Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 24.09.1981) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. September 1981 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Schlechtwettergeld (SWG).
Die Klägerin, die ein Bauunternehmen betreibt, unterhält in E. einen zentralen Fuhrpark mit sieben Lkw-Fahrern und drei Hilfskräften, der die Baustellen ihrer Niederlassungen in der gesamten Bundesrepublik mit Bauhölzern, Schalungselementen, Fertigteilen, Stahlkonstruktionen, Baumaschinen usw beliefert.
Wegen der starken Schneefälle im Januar 1979 ruhten die Bauarbeiten auf den Baustellen der Klägerin besonders in Nord- und Süddeutschland. Nach den Angaben der Klägerin ist deshalb die Weiterarbeit in ihrem Fuhrpark, für den sie mit Sammelanzeigen vom 12., 19. und 26. Januar 1976 witterungsbedingten Arbeitsausfall angezeigt hat, unmöglich geworden. Mit Bescheiden vom 17., 22. und 29. Januar 1979 lehnte das Arbeitsamt die Anerkennung von witterungsbedingtem Arbeitsausfall ab. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 1979; Urteil des Sozialgerichts –SG– Duisburg vom 15. August 1980). Mit der vom SG zugelassenen Berufung hat die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten begehrt, die Voraussetzungen für die Gewährung von SWG für den Arbeitsausfall in ihrem Fuhrpark vom 8. bis 12., 15. bis 19. und 22. bis 26. Januar 1979 anzuerkennen und ihr entsprechend SWG zu zahlen, hilfsweise festzustellen, daß der Arbeitsausfall ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht worden sei. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg (Urteil des Landessozialgerichts –LSG– für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. September 1981). In den Entscheidungsgründen ist im wesentlichen ausgeführt, daß hinsichtlich des Hauptantrages die Klage nach § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unzulässig und deshalb die Berufung unbegründet sei, weil die Beklagte noch keinen Leistungsbescheid erteilt, sondern erst über die begehrte Anerkennung witterungsbedingten Arbeitsausfalls entschieden habe. Der Hilfsantrag sei zwar zulässig, jedoch ebenfalls unbegründet, weil der Arbeitsausfall hinsichtlich des Fuhrparks der Klägerin nicht ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht worden sei (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes –AFG–); er sei vielmehr nur mittelbar durch die Witterungsverhältnisse bedingt, weil er nur auf den mangelnden Materialbedarf auf den Baustellen zurückzuführen sei, der Fuhrbetrieb selbst aber durch die Witterungseinflüsse weder technisch unmöglich noch für die Fahrer unzumutbar geworden sei.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 84 Abs. 1 Nr. 1 AFG und vertritt weiterhin die Ansicht, der Arbeitsausfall in ihrem Fuhrpark sei unmittelbar witterungsbedingt gewesen.
Die Klägerin beantragt,
in Abänderung des Urteils des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. September 1981 und des Urteils des Sozialgerichts Duisburg vom 15. August 1980 die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 17., 22. und 29. Januar 1979 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 1979 zu verurteilen, die Voraussetzung für die Gewährung von Schlechtwettergeld für den Arbeitsausfall für die im Baustellendienst eingesetzten Lkw-Fahrer der Klägerin für die Zeit vom 8. bis 12., 15. bis 19. und 22. bis 26. Januar 1979 anzuerkennen und der Klägerin für die genannten Zeiten Schlechtwettergeld zu zahlen,
hilfsweise,
festzustellen, daß an den fraglichen Tagen für die betreffenden Arbeitnehmer der Arbeitsausfall ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht worden sei.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Sie weist darauf hin, daß bei der Klägerin, wie sie selbst einräume, zur Zeit der Erstattung der SWG-Anzeige einer Betriebsvertretung bestanden habe und noch bestehe. Da die Betriebsvertretung notwendig zum Verfahren beizuladen und dieses Unterlassen von Amts wegen zu berücksichtigen sei, sei die Sache an das LSG zurückzuverweisen.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist in dem Sinne begründet, daß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Die Zurückverweisung ist geboten, weil gem § 75 Abs. 2 SGG die Beiladung des Betriebsrates der Klägerin erforderlich war. Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alternative 1 SGG ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensmangel zu beachten (BSG SozR § 75 Nr. 1; BSGE 38, 94, 95; BSG SozR 1500 § 75 Nr. 10 mwN). Wie beim Streit um Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch beim Streit um SWG die Betriebsvertretung nach § 75 Abs. 2 SGG stets beizuladen (BSGE 22, 181, 183; 33, 64, 66; 38, 94, 95; 38, 98, 99; Urteile des Senats vom 30. September 1973 – 7 RAr 94/73 – und vom 21. Juni 1977 – 7 RAr 7/76 –; BSG SozR 1500 § 75 Nr. 10). Aus der Befugnis der Betriebsvertretung, anstelle des Arbeitgebers die SWG-Anzeige zu erstatten und den Antrag auf SWG zu stellen (§ 88 Abs. 1 und 2 AFG) folgt, daß der Betriebsvertretung im Rahmen der Gewährung von SWG die Stellung eines Prozeßstandschafters der betroffenen Arbeitnehmer eingeräumt worden ist und daß dieser verfahrensrechtlichen Stellung ein materiell-rechtliches Kontrollrecht entspricht, das seiner Funktion nach den Rechten aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes zuzurechnen ist. Aufgrund dieses eigenständigen Rechts ist eine Beiladung der Betriebsvertretung notwendig, weil sie in diesem Recht durch die Entscheidung des Rechtsstreits unmittelbar betroffen wird und deshalb eine Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Für die Beiladung ist unerheblich, ob (bereits) um die Leistung, dh um die Gewährung des SWG gestritten wird oder um die – verfahrensrechtlich verselbständigte – Vorfrage, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 Nr. 1 AFG anzuerkennen. Auch soweit nur ein Anerkennungsbescheid im Streit steht, ist die Betriebsvertretung wegen der ihr eingeräumten verfahrensrechtlichen Stellung beizuladen (vgl. auch BSG SozR 4100 § 64 Nr. 5). Da Beiladungen in Angelegenheiten der Bundesanstalt für Arbeit im Revisionsverfahren unzulässig sind (§ 168 SGG), kann der erkennende Senat die versäumte notwendige Beiladung nicht nachholen und ist daher an einer Entscheidung in der Sache gehindert. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache nach § 170 Abs. 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen