Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall der Witwenrente - Wiederverheiratung jüdisch-religiöses Recht:
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Wegfalls der Witwenrente, wenn die Witwe in der Bundesrepublik Deutschland nur nach jüdisch-religiösem Ritus getraut wird.
Orientierungssatz
1. Nach deutschem internationalen Privatrecht kann eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden (Art 13 Abs 3 S 1 BGBEG). Dem ist durch die Trauung in der Bundesrepublik vor einem Rabbi "Nach jüdischem Recht und Gesetz" nicht genügt. In einem solchen Fall handelt es sich nach deutschem Recht um eine Nichtehe, auf die sich jeder berufen kann, ohne daß es einer Nichtigerklärung bedürfte.
2. Für die Anwendung israelischen Rechts besteht kein Raum, wenn der "Bräutigam" neben der israelischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit innehatte (Art 5 Abs 1 S 2 BGBEG).
Normenkette
BGBEG Art 13 Abs 3 S 1; AVG § 68 Abs 1, § 81; RVO § 1291 Abs 1, § 1302; EheG § 11 Abs 1; GG Art 6 Abs 1; BGBEG Art 5 Abs 1 S 2
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 12.04.1988; Aktenzeichen L 11 An 62/87) |
SG Würzburg (Entscheidung vom 18.02.1987; Aktenzeichen S 5 An 110/86) |
Tatbestand
Streitig ist der Wegfall der Witwenrente.
Die 1906 geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige mit jüdischem Glauben, bezog von der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Witwenrente nach ihrem im Februar 1974 verstorbenen Ehemann E. G. . Im Juni 1984 verlegte sie ihren Wohnsitz von I. nach M. , wo sie in einem Seniorenheim der I. K. aufgenommen wurde. Im September desselben Jahres teilte das Landratsamt W. - Kreissozialamt - als Träger der Sozialhilfe der Beklagten mit, daß die Klägerin am 11. Juli 1984 "nach jüdischem Recht und Gesetz" geheiratet habe. Daraufhin stellte die Beklagte mit November 1984 die Zahlung der Witwenrente ein.
Die Klägerin legte eine in althebräischer Sprache abgefaßte Urkunde vor, derzufolge ihr im Monat Tamus des Jahres 5744 jüdischer Zeitrechnung (Juni/Juli 1984) in M. S. J. - der nach den Feststellungen des Landessozialgerichts -LSG- die deutsche und die israelische Staatsangehörigkeit besitzt - vor einem Rabbiner und zwei Zeugen die Eheschließung angeboten habe. Das Dokument ist unvollständig; es fehlt der den Namen des Rabbiners tragende Teil. Die Beklagte wandte sich an die Jüdische Gemeinde B. . Rabbiner S. erteilte die Auskunft, es handele sich bei dem in der Urkunde beschriebenen Vorgang um eine nach jüdisch-religiösem Ritus ordnungsgemäß durchgeführte jüdische Trauung, die im gesamten Judentum anerkannt werde, auch wenn deutsche Personenstandsvorschriften nicht eingehalten worden seien.
Mit dem streitigen Bescheid vom 22. Oktober 1985 stellte die Beklagte, ausgehend von einer am 11. Juni 1984 nach jüdischem Recht gültigen Eheschließung, den Wegfall der Witwenrente mit dem 30. Juni 1984 fest. Gleichzeitig gewährte sie nach § 81 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aufgrund der Wiederverheiratung eine Abfindung in Höhe des 24-fachen Monatsbetrages von 944,80 DM, die sie mit den für Juli bis November 1984 gezahlten Witwenrentenbeträgen verrechnete. Mit "Änderungs- und Ergänzungsbescheid" vom 4. Dezember 1985 verlegte die Beklagte den Wegfall der Witwenrente auf den 31. Juli 1984, weil sie nunmehr von dem Eheschließungsdatum des 11. Juli 1984 ausging; sie stellte demzufolge den Abfindungsbetrag nach der (höheren) Juli-Rente fest und verrechnete einen Monatsrentenbetrag weniger. Zur Begründung führte sie aus, die nach jüdischem Recht gültige Ehe werde in Israel anerkannt. Da S. J. auch die israelische Staatsangehörigkeit besitze, handele es sich aus der Sicht der deutschen Rechtsordnung um eine "hinkende Ehe", die im Sozialrechtsbereich beachtlich sei (Hinweis auf Beschluß des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 30. November 1982 - 1 BvR 818/81). Den Widerspruch der Klägerin wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 1986).
Die Klage hat das Sozialgericht Würzburg (SG) abgewiesen (Urteil vom 18. Februar 1987). Das Bayerische LSG hat dieses Urteil sowie die beiden Bescheide der Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. In der angefochtenen Entscheidung vom 12. April 1988 ist im wesentlichen ausgeführt: Die genannten Bescheide seien rechtswidrig. Die Klägerin habe keine neue rechtsgültige Ehe geschlossen. Allerdings stehe nach Überzeugung des Senats fest, daß die Klägerin entgegen ihren jetzigen Angaben die in der Urkunde niedergelegte Zeremonie vor einem Rabbiner unter dem Traubaldachin stehend in Gegenwart von zwei Zeugen durchgeführt und somit nach den in Israel gültigen Heiratsgesetzen die Ehe rechtskräftig geschlossen habe. Daß der den Namen des Rabbiners tragende Teil der Urkunde fehle, beeinträchtige deren Beweiskraft nicht. Offenbar habe der Rabbiner diesen Teil der Urkunde wegen der ohne Vorlage der standesamtlichen Heiratsurkunde vorgenommenen religiösen Trauung abgetrennt. Aus den Umständen ergebe sich, daß die Trauung nur vollzogen worden sei, damit das Paar bei den Mitbewohnern des Altenheimes als verheiratet habe gelten können. Nach deutschem Recht sei aber keine gültige Ehe zustande gekommen. Denn im Inland könne eine Ehe nur vor einem Standesbeamten geschlossen werden (§ 11 Abs 1 des Ehegesetzes vom 20. Februar 1946 - EheG); anderenfalls liege eine von jedermann zu beachtende Nichtehe vor. Der Rabbiner, der die Trauung vorgenommen habe, sei auch keine von seinem Land "ordnungsgemäß ermächtigte Person" im Sinne des zum Zeitpunkt der Ausstellung der Heiratsurkunde noch geltenden § 15a EheG gewesen. Auch sei die Ehe nicht in ein Standesregister des Staates Israel als gültige Ehe eingetragen worden. Aus dem internationalen Privatrecht ergebe sich keine andere Entscheidung. Zwar könne nach Art 13 Abs 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) auch eine "Anknüpfung" an das israelische Recht in Betracht kommen, weil der "Bräutigam" der Klägerin neben der deutschen die israelische Staatsangehörigkeit besitze. Aber auch nach israelischem internationalen Privatrecht entfalte diese in Deutschland ausschließlich in religiöser Form vorgenommene Trauung keine bürgerlich-rechtlichen oder sozialrechtlichen Wirkungen. Jedenfalls solange das Brautpaar nicht in Israel wohne, sei nach einer als "Rückverweisung" anzusehenden Kollisionsnorm im israelischen internationalen Privatrecht die Gültigkeit der Eheschließung nach dem deutschen Recht ("lex loci celebrationis") zu beurteilen. Es handele sich hier auch um keine "hinkende Ehe" im Sinne des Beschlusses des BVerfG vom 30. November 1982. Anders als dort liege hier eine "nach ausländischem Recht wirksame und damit auch nachweisbare Eheschließung" nicht vor. Es fehle an einer Anerkennung der am 11. Juli 1984 durchgeführten Trauungszeremonie durch den Staat Israel. Eine Anerkennung könne durch die sogenannte "Eheschließungsurkunde", die mit der von der Klägerin vorgelegten Trauungsurkunde nicht identisch sei, nachgewiesen werden. Eine solche Urkunde, die von Geistlichen der in Israel anerkannten Religionsgemeinschaften ausgestellt werde, habe die Klägerin nicht vorgelegt und würde ihr höchstwahrscheinlich auch nicht ausgestellt werden; denn damit sollten nur die in Israel durchgeführten Eheschließungen bestätigt ("legalisiert") werden. Wie die Rechtslage nach einem etwaigen Umzug der Klägerin nach Israel zu beurteilen wäre, habe der Senat nicht zu entscheiden.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision wendet sich die Beklagte gegen die im angefochtenen Urteil vertretene Rechtsansicht. Im Beschluß vom 30. November 1982 habe das BVerfG festgestellt, daß auch eine "hinkende Ehe" dem Schutz des Art 6 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) unterliege und der überlebende Partner aus einer solchen Beziehung gegebenenfalls einen Hinterbliebenenrentenanspruch nach § 1264 der Reichsversicherungsordnung - RVO (§ 41 AVG) habe. Spiegelbildlich müsse dies auch für den Wegfall der Witwenrente gelten (Hinweis auf Behn in NJW 1984, 1014), weil sich sonst aus der "hinkenden Ehe" eine weitere Hinterbliebenen- rente ergeben könnte, ohne daß die Hinterbliebenenrente nach der ersten Ehe wegfiele. Entgegen der Ansicht des LSG handele es sich hier um eine "hinkende Ehe", auf deren ausdrückliche Anerkennung im ausländischen Staat (Israel) es nicht ankomme. Es genüge, wenn nach dem für einen ausländischen Verlobten geltenden Heimatrecht die Ehe wirksam geschlossen worden sei. Jede ordentlich durchgeführte religiöse Trauung werde in Israel anerkannt. Der für die Eheschließung zuständige Rabbiner stehe einer Amtsperson gleich. Für die Auffassung der Beklagten spreche auch das Urteil des LSG Hamburg vom 26. Juni 1986 (FamRZ 1986, 994).
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 18. Februar 1987 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie teilt mit, daß ihr Lebensgefährte S. J. am 22. August 1988 verstorben ist, und trägt vor, eine gemeinsame Wohnsitzbegründung in Israel als etwaige Anerkennungsvoraussetzung der Ehe nach dem dort geltenden Recht scheide mithin aus, so daß die Grundlagen für die Annahme einer "hinkenden Ehe" entfielen. Im übrigen könne die Entscheidung des BVerfG nicht zur "Beseitigung des Besitzstandes" herangezogen werden. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des LSG zum israelischen internationalen Privatrecht sei die Ehe (auch) in Israel nicht gültig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Mit Recht hat das LSG die den Wegfall der Witwenrente nach E. G. feststellenden Bescheide und den Widerspruchsbescheid der Beklagten sowie das klageabweisende Urteil der ersten Instanz aufgehoben. Denn durch die streitigen Bescheide ist die Klägerin - auch wenn der Verfügungssatz, mit dem ihr eine Abfindung gewährt worden ist, für sich allein genommen eine Begünstigung enthält - jedenfalls zumindest "per saldo" beschwert, und die Bescheide sind rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für den Wegfall der Witwenrente nach E. G. nicht vorliegen.
Nach § 68 Abs 1 AVG (= § 1291 Abs 1 RVO) fällt die Witwenrente nach dem Ablauf des Monats weg, in dem der Berechtigte wieder heiratet. Der "Wegfalltatbestand" hängt also von einer "Wiederheirat" ab, die ihrerseits das Zustandekommen einer neuen formgültigen Ehe voraussetzt (so schon BSGE 10, 1 = SozR Nr 1 zu EGBGB Art 13 bei einer Fallgestaltung, die den inhaltsgleichen Vorgänger des § 1291 Abs 1 RVO - § 1287 RVO aF - betraf). Nach deutschem internationalen Privatrecht kann eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden (Art 13 Abs 3 Satz 1 EGBGB idF des Gesetzes zur Neuregelung des internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 -IPRG-, BGBl I 1142; nach früherer, hier noch anzuwendender inhaltsgleicher Fassung des § 13 Abs 3 aaO: die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen). Diese Form bestimmt § 11 Abs 1 EheG, wonach eine Ehe nur zustande kommt, wenn die Eheschließung vor einem Standesbeamten stattgefunden hat; als Standesbeamter in diesem Sinne gilt auch, wer, ohne Standesbeamter zu sein, das Amt eines Standesbeamten öffentlich ausgeübt und die Ehe in das Familienbuch eingetragen hat (Abs 2 aaO). Sind - wie im vorliegenden Fall - diese Formerfordernisse nicht erfüllt, so handelt es sich nach deutschem Recht um eine Nichtehe, auf die sich jeder berufen kann, ohne daß es einer Nichtigerklärung bedürfte. Eine Ausnahme von der Mitwirkung des Standesbeamten iS des § 11 Abs 1 oder 2 EheG besteht (unter nicht zu erörternden weiteren Voraussetzungen) nur, wenn keiner der beiden Verlobten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (jetzt Art 13 Abs 3 Satz 2 EGBGB; vorher § 15a Abs 1 EheG).
Auch die Beklagte geht davon aus, daß trotz der vor dem Rabbiner vollzogenen Trauung der Klägerin mit S. J. nach den deutschen Rechtsvorschriften lediglich eine Nichtehe vorliegt. Sie meint aber unter Bezug auf den Beschluß des BVerfG vom 30. November 1982 (BVerfGE 62, 323 ff = NJW 1983, 511 = SozR 2200 § 1264 Nr 6), es müsse genügen, wenn nach dem Heimatrecht des einen ausländischen Verlobten die Ehe wirksam geschlossen worden und dadurch eine "hinkende Ehe" zustande gekommen sei. Diese Argumentation ist indessen nicht geeignet, unter den Gegebenheiten des festgestellten Sachverhalts eine "Wiederverheiratung" iS von § 68 Abs 1 AVG anzunehmen und damit den Wegfall der bezogenen Witwenrente zu begründen:
Nach dem Leitsatz und dem die Begründung des vorgenannten BVerfG-Beschlusses einleitenden Satz gebietet Art 6 Abs 1 GG eine Auslegung des § 1264 RVO dahin, daß Witwen im Sinne dieser Vorschrift auch Hinterbliebene aus "hinkenden Ehen" sind (BVerfGE 83, 323, 329). Ob man diesen Rechtssatz (der auch für die Parallelvorschrift des § 41 AVG gilt) überhaupt "spiegelbildlich" auf den Wegfalltatbestand des § 68 Abs 1 AVG im Fall einer "hinkenden Wiederheirat" übertragen kann, ist zumindest zweifelhaft. So heißt es in dem Beschluß, daß Partnern einer "hinkenden Ehe" der Schutz des Art 6 Abs 1 GG "jedenfalls dann nicht versagt werden (kann), wenn es sich um den Anspruch auf Versorgung nach dem Tode eines Partners handelt" (aaO 331), und es wird das Ziel des Art 6 Abs 1 GG hervorgehoben, den wirtschaftlichen Zusammenhalt der Familie zu fördern, was besonders auch im Bereich der Sozialversicherung gelte; in diesem Zusammenhang sei die Witwenversorgung durch die Gewährung einer Hinterbliebenenrente zu sehen (aaO 332). Alle diese Wendungen und sie ergänzenden Ausführungen deuten darauf hin, daß das BVerfG den Anspruch auf Witwenrente verfassungsrechtlich gewährleistet wissen will, auch dann, wenn es sich nach dem Heimatrecht wenigstens eines Verlobten um eine - wie noch auszuführen sein wird: nachweisbare - wirksame Eheschließung gehandelt hat. Allerdings mag der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG und könnten daneben auch Gesichtspunkte der Ausgewogenheit und Transparenz dafür sprechen, eine (nur) "hinkende Ehe" ebenfalls im Rahmen des § 68 Abs 1 AVG - und damit auch für den Anspruch auf Abfindung nach § 81 AVG - ausreichend sein zu lassen. Indessen konnte die Antwort auf diese Frage für den zu entscheidenden Streitfall offenbleiben, denn auch wenn der Beschluß des BVerfG heranzuziehen ist, erwächst daraus der Beklagten nicht die Berechtigung, die Witwenrente der Klägerin wegfallen zu lassen.
Das BVerfG hat den Schutz des Art 6 Abs 1 GG nicht auf nach deutschem Recht geschlossene Ehen beschränkt, sondern auch auf verheiratete Ausländer angewandt, sowie auf "hinkende Ehen", sofern "nach dem für den ausländischen Verlobten maßgebenden Heimatrecht eine rechtsgültige Ehe vorliegt" (aaO 331). Neben dem Erfordernis der Rechtsgültigkeit (wenigstens) nach fremdem Recht hat es aber auch Mindestanforderungen aufgestellt, die für alle - nach deutschem oder ausländischem Recht - geschlossene Ehen gelten sollen ("Unter diesen Voraussetzungen ..."), und hierzu ausgeführt: "Die Ehe ist ein öffentliches Rechtsverhältnis in dem Sinne, daß die Tatsache der Eheschließung für die Allgemeinheit erkennbar ist, die Eheschließung selbst unter amtlicher Mitwirkung erfolgt und der Bestand der Ehe amtlich registriert wird" (aaO 330); dementsprechend wird die "hinkende Ehe" (aus deutscher Sicht) als "eine nach ausländischem Recht wirksame und damit auch nachweisbare Eheschließung" charakterisiert (aaO 332).
Das LSG hat mit dem Hinweis auf Art 13 Abs 1 EGBGB in der Fassung des IPRG (wonach die Voraussetzungen der Eheschließung für jeden Verlobten dem Recht des Staates unterliegen, dem er angehört) ausgeführt, eine "Anknüpfung" an das israelische Recht "könnte nur deshalb in Frage kommen, weil der 'Bräutigam' der Klägerin nicht nur die deutsche, sondern auch die israelische Staatsangehörigkeit besitzt." Es hat sodann festgestellt, das israelische internationale Privatrecht enthalte seinerseits wieder eine Kollisionsnorm, die als "Rückverweisung" anzusehen sei: eine in Deutschland geschlossene Ehe werde in Israel grundsätzlich nur dann als gültig anerkannt, wenn die Trauung nach den in Deutschland gültigen Vorschriften ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
An diese Feststellungen zum israelischen Recht - einschließlich des israelischen internationalen Privatrechts - und die darauf beruhende Rechtsauslegung des Berufungsgerichts ist das Revisionsgericht gebunden, weil es sich insoweit um nichtrevisibles Recht handelt (§ 162 SGG, § 202 SGG iVm § 562 der Zivilprozeßordnung - ZPO). Eine andere Auslegung des fremden Rechts ist dem Revisionsgericht verwehrt; es muß die daraus gezogenen rechtlichen Schlußfolgerungen ebenso hinnehmen wie die tatsächlichen Feststellungen nach § 163 SGG (vgl zuletzt mwN BSG, Urteil vom 21. Juni 1989 - 1 RA 1/87 -, zur Veröffentlichung bestimmt und vom 8. Dezember 1988 - 1 RA 11/88 = SozR 5050 Nr 37; BSGE 44, 221, 222; 4, 156, 161; BSG SozR Nr 19 zu § 15 FRG).
Hiernach ist der erkennende Senat auch an die Folgerung des LSG gebunden, daß die am 11. Juli 1984 vorgenommene Trauungszeremonie "weder nach israelischem noch nach deutschem Recht (einschließlich der beiden internationalen Privatrechte) als gültige Ehe anerkannt werden (kann)", soweit es sich um israelisches Recht handelt. Schon deshalb fehlt es demnach an einer auch vom BVerfG angenommenen Voraussetzung für eine "hinkende Ehe".
Die Entscheidung des erkennenden Senats wird auch durch den Umstand getragen, daß es an dem vom BVerfG für erforderlich gehaltenen Nachweis der nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehe und/oder deren amtlicher Registrierung hier fehlt. Das LSG hat - wiederum in Anwendung und Auslegung israelischen Rechts und daher für den Senat bindend - festgestellt, daß eine Anerkennung der am 11. Juli 1984 durchgeführten Trauungszeremonie durch den Staat Israel nicht vorliegt, daß die Klägerin den Nachweis hierfür durch die von der Trauungsurkunde zu unterscheidende sogenannte "Eheschließungsurkunde", die von Geistlichen einer in Israel anerkannten Religionsgemeinschaft ausgestellt werde, nicht vorgelegt habe und daß eine solche höchstwahrscheinlich auch nicht ausgestellt würde.
Im übrigen besteht ohnehin für eine - vom LSG auch nur als möglich angesehene - "Anknüpfung" an israelisches Recht hier gar keine Grundlage. Das ergibt sich aus Art 5 EGBGB. Dessen Absatz 1 betrifft das Personalstatut von Mehrstaatlern. Satz 1 aaO lautet: "Wird auf das Recht des Staates verwiesen, dem eine Person angehört, und gehört sie mehreren Staaten an, so ist das Recht desjenigen dieser Staaten anzuwenden, mit dem die Person am engsten verbunden ist, insbesondere durch ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder durch den Verlauf ihres Lebens." Ist die Person auch Deutscher, so geht diese Rechtsstellung vor (aaO Abs 1 Satz 2). Dies bedeutet, daß der vorgenannte Satz 2 allein maßgebend ist, wenn der Betroffene - wie S. J. - neben einer ausländischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (vgl Palandt, BGB, 48. Aufl, Art 5 EGBGB Anm 1 und 2b). Für die Anwendung israelischen Rechts ist also kein Raum. Deshalb besteht auch ein wesentlicher Unterschied zu dem Sachverhalt, der dem Beschluß des BVerfG zugrunde lag; dort besaß der Ehemann der Klägerin nur die fremde (britische) Staatsangehörigkeit.
Schließlich bedarf es auch keiner näheren Erörterung der von der Beklagten ins Feld geführten Entscheidung des LSG Hamburg vom 26. Juni 1986 (FamRZ 1986, 994), weil es sich dort um einen vom Personalstatut der Beteiligten her gesehen anderen Sachverhalt handelte; zwar wurde die Ehe in jenem Falle 1945 in Deutschland nur vor einem katholischen polnischen Geistlichen geschlossen; beide Verlobte besaßen aber zum Zeitpunkt der Eheschließung ausschließlich die polnische Staatsangehörigkeit.
Nach alledem vermag die Beklagte aus dem Beschluß des BVerfG vom 30. November 1982 nichts für sich herzuleiten; im Gegenteil gebietet sogar der in den Schutz der Ehe einbezogene Anspruch der Witwe auf Versorgung (Hinterbliebenenrente), den Wegfall der Witwenrente zu verneinen. Die Revision konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen