Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. September 1988 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. April bis 13. Juli 1985.
Die am 27. Oktober 1930 geborene Klägerin war vom 2. September 1963 bis zum 31. März 1985 im Zweigwerk B. der Gebr. F. GmbH beschäftigt. Auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer wendete die GmbH, die seit 1964 Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Badischen Eisen- und Metallindustrie (AGV) ist, die von diesem Verband mit der Industriegewerkschaft Metall (IGM) abgeschlossenen Tarifverträge an, und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer – wie die Klägerin – nicht Mitglied dieser Gewerkschaft war.
Mit Schreiben vom 25. September 1984 kündigte die GmbH der Klägerin – wie den anderen Arbeitnehmern – wegen Schließung des Zweigwerks zum 31. März 1985. Aufgrund eines Sozialplans vom 28. September 1984 erhielt die Klägerin eine Abfindung von 21.438,– DM.
Die Klägerin meldete sich am 25. Februar 1985 zum 1. April 1985 arbeitslos und beantragte Alg. Dabei legte sie eine Arbeitsbescheinigung vor, derzufolge die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber „tarifvertraglich/vertraglich” ausgeschlossen gewesen ist. Die Beklagte entsprach dem Antrag ab Montag, den 15. Juli 1985, lehnte ihn jedoch für die Zeit davor ab, weil der Anspruch auf Alg wegen der Abfindung gemäß § 117 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bis zum 13. Juli 1985 ruhe (Bescheid vom 29. März 1985, Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 1985).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung der ergangenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Alg ab 1. April 1985 zu zahlen (Urteil vom 29. August 1986). Die – vom SG zugelassene – Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 13. September 1988).
Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, die Anspruchsvoraussetzungen auf Alg (§ 100 AFG) für die Zeit vom 1. April bis 14. Juli 1985 seien gegeben; entgegen der Auffassung der Beklagten ruhe der Anspruch nicht nach § 117 AFG.
Allerdings sei – entgegen der Auffassung des SG – auch im Falle der Klägerin § 4.4 des Manteltarifvertrags für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie in Südbaden anwendbar, nach dem einem Arbeitnehmer, der das 53. Lebensjahr vollendet habe und dem Betrieb mindestens 3 Jahre angehöre, nur noch aus wichtigem Grunde gekündigt werden könne. Die Bindung an den Tarifvertrag ergebe sich aus einer entsprechenden betrieblichen Übung. Auch kraft betrieblicher Übung könne ein Tarifvertrag oder Teile hieraus in einem Unternehmen angewandt werden. Aus der Übung erwüchsen vertragliche Ansprüche, sofern die begünstigten Arbeitnehmer die Übung dahin verstehen dürften, der Arbeitgeber habe sich binden wollen; sein Verhalten sei dann, auch wenn er tatsächlich keinen Verpflichtungswillen gehabt habe, als rechtsgeschäftlich erhebliche, bindende Erklärung zu bewerten. Bei dem Arbeitgeber der Klägerin habe eine betriebliche Übung dergestalt bestanden, daß zumindest die den Arbeitnehmern günstigen Regelungen des Tarifvertrages allen Arbeitnehmern zugute gekommen seien, ungeachtet dessen, ob sie Gewerkschaftsmitglieder gewesen seien oder nicht. Das ergebe sich aus der Aussage der vom SG in einem anderen Verfahren als Zeugin vernommenen Personalleiterin. Außerdem habe der Arbeitgeber ab 1980 nur noch schriftliche Arbeitsverträge abgeschlossen und in diesen regelmäßig auf die Bestimmungen des Tarifvertrages Bezug genommen. Der Arbeitnehmer, der schon im Betrieb sei, habe hieraus mit Recht folgern können, daß das, was der Arbeitgeber allgemein mit neuen Arbeitnehmern vereinbare, erst recht für ihn gelten solle. Es komme nicht darauf an, ob der Arbeitgeber einen entsprechenden Willen gehabt habe; es komme auch nicht darauf an, ob ein derartiger Wille allgemein bekanntgegeben worden sei. Daß dies auch der Arbeitgeber der Klägerin so gesehen habe, ergebe sich aus der von der Personalleiterin bekundeten Tatsache, daß niemandem über 53 Jahren gekündigt worden sei. Folgerichtig habe die Personalleiterin sich auch dem Arbeitsamt gegenüber geweigert, die Arbeitsbescheinigung der Klägerin abzuändern.
Dennoch habe die GmbH der Klägerin, wie geschehen, kündigen können. Sei eine ordentliche Kündigung durch Tarifvertrag ausgeschlossen, könne eine Betriebsstillegung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. In einem solchen Falle sei die gesetzliche oder tarifvertragliche Kündigungsfrist einzuhalten, die gelten würde, wenn die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen wäre. Gemäß § 4.5.2 des Tarifvertrages betrage die Frist mindestens 6 Monate jeweils zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Diese Frist sei eingehalten worden. Die Betriebsstillegung sei auch geeignet gewesen, die Kündigung gegenüber der Klägerin zu rechtfertigen. Die GmbH habe ihre Kredite senken müssen. Dies habe die Veräußerung des Werkes B. erfordert. Ein Wechsel der Belegschaft an das Hauptwerk in G. sei wegen der Entfernung nicht in Betracht gekommen. Eine Lohnfortzahlung für nicht mehr ordentlich kündbare Arbeitnehmer ohne Arbeitsleistung hätte den Sanierungszweck in Frage gestellt.
In Fällen dieser Art greife § 117 Abs 2 AFG nicht Platz. Die Norm regele den Fall, daß sich der Arbeitnehmer unter Verzicht auf seine ihm durch Vorschriften über Kündigungsfristen eingeräumte Rechtsposition auf eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingelassen und für diesen Verzicht auf den durch die Kündigungsfrist gesicherten Anspruch auf Arbeitsentgelt einen finanziellen Ausgleich erhalten habe. Weil in solchen Fällen typischerweise die Abfindung wenigstens so viel an Lohnelementen enthalte, wie der Arbeitgeber hätte zahlen müssen, wenn der Arbeitnehmer auf dem Einhalten der Kündigungsfrist bestanden hätte, folge aus der Lohnersatzfunktion des Alg dessen Ruhen für den entsprechenden Zeitraum. Müsse der Arbeitnehmer dagegen Kündigung und Kündigungsfrist hinnehmen, wie das hier der Fall sei, lasse sich diese Konstellation nicht mehr der Grundstruktur des § 117 AFG zuordnen. Der Arbeitnehmer sei dann nicht vorzeitig, dh früher als er rechtlich müßte, ausgeschieden. Es sei daher eine am Zweck orientierte einschränkende Auslegung geboten, wonach nur Arbeitsverhältnisse erfaßt werden, die der Arbeitgeber überhaupt nicht oder nur mit einer längeren Frist hätte ordentlich oder außerordentlich kündigen können. Der Wortlaut des § 117 Abs 2 AFG stehe einer solchen Auslegung nicht entgegen, was das LSG des Näheren dargelegt hat.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des § 117 Abs 2 AFG. Sie macht geltend, nach § 117 Abs 2 AFG ruhe der Anspruch auf Alg bei Zahlung einer Abfindung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn dieses ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden sei. Sei die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen, so gelte eine Kündigungsfrist von 18 Monaten. So liege es im vorliegenden Fall. Das LSG habe in seinem Urteil verbindlich festgestellt, daß der Manteltarifvertrag aufgrund einer Betriebsübung anzuwenden gewesen sei. Der Klägerin habe hiernach nur noch aus wichtigem Grunde gekündigt werden können. Weil das nicht geschehen sei, habe der Anspruch der Klägerin auf Alg geruht. Daß arbeitsrechtlich eine Kündigung unter Einhaltung einer Frist gegebenenfalls zulässig sei, sei im Hinblick auf die Anwendung des § 117 AFG unerheblich. Wenn das LSG eine bei Betriebseinschränkung und Betriebsstillegung zulässige außerordentliche Kündigung der ordentlichen Kündigung gleichstelle, so widerspreche dies nicht nur dem Gesetz, sondern auch der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Bundessozialgericht (BSG) habe unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte und die Systematik des Gesetzes ausführlich und zutreffend zu der hier in Rede stehenden Vorschrift Stellung genommen (Urteil vom 8. Dezember 1987 – 7 RAr 42/86 – und Urteil vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 16/84 –). Es habe die Auffassung vertreten, daß in Fällen, in denen die ordentliche Kündigung – wie hier – tarifvertraglich ausgeschlossen und auch bei Betriebseinschränkung oder -stillegung nur noch die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde zulässig sei, hinsichtlich des Ruhens eines Alg-Anspruchs ausschließlich auf die Fristenregelung in § 117 Abs 2 Satz 3 AFG abzustellen sei. Ferner habe das BSG ausgeführt, daß § 117 Abs 2 Satz 4 AFG nicht anwendbar sei, auch wenn dem unkündbaren Arbeitnehmer bei Zahlung einer Abfindung mit einer „sozialen Auslauffrist” gekündigt worden sei.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin teilt die Auffassung des LSG. Bei einer am Gesetzeszweck orientierten Auslegung ergebe sich, daß die 18-Monats-Frist des § 117 Abs 2 Satz 3 AFG nur in den Fällen eingreife, in denen sich der unkündbare Arbeitnehmer seines Status freiwillig begebe. Davon könne bei Betriebsstillegung keine Rede sein. Nach dem im vorliegenden Falle aufgestellten Sozialplan richte sich die Abfindung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Besonderheiten des Kündigungsschutzes seien bei der Abfindungshöhe nicht berücksichtigt worden. Deshalb enthalte die Abfindung auch keine Arbeitsentgeltelemente. Auch könne bei befristeter Kündigung aus wichtigem Grund die Abfindung nicht die Bereitschaft zur vorzeitigen Beendigung fördern.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob der Klägerin Alg schon vor dem 15. Juli 1985 zusteht, kann aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden.
Nach den Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), lagen die Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg (§ 100 Abs 1 AFG) in der streitigen Zeit ab 1. April 1985 zwar vor. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts greift jedoch die Ruhensvorschrift des § 117 Abs 2 AFG Platz, was gemäß § 117 Abs 3 AFG zur Folge haben kann, daß der Klägerin Alg bis einschließlich zum Sonntag, den 14. Juli 1985, auf den Alg schon nach § 114 AFG nicht entfällt, nicht zusteht.
Nach Satz 1 des § 117 Abs 2 AFG, der hier in der zuletzt durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) geänderten Fassung anzuwenden ist, ruht der Anspruch auf Alg in einem bestimmten zeitlichen Umfange, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Die Klägerin hat wegen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses die Abfindung von 21.438,– DM erhalten. Wegen der Beendigung wird eine Abfindung gewährt, wenn zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ein ursächlicher Zusammenhang besteht (BSG SozR 4100 § 117 Nrn 5 und 13). Das ist hier der Fall. Die Klägerin hat die Abfindung wie alle Arbeitnehmer des Zweigwerkes, denen wegen Betriebsschließung gekündigt worden ist, zur Minderung der Nachteile erhalten, die die Kündigung mit sich bringt. Die Klägerin hätte die Abfindung demnach nicht erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Betriebsschließung beendet worden wäre. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist auch iS des § 117 Abs 2 AFG ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Frist beendet worden.
Ob ein Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, richtet sich nach der Kündigungsfrist, die der Arbeitgeber hätte einhalten müssen, um das frühere Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung zu beenden. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war jedoch einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers nicht mehr ausgesetzt.
Die vom LSG erwähnte Vorschrift des § 4.4 des Manteltarifvertrages für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie Südbaden, abgeschlossen zwischen dem AGV und der IGM, nach der einem Arbeitnehmer, der das 53., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hat und dem Betrieb mindestens drei Jahre angehört, nur noch aus wichtigem Grunde gekündigt werden kann, fand zwar mangels Tarifgebundenheit der Klägerin unmittelbar keine Anwendung auf ihr Arbeitsverhältnis; denn tarifgebunden sind nur Mitglieder der Tarifvertragsparteien (§ 3 Abs 1 Tarifvertragsgesetz), mithin nicht die der IGM nicht angehörende Klägerin. Auch liegt eine von der Klägerin und dem früheren Arbeitgeber getroffene ausdrückliche Vereinbarung, nach der das Kündigungsrecht des Manteltarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollte, nicht vor. Das LSG hat indessen gemeint, § 4.4 des Manteltarifvertrages bzw die tariflichen Kündigungsmodalitäten des gesamten § 4 Manteltarifvertrag seien aufgrund betrieblicher Übung in die einzelnen Arbeitsverhältnisse eingegangen; es hat hieraus den Schluß gezogen, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin einer ordentlichen Kündigung nicht mehr ausgesetzt gewesen sei. Revisionsrechtlich ist dies nicht zu beanstanden.
Es ist richtig, daß aus betrieblicher Übung, dh aus der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, vertragliche Ansprüche erwachsen, sofern und soweit die begünstigten Arbeitnehmer die betriebliche Übung dahin verstehen durften, der Arbeitgeber habe sich binden wollen; das Verhalten des Arbeitgebers ist dann als rechtsgeschäftlich erhebliche bindende Erklärung zu werten (BAG AP Nr 22 zu § 242 BGB Betriebliche Übung mwN). Aus einer betrieblichen Übung kann sich auch ergeben, daß Arbeitnehmer mit bestimmten Merkmalen unkündbar sind (BAG BB 1966, 165, 166 = AP Nr 105 zu § 242 BGB Ruhegehalt). Dafür reicht allerdings nicht die Feststellung, daß – abgesehen von den Kündigungen anläßlich der Betriebsschließung – über lange Jahre hinweg Arbeitnehmern mit den in § 4.4 des Manteltarifvertrages genannten Merkmalen nicht gekündigt worden ist; von einer betrieblichen Übung mit rechtsgestaltender Kraft kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn eine langdauernde tatsächliche Handhabung sich zu einem festen Brauch verdichtet hat (BAG aaO). Das LSG hat die betriebliche Übung des Arbeitgebers, abgesehen von Aushilfskräften des Zweigwerkes D. , alle Arbeitnehmer nach den Regeln des Manteltarifvertrages zu behandeln, indessen nicht allein aus dem Unterlassen bestimmter Kündigungen abgeleitet, sondern wesentlich aus der grundsätzlichen Beachtung des Manteltarifvertrages gegenüber allen Arbeitnehmern und aus der seit 1980 eingeschlagenen Praxis, schriftliche Arbeitsverträge abzuschließen und hierbei auf die Tarifverträge Bezug zu nehmen. Die Würdigung des LSG, daß hiernach allen Arbeitnehmern, die die Voraussetzungen des § 4.4 des Manteltarifvertrages erfüllen, einer ordentlichen Kündigung nicht mehr ausgesetzt gewesen sind, ist nicht zu beanstanden; auch die Klägerin geht in ihrer Revisionserwiderung von einem Kündigungsschutz kraft betrieblicher Übung aus, obwohl sie dies in den Vorinstanzen bestritten hatte.
Während § 117 Abs 2 Satz 1 AFG den Fall regelt, daß eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers nach gesetzlichen, tarif- oder arbeitsvertraglichen Vorschriften zulässig ist, beziehen die Sätze 3 und 4 dieser Vorschrift auch diejenigen Arbeitnehmer in die Ruhensregelung ein, deren Arbeitsverhältnisse nicht der ordentlichen Kündigung unterliegen bzw nur eingeschränkt ordentlich kündbar sind. Für diese vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes durch eine ordentliche Kündigung geschützten Arbeitnehmer umschreiben die Regelungen der Sätze 3 und 4 des § 117 Abs 2 AFG die Sachverhalte, für die ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit gesetzlich angeordneter Ruhenswirkung eines Alg-Anspruchs vorliegt. Die Vorschrift des § 117 Abs 2 Satz 4 AFG findet im vorliegenden Falle dabei keine Anwendung. Nach ihr gilt zum Zwecke der Bestimmung einer Ruhenszeit eine Kündigungsfrist von einem Jahr, wenn dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Abfindung, Entschädigung oder ähnlichen Leistung ordentlich gekündigt werden kann. Nach den hier aufgrund der Betriebsübung anwendbaren tariflichen Bestimmungen war das Arbeitsverhältnis der Klägerin jedoch überhaupt nicht mehr ordentlich kündbar, dh auch nicht im Falle der Schließung des ganzen Betriebes. In einem solchen Fall gilt nach § 117 Abs 2 Satz 3 AFG zum Zwecke der Bestimmung einer Ruhenszeit bei zeitlich unbegrenztem Ausschluß der ordentlichen Kündigung eine Kündigungsfrist von 18 Monaten, im übrigen die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre.
Die Richtigkeit dieses Ergebnisses bestätigt die Entwicklungsgeschichte des § 117 Abs 2 AFG. Bis zur Einfügung des Satzes 4 durch das AFKG galt, daß die geltende ordentliche Kündigungsfrist maßgebend war, wenn zwar grundsätzlich eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen war, der Ausschluß jedoch nicht bei Vorliegen eines den betroffenen Arbeitnehmer erfassenden Sozialplans galt (BSGE 50, 121 = SozR 4100 § 117 Nr 3). Der Gesetzgeber des AFKG hat es bei dieser Rechtslage, die sich aus der umfassenden Neuregelung des § 117 Abs 2 und 3 AFG durch das Vierte Gesetz zur Änderung des AFG (4. AFG-ÄndG) vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) ergeben hatte, nicht belassen wollen. Er wollte in Fällen dieser Art Abfindungen in die Ruhensregelung einbeziehen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht ein Jahr vor seinem Ende gekündigt bzw die Beendigung vereinbart worden war. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber gemeint, daß dann, wenn die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber gänzlich ausgeschlossen ist, die Frist von einem Jahr, die bis zum AFKG galt, nicht ausreicht. Die fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten ist damit begründet worden, daß Arbeitnehmer, denen in keinem Falle ordentlich gekündigt werden könne, einen außergewöhnlich starken Kündigungsschutz hätten und deshalb der in der Abfindung enthaltene Arbeitsentgeltanteil besonders groß sei und in jedem Falle stärker als bei Arbeitnehmern, denen auch ohne Zahlung einer Abfindung ordentlich gekündigt werden könne (vgl BT-Drucks 9/799 S 43 = BT-Drucks 9/846 S 44).
Auch wenn die ordentliche Kündigung nach § 4.4 des Manteltarifvertrages nur bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres ausgeschlossen gewesen ist, liegt iS des § 117 Abs 2 Satz 3 AFG ein zeitlich unbegrenzter Ausschluß vor. Die Worte „zeitlich unbegrenzt” sind, wie der Senat schon entschieden hat, auf das übliche Arbeitsleben zu beziehen, währenddessen Leistungen wegen Arbeitslosigkeit in Betracht kommen (Urteil vom 17. Februar 1981 – 7 RAr 90/79 – insoweit nicht veröffentlicht; Urteil vom 8. Dezember 1987 – 7 RAr 42/86 – nicht veröffentlicht). Maßgebend ist im vorliegenden Falle mithin eine Frist von 18 Monaten. Nach § 117 Abs 2 Satz 2 AFG beginnt der Lauf der Frist mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, hier also frühestens am 25. September 1984. Das Arbeitsverhältnis der am 31. März 1985 ausgeschiedenen Klägerin ist damit vor Ablauf der maßgeblichen Frist von 18 Monaten beendet worden, die Klägerin mithin iS von § 117 Abs 2 AFG vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden.
Dem Eintritt des Ruhens des Alg steht auch die Vorschrift des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Alg nicht über den Tag hinaus, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift kommt es für ihre Anwendung nicht darauf an, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund einer derartigen Kündigung beendet worden ist oder ob überhaupt der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine solche Kündigung ausgesprochen hat. Maßgebend ist vielmehr allein, ob der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können; es genügt also ein konkretes Recht zu einer solchen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Anwendung des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG scheitert deshalb nicht schon daran, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch eine sofort wirksame Kündigung beendet worden ist, die Kündigung zum 31. März 1985 vielmehr schon im September 1984 ausgesprochen wurde. Der Anwendung des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG steht jedoch entgegen, daß der Klägerin anläßlich der Schließung des Zweigwerkes B. nicht aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte gekündigt werden können.
Nach § 626 Abs 1 BGB kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund deren dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Bundesgerichtshofs (BGH) kommt hiernach bei einer Schließung eines Betriebes ein wichtiger Grund zu einer außerordentlichen Kündigung des ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitnehmers bzw Dienstverpflichteten in Betracht, wenn für diesen praktisch keine Dienst- oder Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht; das ist im wesentlichen damit begründet worden, daß lebenslängliche Anstellung bzw Unkündbarkeit zu einer unzumutbaren Belastung des Dienstberechtigten werden kann, wenn dieser die Dienste nicht mehr in Anspruch zu nehmen in der Lage ist, andererseits über Jahre hinweg zur Zahlung des vereinbarten Entgelts verpflichtet bleibt (BAGE 2, 214 = AP Nr 4 zu § 626 BGB; BAG AP Nr 15 zu § 626; BAGE 5, 20 = AP Nr 16 zu § 626; BAG AP Nr 10 zu § 626 BGB Ausschlußfrist; BAGE 48, 220, 225 f = AP Nr 86 zu § 626 BGB; BGH WM 1975, 761). Ein solches außerordentliches Kündigungsrecht des Arbeitgebers hat das LSG hier angenommen, wogegen Einwände nicht zu erheben sind. Indessen ist es dem Arbeitgeber angesichts des eingeräumten Kündigungsschutzes in Fällen dieser Art im allgemeinen verwehrt, ohne Einhaltung einer der gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfrist entsprechenden Frist wegen der Betriebsstillegung zu kündigen, die gelten würde, wenn der Arbeitnehmer nicht unter die Unkündbarkeitsklausel fiele; denn andernfalls würde der dem Arbeitnehmer zugedachte Schutz der Unkündbarkeit sich als Nachteil erweisen und der unkündbare Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz früher und plötzlicher verlieren, als der kündbare Arbeitnehmer, der in solchen Fällen grundsätzlich eine Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verlangen kann (vgl dazu BSG SozR 4100 § 117 Nr 14 mwN; BAGE 48, 220, 227 f). Der Arbeitgeber der Klägerin war daher nicht, wie dies § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG voraussetzt, berechtigt, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen.
Die Vorschrift des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG kann in Fällen vorliegender Art auch nicht entsprechend angewendet werden, wie der Senat noch in den Urteilen vom 17. Februar 1981 – 7 RAr 90/79 und 94/79 –, letzteres veröffentlicht in SozR 4100 § 117 Nr 5, angenommen hat. Es besteht nämlich insoweit keine planwidrige Gesetzeslücke. Daher hat der Senat an seiner früheren Rechtsprechung nicht mehr festgehalten (BSG SozR 4100 § 117 Nr 14; Urteil vom 8. Dezember 1987 – 7 RAr 42/86 – nicht veröffentlicht).
Wie § 117 Abs 1 AFG (Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen eines Anspruchs auf Arbeitsentgelt) und § 117 Abs 1a AFG (Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung) beruht die Regelung des § 117 Abs 2 und 3 AFG auf der Erwägung, daß der Arbeitslose (noch) nicht der Leistung der Versichertengemeinschaft bedarf, solange er keinen Lohnausfall hat. Die Regelung soll Entschädigungen für Lohnausfall erfassen, die das Gesetz in den in § 117 Abs 2 AFG angesprochenen Fällen in einem bestimmten, insbesondere durch § 117 Abs 3 AFG pauschalierten Umfang unwiderleglich vermutet, um gleichzeitig Manipulationen zur Umgehung des § 117 Abs 1 AFG zu verhindern. Die getroffene Regelung läßt erkennen, daß das Gesetz vielfach eine Entschädigung für den Lohnausfall von dem Zeitpunkt an nicht mehr annimmt, zu dem das Arbeitsverhältnis unabhängig von den tatsächlich zur Beendigung führenden Umständen geendet hätte oder vom Arbeitgeber hätte beendet werden können. Deshalb ruht das Alg nicht über den Tag hinaus, an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung (§ 117 Abs 3 Satz 2 Nr 2 AFG) oder bei Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist geendet hätte (§ 117 Abs 2 Satz 1 AFG). Auch die Begrenzung des Ruhenszeitraums durch § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG läßt sich hier anführen. Kann der Arbeitgeber aus wichtigem Grunde, aber nicht fristlos kündigen, entspräche es zwar dieser Erwägung, wenn von dem Zeitpunkt an, zu dem die Kündigung aus wichtigem Grunde das Arbeitsverhältnis zu beenden vermag (also nach Ablauf der einzuhaltenden Frist), eine Entschädigung für den Lohnausfall nicht mehr angenommen würde. Diese Konsequenz hat der Gesetzgeber jedoch nicht ziehen wollen. Den Gesetzesmaterialien zufolge ist an eine Erstreckung der Regelung des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG auf die Fälle befristeter Kündigungen aus wichtigem Grunde nicht gedacht worden. Zur Begründung der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Neufassung des § 117 Abs 2 und 3 AFG durch das 4. AFGÄndG, die ohne wesentliche Änderung Gesetzeskraft erlangt hat, hat die Bundesregierung nämlich dargelegt, daß der Anspruch auf Alg künftig, wie hier zu betonen ist, i m m e r dann ruhen soll, wenn der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgeschieden ist, und eine Ausnahme a l l e i n dann zu gelten hat, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos hätte kündigen können, weil in diesen Fällen eine gezahlte Abfindung allein der Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstands dient (BT-Drucks 8/857 S 9).
Gegen eine entsprechende Anwendung des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG spricht zudem, daß nach dem Gesetz auch sonst ein Ruhen des Alg über den Tag hinaus möglich ist, zu dem das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber frühestens hätte beendet werden können. Das ergibt sich aus § 117 Abs 2 Satz 4 AFG. Nach dieser Vorschrift ist nämlich, auch wenn die nach Arbeitsrecht maßgebliche Kündigungsfrist kürzer ist, bei der Prüfung der Frage, ob eine Abfindung zum Ruhen des Alg führt, eine Kündigungsfrist von einem Jahr anzusetzen. Daß Abfindungen in bestimmten Fällen über den Tag hinaus zum Ruhen des Alg führen, zu dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch Kündigung hätte beenden können, ist nicht sachwidrig. Abfindungen, die an Arbeitnehmer gezahlt werden, die nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, enthalten nicht durchweg nur Entschädigungen für soziale Besitzstände; insbesondere, wenn streitig war, ob dem Arbeitgeber ein Kündigungsrecht zustand, ist es für Abfindungen in solchen Fällen typisch, daß sie das Arbeitsentgelt berücksichtigen, das der Arbeitnehmer bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte. Auch die Abfindung, die einem unkündbaren Arbeitnehmer gewährt wird, der aus einem in der Sphäre des Arbeitnehmers liegenden Grunde seinen Arbeitsplatz verliert, ist in höherem Maße dazu bestimmt, den Verlust an Arbeitsentgelt auszugleichen, weil ein solcher Arbeitnehmer einen im Grunde sichereren Lohn verliert als der ordentlich kündbare Arbeitnehmer. Das ist auch bei Abfindungen, die anläßlich der Schließung des Betriebes gezahlt werden, nicht ausgeschlossen; denn die Schließung eines Betriebes rechtfertigt keinesfalls automatisch, sondern nur ganz ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung (BAGE 48, 220, 225 = AP Nr 86 zu § 626 BGB). Daß die Abfindung auf einem Sozialplan beruht, macht insoweit keinen Unterschied. Der unkündbare Arbeitnehmer, der gegen Abfindung aus seinem Arbeitsverhältnis ausscheidet, wird, wenn seine Abfindung zum Ruhen von Alg führt, somit nicht ohne Grund anders behandelt als der Arbeitnehmer, dem ordentlich hat gekündigt werden können.
An der jüngeren Rechtsprechung ist festzuhalten. Soweit das LSG in Übereinstimmung mit der Literatur (vgl Pieper NZA 1986, 277; Buchner Anm in EzA Nr 96 zu § 626 BGB nF) hiergegen anführt, daß nach der ratio legis die unbegrenzte fiktive 18-Monats-Frist nur in den Fällen eingreifen soll, in denen sich der „Unkündbare” seines Status freiwillig begebe, wovon bei Entlassungen bei Betriebsstillegungen gerade nicht auszugehen sei, verkennt es den Gesetzeszweck des § 117 Abs 2 AFG. Hiernach soll ein Anspruch immer dann ruhen, wenn der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgeschieden ist. Fehlerhaft ist deshalb auch die Argumentation, § 117 Abs 2 Satz 1 AFG spreche nur von einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist und deshalb sei jede Ruhensfolge schon dann ausgeschlossen, wenn bei einer außerordentlichen Kündigung eine solche Frist zeitlich eingehalten sei. Abgesehen davon, daß dann die Regelungen in § 117 Abs 2 Sätze 3 und 4 AFG unverständlich wären – sie regeln Ruhensfolgen bei gänzlichem oder bedingtem Ausschluß des ordentlichen Kündigungsrechts des Arbeitgebers –, ist die Vorschrift des § 117 Abs 2 Satz 1 AFG ersichtlich deshalb so gefaßt worden, weil sie nicht nur den Fall erfassen will, in dem der Arbeitgeber ordentlich gekündigt hat, sondern auch den der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung, etwa durch Aufhebungsvertrag. Soweit Pieper in Fällen außerordentlicher Kündigungen den Ruhenszeitraum auf den Zeitpunkt begrenzen will, zu dem der Arbeitgeber die Kündigung als fristlose hätte aussprechen können, übersieht er, daß dem Arbeitgeber eine fristlose Kündigung in Fällen wie hier gar nicht erlaubt ist.
Das LSG argumentiert von einem rechtspolitischen Ergebnis her, das der Intention des § 117 AFG nicht entspricht. Die Vorschrift will die Versichertengemeinschaft davor bewahren, daß sie Leistungen für Zeiten einer Arbeitslosigkeit aufbringen muß, die durch vorzeitige Beendigung der Beschäftigung eingetreten ist und für die dem Arbeitslosen noch Arbeitsentgeltleistungen zur Verfügung gestellt sind. Auch wenn das Gesetz hierbei typisierend und pauschalierend vorgeht, geschieht dies im Interesse der beitragszahlenden Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Gegen die angeführte Auffassung spricht schließlich § 117 Abs 2 Satz 4 AFG; denn diese Vorschrift ordnet ebenfalls ein Ruhen des Alg-Anspruchs unabhängig davon an, ob der Arbeitnehmer aus einem in der Sphäre des Arbeitgebers liegenden Grund seinen Arbeitsplatz verliert.
Daß die gesetzliche Vermutung, Teile der Abfindung enthielten Arbeitsentgelt, in Fällen vorliegender Art nicht gerechtfertigt sei, ist unerheblich. Es liegt im Wesen einer typisierenden Regelung, daß sie ggf auch atypische Sachverhalte erfaßt. Angesichts des Umstandes, daß über § 117 Abs 3 AFG in jedem Fall nur ein Teil der Abfindung die Ruhenswirkung auslöst, die sich zudem je nach dem Gewicht sozialer Besitzstände vermindert, bewirkt die Regelung selbst in Fällen, in denen das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht willentlich beeinflußbar ist, wie bei einer Schließung eines Betriebes, keine gleichheitswidrige Unzumutbarkeit. Im übrigen hat der Senat wiederholt darauf hingewiesen, daß das Ruhen nach § 117 AFG den bestehenden Alg-Anspruch weder entzieht noch verkürzt, sondern lediglich den Beginn der Zahlung hinausschiebt (vgl § 110 AFG). Nachteile aus dem Ruhen kann lediglich der Arbeitslose erleiden, der nach dem Ende des Ruhenszeitraums, aber vor Erschöpfung seines Anspruchs, wieder in Arbeit vermittelt wird oder dessen Anspruch dann anderweitigen Leistungshindernissen begegnet. Derartige vom Gesetz erwünschte oder vorgesehene Rechtsfolgen können aber nicht als unzumutbare Eingriffe in Leistungsrechte beurteilt werden, zumal auch in diesen Fällen die erworbene Anwartschaft im allgemeinen noch geraume Zeit ungeschmälert erhalten bleibt (§ 125 AFG). Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht in den Fällen, in denen die Dauer des Anspruchs infolge der Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 100 Abs 2 AFG) oder dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben (§ 118 Abs 1 Nrn 3 und 4 AFG) nicht ausgeschöpft werden kann. Der Hinweis des LSG, daß der Arbeitslose hinsichtlich des Beginns eines Anspruchs auf Anschluß-Arbeitslosenhilfe einen Nachteil erleiden könne, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen; denn es ist sozialpolitisch sinnvoll, den Beginn der von der Bedürftigkeit des Arbeitslosen abhängigen Alhi dadurch zu verschieben, daß der Arbeitslose zunächst auf einen zumutbaren Teil seiner Abfindung verwiesen wird.
Nicht zu übersehen ist allerdings, daß aufgrund der geltenden Rechtslage ordentlich nicht kündbare Arbeitnehmer gegenüber anderen Belegschaftsangehörigen bei einer Schließung des Betriebes einen Nachteil erleiden, wenn bei der Vereinbarung der Höhe der Abfindungen das Ruhen des Alg nicht mitberücksichtigt wird. Indessen sind weder Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Vereinbarung einer Abfindung noch Arbeitgeber und Betriebsrat, wenn die Abfindungen in einem Sozialplan vorgesehen werden, gehindert, bei der Höhe der Abfindungen die bisherige Unkündbarkeit ausscheidender Arbeitnehmer und die Auswirkungen dieses Umstands auf das Alg zu beachten. Wenn dies nicht geschehen ist, ist es nicht Aufgabe der Arbeitslosenversicherung, hierfür Ausgleich zu schaffen.
Ob der Anspruch auf Alg, wie die Beklagte angenommen hat, wegen der Abfindung bis zum 13. Juli 1985 ruht, richtet sich nach § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 1 und Satz 3 AFG. Danach ruht der Anspruch auf Alg nicht über den Tag hinaus, bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe des zu berücksichtigenden Teils der Abfindung als Arbeitsentgelt verdient hätte. Von der Abfindung zu berücksichtigen sind nach der Dauer der Beschäftigung und dem Lebensalter der Klägerin 35 vH; das ergibt sich aus § 117 Abs 3 Satz 3 AFG. Bis wann die Klägerin nach dem 31. März 1985 bei Weiterzahlung des zuletzt erzielten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 35 vH der Abfindung, dh 7.503,30 DM erzielt hätte, kann den bisherigen Feststellungen des LSG nicht entnommen werden. Denn was die Klägerin in den am Tage des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis zuletzt abgerechneten Lohnabrechnungszeiträumen, die insgesamt mindestens 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassen, kalendertäglich verdient hat, hat das LSG nicht festgestellt.
Da es dem Senat verwehrt ist, diese Feststellungen selbst zu treffen, muß das angefochtene Urteil gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen werden. Dieses wird die erforderlichen Feststellungen nachzuholen und erneut zu entscheiden haben, und zwar auch über die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten.
Fundstellen