Entscheidungsstichwort (Thema)
Neubewertung einer Altersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres - Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Einem Bezieher von Altersrente, der das 65. Lebensjahr vollendet, steht ab Beginn des nächsten Kalendermonats materiellrechtlich höhere Rente zu, soweit der Vergleichswert, der sich nach der in diesem Zeitpunkt gegebenen Sach- und Rechtslage aus der Rechtsgrundlage für Regelaltersrente ergibt, höher ist als der bislang festgestellte dynamisierte Geldwert des Stammrechts ("Neubewertungsfall"; Fortführung von BSG vom 2.8.2000 - B 4 RA 40/99 R = SozR 3-2600 § 100 Nr 1 und BSG vom 30.8.2001 - B 4 RA 116/00 R = SozR 3-2600 § 42 Nr 1).
2. Beantragt ein Altersvollrentner, weil er 65 Jahre alt wird, die bisherige Festsetzung der Rentenhöhe zu überprüfen, hat der Rentenversicherungsträger das Verwaltungsverfahren insoweit wiederaufzugreifen und sodann in der Sache zu prüfen, ob eine gesetzliche Neubewertung des Geldwertes des Rechts auf Altersrente eingetreten ist. Offen bleibt weiterhin, ob das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens zu dieser Fallkonstellation auch von Amts wegen zu erfolgen hat, wenn der Berechtigte nicht etwas anderes bestimmt.
Normenkette
SGB VI § 33 Abs. 2, §§ 35, § 35ff, §§ 63-64, 66, 67 Nr. 1, § 70 Abs. 3 Fassung: 1995-12-15, § 71 Abs. 1, § 72 Abs. 2, § 75 Abs. 1, § 77 Abs. 3, § 88 Abs. 1 S. 1, § 89 Abs. 1 Sätze 1-2, § 99 Abs. 1, § 100 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 6, § 300 Abs. 1, § 306 Abs. 1; SGB I §§ 14-15; SGB X § 48 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1; AVG § 31 Abs. 1a, § 32 Abs. 4 Buchst. a
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. August 2001 und des Sozialgerichts Dortmund vom 23. März 2000 aufgehoben .
- Die Entscheidungen der Beklagten, die Aufhebung des bisherigen Rentenhöchstwertes und die Neufeststellung eines höheren Rentenwertes für Bezugszeiten ab 1. September 1994 abzulehnen, werden aufgehoben.
- Die Beklagte wird verpflichtet, einen neuen Höchstwert des Rechts auf Rente wegen Alters unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzustellen, und verurteilt der Klägerin entsprechend höhere Rente ab 1. September 1994 zu zahlen.
- Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob der Klägerin höhere Rente wegen Alters bereits ab September 1994 oder erst ab Dezember 1996 zusteht.
Die am 16. August 1929 geborene Klägerin bezieht seit dem 1. Juli 1990 Rente wegen Alters (Bescheid vom 20. Juni 1990) anfänglich mit einem dynamisierbaren Wert von 2.348,60 DM, der in der Folge jeweils angepasst wurde. Sie beantragte am 16. Dezember 1996, die Rente “in die 'richtige' Altersrente mit 63 oder 65 Jahren” umzustellen. Daraufhin prüfte die BfA, ob sich der Monatsbetrag der Rente auf Grund der Vorschriften über Regelaltersrente (RAR) ab September 1994 erhöht habe (Vollendung des 65. Lebensjahres im August 1994). Dies war der Fall, weil sich der Wert der Rangstelle der Klägerin auf Grund der Bewertung ihrer Vorleistung durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erhöht hatte. Denn die ersten 48 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung waren durch § 70 Abs 3 SGB VI (in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden, durch Art 1 Nr 13 Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz ≪WFG≫ aufgehobenen Fassung) höher bewertet worden, sodass sich auch der Wert der 25 Monate pauschaler Ausfallzeiten (PAZ) gemäß § 71 Abs 1 SGB VI verändert hatte. Daraus hatte sich eine Rangstellenwerterhöhung von insgesamt 0,9808 Entgeltpunkten (EP) ergeben; jedoch hatte die BfA einen Gesamtzeitraum vom 16. Lebensjahr bis zum Monat der Antragstellung (Dezember 1996), nicht bis zu dem der Vollendung des 65. Lebensjahres (August 1994) zu Grunde gelegt. Ausgehend davon bewilligte die BfA der Klägerin “an Stelle der bisherigen Rente” ab Dezember 1996 RAR mit einem monatlichen (dynamisierbaren) Wert von 2.815,12 DM. Dagegen lehnte sie ab, die bisherige Rentenwertfeststellung schon ab 1. September 1994 aufzuheben und den höheren Monatsbetrag ab diesem Zeitpunkt festzusetzen. Die Voraussetzungen dafür seien zwar seit dem 16. August 1994 erfüllt. Höhere Rente wegen Alters stehe der Klägerin nach § 99 Abs 1 SGB VI wegen verspäteter Antragstellung aber erst ab Beginn des Antragsmonats zu. Die Klägerin habe auch keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch darauf, so behandelt zu werden, als habe sie den Antrag fristgerecht gestellt. Denn Hinweis- oder Beratungspflichten seien nicht verletzt worden (Bescheid vom 4. März 1997; Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 1997).
Die Klagen und die Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG Dortmund vom 23. März 2000; Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 27. August 2001). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, einem Anspruch auf höhere Altersrente für Zeiten vor dem 1. Dezember 1996 stehe – entgegen der Ansicht des 4. Senats des Bundessozialgerichts (≪BSG≫, Urteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 40/99 R, SozR 3-2600 § 100 Nr 1) – § 99 Abs 1 Satz 2 SGB VI entgegen. Rechtsänderungen seien nur bei Bewilligung der RAR als eigenständiger weiterer Altersrentenart berücksichtigungsfähig gewesen. Das SGB VI gehe nicht von einem einheitlichen Versicherungsfall des Alters, sondern von mehreren eigenständigen Altersrentenarten aus, wie sich insbesondere aus dem Zusammenwirken der Übergangsvorschriften des § 300 SGB VI mit § 88 SGB VI ergebe. Auch sei die Klägerin nicht nach der zu § 115 Abs 6 SGB VI entwickelten Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 9. Dezember 1997 – 8 RKn 1/97, BSGE 81, 251 = SozR 3-2600 § 115 Nr 2) so zu stellen, als sei der maßgebliche Antrag rechtzeitig gestellt worden. Denn die hier zu einer Rentenerhöhung führenden Gründe seien keine genereller Art, bei denen typischerweise mit einer Besserstellung zu rechnen gewesen sei.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 2. August 2000 (B 4 RA 40/99 R, aaO) die Verletzung von § 100 Abs 1 SGB VI iVm § 99 Abs 1 SGB VI.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. August 2001 und des Sozialgerichts Dortmund vom 23. März 2000 sowie die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten im Bescheid vom 4. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung und unter Neufeststellung eines höheren Rentenwertes höhere Altersrente bereits ab dem 1. September 1994 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend und trägt vor: Zwar sei dem Urteil des BSG vom 2. August 2000 (B 4 RA 40/99 R, aaO) zu folgen, dass es auf Grund des einen Versicherungsfalls des Alters nur ein einheitliches Stammrecht auf Altersrente gibt und der Antrag keine Entstehungsvoraussetzung dieses Rechts oder der Einzelansprüche hieraus ist. Die Erfüllung des Anspruchstatbestandes des § 35 SGB VI ziehe ferner gemäß § 89 Abs 1 SGB VI die Neubewertung der bewilligten Rente unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Rechtsänderungen nach sich. Daher sei nicht “an Stelle” der bisherigen Rente RAR zu bewilligen, sondern die zuerkannte Rente zu erhöhen gewesen. Jedoch sei für die Aufhebung der bisherigen Bewertung nach § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auch § 99 Abs 1 SGB VI anzuwenden. Erst mit dem Antrag liege die “Wesentlichkeit” der Änderungen vor. § 100 Abs 1 SGB VI sei bei gebotener enger Auslegung nicht einschlägig, da die Wirksamkeit einer Rechtsänderung dem sonstigen materiellen Recht entnommen werden müsse. In diesem Sinne hänge das Entstehen des ersten höheren Einzelanspruchs in Neubewertungsfällen materiellrechtlich davon ab, dass der Antrag auf Neubewertung “rechtzeitig” gestellt sei, anderenfalls der Rentenversicherungsträger den Einwand der verspäteten Antragstellung erheben dürfe. Dies erscheine sachgerecht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Neubewertungsfall auf Grund der in den §§ 35 ff SGB VI normierten Anspruchsvoraussetzungen für eine Altersrente wirksam werde und er zum Vorteil der Rentenbezieher die Rechtswirkung des § 306 Abs 1 SGB VI zeitlich limitiere.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das Urteil des SG zu Unrecht zurückgewiesen, weil dieses den zulässig kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) hätte stattgeben müssen. Die Klägerin hat nämlich Anspruch zunächst darauf, dass die bisherige Feststellung des Rentenhöchstwertes rückwirkend auch für die Bezugszeiten ab 1. September 1994 aufgehoben wird, sodann auf die Neufeststellung des höheren Rentenwertes (unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts) bereits ab diesem Zeitpunkt; sie kann demgemäß auch höhere Zahlungen ab 1. September 1994 und nicht erst ab 1. Dezember 1996 verlangen. Denn der Neubewertungsfall war gemäß § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI zum 1. September 1994 eingetreten.
Die BfA hat zwar auf Antrag der Klägerin das Verwaltungsverfahren über die Festsetzung der Altersrente rechtmäßig wieder aufgegriffen (dazu unten A. 1.); sie hat jedoch die bisherige Feststellung des Rentenhöchstwertes rückwirkend zu Unrecht nur ab 1. Dezember 1996, nicht aber ab 1. September 1994 aufgehoben (dazu unten A. 2.) Ferner hat sie den neuen Höchstwert des Stammrechts auf Altersrente inhaltlich unrichtig und zudem fälschlich erst ab 1. Dezember 1996 festgesetzt (dazu unten A. 3.) und demgemäß rechtswidrig die monatlichen Zahlungsansprüche der Klägerin seit dem 1. September 1994 nur teilweise erfüllt. Auf den Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens gestellt wurde, kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht an (dazu unten A. 4.). Die Bedenken des LSG gegen die Rechtsprechung des BSG sind unbegründet (dazu unten Teil B.).
Die BfA hat das im Rentenbescheid vom 20. Juni 1990 durch Festsetzung des Geldwertes des Stammrechts auf Altersrente abgeschlossene Verwaltungsverfahren befugtermaßen und ohne Verstoß gegen die Bindungswirkung (§ 77 SGG) dieses Verwaltungsaktes auf Antrag der Klägerin wieder aufgegriffen. Der Rentenversicherungsträger muss ein Verwaltungsverfahren wieder aufgreifen, dh, die Aufhebbarkeit sogar eines bindenden Verwaltungsaktes prüfen, wenn ihm durch Antrag oder auf sonstige Weise amtlich neue Umstände bekannt werden, welche, falls sie vorlägen, die Aufhebbarkeit des Verwaltungsaktes wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit oder seine Widerrufbarkeit begründeten oder eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 SGB X bedeuteten. Ein solcher Fall lag hier vor. Das Vorbringen der Klägerin in ihrem im Dezember 1996 gestellten Antrag ließ im Blick auf das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Gebot, die höchste Rente zu zahlen, wenn mehrere Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Altersrente erfüllt sind (§ 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI), die Möglichkeit erkennen, dass die bisherige Festsetzung des Monatsbetrages des Stammrechts auf Altersrente nachträglich seit Vollendung des 65. Lebensjahres rechtswidrig geworden sein könnte.
Die Beklagte hat das frühere Verfahren nur in dem von § 77 SGG zugelassenen Umfang wieder aufgegriffen. Sie hat vor dem Revisionsgericht klargestellt, dass sie im streitgegenständlichen Bescheid vom 4. März 1997 die früheren bindenden Entscheidungen über die Zuerkennung des Stammrechts auf Altersrente, über dessen Beginn und Dauer und über den bislang festgesetzten dynamisierbaren Mindestbetrag nicht überprüfen und ggf aufheben wollte. Hierfür hätte es im Übrigen auch keine gesetzliche Ermächtigung gegeben. Das von ihr wiederaufgegriffene Verwaltungsverfahren betraf also nicht die Aufhebbarkeit der im Rentenbescheid vom 20. Juni 1990 verlautbarten und bindend gebliebenen drei weiteren Verfügungssätze, dass der Klägerin seit dem 1. Juli 1990 ein Recht auf Altersrente dauerhaft zusteht, sondern nur die Aufhebbarkeit der bisherigen Feststellung des Höchstgeldwertes dieses Stammrechts auf Altersrente.
Da die BfA das Verwaltungsverfahren auf Antrag der Klägerin wieder aufgegriffen hat, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob sie dies ohnehin auch ohne Antrag von Amts wegen hätte neu eröffnen müssen (dazu unten A. 4.). Die Klägerin hat ferner ihren Antrag innerhalb von vier Jahren nach Vollendung des 65. Lebensjahres gestellt. Schon deshalb bedarf keiner Klärung, ob die BfA sich gegen ein solches begründetes Verlangen auf Wiederaufgreifen eines Verwaltungsverfahrens überhaupt in entsprechender Anwendung von § 45 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auf Verjährung hätte berufen können. Ebenso wenig kommt es auf den materiellrechtlichen und (nur) einzelanspruchsvernichtenden Einwand der Nachleistungsbegrenzung auf vier Jahre (§ 48 Abs 4 Satz 1 Regelung 2 SGB X iVm § 44 Abs 4 SGB X) an. Denn der Antrag wurde auch innerhalb von vier Jahren seit der mit Vollendung des 65. Lebensjahres eingetretenen Änderung des Rentenwertes gestellt (zur Nichtanwendbarkeit dieses Einwandes im Erstfeststellungsverfahren stellv BSG SozR 3-2600 § 99 Nr 5).
Die Beklagte hat auch rechtmäßig und insoweit unangefochten die bisher bindende Feststellung des Höchstwertes des Stammrechts der Klägerin im Bescheid vom 20. Juni 1990 mit Wirkung für die Zukunft (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB X), aber auch rückwirkend zum 1. Dezember 1996 (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X) aufgehoben. Sie ist richtig davon ausgegangen, dass eine wesentliche Änderung der für die Rentenhöhe maßgeblichen Umstände eingetreten war, weil die Klägerin seit dem 16. August 1994 auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Recht auf RAR erfüllte und sich hieraus ein höherer Geldwert des Stammrechts auf Altersrente ergab.
Zu Unrecht hat sie es aber abgelehnt, die frühere Entscheidung schon für Bezugszeiten ab 1. September 1994 aufzuheben. Die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Ablehnung ihres Aufhebungsanspruches ist deshalb begründet. Mit Bundesrecht unvereinbar ist die Ansicht der Beklagten, die von ihr zu Recht festgestellte Änderung zum 1. September 1994 sei iS von § 48 Abs 1 SGB X erst dann “wesentlich” geworden, als die Klägerin im Dezember 1996 den Antrag auf “richtige Altersrente” stellte. Der für den Anspruch auf rückwirkende Aufhebung aus § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X maßgebliche Zeitpunkt des Eintritts der wesentlichen (begünstigenden) Änderung war aber der Zeitpunkt des Eintritts des Neubewertungsfalls iS von § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI, dh, der Beginn des auf die Vollendung des 65. Lebensjahres folgenden Kalendermonats, also der 1. September 1994. Denn schon von diesem Zeitpunkt ab war der bisher festgesetzte Höchstwert insoweit rechtswidrig geworden, als die BfA höhere Rente zahlen musste. Deswegen ist die Klage auf Verpflichtung der BfA, die bisherige Feststellung des Rentenhöchstwertes auch insoweit aufzuheben, begründet.
Eine “wesentliche Änderung” iS des Tatbestandes von § 48 SGB X liegt vor, sobald die bisherige Regelung (§ 31 SGB I) auf Grund einer nach ihrer Bekanntgabe eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage jetzt nicht mehr mit demselben Regelungsinhalt erlassen werden dürfte. Seit dem Bescheid vom 20. Juni 1990 war am 1. Januar 1992 eine abstrakte gesetzliche Rechtsänderung eingetreten (dazu sogleich unter a). Auf Grund dessen hatte sich der Geldwert des Stammrechts der Klägerin auf Altersrente kraft Gesetzes erhöht, als sie das 65. Lebensjahr vollendete (dazu unter b).
Die abstrakte gesetzliche “Rechtsänderung” im Vergleich zu den Verhältnissen die für den Bescheid vom 20. Juni 1990 maßgeblich gewesen waren, besteht in der Abschaffung des so genannten Versicherungsfallprinzips und in der Einführung der Rentenwertflexibilisierung einerseits durch das spezielle (hier nicht streitgegenständliche) Teilrentenkonzept und andererseits durch die Rentenhöchstwertgarantie des § 89 Abs 1 SGB VI. Danach wird, wenn für denselben Zeitraum “Anspruch auf mehrere Renten aus eigener Versicherung” besteht, nur die höchste Rente geleistet.
Diese Vorschrift stellt zunächst klar, dass aus eigener Versicherung stets und ausnahmslos nur eine Rente beansprucht werden kann. Auch wenn die Voraussetzungen mehrerer Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Rente erfüllt sind, kommt nur eine von ihnen zum Tragen (nämlich die mit dem höchsten Geldwert).
In der Altersrentenversicherung bedeutet dies, dass in jedem Bezugszeitraum (Kalendermonat) der Versicherte nur ein Recht auf Altersrente gegen den Rentenversicherungsträger und nur einen hieraus hervorgegangenen Zahlungsanspruch hat, ferner dass der Träger auch nur einen “Anspruch” erfüllen muss. Es gibt somit stets nur ein Recht auf Altersrente. Insoweit ist zum 1. Januar 1992 mit dem Inkrafttreten des SGB VI keine Rechtsänderung eingetreten. Das so genannte Versicherungsfallprinzip (dazu näher BSG SozR 3-2600 § 99 Nr 5 S 18 ff) schloss zuvor ua ebenfalls aus, dass nach Entstehung eines Stammrechts auf Altersrente die faktisch mögliche Erfüllung der Voraussetzungen weiterer Rechtsgrundlagen für ein Stammrecht auf Altersrente rechtlich relevant werden konnte. Schon deshalb gab es auch damals in jedem Bezugszeitraum nur ein Recht auf Altersrente.
Seit der Abschaffung des so genannten Versicherungsfallprinzips können aber Altersrentner in rechtserheblicher Weise (falls der eine Versicherungsfall des Alters fortbesteht) die Voraussetzungen weiterer Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Altersrente erfüllen. Gerade deshalb musste das Gesetz durch § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI klären, dass es auch weiterhin stets nur ein Recht auf Altersrente und nur eine Zahlungspflicht des Rentenversicherungsträgers gibt.
Wegen des Wegfalls des so genannten Versicherungsfallprinzips bedurfte das SGB VI ferner bei Erfüllung mehrerer Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Altersrente einer ausdrücklichen Regelung, welcher Rechtsgrundlage das eine Recht auf Altersrente zugeordnet wird. Welche von den – in der Altersrentenversicherung in “Anspruchsgrundlagenkonkurrenz” stehenden (dazu unten B. 2.) – Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Altersrente dem Versicherten im jeweiligen Bezugsmonat sein Recht auf Altersrente gibt und auf welches der Rentenversicherungsträger (nur einmal) leisten muss, ergibt sich jetzt aus einem Vergleich des festgesetzten Rentenhöchstwertes mit der Höhe der Geldwerte, welche die weiteren erfüllten Rechtsgrundlagen dem Stammrecht vermitteln könnten; nur der höchste Wert “wird geleistet”. Dieser Höchstwert bestimmt auch die rechtstechnische Einordnung des einen Stammrechts auf Altersrente in die Verweisungstechnik des SGB VI (im Falle der Klägerin jetzt RAR); bei “gleich hohen” Vergleichswerten gilt hierfür, soweit anwendbar, die “Rangfolge” des § 89 Abs 1 Satz 2 SGB VI.
Auch die Einführung dieses Höchstwertprinzips stellt sich als Antwort auf ein Regelungsproblem dar, das sich aus der Abschaffung des so genannten Versicherungsfallprinzips ergab. Dieses hatte das Problem nach dem Prioritätsprinzip gelöst; maßgeblich war und blieb damals für das Recht auf Altersrente und für dessen dynamisierbaren ersten Geldwert sowie für Beginn und Dauer des Rechts die zuerst in Anspruch genommene Rechtsgrundlage. Spätere rechtliche oder tatsächliche Änderungen hatten hierfür grundsätzlich keine rechtliche Bedeutung; die Rentenanpassungen standen auch damals unter einem anderen Regime.
In dem seit der Rentenreform 1972 bestehenden, bei der Rentenreform 1992 “bewusst” nicht veränderten System der Rechtsgrundlagen für ein (Stamm-)Recht auf Altersrente ist also am 1. Januar 1992 durch die Rentenwertflexibilisierung eine rechtliche Änderung eingetreten. Der dynamisierbare Geldwert auch eines zuerkannten Rechts auf Altersrente kann sich neuerdings noch bis zum Bezug einer Vollrente wegen Alters nach Vollendung des 65. Lebensjahres erhöhen (zum Fall einer Erstfeststellung BSG SozR 3-2600 § 99 Nr 5). Dies kann nicht nur durch Erwerb von EP aus Beitragszeiten neben einem Altersteilrentenbezug erfolgen, der einem besonderen Rechtsregime unterliegt, sondern vor allem auf Grund der Höchstwertgarantie des § 89 Abs 1 SGB VI (sowie durch spezialgesetzliche Regelungen).
§ 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI enthält die materiellrechtliche Garantie, dass ein Altersrentner, der das 65. Lebensjahr vollendet, Altersrente nach dem dynamisierbaren Höchstwert erhält, der für ihn zu diesem Zeitpunkt entweder kraft der Bindungswirkung früherer Verwaltungsakte oder nach dem materiellen Recht maßgeblich wäre.
Sobald ein Versicherter, der eine Rente wegen Alters bezieht, später die Tatbestandsvoraussetzungen weiterer Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Altersrente erfüllt, muss der Versicherungsträger gemäß § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI (nur) die höchste Rente leisten. Deshalb muss er feststellen, ob der bislang festgesetzte Rentenhöchstwert oder der Geldwert höher ist, der sich ergäbe, wenn die Rentenhöhe aus der weiteren Rechtsgrundlage, also der Vergleichswert, maßgeblich wäre. Wenn der Vergleichswert aus der später erfüllten Rechtsgrundlage höher ist, wird der bislang festgestellte Rentenhöchstwert rechtswidrig. Denn der Rentenversicherungsträger muss seither materiellrechtlich die höchste Rente zahlen.
Der Eintritt dieser Rechtsfolge hängt nach § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI allein davon ab, dass für denselben Zeitraum “Anspruch auf mehrere Renten aus eigener Versicherung” besteht. Rechtlich kann es natürlich keinen einzelnen “Anspruch auf mehrere wiederkehrende Geldzahlungen (Renten)” geben; es können (denkbarerweise) mehrere verschiedene Rechte auf verschiedene Renten gemeint sein. Anders als in der Versicherung gegen Erwerbsminderung gibt es (entgegen dem LSG, dazu Teil B. 2.) in der Altersrentenversicherung jedoch von vornherein nur ein (Stamm-)Recht auf Altersrente aus eigener Versicherung, dessen Geldwert sich allerdings (seit dem Inkrafttreten des SGB VI) auch nach dessen bindender Feststellung noch erhöhen kann, sobald die Voraussetzungen weiterer Rechtsgrundlagen erfüllt sind und der Vergleichswert höher ist als der bislang festgesetzte Rentenhöchstwert. Insbesondere können im Tatbestand des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI schlechthin nicht mehrere Einzelansprüche (§ 194 BGB) auf Zahlungen von Altersrenten für denselben Bezugszeitraum gemeint sein. So etwas gab es nach dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) nicht und ist durch das SGB VI auch nicht eingeführt worden. Gerade § 89 Abs 1 (Satz 1 und 2) SGB VI stellt auch weiterhin klar (s oben), dass es aus eigener Versicherung in jedem Bezugszeitraum (Kalendermonat) nur einen Zahlungsanspruch und nur eine Zahlungspflicht geben kann. Auch ergibt sich die Höhe des einzelnen monatlichen Zahlungsanspruchs, der eine Rechtsfrucht des Stammrechts auf Rente ist, allein aus dem Geldwert dieses Stammrechts. Ein im Einzelfall in der Höhe von dem monatlichen Zahlungsanspruch abweichender Auszahlbetrag ist Folge von Verrechnungen, Aufrechnungen, Abzweigungen, Abtretungen, Pfändungen, Verpfändungen oder von Zusatzleistungen, die alle die Höhe des monatlichen Einzelanspruchs nicht verändern, sondern diese gerade voraussetzen. Vor diesem Hintergrund stellt § 89 Abs 1 (Satz 1 und 2) SGB VI tatbestandlich auf einen Vergleich des bislang festgesetzten dynamisierten Rentenhöchstwertes des Stammrechts mit den Rentenhöchstwerten ab, die sich – fiktiv – nach Maßgabe der weiteren Rechtsgrundlagen ergäben.
In diesem Zusammenhang, dh bei der Frage, ob gemäß § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI eine höhere Rente zu zahlen, deswegen eine wesentliche Änderung iS von § 48 SGB X eingetreten und somit die bisherige Rentenhöchstwertfestsetzung aufzuheben ist, muss der Rentenversicherungsträger zunächst feststellen, ob der Tatbestand einer weiteren Rechtsgrundlage für ein Recht auf Altersrente erfüllt ist. Dies ist bei “der RAR” immer der Fall, sobald der Altersrentner 65 Jahre alt wird, setzt aber bei den anderen Rechtsgrundlagen für Altersrente stets auch die Ausübung eines Gestaltungsrechts und dessen Geltendmachung gegenüber dem Versicherungsträger voraus. Im zweiten Schritt muss der Träger eine Vergleichsberechnung durchführen. Er muss den bislang festgestellten dynamisierten Geldwert des Stammrechts dem Vergleichswert aus der weiteren Rechtsgrundlage gegenüberstellen. Diesen Vergleichswert muss er auf Grund der Sach- und Rechtslage ermitteln, die zu Beginn des Monats vorlag, der auf den Zeitpunkt der Erfüllung der Voraussetzungen der weiteren Rechtsgrundlage folgt (hier: 1. September 1994).
Liegt der zu Vergleichszwecken ermittelte Geldwert unter dem bisher festgestellten Rentenwert, bleibt es auf Dauer bei diesem. Es ist nichts aufzuheben und ggf neu festzustellen. Ist der bisher festgesetzte Rentenhöchstwert gleich hoch wie der Vergleichswert, gelten gemäß § 89 Abs 1 Satz 2 SGB VI für das Stammrecht von diesem Zeitpunkt ab die Rechtsfolgen, die nach der Verweisungstechnik des SGB VI für die “ranghöhere” Rente maßgeblich sind. Ist hingegen der Vergleichswert höher als der bisher festgestellte dynamisierte Rentenhöchstwert, tritt jener materiellrechtlich an dessen Stelle.
Ist der Vergleichswert höher, hat sich der Geldwert des Stammrechts an diesem maßgeblichen Stichtag materiellrechtlich erhöht. Daher ist die bisherige Rentenhöchstwertfestsetzung in diesem Zeitpunkt rechtswidrig geworden. Damit ist eine wesentliche und für den Versicherten begünstigende Änderung eingetreten. Die allgemeine Regelung für materiellrechtliche Rentenerhöhungen in § 100 Abs 1 SGB VI, die zu demselben Ergebnis führen würde (BSG SozR 3-2600 § 100 Nr 1 S 13), wird kraft Spezialität des § 89 Abs 1 SGB VI insoweit verdrängt. Die bisherige Festsetzung des Rentenhöchstwertes ist rückwirkend zum Stichtag aufzuheben (§ 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB X), sofern nicht ausnahmsweise ein atypischer Sachverhalt vorliegt und eine anderweitige Ermessensentscheidung rechtmäßig wäre. Für den infolge der Aufhebung der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung zeitabschnittsweise (hier: für Bezugszeiten ab 1. September 1994) durch Verwaltungsakt nicht mehr abschließend geregelten Höchstwert des Stammrechts auf Altersrente ist sodann auf Grund des ursprünglichen, jetzt teilweise nicht mehr beschiedenen Rentenantrages eine Neufeststellung des dynamisierbaren Geldwertes des Stammrechts auf Altersrente vorzunehmen. Der Träger muss den (höheren) Vergleichswert als neuen Geldwert des Rechts auf Altersrente neu feststellen (§ 117 SGB VI) und dementsprechend zahlen. Denn nach materiellem Recht entstehen auch die höheren Einzelansprüche aus dem höheren Geldwert des Stammrechts auf Rente, sobald die Voraussetzungen des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI vorliegen; sie werden zugleich fällig (§§ 40 Abs 1, 41 SGB I).
Dabei kommt es für den Vergleichswert aus “RAR” iS von § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI – wie gesagt – auf die Sach- und Rechtslage an, die zu Beginn des auf die Vollendung des 65. Lebensjahres folgenden Kalendermonats vorliegt. Das bedeutet ua auch, dass sich alle nach dem Beginn der (“vorzeitigen”) Altersrente eingetretenen Rechtsänderungen auf den Vergleichswert auswirken, soweit sie den Monatsbetrag der Rente (§ 64 SGB VI) verändern. Unerheblich ist dagegen, ob es sich – jeweils gesondert betrachtet – um die Rentner begünstigende oder belastende Änderungen handelt. Im Übrigen gilt dasselbe auch für den Vergleichswert eines Altersteilrentners, der 65 Jahre alt wird. Dann sind jedoch (wegen des Vorranges der durch das Teilrentenkonzept besonders geschützten Dispositionsfreiheit des Altersteilrentners) die während des Teilrentenbezuges auf Grund von Beitragszeiten bis zum Stichtag hinzu erworbenen Rangstellenwerte (EP) für den Vergleichswert nur zu berücksichtigen, wenn der Rentner mit Vollendung des 65. Lebensjahres zu einer höheren Teilrente oder zur Vollrente wechselt.
- Gegenüber der Rechtslage, die für die Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 20. Juni 1990 maßgeblich gewesen war, ist also durch das Inkrafttreten der gesetzlichen Rentenwertflexibilisierung mit der Höchstwertgarantie des § 89 Abs 1 SGB VI eine Rechtsänderung eingetreten.
Diese abstrakte Rechtsänderung wurde im Falle der Klägerin individuell rechtserheblich und damit “wesentlich” iS von § 48 Abs 1 SGB X, als sie 65 Jahre alt wurde und zugleich die Voraussetzungen für ein Recht auf RAR erfüllte, da der sich hieraus ergebende Vergleichswert höher war als der bisher festgesetzte dynamisierte Rentenhöchstwert. Deswegen hatte sie seither einen Anspruch auf Aufhebung der bisherigen Höchstwertfestsetzung aus § 48 Abs 1 Satz 1 und 2 Nr 1 SGB X.
Die Klägerin vollendete das 65. Lebensjahr im August 1994. Nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des SGB VI und auf Grund der damals gegebenen Tatsachen war der Vergleichswert aus RAR höher. Dies beruht zum einen auf einer stärkeren Anhebung der Rangstelle aus den Beitragszeiten der ersten Versicherungsjahre. Durch § 32 Abs 4 Buchst a) AVG wurden die Rangstellenwerte aus den tatsächlich mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonaten der ersten fünf Kalenderjahre seit Eintritt in die Versicherung (im Falle der Klägerin wegen anfänglicher Versicherungslücken von 30 Kalendermonaten) nach dem Monatsdurchschnitt der Werteinheiten aus den bis zum 31. Dezember 1964 zurückgelegten Beitragszeiten angehoben (30 × 8,72 WE = 261,60 WE). Demgegenüber werden durch § 70 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI (in der hier maßgebenden Fassung vor Inkrafttreten des WFG am 1. Januar 1997 gemäß Art 1 Nr 13 WFG) als Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung die ersten 48 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres für jeden Kalendermonat mindestens mit 0,075 EP bewertet. Damit erlangte die Klägerin 18 weitere Monate mit einem gegenüber dem tatsächlichen Versicherungsverlauf um 0,5898 EP günstigeren Rangstellenwert (48 × 0,075 EP = 3,600 EP gegenüber [30 × 8,72 WE] + 39,44 WE = 301,04 WE). Ferner wirkte in Verbindung hiermit als weitere EP-Erhöhung die Verlängerung des für die Durchschnittsbildung maßgebenden Zeitrahmens bei der Bewertung von 25 Monaten PAZ. Gemäß § 32a Abs 2 Satz 1 AVG waren früher die bis zum 31. Dezember 1964 zurückgelegten Beitragszeiten (25 × 8,72 WE = 218 WE) maßgebend. Dagegen ist nach § 71 Abs 1 SGB VI nunmehr der Durchschnittswert der EP aus den gesamten Beitragszeiten für den Wert der PAZ entscheidend. Deshalb erhöhte sich der Rangstellenwert aus der PAZ im belegungsfähigen Zeitraum hier sogar nach dem der Klägerin nachteiligen, wegen der Ausdehnung des Gesamtzeitraumes über den Monat der Vollendung des 65. Lebensjahres hinaus rechtswidrigen Ansatz der BfA um 0,5025 EP (25 × 0,1073 EP = 2,6825 EP gegenüber 218 WE).
Die BfA musste der Klägerin somit auf Grund von § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI wegen des eingetretenen “Neubewertungsfalles” ab 1. September 1994 “die höchste Rente leisten”. Eine “wesentliche Änderung” iS des § 48 Abs 1 SGB X war also eingetreten, ihr Aufhebungsanspruch begründet.
Vor diesem Hintergrund hat auch die allgemeine Leistungsklage Erfolg. Sie war hier mit der Verpflichtung zur Neufeststellung des Rentenhöchstwertes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbinden, weil im Blick auf den maßgeblichen Gesamtzeitraum das Ausmaß der Rentenerhöhung noch nicht genau feststeht und noch einer Feststellung durch die Beklagte bedarf.
Nach dem Rechtsgedanken des § 54 Abs 4 SGG kann die allgemeine Leistungsklage in Fallgestaltungen der vorliegenden Art bereits direkt mit der nur gegen die (Teil-)Ablehnung des Aufhebungsanspruches gerichtete Kombination aus Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verbunden werden. Denn die Klägerin hat einen Rechtsanspruch auf Zahlung der höheren Rente schon ab 1. September 1994. Die Anwendung des Regelungskonzepts des § 54 Abs 4 SGG rechtfertigt sich daraus, dass die Beklagte mit der Ablehnung der begehrten Aufhebung der Rentenhöchstwertfestsetzung in der Sache zugleich die von einer solchen Aufhebung abhängige Neufeststellung des Rentenwertes versagt hat. Die Klägerin befindet sich daher in einer ähnlichen prozessualen Lage wie ein Versicherter im Erstfeststellungsverfahren, sobald der Träger entschieden hat, das geltend gemachte Recht auf Rente bestehe nicht. Hier wie dort konsumiert die allgemeine Leistungsklage zugleich die Verpflichtungsklage, die nach materiellem Recht notwendig wäre, weil – bei der Erstfeststellung wie bei der Neufeststellung – die (verfügende) Entscheidung über den “Anspruch” auf Leistung rechtlich notwendig vom Träger durch schriftlichen Verwaltungsakt (Bescheid) getroffen werden muss (§ 117 SGB VI). Soweit auf Grund der konsumierten Verpflichtungsklage ein Bescheidungsurteil ergehen müsste, entspricht dies funktional dem Grundurteil iS von § 130 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 SGG, das auf Grund einer Klagekombination iS von § 54 Abs 4 SGG ergeht (BSG SozR 3-1500 § 199 Nr 1). Im Fall der Klägerin war dieser durch die Konsumtion verborgene prozessuale Rechtsgehalt aus Klarstellungsgründen im Urteilsausspruch zu verdeutlichen.
Die Beklagte ist prozessual auf Grund des Urteilsausspruchs zu 2. verpflichtet, die frühere Regelung des Rentenhöchstwertes im Bescheid vom 20. Juni 1990 mit Wirkung zum 1. September 1994 aufzuheben. Deswegen ist prozessual zu Grunde zu legen, dies sei geschehen. Dadurch gibt es für Bezugszeiten ab 1. September 1994 keine abschließende Verwaltungsentscheidung über die dynamisierbare Rentenhöhe mehr. Insoweit ist der ursprüngliche Altersrentenantrag nicht mehr beschieden, der – wie im Regelfall – ua auch darauf gerichtet war, für die gesamte Laufzeit der Rente eine richtige, mit Dauerwirkung versehene und bestandskräftige Festsetzung des dynamisierbaren Geldwertes des Rechts auf Altersrente zu erhalten. Nachdem die bisherige bindende Feststellung zum 1. September 1994 beseitigt worden ist, muss dieser Wert jetzt von der Beklagten ab diesem Zeitpunkt neu festgestellt werden, und zwar schon auf Grund des ursprünglichen, jetzt zum Teil nicht mehr beschiedenen Antrags.
Beim Erlass dieses Verwaltungsaktes (Neufeststellung) wird die Beklagte beim Vergleichswert nicht nur die oben genannten Auswirkungen der §§ 70 Abs 3 Satz 1 und 2, 71 Abs 1 SGB VI, sondern auch beachten müssen, dass der belegungsfähige Gesamtzeitraum bei der Klägerin mit dem August 1994 endete (entsprechend § 72 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI).
Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es für die Entstehung des Aufhebungsanspruchs der Klägerin aus § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB X nicht auf den Zeitpunkt an, in dem sie das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens über die Höhe ihrer Altersrente beantragt hat (siehe zum Folgenden auch unter B. 4.).
Nach § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB X hängt die Pflicht des Trägers, einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ua mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, nicht von einem Antrag ab. Sie entsteht auch, wenn die Behörde auf andere Weise erfährt, dass eine wesentliche (begünstigende) Änderung eingetreten ist. Maßgebender Zeitpunkt, ab dem aufzuheben ist, ist allein derjenige des Eintritts der wesentlichen Änderung. Die bei der Klägerin eingetretene wesentliche Änderung (dazu oben unter A. 2.) wäre nur dann erst im Dezember 1996 rechtserheblich geworden, wenn ihr Eintritt von einem Antrag der Klägerin abhängig gewesen wäre.
- Die Höchstwertgarantie des § 89 Abs 1 SGB VI hängt aber von keinem Antrag ab. Dem Wortlaut des Gesetzes ist auch nicht andeutungsweise zu entnehmen, die Entstehung der Pflicht des Trägers, nur die höchste Rente zu leisten, wenn die Voraussetzungen mehrerer Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Altersrente erfüllt sind, setze einen Antrag des Versicherten voraus. Hiervon zu unterscheiden ist, dass bei allen Rechtsgrundlagen für eine vor die RAR “vorgezogene”/“vorzeitige”/“flexible” Altersrente schon deren Tatbestand nur erfüllt sein kann, wenn der Versicherte dieses Recht gegenüber dem Träger geltend macht. Demgegenüber erfüllt ein Altersrentner bei Vollendung des 65. Lebensjahres rechtlich notwendig alle Voraussetzungen für RAR; ein Antrag ist im Übrigen auch im Erstfeststellungsverfahren keine Tatbestandsvoraussetzung für ein (Stamm-)Recht auf RAR (BSG SozR 3-2600 § 99 Nr 5 S 21 ff).
- § 99 Abs 1 SGB VI ist nicht direkt anwendbar. Die Vorschrift enthält den nur gegen entstandene Einzelansprüche gerichteten materiellrechtlichen rechtsvernichtenden Einwand der verspäteten Antragstellung. Er ist (direkt) nur in Erstfeststellungsverfahren, nur gegen Einzelansprüche und nur dann anwendbar, wenn das Stammrecht auf Altersrente nach dem 31. Dezember 1991 entstanden ist (BSG SozR 3-2600 § 99 Nr 5). § 89 Abs 1 SGB VI regelt hingegen materiellrechtlich eine gesetzesunmittelbare Erhöhung des Geldwertes des Stammrechts auf Altersrente; dieses war im Fall der Klägerin außerdem schon zum Juli 1990 entstanden; ferner ging es hier nicht um Einzelansprüche im Erstfeststellungsverfahren.
- Eine entsprechende Anwendung des § 99 Abs 1 SGB VI scheitert in Fällen der vorliegenden Art (wiederaufgegriffene Verfahren wegen Vollendung des 65. Lebensjahres) ua schon am Fehlen einer konzeptuellen Regelungslücke. § 89 Abs 1 SGB VI enthält eine in sich stimmige Regelung bestimmter Fragen, die wegen der Abschaffung des so genannten Versicherungsfallprinzips neu geregelt werden mussten. Insbesondere sichert diese Höchstwertgarantie jedem Altersrentner, der das 65. Lebensjahr vollendet, eine – vorbehaltlich des Teilrentenregimes – abschließende rentenrechtliche Bewertung seiner Versicherungsbiografie, ohne dass er ihn belastende “Totalrevisionen” befürchten muss. Ferner legt § 100 Abs 1 SGB VI, der allgemein für nachträgliche Rentenwerterhöhungen gilt, die Pflicht zur Zahlung der wegen rechtlicher oder tatsächlicher Änderungen erhöhten Rente auf den Monat fest, zu dessen Beginn die Änderung wirksam ist, ohne – anders als § 67 Abs 3 AVG – hierfür einen Antragseinwand oder ein Antragserfordernis zu normieren, obwohl § 100 Abs 2 SGB VI dieses Thema in Bezug auf Teilrenten ausdrücklich anspricht. Auch nach dieser allgemeinen Vorschrift kommt es also materiellrechtlich auch für die erhöhten Einzelansprüche auf einen Antrag nicht (mehr) an (BSG SozR 3-2600 § 100 Nr 1 S 13). Schon deshalb ist hier nicht darzulegen, dass § 89 Abs 1 SGB VI eine (gegenüber dem AVG neue) Spezialregelung für eine bestimmte Art gesetzesunmittelbarer Rentenerhöhung ist, die § 100 Abs 1 SGB VI vorgeht.
- Nicht gefolgt werden kann ferner der Ansicht der Beklagten, es gebe bei der Erhöhung des Geldwertes eines Stammrechts auf Altersrente einen gesonderten monatlichen “Anspruch auf höhere Rente”, auf den § 99 Abs 1 SGB VI anwendbar sei. Zwar ist jeder monatliche Einzelanspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme in den Grenzen, welche die Währung vorgibt, rechnerisch teilbar. Monatliche Einzelansprüche auf Rente entstehen aber kraft Gesetzes als Rechtsfrüchte des Stammrechts in Höhe von dessen Geldwert (stellv schon BSGE 53, 8, 12 f = SozR 7610 § 1813 Nr 1; BSG SozR 2200 § 1321 Nr 17, jeweils mwN; dazu unten B. 1.). Einen hier daneben tretenden monatlichen Einzelanspruch auf Zahlung eines Teilbetrages des geänderten Geldwertes des Stammrechts kann es rechtlich nicht geben, ebenso keinen neben die monatlichen Einzelansprüche auf Zahlung in Höhe des geänderten Geldwertes des Stammrechts tretenden – wohl abstrakten – “Anspruch auf höhere Rente”. Gemäß § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI ist einem Versicherten stets monatlich nur einmal Rente zu zahlen, und zwar in Höhe des höchstmöglichen Geldwertes seines Stammrechts.
- Es gibt auch keinen Rechtssatz, dass Rentenerhöhungen ausschließlich auf Antrag zu zahlen sind. Grundsätzlich (§ 19 SGB IV, § 115 Abs 1 Satz 1 SGB VI) setzt ein Erstfeststellungsverfahren rechtlich einen verfahrensrechtlich als Feststellbarkeits- und faktische Erfüllbarkeitsbedingung bedeutsamen Antrag des Versicherten voraus (siehe aber die Widerspruchslösung bei Stammrechts-"Umwandlung” nach § 115 Abs 3 SGB VI). Rentenerhöhungen erfordern gleichfalls grundsätzlich einen solchen verfahrensrechtlichen Antrag. Etwas anderes gilt aber (vgl § 115 Abs 1 Satz 1 SGB VI), wenn das Gesetz den Träger verpflichtet, über (ggf ua) die Rentenhöhe von Amts wegen (erneut) zu entscheiden bzw höhere Rente zu zahlen (BSG SozR 3-2600 § 100 Nr 1). Diese Grundsätze gelten auch für das Wiederaufgreifen von durch einen (bindenden) Verwaltungsakt abgeschlossenen Verwaltungsverfahren. Ua nach §§ 44 Abs 1 und 2, 48 Abs 1 SGB X bedarf es hier keines Antrages des Bürgers, das Verfahren wieder aufzugreifen, wenn der Behörde auf andere Weise amtlich neue Umstände bekannt werden, aus denen sich die Möglichkeit ergibt, dass der Verwaltungsakt nach diesen Bestimmungen aufzuheben ist; dann muss von Amts wegen geprüft werden, ob diese Umstände wirklich vorliegen und ggf der Verwaltungsakt aufzuheben ist. Ist die Aufhebung erfolgt, ergeht die Neufeststellung auf Grund und im Rahmen des ursprünglichen Antrags. Da die BfA (siehe oben A. 1.) das Verfahren auf Antrag der Klägerin wieder aufgegriffen hat, muss nicht entschieden werden, ob die Beklagte es zum September 1994 von Amts wegen hätte wieder aufgreifen müssen (ebenso in BSG SozR 3-2600 § 100 Nr 1; BSG SozR 3-2600 § 99 Nr 5 betraf ein Erstfeststellungsverfahren).
- Allerdings spricht (obiter dictum) in den Fällen, in denen ein Altersvollrentner das 65. Lebensjahr vollendet, der erstmals nach dem 31. Dezember 1991 ein Recht auf Altersrente und diese bezogen hat, rechtlich sehr viel dafür, dass der Rentenversicherungsträger verfahrensrechtlich zum Wiederaufgreifen des bindend abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens über die Rentenhöhe und zu einer Prüfung der Aufhebbarkeit der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung von Amts wegen verpflichtet ist. Er kennt den maßgeblichen Stichtag aus der Versicherungsnummer und aus dem erteilten Altersrentenbescheid; die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale für “RAR” sind rechtlich notwendig erfüllt; die zur Feststellung des Vergleichswertes erforderlichen Daten liegen ihm – regelmäßig auch ohne Befragung des Versicherten – vor; ein Eingriff in dessen festgestelltes Recht (§ 24 SGB X) ist wegen der Höchstwertgarantie des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI nicht möglich. In der insoweit vergleichbaren Situation der (echten) Umwandlung (zum Begriff BSG SozR 3-2600 § 100 Nr 1 S 8) eines (Stamm-)Rechts auf Erwerbsminderungs- oder Erziehungsrente in ein solches auf RAR sieht § 115 Abs 3 Satz 1 SGB VI (siehe auch Satz 2 aaO) eine Umwandlung von Amts wegen vor, wenn der Berechtigte nicht etwas anderes bestimmt. Der Träger kann also ohne erkennbare Schwierigkeiten die von § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI angeordnete Vergleichsberechnung durchführen und, falls der Vergleichswert höher ist, die bisherige Höchstwertfestsetzung aufheben und die Rentenhöhe neu feststellen.
Die Bedenken, die das Berufungsgericht gegen die Rechtsprechung des BSG geäußert hat, werden vom Bundesrecht nicht gestützt. Die Erfüllung der Voraussetzungen einer weiteren Rechtsgrundlage für ein Recht auf Altersrente führt auch nach dem SGB VI nicht zur Entstehung mehrerer Zahlungsansprüche (dazu unten B. 1.) oder mehrerer Stammrechte auf Altersrente (dazu unten B. 2.) – neben oder an Stelle des bereits bestehenden; § 88 SGB VI ist nicht einschlägig. Auch § 306 SGB VI steht in den Neubewertungsfällen des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI dem Aufhebungsanspruch aus § 48 Abs 1 SGB X nicht entgegen (dazu unten B. 3.). Die Pflicht, rückwirkend bis zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 48 Abs 1 Satz 1 und 2 Nr 1 SGB X), wird durch die §§ 99 Abs 1, 100 Abs 1 SGB VI nicht beseitigt (dazu unten B. 4.).
Die Einzelansprüche auf Zahlung entfließen in der gesetzlichen Rentenversicherung monatlich dem Recht auf Rente, dem Rentenstammrecht (stRspr, vgl stellv BSG Urteil vom 2. August 1989 – 1 RA 101/88 – SozR 2200 § 1321 Nr 17, Urteile des Senats vom 23. Juni 1994 – 4 RA 70/93 – SozR 3-2600 § 300 Nr 3 und vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R – SozR 3-2600 § 99 Nr 5 jeweils mwN). Sie sind Rechtsfrüchte (§ 99 Abs 2 BGB) des Rechts auf Altersrente, nämlich die Erträge, die das Stammrecht “vermöge seines Bestehens aus sich selbst hervorbringt” (stRspr des BSG, die der 1. Senat in seinem Urteil vom 9. Dezember 1981 – 1 RJ 104/80, BSGE 53, 8, 12 f = SozR 7610 § 1813 Nr 1 im Anschluss ua an das Reichsgericht zusammengefasst hat, mwN). Danach richtet sich die Höhe des aus einem Recht auf Rente monatlich hervorgehenden Einzelanspruches ausschließlich nach dem Geldwert des Stammrechts (“Monatsbetrag der Rente”), also nach der dynamisierbaren “Rentenhöhe”. Da zu Beginn jeden Monats für diesen als Bezugszeitraum stets nur ein Zahlungsanspruch als Rechtsfrucht aus einem solchen (Stamm-)Recht auf Rente entstehen kann, ist schlechthin ausgeschlossen, dass rechtlich mehrere Ansprüche hieraus zeitgleich (dh für identische Bezugszeiträume) in Konkurrenz treten können.
Eine Mehrheit für einen Bezugsmonat konkurrierender Zahlungsansprüche im Sinne der Auffassung des Berufungsgerichts könnte daher nur entstehen, wenn die Erfüllung der Tatbestände weiterer Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Altersrente weitere “Stammrechte” entstehen ließe. Das ist indes nicht der Fall. Es besteht – jedenfalls seit dem Rentenreformgesetz (RRG) 1972 – ein (1992 “bewusst” nicht verändertes) System von mehreren Rechtsgrundlagen für das eine (Stamm-)Recht. Es beruht auf der Entscheidung, 65-jährigen – ohne Weiteres – ein subjektives vermögenswertes Recht auf wiederkehrend beanspruchbare Zahlungen zu geben, weil ihnen wegen ihres Alters ein Einsatz ihrer Fähigkeit zum Erwerb nicht mehr zugemutet wird. Irgendeine Pflicht oder Obliegenheit, dieses kraft Gesetzes bestehende (Stamm-)Recht gegenüber der BfA geltend zu machen, gibt es nicht. Daneben können verschiedene Personengruppen unter besonderen Voraussetzungen ein Recht auf Altersrente vor dem 65. Lebensjahr erlangen, wenn sie ihre Befugnis ausüben, den Eintritt des Versicherungsfalls des Alters selbst zu bestimmen (vgl § 41 SGB VI), und dies gegenüber der BfA geltend machen; insoweit hat es verschiedene, das System aber nicht berührende Rechtsänderungen gegeben (vgl §§ 236 ff SGB VI). Das BSG hat für dieses System ua geklärt, dass das Stammrecht auf Altersrente mit dem Eintritt des Versicherungsfalls des Alters entsteht, den es – für jeden denkbaren Bezugsmonat – nur einmal gibt. Hinsichtlich auch seines dynamisierbaren Geldwertes galt früher das “Versicherungsfallprinzip”, sodass auch dieser im Wesentlichen feststand. Nur diesbezüglich ist durch das SGB VI einerseits durch das Konzept der Altersteilrente, andererseits durch § 89 Abs 1 SGB VI eine Änderung eingetreten. Insbesondere hat das SGB VI nicht mehrere in einer Person entstehende Rechte auf Rente wegen Alters geschaffen. § 33 SGB VI kennt nur einen Versicherungsfall des Alters. Geschütztes Gut der gesetzlichen Rentenversicherung ist die gesundheitliche Fähigkeit zum Erwerb. Versichertes Risiko der Altersrentenversicherung ist die Unzumutbarkeit des weiteren Einsatzes dieser Fähigkeit “wegen Alters”. Auch Versicherungsgegenstand, Sicherungsziel und Zweck der Versicherungsleistung ist bei allen “Renten wegen Alters” gleich (stellv BSG SozR 3-2600 § 100 Nr 1).
Systematik und Entstehungsgeschichte der maßgeblichen Vorschriften bieten keinen Beleg dafür, dass die vom SGB VI fortgeführten verschiedenen Rechtsgrundlagen für das (Stamm-)Recht auf Rente wegen Alters erstmals unterschiedliche Rechte mit je selbstständigen Rechtsfolgen geschaffen hätten. Weder § 33 Abs 2 SGB VI noch die §§ 35 ff SGB VI deuten dem Wortlaut nach einen Systemwechsel gegenüber der früheren Rechtslage an. Im Gegenteil spricht schon die Verwendung des Singulars in § 33 Abs 2 SGB VI – “Rente” wegen Alters wird geleistet als – für eine bei unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen einheitliche Rechtsfolge. Auch nach den §§ 35 ff SGB VI – mit einer geringfügigen Modifikation in § 36 SGB VI – ist die Rechtsfolge der unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen wie nach früher geltender Rechtslage gleich lautend als “Anspruch auf Altersrente” formuliert und dafür allen Altersrenten nach § 67 Nr 1 SGB VI ein einheitlicher Rentenartfaktor als Sicherungsziel vorgegeben.
- Für die Ansicht des LSG spricht auch nicht die dem Flexibilisierungskonzept angepasste Ausgestaltung des Zugangsfaktors. Er soll gemäß § 63 Abs 5 SGB VI die Vor- und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer teilweise ausgleichen, weil es eine sachlich ungerechtfertigte Begünstigung der vorzeitigen Altersrentner wäre, wenn sie bei gleicher Vorleistung uneingeschränkt für längere Zeiten Früchte zögen (Art 3 Abs 1 GG). Demgemäß verändert sich der Zugangsfaktor auch bei späteren Rangstellen-Aktualisierungen gemäß § 77 Abs 3 SGB VI hinsichtlich solcher EP nicht mehr, die bereits Grundlage einer früheren Rentenbewilligung waren. Diese Regelung ersetzt – im neuen Bewertungssystem des SGB VI – den Zuschlag iS von § 31 Abs 1a AVG. Daraus folgt jedoch – entgegen der Deutung des LSG –, dass das (Stamm-)Recht auf eine vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente während der gesamten Rentenbezugsdauer den prägenden, durch den Zugangsfaktor gekennzeichneten Charakter auch dann nicht verliert, wenn sein Geldwert – wie hier – durch einen höheren Vergleichswert ersetzt wird. Der Zugangsfaktor bleibt abgesenkt; ein höherer Zugangsfaktor gilt nur für bislang nicht wertbildende EP, die nach Rentenbeginn (= Fälligkeit des ersten Einzelanspruchs) erlangt wurden und insoweit der bisherigen persönlichen Rangstelle hinzugezählt werden. Darüber hinaus geben auch die Materialien zu § 33 SGB VI und zu den §§ 35 ff SGB VI keine Hinweise auf eine Neuausrichtung des Altersrentenkonzepts; auch sie betonen die Übereinstimmung mit der zuvor geltenden Rechtslage (vgl BT-Drucks 11/4124 S 161, S 162).
§ 88 Abs 1 Satz 1 SGB VI mit der nunmehr geltenden amtlichen Überschrift “Persönliche Entgeltpunkte bei Folgerenten” ist entgegen dem LSG nicht als “Vertrauensschutzbestimmung” für Fälle des nahtlosen Übergangs von einer zu einer anderen “Art der Altersrente” zu verstehen. Dieser Bestandsschutz für die bei einem früheren Rentenbezug erlangte “persönliche Rangstelle unter den Rentnern” (persönliche EP – § 66 SGB VI) ist auf das vom LSG postulierte – objektiv rechtlich unmögliche – Zusammentreffen mehrerer Stammrechte oder Einzelansprüche auf Altersrente für denselben Bezugszeitraum, um das es hier geht, ohnehin schon tatbestandlich nicht anwendbar. Das SGB VI lässt für eine analoge Anwendung auch keine Lücke, da nach § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI (besteht “für denselben Zeitraum Anspruch auf mehrere Renten aus eigener Versicherung”) ohnehin nur die Rente mit dem höchsten Wert geleistet wird.
§ 88 Abs 1 SGB VI regelt nur die Fälle der zeitlichen – nicht zu sehr unterbrochenen – Aufeinanderfolge von Stammrechten nach dem Wegfall eines früheren Stammrechts auf Rente. Geschützt wird in begrenztem Umfang nur die dem früheren Stammrecht zu Grunde gelegte “persönliche Rangstelle” als Rentenbezieher, nicht der frühere Rentenhöchstwert (“Monatsbetrag der Rente”). Dass – nach wie vor – auch ein Stammrecht auf Altersrente im Einzelfall vor Vollendung des 65. Lebensjahres (zB durch Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze für eine Vollrente) untergehen und später ein neues entstehen kann, bedarf keiner Ausführung. Besteht dagegen das frühere Stammrecht (dh der “Anspruch” iS von § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI) fort, ist im Blick auf einen bestimmten Bezugszeitraum für die Anwendung von § 88 Abs 1 SGB VI schon tatbestandlich kein Raum (vgl Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, § 88 RdNr 8; aA Niesel in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 88 RdNr 3a; Schulin in Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3, 1999, § 38 RdNr 305; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, Stand Juni 2001, 2. zu § 88; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, Stand Oktober 2001, § 88 RdNr 1a). Das ergibt sich auch aus den Gesetzgebungsmaterialien, in denen zu Abs 1 der Vorschrift ausgeführt ist, sie sichere, dass in den Fällen, in denen eine Altersrente nach einer Unterbrechung wieder geleistet wird, mindestens die bisherige Rente dynamisch zu leisten sei (vgl BT-Drucks 11/4124 S 173 zu § 87).
Demgegenüber betrifft § 89 Abs 1 SGB VI schon tatbestandlich keine “Folgerenten”, also keine Rechte auf Renten für verschiedene Bezugszeiten. Sie regelt vielmehr im Blick auf ein und denselben Bezugszeitraum, was die BfA (im Erstfeststellungsverfahren und – wie hier – in einem wieder aufgegriffenen Verfahren) zu prüfen und dass sie stets nur einen Geldbetrag zu zahlen hat, wenn entweder Einzelansprüche aus verschiedenen Stammrechten aus der Erwerbsminderungsversicherung oder ein solches mit einem Anspruch aus einem Stammrecht auf Altersrente für denselben Kalendermonat zusammentreffen oder wenn wenigstens zwei Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Altersrente tatbestandlich erfüllt sind. Schon deshalb belegt § 89 Abs 1 SGB VI die Ansicht des LSG nicht, ein Altersrentner könne mehrere zeitgleich existierende Stammrechte aus der allgemeinen Altersrentenversicherung haben.
Zwar kann – wie oben gezeigt – auch im Verhältnis der verschiedenen Rechtsgrundlagen für die Altersrente “Anspruch auf mehrere Renten” iS von § 89 Abs 1 SGB VI bestehen. Jedoch hat der Ausdruck “Anspruch” im SGB (auch im SGB VI) keine einheitliche und teils sogar eine im Kontext derselben Vorschrift unterschiedliche rechtliche Bedeutung (vgl stellv BSG Urteil vom 31. März 1998 – B 4 RA 114/95 R, SozR 3-2600 § 311 Nr 1; Urteil vom 24. Februar 1999 – B 5 RJ 28/98 R, SozR 3-2600 § 300 Nr 14). Daher muss er beim Zusammentreffen eines Stammrechts auf Alters- mit einem solchen auf Erwerbsminderungsrente nicht dieselbe rechtliche Bedeutung haben wie beim Zusammentreffen von verschiedenen Altersrententatbeständen. Die Art der insoweit jeweils bestehenden “Konkurrenzlage” ist ausschließlich nach den materiellrechtlich für das Verhältnis der Altersrententatbestände zueinander maßgebenden Vorschriften zu beurteilen; § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI kann schon nach Wortlaut und systematischer Stellung nur auf Rechtsfolgen anderweitig begründeter Konkurrenzverhältnisse bezogen sein, nicht aber das Konkurrenzverhältnis selbst prägen. Er bestimmt jedoch insoweit ausnahmslos, dass – unabhängig von der Art der Konkurrenz der Rechtsgründe aus Erwerbsminderungs- oder Altersrentenversicherung – für einen bestimmten Bezugszeitraum aus eigener Versicherung stets nur ein Anspruch auf Zahlung (iS von § 194 Abs 1 BGB) existieren kann.
Zwar können im Verhältnis von Alters- und Erwerbsminderungsrentenversicherung auf Grund wesensverschiedener Versicherungsfälle konkurrierende Stammrechte und (hieraus jeweils resultierende) Einzelansprüche für denselben Bezugszeitraum in (echter) “Anspruchskonkurrenz” stehen. Dasselbe gilt für ein Stammrecht auf Altersrente aus der allgemeinen bundesrechtlichen Altersrentenversicherung in Konkurrenz zu einem “überführten” Stammrecht auf Altersrente aus der früheren Rentenversicherung des Beitrittsgebiets (zB §§ 307a, 307b SGB VI; dazu BSG SozR 3-2600 § 307a Nr 8). Insoweit löst § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI ein Konkurrenzverhältnis zwischen in echter “Anspruchskonkurrenz” stehenden Rechten zu Gunsten des dem Wert nach höchsten Stammrechts. Dagegen ist die materiellrechtliche Ausgangslage innerhalb der allgemeinen Altersrentenversicherung anders. Dort kann das bereits bestehende Stammrecht mit der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen weiterer Rechtsgrundlagen mangels eines neuen Versicherungsfalls des Alters (Unzumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit – siehe oben) nicht nochmals entstehen. Die nach den §§ 35 ff SGB VI primär sich ergebende Rechtsfolge, nämlich der “Anspruch auf Altersrente”, also das Recht des Versicherten, wegen Alters monatlich wiederkehrend Zahlung eines Betrages in Höhe des Geldwertes des Stammrechts verlangen zu können (vgl BSGE 79, 113 = SozR 3-5070 § 18 Nr 2; ähnlich BSG Urteil vom 24. Februar 1999 – B 5 RJ 28/98 R, aaO unter Verweis auf Urteil vom 19. Mai 1983 – 1 RA 51/82 – BSGE 55, 131 = SozR 6555 Art 26 Nr 1 mwN), geht ebenfalls ins Leere, weil gerade dieses Recht auf Rente bereits besteht.
§ 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI regelt im Bereich der (allgemeinen) Altersrentenversicherung eine andere Konkurrenzlage. Materiell bringt sie zum Ausdruck, dass die Versicherungsbiografie des Versicherten nach dem Flexibilisierungskonzept des SGB VI (und abweichend vom früheren “Versicherungsfallprinzip”) mit Inanspruchnahme einer “vorgezogenen” Altersrente nicht notwendig abgeschlossen ist (vgl dazu BSG SozR 3-2600 § 263 Nr 1; SozR 3-2600 § 100 Nr 1). Denn der Rentenwert kann sich noch bis zum Erreichen der Altersgrenze der RAR (und bei Teilrentenbezug ggf noch darüber hinaus bis zur Inanspruchnahme einer Vollrente wegen Alters) ua auch im Blick auf die Rangstelle verändern. Jedoch beruht dies nicht auf einer Konkurrenz mehrerer Ansprüche im Sinne einer Anspruchskonkurrenz. Vielmehr besteht hier ein einziges, aber mehrfach begründetes Recht auf die “eine” Rente wegen Alters und damit eine Konkurrenzlage nur auf der Ebene von Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Anspruchsgrundlagen- oder Anspruchsnormenkonkurrenz (stellv BGH Urteil vom 9. Dezember 1999 – IX ZR 102/97 – BGHZ 143, 246; zu dem Begriff der Anspruchsnormenkonkurrenz Larenz/Canaris, Schuldrecht Besonderer Teil, 2. Halbband, 13. Auflage 1994, S 597; Georgiades, Die Anspruchskonkurrenz im Zivilrecht und im Zivilprozessrecht, 1967, S 167 ff). Ausgehend davon löst § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI in der (allgemeinen) Altersrentenversicherung das Konkurrenzverhältnis von in Anspruchsnormenkonkurrenz stehenden Altersrententatbeständen dahin auf, dass sich der Wert des Stammrechts für Bezugszeiten ab Eintritt dieser Konkurrenz erhöht, soweit sich aus einer weiteren, später erfüllten Anspruchsgrundlage ein höherer Geldwert (Vergleichswert) ergibt. Damit enthält § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI vor dem Hintergrund des Flexibilisierungskonzepts die nach Art 14 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 GG gebotene Rentenwertgarantie (der die Garantie des persönlichen Rangstellenwertes bei Folgerenten nach § 88 SGB VI, wäre sie überhaupt anwendbar, nicht genügte).
§ 306 Abs 1 SGB VI steht der Anwendung (des § 48 SGB X ohnehin und auch der) des Prüfungs- und Zahlungsgebots aus § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI nicht entgegen. Diese – aufschiebende – Entbindung der vollziehenden Gewalt von dem Gebot, neues Recht – soweit anwendungsbedürftig – ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens anzuwenden, gilt schon tatbestandlich überhaupt nur für Rechtsänderungen, die materiellrechtlich die persönliche Rangstelle (EP oder Zugangsfaktor) eines Rentenbeziehers direkt verändern. § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI enthält aber selbst keine Regelung persönlicher Entgeltpunkte, sondern eine des maßgeblichen Geldwertes.
Auch im Übrigen reicht die Sperrwirkung des § 306 Abs 1 SGB VI weniger weit, als das Berufungsgericht meint. Die Vorschrift steht nur Korrekturen “aus Anlass der Rechtsänderung” entgegen. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass einmal entstandene Stammrechte, wenn Spezialregelungen nicht eingreifen, der Anwendung neuen Rechts stets und auf Dauer schlechthin entzogen sind, gleichsam als gälte das so genannte Versicherungsfallprinzip fort. Schon dem Wortlaut nach sind gesetzliche Neubestimmungen nur der persönlichen EP und diese auch nur anlassbezogen und damit nicht generell gesperrt. Ferner verbieten sich erweiternde Auslegungen, weil die Vorschrift eine Ausnahme von dem “Grundsatz” des § 300 Abs 1 SGB VI begründet, wonach das neue Recht vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an auf bestehende Ansprüche für danach beginnende Leistungsabschnitte anzuwenden ist (vgl BSG SozR 3-2600 § 300 Nr 10). Entsprechend besagen auch die Materialien (vgl BT-Drucks 11/4124 S 207 zu § 297), dass die Vorschrift ähnlich der früher geltenden (Art 2 § 12b Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz ≪ArVNG≫ bzw Art 2 § 12b Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgestz ≪AnVNG≫) Übergangsregelung in erster Linie der “Verwaltungspraktikabilität” dient. Dies schließt nicht aus, dass sie objektiv auch den Zweck verfolgt, einerseits dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz der von einer Neuregelung nachteilig Betroffenen Rechnung zu tragen und außerdem die Verwaltung davon zu entbinden, allein wegen dieser Rechtsänderung – von Amts wegen oder auf Antrag – alle schon bindend beschiedenen Rentenansprüche erneut überprüfen und ggf neu feststellen zu müssen (vgl zu Art 2 § 12b Abs 1 S 2 AnVNG BSGE 67, 104 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2). Das steht aber ersichtlich der Anwendung neuen Rechts nicht entgegen, wenn die Verwaltung aus anderen Gründen nach Wiederaufgreifen des Verfahrens ohnehin prüfen und entscheiden muss, ob die bisherige Rentenwertfestsetzung aufzuheben und ggf eine Neufeststellung zu treffen ist.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der “Grundsatz” des § 75 Abs 1 SGB VI die gesetzesunmittelbare Erhöhung des Geldwertes des Stammrechts nach § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI ebenfalls nicht ausschließt und keine verschiedenen Stammrechte auf Altersrente voraussetzt. Denn das grundsätzliche Verbot, EP für Zeiten nach Beginn der “zu berechnenden Rente” zu “ermitteln”, bezieht sich ohnehin nur auf diesen “Berechnungsfall”, nicht aber auf spätere “Berechnungsfälle” (BSG SozR 3-2600 § 263 Nr 1 S 6). Ferner wird es ua durch die spezielleren Regelungen für Teilrenten, Neubewertungsfälle und Neufeststellungsfälle verdrängt (BSG SozR 3-2600 § 42 Nr 1 S 5 f).
Die Pflicht zur rückwirkenden Aufhebung des bisherigen und zur Neufeststellung des höheren Rentenwertes wird durch die §§ 99 Abs 1, 100 Abs 1 SGB VI schon im Ansatz nicht beseitigt (siehe schon oben A. 4.).
Nach der allgemeinen Regel des § 100 Abs 1 Satz 1 SGB VI wird die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam ist, wenn sich die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrem Beginn ändern. Dies ist hier durch die spezielle Erhöhungsvorschrift des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI und genau dann erfolgt, als die Klägerin 65 Jahre alt wurde, da der Vergleichswert der RAR höher war als der bisher festgestellte dynamisierte Rentenwert, also zu Beginn des 1. September 1994.
In Bezug auf die für § 89 Abs 1 SGB VI wichtigste Fallkonstellation (ein Altersrentner wird 65 Jahre alt) liegt keine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch Anwendung der Rechtsfolge des (unmittelbar und im Rechtsgrund auch nicht entsprechend einschlägigen) § 99 Abs 1 SGB VI geschlossen werden dürfte. Durch § 100 SGB VI sind die – verfassungsgemäßen – Vorschriften des § 1290 Abs 3 RVO bzw des § 67 Abs 3 AVG abgelöst worden, die allerdings der – damals wegen des “Versicherungsfallprinzips” grundsätzlich noch nicht möglichen – Neubewertung (iS von § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI) jeweils ab dem maßgeblichen Stichtag nicht entgegengestanden hätten. Nach deren Satz 1 konnte – abgesehen von Sonderfällen der Sätze 2 und 3 – auch die Erhöhung oder Wiedergewährung der Rente nur vom Beginn des Antragsmonats an verlangt werden. Die Rechtsänderung in § 100 Abs 1 SGB VI wurde in den Gesetzesmaterialien nicht erläutert. Sie wird von dem Sachgrund getragen, dass Gestaltungs- und Dispositionsbefugnisse der Versicherten in Änderungsfällen im Sinne von § 100 Abs 1 SGB VI keine für die Versicherungsträger wesentlich nachteiligen Auswirkungen nach sich ziehen, anders als beim Einwand der verspäteten Antragstellung iS des § 99 Abs 1 SGB VI (vgl dazu BSG SozR 3-2600 § 99 Nr 5). Deshalb ist auch im Anwendungsbereich des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI nicht schlechthin ausgeschlossen, dass in § 100 Abs 1 SGB VI teilweise eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, soweit die Erfüllung eines weiteren Altersrententatbestandes von der Ausübung eines Dispositionsrechts des Versicherten abhängt, wie es bei allen Rechtsgrundlagen für ein Recht auf Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres der Fall ist. Dann kann die Rechtsfolge des § 99 Abs 1 SGB VI entsprechend anzuwenden sein, zumal die Anspruchsgrundlagenkonkurrenz iS des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI – solange das 65. Lebensjahr noch nicht erfüllt ist – überhaupt nur eintreten kann, wenn der Versicherte gegenüber dem Versicherungsträger die Ausübung seines Gestaltungsrechts geltend macht.
Genau dies ist indes anders, wenn ein Altersrentner sein 65. Lebensjahr vollendet. Abgesehen von den einem anderen Rechtskonzept unterliegenden Teilrenten ist dann ohnehin kein Raum für rentenwerterhöhende Dispositionen. Bei den Altersrentnern markiert das Erreichen der Altersgrenze der RAR grundsätzlich – abgesehen vom Teilrentenregime – den Abschluss der durch Vorleistung gekennzeichneten Versicherungsbiografie und ferner das Ende der Teilnahme am sozialen Ausgleich für rentenrechtliche Zeiten ohne eigene Beitragszahlung oder Beitragstragung. Damit handelt es sich um den letzten, weil die normative Regelaltersgrenze bildenden Zeitpunkt, zu dem sich gesetzliche Änderungen von Rangstellenbewertungen, Zugangsfaktor oder Rentenartfaktor im Gleichklang mit den gleichaltrigen Erstrentnern auf den “Monatsbetrag der Altersrente” auswirken können. Deshalb sieht die spezialgesetzliche Höchstwertgarantie des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI selbst zu Recht nicht vor, dass die materiellrechtlich notwendige Prüfung, ob ein höherer Vergleichswert an die Stelle des bisherigen Rentenwerts tritt, von einem Antrag des Versicherten abhängt. Dagegen besteht kein Grund, die allgemeine Regelung des § 100 Abs 1 SGB VI entgegen seinem Wortlaut auf die rentenversicherungsrechtlich wegen des “Kalendermonatsprinzips” überflüssige Aussage zu beschränken, bei einer Änderung der Rentenhöhe im Verlauf des Monats komme es nicht auf diesen Tag an, sondern auf den folgenden Monatsbeginn. § 99 Abs 1 SGB VI setzt ua voraus, dass “die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente” erfüllt sind. Einen “Anspruch auf höhere Rente” kennt auch diese Vorschrift nicht. Soweit die Gesetzesmaterialien (zu § 98 des Entwurfs) auch die “Rentenerhöhungen” erwähnen, erklärt sich dies zwanglos im Blick auf höhere “Folgerenten” iS von § 88 SGB VI.
Die BfA hatte die Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 20. Juni 1990 mit Wirkung vom 1. September 1994 aufzuheben. Sie muss nunmehr schon ab diesem Zeitpunkt auch den richtigen belegungsfähigen Gesamtzeitraum (bis Ende August 1994, nicht aber wie geschehen bis November 1996) beachten und den neuen Rentenhöchstwert bereits ab 1. September 1994 feststellen. Sie hat diese höhere Rente für alle Bezugszeiten ab 1. September 1994 zu zahlen.
Auch in diesem Rechtsstreit bedarf es keiner Entscheidung des Senats, ob – wie gesagt – die BfA in Fällen der vorliegenden Art das Verfahren von Amts wegen wiederaufgreifen muss, § 100 Abs 1 SGB VI in Bezug auf die – verfassungsrechtlich nicht gebotenen und vom Altersrentensystem nicht geforderten – Neubewertungen aus Anlass der Erfüllung weiterer Rechtsgrundlagen auf “vorgezogene” Altersrente eine planwidrige Lücke aufweist und ob auf solche Fälle die Rechtsfolge des § 99 Abs 1 SGB VI analog anzuwenden ist. Im Blick auf derartige Fallgestaltungen war auch hier nicht darauf einzugehen, ob – außer in Erstfeststellungsverfahren auf Grund eines Versicherungsfalles nach dem 31. Dezember 1991 – ein Herstellungsanspruch entstehen kann, wenn die BfA die sich aus dem weiten Anwendungsbereich des Antragseinwandes uU ergebenden Informationsbedürfnisse nicht erfüllt hat, obwohl sie nach den gemeinsamen Richtlinien der Träger der Rentenversicherung (§ 115 Abs 6 SGB VI) oder aus §§ 14, 15 SGB I oder aus Art 14 Abs 1 GG verpflichtet war, den Versicherten spontan – etwa bei Erstbewilligung einer Altersrente – darauf hinzuweisen, dass er ggf eine höhere Leistung erhalten könne, wenn er sie im Zeitpunkt des Eintritts eines Neubewertungsfalles beantrage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen