). Gemessen am Versicherungsprinzip leuchtet es jedoch nicht ein, warum etwa ein Student, der bei Semesterbeginn oder Einschreibung (§ 186 Abs. 7 SGB V) krankheitsbedingt studierunfähig ist, versicherungspflichtig wird, während der arbeitsunfähige Arbeitnehmer trotz Eintritts in die Beschäftigung unversichert bleiben soll. Allgemein werden schließlich bei Beginn einer Versicherung die Angehörigen des Mitglieds nach Maßgabe des § 10 SGB V sogleich beitragsfrei mitversichert; selbst eine lange und schwere Erkrankung des Angehörigen steht dem nicht entgegen. Eine früher für Leistungen an Angehörige bestehende Wartezeit ist später abgeschafft worden (vgl. § 205 Abs. 1 RVO i.d.F. der Notverordnung vom 26. Juli 1930, [RGBl I 311; Vierter Abschnitt, Zweiter Teil, Art 1 Nr. 19]; Erlaß des RAM vom 20. Mai 1941 – AN II 197; Art 2 Nr. 11 des Gesetzes vom 27. Juli 1969 – BGBl. I 946).
Arbeitsfähigkeit ist allerdings in der Regel Grundlage der Beschäftigung und der Beschäftigungsversicherung. Gleichwohl hat der Gesetzgeber die Arbeitsfähigkeit nicht zur Voraussetzung der Versicherungspflicht gemacht. Ein Grund hierfür mag sein, daß eine solche Regelung wegen der großen Zahl von Beschäftigungsverhältnissen auf praktische Schwierigkeiten stoßen würde, zumal die Arbeitsfähigkeit ohne Feststellung eines Arztes nicht beurteilt werden könnte. Außerdem sind dem Entstehen der Beschäftigungsversicherung, trotz Arbeitsunfähigkeit Grenzen gesetzt, weil der Eintritt in die Beschäftigung (§ 306 Abs. 1 RVO, § 186 Abs. 1 SGB V) verlangt wird und darunter regelmäßig die Aufnahme der vereinbarten Arbeit zu verstehen ist (BSGE 75, 277 = SozR 3-2500 § 186 Nr. 2; BSG SozR 3-2500 § 186 Nr. 3; SozR 3-2200 § 306 Nr. 2). Wer die Arbeit aufnimmt, ist in der Regel arbeitsfähig. Daß dies ausnahmsweise nicht der Fall ist, wird vom Gesetz in Kauf genommen. Sachverhalte anfänglicher Arbeitsunfähigkeit trotz Arbeitsaufnahme können dem Gesetzgeber nicht unbekannt gewesen sein.
d) Die Notwendigkeit einer Mißbrauchsabwehr rechtfertigt den Ausschluß der Versicherungspflicht ebenfalls nicht. Wenn die Versicherung ungeachtet bestehender Arbeitsunfähigkeit durch den Eintritt in die entgeltliche Beschäftigung begründet, wird, kommt die Annahme von Mißbrauch nicht allein deswegen in Betracht, weil die Beschäftigung nur kurze Zeit gedauert hat. Mißbrauch setzt ein subjektives Element voraus, das in der Regel fehlen wird, wenn der Beschäftigte Krankheit und Arbeitsunfähigkeit nicht kannte. Einem Ungleichgewicht von Leistungen und Beiträgen kann nicht durch die Unterstellung von Mißbrauch und den so begründeten Ausschluß der Versicherung begegnet werden. Vielmehr bedürfte es dazu geeigneter gesetzlicher Regelungen der Risikobegrenzung (unten 4d). Diese wären auch geeignet, Anreize zum Mißbrauch zu mindern, der vorliegt, wenn eine tatsächlich nicht bestehende versicherungspflichtige Beschäftigung lediglich vorgeschützt wird. Dem kann derzeit jedoch nur durch die Prüfung begegnet werden, ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung wirklich vorliegt (unten 4a bis c).
e) Weitere im Schrifttum vorgebrachte Argumente gegen den mißglückten Arbeitsversuch (vgl. BSGE 72, 221, 224 = SozR 3-2200 § 165 Nr. 10) überzeugen ebenfalls. Er ist im SGB V nicht vorgesehen und daher mit dem in § 31 SGB I geregelten Vorbehalt des Gesetzes unvereinbar. Er entspricht nicht dem Gebot möglichst weitgehender Verwirklichung sozialer Rechte (§ 2 Abs. 2 SGB I). Er durchbricht mit seiner rein krankenversicherungsrechtlichen Begründung die einheitliche Anknüpfung der, Versicherungs- und Beitragspflicht an die Aufnahme einer entgeltlichen Beschäftigung (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 § 7 Abs. 1 SGB IV) in den Versicherungszweigen, für die der Gesamtsozialversicherungsbeitrag erhoben wird (Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, seit 1995 auch soziale Pflegeversicherung). Schließlich war der Anwendungsbereich des mißglückten Arbeitsversuchs unscharf. Dieses führte zu Rechtsunsicherheit.
f) Der Senat brauchte nicht gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bei anderen Senaten des BSG anzufragen, ob an der Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs festgehalten wird. Das gilt jedenfalls, weil die früheren Entscheidungen anderer Senate das Recht der RVO betrafen. Zum neuen Recht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 186 Abs. 1 SGB V) ist die Rechtsfigur vom BSG bisher nicht angewandt worden.
4. Wegen der Aufgabe der Rechtsfigur unter der Geltung des SGB V liegt Versicherungspflicht nicht ohne weiteres bei allen Personen vor, die bei einer Tätigkeitsaufnahme arbeitsunfähig sind. Versicherungspflicht besteht vielmehr nur, wenn der Arbeitnehmer ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis begründet hat (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB IV) und in die Beschäftigung eingetreten ist (§ 186 Abs. 1 SGB V).
a) Eine Beschäftigung i.S. des § 7 Abs. 1 SGB IV liegt nicht vor, wenn es sich um eine familienhafte Mithilfe (vgl. BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90, BSGE 74, 275, 278ff. = SozR 3-2500 § 5 Nr. 17 m.w.N.) oder um eine selbständige Tätigkeit, insbesondere als Mitunternehmer oder Mitgesellschafter (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 11 m.w.N.) handelt. Beruht die Tätigkeit auf einem Scheingeschäft, i.S. des § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), mit dem ein Beschäftigungsverhältnis lediglich vorgetäuscht werden soll, um Leistungen der Krankenversicherung zu erlangen, liegt ebenfalls keine versicherungspflichtige Beschäftigung vor. Schließlich muß ausgeschlossen werden, daß die Beschäftigung wegen (Entgelt- oder Zeit-) Geringfügigkeit versicherungsfrei i.S. des § 7 SGB V i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB IV ist.
b) Nach § 186 Abs. 1 SGB V beginnt die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter mit dem Tag des Eintritts in die Beschäftigung. Hierzu hat der Senat entschieden, daß unter dem Eintritt in die Beschäftigung regelmäßig die Aufnahme der vereinbarten Arbeit zu verstehen ist (BSGE 75, 277, 281 = SozR 3-2500 § 186 Nr. 2; BSG SozR 3-2500 § 186 Nr. 3).
c) An den Nachweis der Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen (vgl. a und b), sind strenge Anforderungen zu stellen, wenn der Verdacht von Manipulationen zu Lasten der Krankenkassen besteht. Dieses kann, zumal wenn weitere Umstände hinzutreten, der Fall sein, wenn bei Beginn der Arbeitsaufnahme Arbeitsunfähigkeit besteht, dieses bekannt ist und die Arbeit alsbald aufgegeben wird. Die Feststellungslast für die Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, trägt derjenige, der sich auf sie beruft.
d) Sollte der Gesetzgeber der Auffassung sein, daß die Krankenkassen hiernach zu sehr mit eingebrachten Risiken belastet sind, kann er für die Versicherung selbst oder für einzelne Leistungen (zB Krankengeld) Wartezeiten oder Risikoausschlüsse vorsehen. Derartige Vorschriften haben im früheren Recht bei der freiwilligen Versicherung und bei der Familienhilfe bestanden (vgl. oben 3 b und c). Ähnliche Regelungen finden sich heute etwa in § 27 Abs. 2 SGB V (Beschränkung bei der Versorgung mit Zahnersatz), in § 52 SGB V (Leistungsbeschränkung bei Selbstverschulden) und in § 8 Abs. 1 Satz 3 KSVG (Beginn der Versicherungspflicht nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit, oben 3 b). Derartige Vorschriften und nicht die Rechtsfigur des mißglückten Arbeitsversuchs sind die geeigneten versicherungsrechtlichen Mittel zur Lösung von Risikoproblemen zu Beginn einer Versicherung.
5. In der Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung treten Versicherungspflicht (§ 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO) und Beitragspflicht (§ 168 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 170 Abs. 1 AFG) ebenfalls unabhängig vom Vorliegen eines mißglückten Arbeitsversuchs ein. Da diese Rechtsfigur in der Krankenversicherung unter der Geltung des SGB V nicht mehr anzuwenden ist, gilt dieses in den beiden anderen Versicherungszweigen ebenfalls. Schon früher ist sie von der Rechtsprechung dort allenfalls angewandt worden, wenn es zu gleich um die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ging. Besonderheiten für die Arbeitslosenversicherung ergeben sich nicht aus dem von § 186 Abs. 1 SGB V (Eintritt in die „Beschäftigung”) abweichenden Wortlaut des § 170 Abs. 1 AFG (Eintritt in „das Beschäftigungsverhältnis”); denn inhaltlich stimmen beide Vorschriften insoweit überein (vgl. Begründung zu § 166 des Regierungsentwurfs eines AFG, BT-Drucks V/2291 S. 91 sowie § 69 des am 1. Januar 1969 außer Kraft getretenen Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung).
6. Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin die Voraussetzungen für die Versicherungs- und Beitragspflicht erfüllt; denn nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG, an die das Revisionsgericht gebunden ist (§ 163 SGG), hat die Klägerin vom 3. bis 8. November 1990 eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt. Dem Eintritt in die Beschäftigung stand nicht entgegen, daß sie an keinem der genannten Tage zeitlich ihr Pensum erfüllt und die Arbeit in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung nicht bewältigt hat. Eine unvollständige und mangelhafte Arbeit ist jedenfalls dann einer Nichtaufnahme der Arbeit nicht gleichzustellen, wenn sie – wie hier – an mindestens fünf Tagen ausgeübt worden ist. Im übrigen lag ein Tatbestand der Versicherungsfreiheit oder Beitragsfreiheit nicht vor.
Demnach war der Revision der Klägerin stattzugeben und die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß am 3. November 1990 Versicherungs- und Beitragspflicht eingetreten ist. Das Ende der Versicherungs- und Beitragspflicht sowie Leistungsansprüche waren nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 231 |
AuA 1998, 359 |
NZS 1998, 234 |
SozSi 1998, 275 |