Leitsatz (amtlich)
Zur beruflichen Tätigkeit iS von § 42 Abs 1 Nr 1 AFG (Fassung: 1975-12-18) als Voraussetzung für die Förderung einer beruflichen Fortbildung gehören auch Zeiten der Berufsausbildung.
Normenkette
AFG § 42 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1975-12-18; AFuU § 7 Abs 3 Fassung: 1978-04-06
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger begehrt Fortbildungsförderung für die Teilnahme an Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung.
Der im Jahre 1958 geborene Kläger erlernte in zweijähriger Ausbildung das Bäckerhandwerk (Gesellenprüfung am 23. März 1976). Anschließend durchlief er eine zweijährige Ausbildung zum Konditor (Mai 1976 bis März 1978; Gesellenprüfung am 31. März 1978). Vom 1. April bis 31. Juli 1978 war der Kläger als Bäckergeselle tätig. Ab 1. August 1978 leistete er seinen Zivildienst ab. Während dieser Zeit besuchte der Kläger die jeweils in Teilzeitform durchgeführten Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Bäckerhandwerk vom 2. August 1978 bis 16. Mai 1979 (allgemein-theoretischer und fach-theoretischer Vorbereitungslehrgang) und vom 6. Oktober 1978 bis 30. Juni 1979 (allgemein-theoretischer und Buchführungslehrgang).
Den Antrag des Klägers vom 17. Oktober 1978, mit dem er Förderung der Teilnahme an den Vorbereitungslehrgängen begehrte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Februar 1979 und Widerspruchsbescheid vom 29. August 1979 mit der Begründung ab, daß der Kläger nach der abgeschlossenen Berufsausbildung als Bäcker nicht mindestens ein Jahr "beruflich tätig" iS des § 42 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) gewesen sei.
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 22. Oktober 1980 die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide verurteilt, dem Kläger für die Teilnahme an dem Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung im Bäckerhandwerk ab 6. Oktober 1978 dem Grunde nach Zuschüsse nach § 45 AFG zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 17. März 1981 die - zugelassene - Berufung der Beklagten zurückgewiesen, auf die Anschlußberufung des Klägers das Urteil des SG abgeändert und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger auch für die Teilnahme an dem Meisterprüfungs-Vorbereitungslehrgang (fachtheoretischer Teil) ab 20. Oktober 1978 Zuschüsse nach § 45 AFG zu gewähren. Das LSG hat im wesentlichen ausgeführt: Das SG habe zu Recht entschieden, daß dem Kläger im Rahmen des § 41 AFG für die Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung Zuschüsse nach § 45 AFG zu gewähren seien. Hierbei habe es allerdings übersehen, daß der Kläger nicht nur einen Vorbereitungslehrgang vom 6. Oktober 1978 bis 30. Juni 1979, sondern einen weiteren Lehrgang vom 2. August 1978 bis 16. Mai 1979 besucht und hierfür Förderungsleistungen beantragt gehabt habe; dieser Antrag sei in vollem Umfange Gegenstand des Widerspruchsbescheides und damit auch des Klageverfahrens gewesen. Zu Recht habe das SG die Förderungsvoraussetzungen des § 42 Abs 1 Nr 1 AFG idF des Gesetzes vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) bejaht. Unter "beruflicher Tätigkeit" iS dieser Bestimmung sei auch die Zeit der Berufsausbildung des Klägers zum Konditor, die länger als das im Falle des Klägers geforderte Jahr gedauert habe, zu verstehen. Der Begriff der beruflichen Tätigkeit iS von § 42 AFG sei nicht an besondere Merkmale gebunden und umfasse deshalb jede hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit. Diesem Gedanken trage offenbar auch die Regelung in § 7 Abs 3 der Anordnung über Fortbildung und Umschulung idF vom 6. April 1978 (AFuU 1978) Rechnung, wonach als berufliche Tätigkeit iS des § 42 AFG auch Zeiten einer nicht abgeschlossenen Berufsausbildung, der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Maßnahme und die Hausfrauentätigkeit gelten. Es sei nicht einzusehen, daß eine - abgebrochene oder abgeschlossene - zweite Berufsausbildung im Rahmen des § 42 Abs 1 Nr 1 AFG anders behandelt werden soll als die abgebrochene erste Berufsausbildung im Rahmen des § 42 Abs 1 Nr 2 AFG iVm § 7 Abs 3 AFuU 1978. Der § 42 AFG ziele in erster Linie auf eine Einschränkung der Förderung für sog "Durchstarter" ab, bezwecke aber auch, nur Antragsteller mit einer gewissen Berufserfahrung in den Genuß der Förderung kommen zu lassen. Hierbei müsse es sich aber nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (Urteil vom 5. Dezember 1978 - SozR 4100 § 42 Nr 7) nicht um eine einschlägige Berufserfahrung handeln; es genügten deshalb grundsätzlich zB auch Zeiten des Grundwehrdienstes und der gemeldeten Arbeitslosigkeit. Den Zielvorstellungen des Gesetzgebers widerspreche es nicht, auch die Berufstätigkeit eines Bäckergesellen in einer Zweitausbildung zum Konditor als berufliche Tätigkeit iS des § 42 Abs 1 Nr 1 AFG zu werten. Als Indiz dafür, daß der Kläger bei der Zweitausbildung Berufserfahrung im erlernten Beruf gesammelt und nicht nur eine Berufsausbildung genossen habe, könne es durchaus angesehen werden, daß die Konditorausbildung auf die Gesellenzeit des Klägers für die Zulassung zur Bäckermeisterprüfung angerechnet worden sei. Der Förderungsanspruch des Klägers sei nach § 20 Abs 1 Nr 3 AFuU nicht für Zeiten vor der Antragstellung - dem 17. Oktober 1978 - begründet.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 42 Abs 1 Nr 1, 45 AFG und bringt hierzu insbesondere vor: Es widerspreche den Zielvorstellungen des Gesetzgebers, wenn Zeiten einer Berufsausbildung als berufliche Tätigkeit bzw Berufsausübung iS des § 42 Abs 1 Nr 1 AFG angesehen würden. In der Berufsausbildung sei der Auszubildende erst an den Beruf heranzuführen. Seine Tätigkeit finde unter Anleitung und Aufsicht des Ausbilders statt, wobei die zur beruflichen Tätigkeit erforderliche Eigenverantwortung fehle. Deshalb sei es ausgeschlossen, daß der Kläger während seiner zweiten Ausbildung zum Konditor Berufserfahrungen in dem zunächst erlernten - wenn auch artverwandten - Beruf als Bäcker habe sammeln können. Zeiten der Berufsausbildung könnten auch nicht dem Kreis der im Urteil des BSG vom 5. Dezember 1978 (SozR 4100 § 42 Nr 7) aufgeführten "Ersatzzeiten", die einer Berufstätigkeit gleichstünden, zugerechnet werden. Insbesondere könnten Ausbildungszeiten nicht - iS dieses Urteils - als Zeiten angesehen werden, "in der der Antragsteller in dem Sinne auch für Berufstätigkeiten wertvolle Erfahrungen sammelt, daß er in zeitlicher und persönlicher Abhängigkeit bei Einordnung in ein Betriebsgeschehen ihm übertragene Aufgaben im Zusammenwirken mit Gleichgestellten, Über- und/oder Untergeordneten zu erledigen lernt". In diesem Sinne könne ein Auszubildender, auch wenn es sich um eine dem früheren Beruf verwandte Ausbildung handele, nicht tätig werden. Die Regelung in § 7 Abs 3 AFuU stehe der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen, weil die Einbeziehung von Zeiten nicht abgeschlossener Berufsausbildung der Förderung eines Personenkreises diene, der in besonderem Maße förderungsbedürftig sei und der gerade nicht dem Kreis der Durchstarter zugerechnet werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom
17. März 1981 und das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück
vom 22. Oktober 1980 aufzuheben und die Klage abzuweisen
sowie die Anschlußberufung des Klägers gegen das Urteil
des Sozialgerichts Osnabrück vom 22. Oktober 1980
zurückzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Der Senat kann über die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Erstattung von Kosten iS von § 45 AFG in der Sache entscheiden, weil die Berufung, deren Zulässigkeit bei einer zugelassenen Revision hinsichtlich jedes einzelnen der geltend gemachten Ansprüche von Amts wegen gesondert zu prüfen ist (BSG SozR 1500 § 150 Nrn 11 und 18 mwN), vom SG gem § 150 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unbeschränkt zugelassen worden ist.
Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Teilnahme des Klägers an den Vorbereitungslehrgängen zur Ablegung der Meisterprüfung zu fördern ist.
Der Besuch dieser Lehrgänge war eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung, denn der Kläger erstrebte schon vorhandene berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten und zu erweitern (§ 41 Abs 1 AFG). Maßnahmen der beruflichen Fortbildung werden gefördert, wenn sie eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraussetzen (§ 41 Abs 1 AFG). Das war bei den Vorbereitungslehrgängen, an denen der Kläger teilgenommen hat, der Fall. Die Ablegung der Meisterprüfung setzt voraus, daß der Prüfling bereits Geselle in seinem Beruf ist und eine erhebliche Berufserfahrung hat (§ 49 Handwerksordnung -HwO-). Der Kläger hatte die Gesellenprüfung im Bäckerhandwerk abgelegt. Die geforderte Berufserfahrung ist nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG von der zuständigen Zulassungsstelle (Kreishandwerkerschaft) unter Berücksichtigung der zweijährigen Ausbildung zum Konditor anerkannt worden. Damit sind die Meisterlehrgänge förderungsfähig, denn angesichts des engen Zusammenhangs zwischen Vorbereitungslehrgängen und Meisterprüfung erscheint es ausreichend, wenn die in § 41 Abs 1 AFG geforderten Zugangsvoraussetzungen für die Prüfung vorgesehen sind (vgl BSG SozR 4100 § 41 Nr 6; § 42 Nr 5) .
Zutreffend ist das LSG auch davon ausgegangen, daß es sich bei den beiden Lehrgängen, die der Kläger in der Zeit vom 6. Oktober 1978 bis 30. Juni 1979 und vom 2. August 1978 bis 16. Mai 1979 besucht hat, im Hinblick auf das Maßnahmeziel - die abschließende Meisterprüfung - um Teile einer einheitlichen Bildungsmaßnahme gehandelt hat, die deshalb auch hinsichtlich der Teilnahmeförderung als Einheit zu beurteilen sind (vgl Urteil des Senats vom 23. Juni 1981 - 7 RAr 18/80 -). Deshalb hat das LSG zu Recht auch die Beklagte auf die Anschlußberufung des Klägers (zur Rechtsnatur der Anschlußberufung vgl BSG, Urteil vom 22. September 1981 - 1 RJ 94/80 - mwN) verurteilt, dem Kläger auch für den Vorbereitungslehrgang vom 2. August 1978 bis 16. Mai 1979 (allgemein-theoretischer und fach-theoretischer Vorbereitungslehrgang vom Antrag an Kostenerstattung nach § 45 AFG zu gewähren. Für beide Lehrgänge hatte der Kläger am 17. Oktober 1978 Förderung beantragt; über diesen Antrag ist auch im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 29. August 1979, wovon das LSG zu Recht ausgeht, umfassend entschieden worden, so daß Ansprüche auf Förderung der Teilnahme an beiden Lehrgängen Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind. Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid mit seiner Klage insgesamt angefochten, ohne daß ersichtlich wäre, daß im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens insoweit eine Klagerücknahme oder Einschränkung des Klagebegehrens erfolgt wäre. Da somit der angefochtene Widerspruchsbescheid, soweit er den Lehrgang vom 2. August 1978 bis 16. Mai 1979 betroffen hat, nicht bindend geworden ist und das SG - offenbar versehentlich - hierüber nicht entschieden hat, war das LSG nicht gehindert, auf die zulässige Anschließung des Klägers an die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil insoweit zu seinen Gunsten abzuändern (vgl BSG, aaO). Zutreffend hat das LSG das sozialgerichtliche Urteil allerdings auch insoweit abgeändert, als die geltend gemachten Leistungen frühestens vom Zeitpunkt der Antragstellung an gewährt werden konnten (§ 20 Abs 1 Nr 3 AFuU). Soweit der Kläger zeitbezogene Kosten (zB Fahrkosten) geltend macht, stehen ihm diese deshalb nicht für die Zeit vor dem 17. Oktober 1978 zu.
Hinsichtlich der persönlichen Förderungsvoraussetzungen der §§ 36 und 46 AFG, deren Vorliegen unter den Beteiligten nicht streitig ist, bestehen keine Zweifel. Zu Recht ist das LSG auch davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 42 Abs 1 Nr 1 AFG erfüllt sind.
Maßgebend für die Beurteilung der materiellen Rechtslage ist § 42 AFG idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des AFG (4. AFG-ÄndG) vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557), der in der hier zu beurteilenden Zeit vom 2. August 1978 bis 30. Juni 1979 gegolten hat. Nach dessen Abs 1 Nr 1, der in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) unverändert fort gilt, werden Antragsteller mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung gefördert, wenn sie danach mindestens drei Jahre beruflich tätig waren. Die Dauer der beruflichen Tätigkeit verkürzt sich nach § 42 Abs 3 AFG idF des 4. AFG-ÄndG im Falle des Absatzes 1 um zwei Jahre, wenn der Antragsteller - wie hier - an Maßnahmen mit Teilzeitunterricht und einer Dauer bis zu 24 Monaten teilnimmt. Die Teilnahme an den beiden Vorbereitungslehrgängen, die sich insgesamt auf die Zeit vom 2. August 1978 bis 30. Juni 1979 erstreckt hat, umfaßt einen Zeitraum von weniger als 24 Monaten.
Der Kläger war iS der vorgenannten Vorschrift nach seiner am 23. März 1976 abgeschlossenen Berufsausbildung als Bäcker vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme am 2. August 1978 mindestens ein Jahr lang beruflich tätig; denn in diese Zeit ist nicht nur die Zeit seiner Beschäftigung als Bäckergeselle vom 1. April bis 31. Juli 1978 einzubeziehen, sondern auch die Zeit der Ausbildung zum Konditor, die selbst mehr als ein Jahr lang gedauert hat.
Die Frage der Einbeziehung von Ausbildungszeiten nach einer bereits abgeschlossenen Berufsausbildung in den Regelungsinhalt des § 42 Abs 1 Nr 1 AFG ergibt sich aus dem Zweck dieser Vorschrift und der Gesamtheit der von ihr erfaßten Sachverhalte. Wie der Senat bereits unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 42 AFG ausgeführt hat (Urteil vom 5. Dezember 1978, BSG SozR 4100 § 42 Nr 7 = BSGE 47, 233), will diese Vorschrift zunächst eine bessere Qualifizierung der Teilnehmer an beruflichen Fortbildungsmaßnahmen iS einer "gewissen" Berufserfahrung erreichen, in erster Linie aber verhindern, daß sog "Durchstarter", die unmittelbar im Anschluß an die schulische oder betriebliche Berufsausbildung weiterführende Schulen besuchen oder ihre Ausbildung durch die Teilnahme an Lehrgängen vertiefen oder erweitern wollen, für diese Fortbildung Förderung erhalten. Sie sollen vielmehr, bevor sie nach Abschluß ihrer Berufsausbildung eine Förderung erfahren können, mindestens drei Jahre lang "im Berufsleben" gestanden haben. Von dieser Zielsetzung her und nach dem Wortlaut des § 42 Abs 1 Nr 1 AFG, der keine Beschränkung nach der Art der beruflichen Tätigkeit enthält, genügt dem Begriff der beruflichen Tätigkeit jegliche Tätigkeit "im Berufsleben" (BSG aaO; vgl Gagel, AFG, Komm, 1979, § 42 RdNr 3). Dazu gehören nicht nur Tätigkeiten von Arbeitnehmern, sondern auch die von Beamten, Selbständigen, Mithelfenden und Hausfrauen, wovon die Beklagte in ihren Dienstanweisungen selbst - zu Recht - ausgeht (vgl BSG aaO mwN). Die Tätigkeit einer Hausfrau bezeichnet der Gesetzgeber selbst als eine berufliche Tätigkeit iS von § 42 Abs 1 AFG (vgl BT-Drucks 7/4127, Begründung zu § 42 Abs 1 - S 49 -). Darüber hinaus gelten als Zeiten beruflicher Tätigkeit auch Zeiten des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes sowie sonstige "Überbrückungszeiten", in denen bei fortbestehendem Arbeits- bzw Beschäftigungsverhältnis eine berufliche Tätigkeit tatsächlich nicht stattgefunden hat (BSG aaO); ferner sind nach der Neufassung des § 42 Abs 3 durch das 5. AFG-ÄndG vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) grundsätzlich auch Zeiten der gemeldeten Arbeitslosigkeit (wie im genannten Urteil des BSG ebenfalls bereits entschieden) oder der beschäftigungslosen Strafhaft auf die Dauer der beruflichen Tätigkeit anzurechnen.
Angesichts der Gesamtheit der danach erfaßten Sachverhalte kann nicht zweifelhaft sein, daß auch Tätigkeiten im Rahmen einer - weiteren - betrieblichen Berufsausbildung (Lehrzeiten) geeignet sind, die geforderte dreijährige berufliche Tätigkeit "auszufüllen"; denn sie sind nicht schlechthin ungeeignet, gewisse berufliche Erfahrungen iS einer höheren Qualifizierung für die Förderung einer beruflichen Fortbildung zu vermitteln. Davon geht auch § 7 Abs 3 der Anordnung des Verwaltungsrates der BA über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 23. März 1976 idF der 3. Änderungsanordnung vom 6. April 1978 (ANBA 1978, 731 - AFuU 1978 -) aus, wenn er bestimmt, daß ua Zeiten einer nicht abgeschlossenen Berufsausbildung als berufliche Tätigkeit iS von § 42 AFG zu werten sind. Diese Regelung für Zeiten einer "nicht abgeschlossenen" Berufsausbildung mag zwar, wie die Beklagte geltend macht, in erster Linie darauf abzielen, einen Personenkreis einzubeziehen, der in besonderem Maße der Förderung bedarf und der gerade nicht dem Kreis der Durchstarter zugerechnet werden kann (vgl dazu Gagel, aaO, § 42 RdNr 4). Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, bezieht sich aber § 7 Abs 3 AFuU 1978 schon nach seinem Wortlaut nicht nur auf den Personenkreis des § 42 Abs 1 Nr 2 AFG, der bisher keine Berufsausbildung abgeschlossen hat, sondern auch auf dessen Nr 1, so daß grundsätzlich auch Antragsteller, die bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, hinsichtlich weiterer Berufsausbildungszeiten durch die Anordnungsbestimmung begünstigt werden. Dies ist sachgerecht und entspricht den Zielvorstellungen des Gesetzgebers, wie sie in der Gesamtregelung des § 42 Abs 1 AFG zum Ausdruck kommen. Danach müssen Antragsteller ohne abgeschlossene Berufsausbildung (Nr 2) gegenüber Antragstellern mit abgeschlossener Berufsausbildung (Nr 1) eine um mindestens drei Jahre längere Berufstätigkeit zurücklegen, also die fehlende Berufsausbildung durch eine mindestens dreijährige Berufserfahrung "ausgleichen". Würden nur bei diesem Personenkreis Zeiten einer nicht abgeschlossenen Berufsausbildung als berufliche Tätigkeit berücksichtigt, nicht aber bei Personen mit bereits abgeschlossener Ausbildung, so würden bei diesen - trotz höherer Qualifikation - im Ergebnis eine längere Berufspraxis für die Fortbildungsförderung gefordert als bei Antragstellern ohne abgeschlossene Berufsausbildung; denn während Antragsteller der letztgenannten Art spätestens nach sechs Jahren Fortbildungsförderung erhalten könnten, müßten Antragsteller mit abgeschlossener Berufsausbildung, wenn sie danach weitere Berufsausbildungszeiten zurücklegen, uU erheblich länger als sechs Jahre auf eine Fortbildungsförderung warten. Dafür besteht kein sachlicher Grund, ebensowenig aber auch dafür, Antragsteller, die eine weitere Berufsausbildung abgeschlossen haben, schlechter zu stellen als solche, die diese Ausbildung abgebrochen haben. Im allgemeinen wird durch eine abgeschlossene Berufsausbildung mehr an Berufserfahrung erworben als aufgrund einer Berufsausbildung die gescheitert ist. Personen, die - wie der Kläger - nach Abschluß einer ersten Ausbildung eine zweite Berufsausbildung durchlaufen haben, gehören aber auch nicht zu dem Personenkreis der sog Durchstarter, deren Förderung durch § 42 AFG vorrangig verhindert werden soll. Nach den Motiven zu dieser Bestimmung (vgl Entwurf eines HStruktG vom 8. Oktober 1975 - BT-Drucks 7/4127 S 49 -) zielt der Ausschluß der Förderung von "Durchstartern" ausdrücklich auf Personen ab, die unmittelbar im Anschluß an die schulische oder betriebliche Berufsausbildung weiterführende Schulen besuchen oder ihre Ausbildung durch weitere Fortbildungsmaßnahmen vertiefen oder erweitern wollen und gerade für diese Maßnahmen Förderung beanspruchen. Dies trifft aber beim Kläger gerade nicht zu. Der Kläger hat nicht für seine weitere Lehrzeit Förderung beansprucht, sondern für seine spätere Fortbildung zum Meister im Bäckerhandwerk, die sich nicht an den Abschluß der ersten Ausbildung angeschlossen hat, sondern erst nach einer Abstandsfrist von mehr als dem geforderten Jahr aufgenommen worden ist. Sowohl dem Erfordernis einer gewissen Berufserfahrung als Voraussetzung für die Förderung einer Fortbildung als auch dem - vorrangigen - Ziel einer Sperre gegen die Förderung von Durchstartern in der beruflichen Bildung genügt es, wenn der Antragsteller zwischen dem Abschluß der ersten Ausbildung und dem Beginn der erstrebten Fortbildung berufliche Tätigkeiten als solche, also auch im Rahmen eines weiteren Ausbildungsverhältnisses verrichtet hat.
Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger bei seiner Zweitausbildung Berufserfahrungen im zunächst erlernten Beruf gesammelt hat. Eine Bindung der beruflichen Tätigkeit an den Ausbildungsberuf ist in § 42 Abs 1 Nr 1 AFG nicht verlangt, wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (BSG aaO). Deshalb kann für die Auslegung des § 42 Abs 1 Nr 1 AFG nicht die Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 4460 § 3 Nr 4; BSGE 36, 48; 41, 193) zur Förderung einer beruflichen Umschulung unter den Bedingungen von § 3 Abs 2 AFuU vom 18. Dezember 1969 (ANBA 1970, 85) herangezogen werden (aA Gagel, aaO, § 42 RdNr 4). Das BSG hat den Zweck dieser Vorschrift, wonach für die Umschulung eine dreijährige Berufstätigkeit gefordert worden ist, darin gesehen, dem Arbeitsuchenden jene Berufserfahrung zu vermitteln, die er benötigt, um seine Berufs- oder Fortkommenschancen in dem von ihm zunächst gewählten Beruf sachgerecht beurteilen zu können, um vor einem übereilten Berufswechsel bewahrt zu bleiben. Es hat deshalb reine Ausbildungszeiten (Lehrzeit, Studium) nicht der beruflichen Tätigkeit iS von § 3 Abs 2 Satz 2 AFuU 1969 zugerechnet; sie seien insoweit nicht geeignet, Erfahrungen in dem "bisher" erlernten Beruf zu sammeln sowie die Berufschancen kennenzulernen und auszuschöpfen. Der § 42 Abs 1 Nr 1 AFG hat demgegenüber, wie dargelegt wurde, eine völlig andere Funktion. Deshalb ist es gerechtfertigt, als berufliche Tätigkeit iS von § 42 Abs 1 Nr 1 AFG neben der Tätigkeit von Arbeitnehmern im engeren Sinne auch diejenige von Auszubildenden im Rahmen eines betrieblichen Berufsausbildungsverhältnisses anzusehen; denn auch Auszubildende können gewisse Berufserfahrungen, wie sie die Fortbildung voraussetzt, in dem Sinne sammeln, daß sie an eine Berufstätigkeit herangeführt werden und die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu erledigen lernen. Dem steht die im Urteil des Senats vom 5. Dezember 1978 (SozR 4100 § 42 Nr 7) enthaltene Umschreibung der beruflichen Tätigkeit, auf die die Beklagte zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung Bezug nimmt, nicht entgegen; sie steht vielmehr im Einklang mit der hier vertretenen Auffassung, wonach auch Auszubildende eine abhängige Beschäftigung bzw Tätigkeit in dem Sinne ausüben, daß sie in zeitlicher und persönlicher Abhängigkeit bei Einordnung in ein Betriebsgeschehen bestimmte Aufgaben unter Anleitung zu erledigen lernen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen