Leitsatz (redaktionell)
Die Einkünfte eines Beschädigten aus seiner Tätigkeit als nichtfestbesoldeter Fleischbeschauer gehören auch im Lande Hessen zu dem Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit.
Normenkette
BVG § 33 Abs. 2 Fassung: 1956-06-06, § 33 DV § 10 Fassung: 1958-08-02
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 4. Juni 1959 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger, ein Fleischbeschauer im früher preußischen, jetzt hessischen Landkreis B, erhielt durch Umanerkennungsbescheid vom 27. September 1954 Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), und zwar vom 1. Oktober 1954 an nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H. und vom 1. November 1954 an nach einer MdE um 40 v. H. Sein Widerspruch gegen diesen Bescheid wurde zurückgewiesen. Das Sozialgericht (SG) Marburg verurteilte den Beklagten durch Urteil vom 6. Juni 1955 zur Zahlung einer Rente nach einer MdE um 60 v. H. ab 1. Oktober 1950 und bestimmte dabei, daß das Einkommen des Klägers aus der Fleischbeschau bei der Festsetzung der Ausgleichsrente als Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit zu behandeln sei. Auf die Berufung des Beklagten entschied das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 4. Juni 1959, daß die Rente nur nach einer MdE um 50 v. H. zu zahlen ist, und wies im übrigen die Berufung zurück. Das LSG hat eine höhere Bewertung der medizinisch auf 50 v. H. festgesetzten MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nicht für zulässig gehalten. Soweit dagegen die Entscheidung des SG über die Behandlung der Einkünfte des Klägers aus der Fleischbeschau angefochten war, hat es die Berufung nicht für begründet erachtet, weil diese Tätigkeit nach den auch in Hessen geltenden Vorschriften des Fleischbeschaugesetzes vom 29. Oktober 1940 (RGBl I S. 1463) und den Durchführungsbestimmungen dazu so gestaltet sei, daß sie als eine nichtselbständige Tätigkeit angesehen werden müsse. Nach diesen Vorschriften könne ein Fleischbeschauer seine Tätigkeit nicht frei und selbständig gestalten, er übe sie vielmehr nach Weisungen aus und würde für einen bestimmten Bezirk bestellt, in dem allein er die Gebühren einziehen und polizeiliche Aufgaben durchführen dürfe. Daß insoweit eine nichtselbständige Tätigkeit vorliege, werde sowohl bestätigt durch die Mitteilung des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten an den Bundesminister für Arbeit vom 8. März 1955, daß Fleischbeschauer nicht frei und selbständig, sondern in einem beamtenähnlichen Verhältnis tätig würden, als auch durch das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 1952 (OS II 61/51), nach dem die Fleischbeschauer eine beamtenähnliche öffentlich-rechtliche Tätigkeit ausübten und nebenberuflich durch staatlichen Hoheitsakt bestellt würden sowie ferner durch den Erlaß des Hessischen Ministers für Arbeit, Volkswohlfahrt und Gesundheitswesen vom 16. März 1959 (Staatsanzeiger S. 391). Die Einkünfte des Klägers aus der Fleischbeschau gehörten somit zu den Einkünften aus einer nichtselbständigen Tätigkeit im Sinne des § 33 Abs. 2 BVG a. F. i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Unerheblich sei deren steuerrechtliche Behandlung, die nach § 10 der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG (DurchfVO zu § 33 BVG) vom 2. August 1958 (BGBl I, 567) in Zweifelsfällen entscheidend gewesen sei, weil diese Vorschrift die gesetzliche Ermächtigung überschritten habe und unwirksam gewesen sei. Die Bezugnahme auf § 19 EStG bedeute auch nicht, daß für die Versorgungsbehörden die Beurteilung der Steuerbehörden hätte verbindlich sein sollen. Die Revision wurde zugelassen.
Der Beklagte hat gegen das am 19. Juni 1959 zugestellte Urteil des LSG am 11. Juli 1959 Revision eingelegt und sie gleichzeitig begründet. Er beantragt,
das Urteil des LSG vom 4. Juni 1959 und das Urteil des SG vom 6. Juni 1955 dahin abzuändern, daß die Einkünfte des Klägers aus der Fleisch- und Trichinenbeschau als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Ansatz zu bringen seien,
hilfsweise,
das Urteil des LSG vom 4. Juni 1959 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte rügt die unrichtige Anwendung des § 10 der DurchfVO zu § 33 BVG. Er meint, diese Vorschrift entspreche der Ermächtigung des § 33 Abs. 2 letzter Satz BVG i. d. F. der 5. Novelle. Nach § 10 dieser DurchfVO sei aber für die Frage, ob Einkünfte aus selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit stammen, ausschließlich die steuerrechtliche Behandlung entscheidend. Nach der Auskunft des Finanzamts vom 16. September 1955 habe der Kläger als Fleischbeschauer einen Umsatz vorangemeldet. Er werde demnach zur Einkommensteuer veranlagt; seine Einkünfte seien daher für die Zeit vor wie nach der DurchfVO zu § 33 BVG als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit anzusehen. Zu der hilfsweise beantragten Zurückverweisung rügt der Beklagte die Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Er meint, es hätte weiterer Ermittlungen beim Finanzamt bedurft, weil dessen Bescheinigung vom 16. September 1955 nicht ausdrücklich festgestellt habe, daß der Kläger zur Einkommensteuer veranlagt werde, dessen Einkommen aus der Fleischbeschau nach 1955 möglicherweise steuerrechtlich anders behandelt worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er meint, § 103 SGG könne nicht verletzt sein, weil die Feststellungen für die Beurteilung der Tätigkeit des Klägers als Fleischbeschauer genügt hätten und kein Anlaß bestanden habe, auch noch die steuerrechtliche Behandlung zu klären. Da nach der zutreffenden und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entsprechenden Beurteilung des LSG der Kläger als Fleischbeschauer ohne Zweifel eine nichtselbständige Tätigkeit verrichtet habe und die Einkünfte daraus einer solchen Tätigkeit zuzurechnen seien, wäre im übrigen die Regelung des § 10 der DurchfVO zu § 33 BVG schon deswegen nicht in Betracht gekommen, weil sie nur für Zweifelsfälle vorgesehen war. Ungeachtet dessen sei diese Vorschrift auch über die Ermächtigung des § 33 Abs. 2 letzter Satz BVG a. F. hinausgegangen und rechtsunwirksam gewesen.
Die zugelassene Revision ist statthaft nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG und, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, auch zulässig (§§ 164, 166 SGG). Sie ist aber nicht begründet, weil das LSG mit Recht angenommen hat, daß der Kläger als Fleischbeschauer nach den in Hessen geltenden Vorschriften eine nichtselbständige Tätigkeit verrichtet hat, und daß die Einkünfte hieraus ungeachtet der steuerrechtlichen Praxis zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 33 Abs. 2 BVG a. F. i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören.
Nach § 33 Abs. 2 BVG in der bis zum Inkrafttreten (1. Juni 1960) des Ersten Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960 (BGBl I, 423) jeweils gültigen Fassung (a. F.) war für die Berechnung der auf die Ausgleichsrente anrechenbaren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG eine andere Regelung als für die übrigen Einkünfte vorgesehen. Die Bezugnahme auf § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG bedeutete jedoch nur, daß sich die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach dem entsprechenden steuerrechtlichen Begriff bestimmen sollten, aber nicht, daß die steuerrechtliche Behandlung hätte entscheidend und diese Entscheidung für die mit der Durchführung des BVG befaßten Stellen hätte verbindlich sein sollen. Auch soweit in Vorschriften des BVG Begriffe aus anderen Rechtsgebieten verwendet werden - wie in § 33 Abs. 2 BVG steuerrechtliche Begriffe - haben die mit dem Vollzug des BVG befaßten Stellen doch deren Voraussetzungen selbständig zu beurteilen und im Falle des § 33 Abs. 2 BVG a. F. von sich aus zu entscheiden gehabt, ob eine selbständige oder nichtselbständige Arbeit vorgelegen hat und welcher Arbeit die Einkünfte zuzurechnen sind (vgl. BSG 6, 271, 272). Insoweit hat das LSG § 33 Abs. 2 BVG a. F. i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG richtig angewandt, wenn es das Einkommen des Klägers aus der Fleischbeschau als Einkünfte aus einer nichtselbständigen Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG angesehen hat ungeachtet dessen, daß das Finanzamt diese Tätigkeit für umsatzsteuerpflichtig und damit für eine selbständige Arbeit gehalten hat. Mit Recht hat das LSG die Arbeit des Klägers entsprechend den Grundsätzen beurteilt, die der erkennende Senat in seinem Urteil vom 21. Januar 1958 - 10 RV 695/55 - (BSG 6, 271 ff.) dargelegt hat. Danach ist die Tätigkeit eines Fleischbeschauers, die entsprechend den Vorschriften des Fleischbeschaugesetzes (FlBG) vom 29. Oktober 1940 (RGBl I, 1463), der Verordnung des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 1. November 1940 (RMBliV 1940, 289) und den Preußischen Ausführungsbestimmungen vom 20. März 1903 (Ministerialblatt für die Preußische Innere Verwaltung S. 56) i. d. F. des Runderlasses vom 9. Juni 1933 (Ministerialblatt für die Preußische Innere Verwaltung, Teil II, 246) gestaltet ist, als eine nichtselbständige Tätigkeit anzusehen. Wenn jene Entscheidung auch die Stellung eines in Nordrhein-Westfalen tätigen Fleischbeschauers betraf, so besteht für die entsprechende Tätigkeit des Klägers in dem jetzt hessischen, früher preußischen Landkreis Biedenkopf doch die gleiche Rechtslage. Das FlBG und die DurchfVO dazu sind als ehemals reichsrechtliche Vorschriften inzwischen Bundesrecht und in Hessen nicht geändert worden. Das Hessische Gesetz über das Schlachten von Tieren vom 20. Juni 1947 (GVBl, 27) hat zur Bestimmung des Begriffs der Notschlachtung sogar noch ausdrücklich auf § 1 Abs. 2 FlBG vom 29. Oktober 1940 verwiesen. Die im ehemals preußischen Landkreis Biedenkopf anwendbaren Bestimmungen des Preußischen Ausführungsgesetzes vom 28. Juni 1902 i. d. F. des Gesetzes vom 18. Mai 1933 (Preußische Gesetzessammlung S. 185), die vor allem die Vergütung der nicht festbesoldeten Fleischbeschauer betrafen, sind zwar am 1. August 1961 durch das Hessische Fleischbeschaukostengesetz vom 5. Juli 1961 (GVBl, 103) aufgehoben, jedoch durch entsprechende Regelungen ersetzt worden. Gegenstand der in Hessen zur Fleischbeschau erlassenen Gesetze und Anordnungen waren im wesentlichen nur eine Änderung der Höhe der Kosten der Fleischbeschau und der Höhe der zu deren Deckung zu entrichtenden Gebühren. Durch das Hessische Fleischbeschaukostengesetz vom 5. Juli 1961, welches das in der Zwischenzeit noch geltende Gesetz über die Hessische Fleischbeschaukostenordnung vom 29. Februar 1952 (GVBl, 7) i. d. F. vom 21. April 1958 (GVBl, 53, 54) und das bereits erwähnte Gesetz betreffend die Ausführung des Schlechtvieh- und Fleischbeschaugesetzes vom 28. Juni 1902 (Preußische Gesetzessammlung S. 229) i. d. F. des Gesetzes vom 18. Mai 1933 (Preußische Gesetzessammlung S. 185) aufgehoben hat, ist die Ermächtigung geschaffen worden, durch Rechtsverordnung die Höhe der Gebühren und durch Erlaß die Vergütung der Fleischbeschauer festzusetzen. Entsprechend dieser Ermächtigung sind die Fleischbeschaugebührenordnung vom 13. Juli 1961 (GVBl., 113) und der Erlaß des Hessischen Ministers für Arbeit, Volkswohlfahrt und Gesundheitswesen über die Vergütung der Fleischbeschautierärzte, Fleischbeschauer und Trichinenbeschauer (Beschauer) für die Ausführung der Schlachttierbeschau, Fleischbeschau und Trichinenschau (Beschau) im Inland außerhalb öffentlicher Schlachthöfe (Fleischbeschauvergütungserlaß) vom 17. Juli 1961 (Staatsanzeiger 1961, 858) ergangen. Auch die hessischen Vorschriften über die Gebühren für die Fleischbeschau und über die Vergütung der Fleischbeschauer kennzeichnen ebenso wie die entsprechenden Vorschriften des inzwischen aufgehobenen Preußischen Ausführungsgesetzes die Unselbständigkeit dieser Tätigkeit der Fleischbeschauer. Auch aus diesen Vorschriften ergibt sich, daß die zur Deckung der vom Lande zu tragenden Kosten der Fleischbeschau entsprechend dem Aufwand für die Vergütung der Beschauer und für die sächlichen Kosten bemessenen Gebühren für Rechnung der Staatskasse erhoben werden, daß diese im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden können (§§ 1, 2 Abs. 2, 3 und 4 des Fleischbeschaukostengesetzes vom 5. Juli 1961) und daß die Fleischbeschauer auch in Hessen ihre Forderungen nicht selbst bestimmen können, sondern die für die ausgeführte Arbeit in dem erwähnten Erlaß festgesetzte Vergütung erhalten. Für die Abhängigkeit der nebenberuflich tätigen Fleischbeschauer, zu denen der Kläger gehört, spricht ferner, daß deren Arbeit wie in Nordrhein-Westfalen so auch in Hessen dienstrechtlich den Bedingungen des Runderlasses des Reichsministers des Innern vom 21. April 1943 (RMBliV S. 710 ff.) und der diesem Runderlaß beigefügten Dienstordnung (DO) für Fleischbeschautierärzte, Fleischbeschauer und Trichinenbeschauer, vor allem den wichtigsten allgemeinen Bestimmungen der nach dieser DO anwendbaren Allgemeinen Tarifordnung (Gehorsamspflicht, Schweigepflicht und Verbot der Annahme von Geschenken) unterliegt. Auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 10. Oktober 1952 - OS II 61/52) ist der Auffassung, daß Fleischbeschauer nicht frei und selbständig sind, sondern in einem öffentlich-rechtlichen, beamtenähnlichen Dienstverhältnis stehen, in das sie durch staatlichen Hoheitsakt berufen werden. Diese Auffassung hat uneingeschränkt der Hessische Minister für Arbeit, Volkswohlfahrt und Gesundheitswesen in seinem Erlaß vom 16. März 1959 (Staatsanzeiger S. 391) geteilt. Wenn er, trotz unveränderter Rechtslage, später in seinem Merkblatt (Richtlinien) über die Steuerpflicht und über die Sozialversicherungspflicht der Beschauer vom 9. November 1961 (Staatsanzeiger S. 1408) die selbständig tätigen Beschauer, zu denen alle nebenberuflichen Beschauer gehören sollen, für umsatzsteuerpflichtig und deren Einkünfte hinsichtlich der Einkommensteuerpflicht für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bezeichnet, so ist dies offenbar geschehen, um der steuerrechtlichen Praxis und Rechtsprechung (vgl. BfA in BStBl Teil III 1960 S. 3 a) Rechnung zu tragen, die unbeeindruckt von der Beurteilung der Tätigkeit dieser Fleischbeschauer auf anderen Rechtsgebieten deren Tätigkeit weiterhin als selbständig angesehen hat. Abgesehen aber davon, daß allgemein die in jenem Merkblatt vertretene Ansicht nicht für die Gerichte verbindlich sein kann, ist die Ansicht auch lediglich im Hinblick auf die steuerrechtliche Behandlung der Einkünfte der Fleischbeschauer geäußert worden.
Da die Arbeit der Fleischbeschauer in Hessen ebenso wie in Nordrhein-Westfalen gestaltet ist, trifft dafür auch in arbeitsrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht die gleiche Beurteilung zu wie sie in BSG 6, 271, 276 dargestellt ist. Soweit der Fleischbeschauer seine Arbeit nicht frei gestalten kann, fremden Weisungen unterworfen und persönlich wie wirtschaftlich abhängig ist, besteht im Sinne des Arbeitsrechts ein Arbeitsverhältnis und im Sinne der Sozialversicherung ein Beschäftigungsverhältnis. Tatsächlich werden die Fleischbeschauer auch in Hessen als sozialversicherungspflichtig angesehen; das ergibt sich eindeutig sowohl aus Nr. 5 des § 2 Abs. 2 des Hessischen Fleischbeschaukostengesetzes, wo unter den durch Gebühren zu deckenden sächlichen Kosten die Arbeitgeberanteile für die Sozialversicherung erwähnt sind, als auch aus dem bereits erwähnten Merkblatt (Richtlinien) des Hessischen Ministers für Arbeit, Volkswohlfahrt und Gesundheitswesen vom 9. November 1961 (Staatsanzeiger S. 1408). Demnach besteht für Fleischbeschauer in Hessen hinsichtlich ihrer Tätigkeit und Stellung die gleiche Rechtslage wie für die Fleischbeschauer in Nordrhein-Westfalen, und da auch in tatsächlicher Beziehung die Tätigkeit des Klägers als Fleischbeschauer nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG sich nicht von den Verhältnissen unterscheidet, wie sie dem vom BSG entschiedenen Fall in BSG 6, 271 zu Grunde lagen, so trug der Senat keine Bedenken, auch beim Kläger eine nichtselbständige Tätigkeit anzunehmen und die dafür gewährten Vergütungen zu den in § 33 Abs. 2 BVG a. F. erwähnten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu rechnen.
Dieser Auffassung steht auch nicht der § 10 der DurchfVO zu § 33 BVG vom 2. August 1958 (BGBl I, 567) entgegen, aus dem der Beklagte herleiten will, daß jederzeit "ausschließlich und allein" die steuerrechtliche Behandlung maßgebend für die Beurteilung der Frage sei, ob es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger oder selbständiger Tätigkeit handelt. Für die Zeit vor dem 1. Mai 1957 kann dies schon deshalb nicht gelten, weil die erwähnte Vorschrift erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten ist und aus dem bis dahin geltenden § 33 Abs. 2 BVG a. F. sowie dem dort in Bezug genommenen § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht - wie schon oben dargelegt - gefolgert werden kann, daß die Beurteilung der Einkünfte sich nach der steuerrechtlichen Behandlung richten soll. Die Beurteilung des vorliegenden Falles ändert sich aber auch nicht für die Zeit der Geltung des § 10 a. a. O. vom 1. Mai 1957 bis zum 31. Mai 1960. Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie das LSG angenommen hat - die Regelung in dieser Vorschrift die Ermächtigung des § 33 Abs. 2 Satz 6 BVG i. d. F. der 6. Novelle vom 1. Juli 1957 (BGBl I S. 661) überschritten hat und rechtsunwirksam war, weil die Ermächtigung nur dahin ging, Näheres über die "Berechnung" des sonstigen Einkommens zu bestimmen, nicht aber dahin, über die rechtliche Einordnung gewisser Einkünfte als sonstiges Einkommen zu bestimmen, was schon in § 33 BVG selbst geregelt war und eine Ergänzung durch Rechtsverordnung weder finden konnte noch durfte. Selbst wenn nämlich § 10 der DurchfVO zu § 33 BVG wirksam gewesen ist, so sollte nach seinem Wortlaut doch nur dann, wenn Zweifel bestanden, ob es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger oder selbständiger Tätigkeit handelte, die steuerrechtliche Behandlung entscheidend sein. Das LSG war aber über die Beurteilung der Einkünfte des Klägers aus der Fleischbeschau nicht im Zweifel und brauchte darüber auch keine Zweifel zu haben, nachdem zu den maßgeblichen Fragen die Entscheidung des LSG vorlag. Es war daher auch durch § 10 der DurchfVO zu § 33 BVG nicht gehindert, für die Geltungsdauer dieser Vorschrift die Vergütung für die nach seiner Meinung zweifellos nichtselbständige Arbeit des Klägers als Einkommen aus einer nichtselbständigen Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusehen.
Die steuerrechtliche Behandlung der Einkünfte des Klägers aus der Fleischbeschau hat ihre Bedeutung vollends für die Zeit nach dem 31. Mai 1960 verloren, nachdem § 33 Abs. 2 BVG i. d. F. des Ersten Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960 (BGBl I S. 423) ab 1. Juni 1960 in Kraft getreten ist und bei der Berechnung des auf die Ausgleichsrente anzurechnenden sonstigen Einkommens nicht mehr zwischen Einkünften aus nichtselbständiger und selbständiger Arbeit unterscheidet, sondern die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 Nr. 1 EStG in gleicher Weise wie die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständige Arbeit berücksichtigt und unterschiedlich dazu nur die "übrigen Einkünfte" behandelt. Daher enthält die auf § 33 Abs. 5 BVG n. F. gestützte Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG vom 11. Januar 1961 (BGBl I, 19), die am 1. Juni 1960 an die Stelle der gleichzeitig aufgehobenen Verordnung vom 2. August 1958 getreten ist, keine dem § 10 der aufgehobenen VO entsprechende Regelung mehr. Gemäß der gesetzlichen Ermächtigung nach § 33 Abs. 5 BVG n. F., die nähere Bestimmungen nur darüber zuläßt, was als Einkommen gilt, welche Einkünfte bei der Feststellung der Ausgleichsrente unberücksichtigt bleiben und wie das Netto-Einkommen zu ermitteln ist, ist in § 9 Abs. 2 der neuen VO nur noch bestimmt, daß alle Einkünfte, die nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 Nr. 1 EStG und nicht zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieben und selbständiger Arbeit gehören und diesen auch nicht nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts zugerechnet werden, übrige Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 2 BVG n. F. sind.
Das LSG hat sonach zutreffend in seinem Urteil vom 4. Juni 1959 gemäß § 33 Abs. 2 a. F. i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Einkünfte des Klägers aus der Fleischbeschau als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angesehen. Diese Entscheidung bedurfte auch wegen der inzwischen am 1. Juni 1960 in Kraft getretenen neuen Fassung des § 33 BVG und der DurchfVO dazu keiner Änderung. Da es sonach auf die steuerrechtliche Behandlung der Einkünfte des Klägers aus der Fleischbeschau nicht ankam, waren insoweit auch keine Feststellungen beim Finanzamt erforderlich, so daß die Verfahrensrüge des Klägers nach § 103 SGG nicht gerechtfertigt ist und auch der Senat nicht gehindert war, in der Sache zu entscheiden. Die Revision des Beklagten war daher als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen