Leitsatz (amtlich)

1. Sind nach einer Änderung des Beitragsrechts noch Beiträge für eine Zeit vor dem Eintritt der Rechtsänderung zu entrichten, so ist auf diese Beiträge grundsätzlich noch das alte Recht anzuwenden, auch wenn die Beiträge erst unter der Geltung des neuen Rechts fällig geworden sind.

2. Waren nach dem Inkrafttreten des KVKG (1.7.1977) für Zeiten vorher Renten nachzuzahlen, so hatten die Träger der Rentenversicherung für diese Zeiten KVdR-Beiträge noch nach altem Recht zu entrichten. Daran änderte nichts, daß sie von den Rentennachzahlungen - als Teil der seit dem 1.7.1977 "gezahlten Rentenbeträge" (§ 385 Abs 2 RVO idF des KVKG) - auch Beiträge nach neuem Recht zu entrichten hatten, ohne diese mit den nach altem Recht entrichteten ausgleichen zu können.

 

Normenkette

RVO § 381 Abs. 2 Fassung: 1967-12-21, § 385 Abs. 2 Fassung: 1967-12-21, Abs. 3 Fassung: 1967-12-21, Abs. 2 Fassung: 1969-07-27, Abs. 3 Fassung: 1969-07-27, Abs. 2 Fassung: 1977-06-27, § 393a Fassung: 1977-06-27, § 393b Fassung: 1977-06-27; KVKG Art. 2 § 12 Fassung: 1977-06-27, § 13 Fassung: 1977-06-27; KVdRAusglV § 3 Fassung: 1977-12-20, § 14 Fassung: 1977-12-20

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Entscheidung vom 08.02.1984; Aktenzeichen L 9 Kr 32/82)

SG Berlin (Entscheidung vom 12.03.1982; Aktenzeichen S 72 Kr 123/80)

 

Tatbestand

Die Klägerin, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), fordert von der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) die Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Die streitigen Beiträge betreffen Rentenbezugszeiten vor dem 1. Juli 1977, für die die Klägerin die Rente nachträglich ausgezahlt hat.

Vor dem genannten Stichtag waren die Beiträge der Rentenversicherungsträger für jeden in der KVdR versicherten Rentner nach einem durchschnittlichen Grundlohn zu bemessen, der entsprechend der Rentnerdichte der einzelnen Kassen gekürzt wurde (§ 385 Abs 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung -RVO- aF). Nach diesem gekürzten Grundlohn und dem Beitragssatz der jeweiligen Kasse hatten die Rentenversicherungsträger KVdR-Beiträge an die Mitgliedskassen der Rentner zu entrichten. Zum 1. Juli 1977 wurde das Beitragssystem der KVdR neu geregelt. Seitdem wurden die Beiträge der Rentenversicherungsträger von der Summe aller von ihnen gezahlten Renten nach einem festen, bundeseinheitlichen Beitragssatz berechnet und als (pauschaler) Finanzierungsanteil der Rentenversicherung an der KVdR einer Ausgleichsmasse zugeführt; zu ihr hatten auch die Träger der Krankenversicherung einen eigenen Finanzierungsanteil beizusteuern, der nach ihren gesamten, durch die Beiträge der Rentenversicherungsträger nicht gedeckten Leistungsaufwendungen für die KVdR bemessen und von den aktiven Kassenmitgliedern nach einem von Jahr zu Jahr neu festzusetzenden, für alle Kassen gleichen Satz aufzubringen war (§§ 385 Abs 2, 393a und b RVO idF des Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung - Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz -KVKG- vom 27. Juni 1977, BGBl I 1069). Übergangsvorschriften für die Monate Juli bis Dezember 1977 waren in Art 2 § 12 KVKG enthalten; für die Zeit davor sollte es bei den nach § 385 Abs 2 und 3 RVO aF zu leistenden Beiträgen verbleiben (Art 2 § 13 KVKG).

Soweit die Rentenzahlungen der Klägerin, die von ihr seit dem 1. Juli 1977 geleistet wurden, auch Nachzahlungen für Zeiten davor enthielten - was insbesondere bei den im zweiten Halbjahr 1977 neu bewilligten Renten, aber auch bei schon vorher bewilligten, aber erst später ausgezahlten Renten der Fall war -, entrichtete die Klägerin auch für solche Nachzahlungen Beiträge nach neuem Recht; danach war nämlich allein die Summe der seit dem 1. Juli 1977 "gezahlten Rentenbeträge" (§ 385 Abs 2 RVO nF) für die Berechnung der Beiträge maßgebend, ohne Rücksicht darauf, für welchen Zeitraum die Renten gezahlt wurden. Außerdem stellte die beklagte Krankenkasse der Klägerin für die vor dem genannten Stichtag liegenden Nachzahlungszeiten auch noch Beiträge nach altem Recht in Rechnung. Gegen diese "Doppelbelastung" wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Erstattungsklage.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat der Klage, die zunächst als bezifferte Leistungsklage erhoben und auf Zahlung von 112.681,36 DM gerichtet gewesen war, in vollem Umfang stattgegeben (Urteil vom 12. März 1982). Auf die Berufung der beklagten Krankenkasse und auf einen - mit der "Anschlußberufung" in den Rechtsstreit eingeführten, nicht mehr bezifferten - Hilfsantrag der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin die Beklagte zur Erstattung der auf Rentenbezugszeiten vor dem 1. Juli 1977 entfallenden Beiträge nur noch insoweit verurteilt, als die Renten "durch Bescheide nach dem 30. Juni 1977 zugebilligt worden sind"; im übrigen hat es "Berufung und Anschlußberufung zurückgewiesen" (Urteil vom 8. Februar 1984). Damit hat das LSG diejenigen für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 entrichteten Beiträge von der Erstattung ausgenommen, die auf Rentenbescheiden beruhen, die noch vor dem genannten Stichtag ergangen sind; für diese Beiträge hat das LSG noch das alte Beitragsrecht für maßgebend gehalten, weil die Beitragsforderungen der Beklagten insoweit noch während der Geltung des alten Rechts entstanden und fällig geworden seien. Dagegen hat das LSG auf Beiträge, die aufgrund von später - nach dem 30. Juni 1977 - ergangenen Rentenbescheiden zu entrichten waren, allein das neue Recht für anwendbar erachtet und sich dafür auch auf die Übergangsvorschriften des KVKG berufen. Insoweit habe die Beklagte die außerdem nach altem Recht einbehaltenen Beiträge zu Unrecht empfangen und müsse sie der Klägerin erstatten.

Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligte Revision eingelegt. Die Klägerin will nach wie vor sämtliche Beiträge erstattet haben, die auf Rentennachzahlungen für die Zeit vor dem 1. Juli 1977 entfallen und von der Beklagten noch nach altem Recht vereinnahmt worden sind; dabei hält sie es für unerheblich, ob der Rentenbescheid vor oder nach dem genannten Stichtag ergangen ist. Jedenfalls sollen ihr diese Beiträge aber insoweit erstattet werden, als der Beklagten Beiträge auch noch nach neuem Recht zugeflossen sind. Ihrer Ansicht nach kann allein das neue Beitragsrecht angewendet werden, wenn die Beiträge erst nach dem 30. Juni 1977 fällig geworden seien; dies treffe aber entgegen dem Urteil des LSG auch dann zu, wenn der Rentenbescheid schon vor dem 1. Juli 1977 ergangen, die Rente aber erst danach ausgezahlt worden sei. Auch die auf solche Rentennachzahlungen entfallenden Beiträge seien deshalb allein nach neuem Recht zu entrichten. Nur so lasse sich eine Doppelbelastung mit Beiträgen nach altem und nach neuem Recht vermeiden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des LSG zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr sämtliche nach § 385 Abs 2 RVO aF einbehaltenen KVdR-Bei- träge für die nach dem 30. Juni 1977 ausgezahlten Renten zu erstatten, hilfsweise festzustellen, daß die Beklagte diese Beiträge insoweit zu erstatten hat, als die Beklagte nach § 385 Abs 2 RVO idF des KVKG Beiträge vereinnahmt hat. Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG aufzuheben, soweit ihre Berufung zurückgewiesen worden ist, das Urteil des SG auch insoweit aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Beklagte meint, nach Art 2 § 13 KVKG seien von sämtlichen Rentenzahlungen, die für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 geleistet worden seien, also auch von Nachzahlungen für solche Zeiten, Beiträge nach § 385 Abs 2 RVO aF zu entrichten gewesen. Dadurch sei die Klägerin auch nicht doppelt - mit Beiträgen nach altem und nach neuem Recht - belastet worden, weil das alte und das neue Beitragssystem nicht miteinander vergleichbar seien; außerdem hätte die Aussonderung von Rentennachzahlungen aus den nach neuem Recht der Beitragsberechnung zugrunde zu legenden Rentenzahlbeträgen einen zu großen Verwaltungsaufwand bedeutet.

Beide Beteiligte halten im übrigen jeweils die Revision der Gegenseite für unbegründet und beantragen deren Zurückweisung. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze, wegen der näheren Begründung des angefochtenen Urteils wird auf dieses verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der klagenden BfA ist unbegründet. Begründet ist dagegen die der beklagten AOK. Die Beklagte hat der Klägerin KVdR-Beiträge nicht zu erstatten, auch nicht soweit das LSG der Klägerin noch einen Erstattungsanspruch zuerkannt oder sie einen solchen mit ihrem im Revisionsverfahren erhobenen Hilfsantrag geltend gemacht hat.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nicht mehr der bezifferte Leistungsanspruch (Erstattung von 112.681,36 DM), den die Klägerin zunächst gegen die Beklagte erhoben und auch im zweiten Rechtszug noch aufrechterhalten hatte. Nachdem das LSG die Klage insoweit abgewiesen hat, wie sich daraus ergibt, daß es nur noch einem - mit einer "Anschlußberufung" in den Rechtsstreit eingeführten - Hilfsantrag der Klägerin teilweise entsprochen hat, ist die Klägerin mit der Revision auf ihren früheren Hauptantrag nicht wieder zurückgekommen. Vielmehr hat sie ihren Hilfsantrag nunmehr zu ihrem Hauptantrag gemacht, nämlich die Beklagte zu verurteilen, ihr die nach § 385 Abs 2 RVO aF berechneten KVdR-Beiträge zu erstatten, soweit die Rente erst nach dem 30. Juni 1977 für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 ausgezahlt worden ist. Das LSG hat diesem Antrag nur insoweit stattgegeben, als auch der Rentenbescheid erst nach dem 30. Juni 1977 ergangen ist; bei früher zugebilligten, wenn auch erst nachträglich ausgezahlten Renten hat es dagegen einen Erstattungsanspruch der Klägerin verneint. Gegen diese Einschränkung wendet sich die Klägerin mit dem Hauptantrag ihrer Revision. Ihm hat sie außerdem einen neuen Hilfsantrag beigefügt, mit dem sie in sinngemäßer Auslegung die Erstattung der von der Beklagten nach altem Recht vereinnahmten Beiträge jedenfalls insoweit verlangt, als der Beklagten aufgrund von Rentennachzahlungen für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 auch noch Beiträge nach neuem Recht zugeflossen sind.

Die Beklagte hält demgegenüber einen Erstattungsanspruch der Klägerin weder ganz noch teilweise für begründet, auch nicht in dem beschränkten, der Klägerin vom LSG zuerkannten Umfang oder soweit die Klägerin eine Erstattung mit ihrem neuen Hilfsantrag verlangt. Die Beklagte beantragt deshalb mit ihrer Revision die völlige Abweisung der Klage. Diesem Antrag hat der erkennende Senat entsprochen.

Die beklagte Krankenkasse hat die streitigen KVdR-Beiträge (durch Verrechnung mit Beiträgen, die sie für die BfA zur Angestelltenversicherung eingezogen hatte) für bei ihr versicherte Rentner erhalten, denen die BfA für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 Rente nachgezahlt hatte. Mit der Beantragung der Rente waren die Antragsteller pflichtversicherte Mitglieder der Beklagten geworden; diese Mitgliedschaft beruhte für die Zeit ab Rentenbeginn, also auch für die Zeit, für die die Rente nachgezahlt wurde, auf § 165 Abs 1 Nr 3 RVO in der Fassung, die die Vorschrift durch das Gesetz zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes, II. Teil - Finanzänderungsgesetz 1967 - vom 21. Dezember 1967, BGBl I 1259, erhalten hatte (= RVO aF).

Für den Zeitraum der Rentennachzahlung hatte die BfA nach § 381 Abs 2 RVO aF - als Finanzierungsanteil der Rentenversicherung an den Aufwendungen für die in § 165 Abs 1 Nr 3 RVO bezeichneten Versicherten - KVdR-Beiträge nach Maßgabe des § 385 Abs 2 RVO aF zu entrichten. Diese Beiträge standen nach dem alten Recht, das bis zum 30. Juni 1977 - vor dem Inkrafttreten des KVKG - galt, der beklagten AOK als der Mitgliedskasse der Rentner zu; sie waren, wie bei sonstigen Versicherten, nach einem Grundlohn zu bemessen. Dieser wurde jedoch nicht aus den Renten berechnet, die die einzelnen Rentner bezogen (so jetzt § 180 Abs 5 und 6, jeweils Nr 1, RVO idF des Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 1982 -RAG 1982- vom 1. Dezember 1981, BGBl I 1205). Bemessungsgrundlage war vielmehr für die Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie für die Seekrankenkasse der durchschnittliche Grundlohn der versicherungspflichtigen Mitglieder (§ 165 Abs 1 Nrn 1 und 2 RVO) aller dieser Kassen für den Bereich jeweils des Landes, in dem sie ihren Sitz hatten (§ 385 Abs 2 Nr 1 RVO aF). Der durchschnittliche Grundlohn war dabei aus den Ergebnissen des letzten Geschäftsjahres zu errechnen und in einem in Abs 3 der genannten Vorschrift näher bestimmten Umfang zu kürzen (§ 385 Abs 2 vorletzter Satz RVO aF). Diese Kürzung, die den Finanzierungsanteil der Krankenversicherung an den Aufwendungen der KVdR enthielt, betrug grundsätzlich 20 vH des jeweils maßgebenden durchschnittlichen Grundlohns; die Kürzung wurde aber je nach der Rentnerdichte der einzelnen Kasse mittels einer "Ausgleichszahl" erhöht oder vermindert, um so einen gewissen Belastungsausgleich unter den Krankenkassen herbeizuführen. Ein weiterer Beitragsabzug, der ursprünglich ebenfalls noch vorgesehen gewesen war, weil Rentner in der Regel kein Krankengeld erhalten, fiel ab 1970 wieder weg; seitdem galt als Beitragssatz für die an die Mitgliedskasse der Rentner zu entrichtenden KVdR-Beiträge der Beitragssatz der jeweiligen Kasse für deren versicherungspflichtige Mitglieder, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für mindestens sechs Wochen hatten (§ 385 Abs 2 letzter Satz RVO idF des Art 2 Nr 17 Buchst b des Gesetzes vom 27. Juli 1969, BGBl I 946).

Nach diesen Vorschriften, die bis zum 30. Juni 1977 galten - erst das KVKG ersetzte sie mit Wirkung vom 1. Juli 1977 durch eine andere Beitragsregelung -, berechnete auch die Beklagte die streitigen KVdR-Beiträge; sie betrafen Rentner, denen die BfA eine Rente (auch) für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 neu bewilligt, die Rente für diese Zeiten aber erst nachträglich ausgezahlt (nachgezahlt) hatte. Die Beklagte stellte deshalb der Klägerin für jeden Nachzahlungsmonat des ersten Halbjahres 1977 einen Beitrag von 181 DM je Rentner und für jeden Nachzahlungsmonat des Jahres 1976 einen Beitrag von 166,94 DM je Rentner in Rechnung, und zwar als "Einheitsbeitrag" ohne Rücksicht auf die Höhe der Rente. Sie unterschied dabei auch nicht zwischen Rentnern, denen die BfA die Rente noch vor dem genannten Stichtag bewilligt hatte, und anderen Rentnern, denen sie erst danach bewilligt wurde. Auch bei letzteren wandte sie das alte Beitragsrecht noch insoweit an, als die Rentenbezugszeit noch in den Geltungsbereich des alten Rechts, dh in die Zeit bis zum 30. Juni 1977, fiel. Dem ist der erkennende Senat im Gegensatz zum LSG beigetreten.

Ansprüche aus einem auf Dauer angelegten Rechtsverhältnis, die sich auf einen begrenzten Zeitraum dieses Rechtsverhältnisses beziehen, insbesondere Beitragsansprüche für bestimmte Monate eines Versicherungsverhältnisses, sind grundsätzlich nach denjenigen Rechtsvorschriften zu beurteilen, die während des betreffenden Zeitraums gelten oder - bei Beitragsnachforderungen für die Vergangenheit - während des Nachforderungszeitraums gegolten haben. Dabei ist es unerheblich, ob die Beiträge erst später, dh nach Ablauf des Zeitraums, für den sie zu entrichten sind, zur Zahlung fällig werden und bei Eintritt der Fälligkeit bereits neue, geänderte Rechtsvorschriften gelten. Die Anwendung des alten Rechts ist auch bei solchen zwischenzeitlichen Rechtsänderungen entgegen dem Urteil des LSG nicht auf Beitragsforderungen beschränkt, die während der Geltung des alten Rechts fällig geworden sind. Es genügt vielmehr für die Anwendung des alten Rechts, daß sie noch unter dessen Geltung entstanden sind, mag ihr Bestehen auch erst später festgestellt worden sein, so daß sie erst dann als fällige Forderungen geltend gemacht werden konnten.

Von dieser Rechtsauffassung ist offenbar auch der Gesetzgeber ausgegangen, als er das Beitragsrecht der KVdR zum 1. Januar 1983 nochmals umgestaltete und an Stelle eines Pauschalsystems, wie es seit Mitte 1977 bestanden hatte, wiederum individuelle Beitragspflichten - nunmehr der Rentner selbst - begründete (§ 381 Abs 2 Satz 1 idF des RAG 1982). Dabei hat er auch den Fall mit geregelt, daß die Rentenversicherungsträger nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts Rentennachzahlungen, uU noch für Zeiten vorher, zu leisten und deshalb die Empfänger der Nachzahlungen nachträglich Beiträge zur KVdR zu entrichten hatten. Deren Beitragspflicht erstreckte sich dann nur auf solche Nachzahlungszeiträume, die bereits in den Geltungsbereich des neuen Rechts, dh in die Zeit ab 1. Januar 1983, fielen (§ 381 Abs 2 Satz 2 RVO idF des RAG 1982). Für Zeiten davor, in denen noch das alte Beitragsrecht galt, hatten die Rentenempfänger dagegen keine Beiträge aus der Rentennachzahlung zu entrichten; insoweit blieb es vielmehr bei den nach altem Recht vorgesehenen Pauschalbeiträgen der Rentenversicherungsträger, sofern die Rentennachzahlungen noch bis Ende 1984 erfolgten (§ 534 Abs 2 RVO idF des RAG 1982). Obwohl diese Nachzahlungen erst unter der Geltung des neuen Rechts fällig und geleistet wurden, war also für die davon zu entrichtenden Beiträge weiter das alte Recht maßgebend, soweit nämlich die Rentennachzahlungen und die Beiträge auf Zeiträume bis Ende 1982 entfielen.

Entsprechend diesen Grundsätzen waren auch bei Rentennachzahlungen, die die BfA an die bei der Beklagten versicherten Rentner für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 leistete, die auf diese Zeiten entfallenden KVdR-Beiträge noch nach dem alten Recht zu entrichten, das vor dem 1. Juli 1977 galt, und zwar auch dann, wenn die Rentennachzahlung erst unter der Geltung des neuen Rechts erfolgte und auch der Rentenbescheid erst unter dessen Geltung ergangen war.

Diesem Ergebnis widersprechen nicht die Übergangsvorschriften zum KVKG in dessen Art 2 §§ 12 und 13; sie bestätigen es vielmehr. Zweck dieser Vorschriften war die Überleitung des bisherigen KVdR-Beitragssystems, wonach die Rentenversicherungsträger für jeden in der KVdR pflichtversicherten Rentner Beiträge nach einem durchschnittlichen gekürzten Grundlohn an die jeweilige Mitgliedskasse des Rentners nach deren Beitragssatz zu entrichten hatten. Auch nach dem neuen System hatten die Rentenversicherungsträger zwar weiterhin Beiträge zu den Leistungsaufwendungen für die KVdR zu entrichten. Ihre Beiträge orientierten sich jedoch nicht mehr an Grundlöhnen der versicherten Rentner sowie an den unterschiedlichen Beitragssätzen ihrer Mitgliedskassen und waren auch nicht mehr an diese Kassen selbst abzuführen. Sie wurden jetzt vielmehr von der "Summe der von den Trägern der Rentenversicherung ... gezahlten Rentenbeträge" berechnet, und zwar nach einem bundeseinheitlichen Beitragssatz von 11,7 vH; von der gesamten daraus errechneten Beitragssumme waren bestimmte Zahlungen der Rentenversicherungsträger, insbesondere die von ihnen an freiwillig versicherte Rentner gezahlten Beitragszuschüsse, abzuziehen, so daß sich für die Rentenversicherungsträger eine Gesamtbelastung in Höhe von ca 11 vH ihrer Rentenzahlungen ergab (§ 385 Abs 2 RVO idF des KVKG; BT-Drucks 8/166, S 30 zu § 1 Nr 38 letzter Satz).

Nur in dieser Höhe hatten die Rentenversicherungsträger an sich auch schon nach dem Finanzänderungsgesetz 1967 belastet werden sollen (§ 393a RVO idF dieses Gesetzes; BT-Drucks 8/166 aaO). Tatsächlich hatte jedoch ihre Belastung diese Grenze seit 1971 erheblich überschritten, vor allem weil die Grundlöhne der aktiven Mitglieder der Krankenkassen, nach denen die durchschnittlichen Grundlöhne der Rentner berechnet wurden, schneller gestiegen waren als die Rentenausgaben. Die Belastung der Rentenausgaben mit KVdR-Beiträgen erreichte deshalb bis 1976 einen Anteil von zuletzt ca 17 vH (Ausschußbericht zum Zwanzigsten Rentenanpassungsgesetz -20. RAG-, BT-Drucks 8/337, S 81 unter III). Diese für die Rentenversicherung auf die Dauer nicht tragbare Belastung wurde durch das KVKG und das gleichzeitig mit ihm verkündete 20. RAG wieder auf einen Prozentsatz von 11 vH der Rentenausgaben zurückgeführt, was allerdings erst "mit Wirkung vom 1. Juli 1977 an" geschah (Ausschußbericht zum 20. RAG aaO); demgemäß trat das KVKG insoweit auch erst mit diesem Tage in Kraft (Art 2 § 17).

Die daraus für die Krankenkassen resultierende Mehrbelastung mußten diese, nachdem die "Überzahlungen" der Rentenversicherung mit dem Inkrafttreten des KVKG ein Ende fanden, "ab 1. Juli 1977 selbst tragen" (BT-Drucks 8/166, S 41, rechte Spalte unten). Bis dahin wurde der alte Rechtszustand aufrechterhalten. Dementsprechend bestimmte Art 2 § 13 KVKG (= Art 3 § 2 des 20. RAG), daß es für die Jahre 1971 bis Juni 1977 bei den nach § 385 Abs 2 und 3 RVO in der bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung "zu leistenden Beiträgen" verbleiben sollte; § 393a Abs 1 RVO aF war insoweit nicht mehr anzuwenden. Das bedeutete, daß für Rentenbezugszeiten bis Juni 1977 weiterhin das alte Beitragsrecht anzuwenden war. Dies galt, da für Renten, die nach dem 30. Juni 1977 für Zeiten davor nachgezahlt wurden, keine Ausnahme gemacht war, auch für die auf solche Nachzahlungszeiten entfallenden, erst nach dem 30. Juni 1977 "zu leistenden" Beiträge.

Daran kann um so weniger ein Zweifel bestehen, als sogar die "für die Monate Juli bis Dezember 1977 zu leistenden Beiträge", also die Beiträge, die im Falle von Rentennachzahlungen nach dem 30. Juni 1977 für die im zweiten Halbjahr 1977 liegende Nachzahlungszeit und - als laufende Beiträge - für die anschließende Zeit bis Ende 1977 zu leisten waren, "vorläufig" noch nach altem, wenn auch modifiziertem Beitragsrecht berechnet werden mußten (Art 2 § 12 KVKG). Ursprünglich hatten diese Beiträge nicht nur vorläufig, sondern endgültig nach altem Recht berechnet werden sollen, weil die für die Anwendung des neuen Beitragsrechts erforderlichen Rechnungsergebnisse erst Ende 1977 zur Verfügung standen (Art 2 § 9 des Regierungsentwurfs eines KVKG, BT-Drucks 8/166, S 20, und Begründung dazu S 38). Durch einen während der Gesetzesberatungen eingebrachten Änderungsantrag (BT-Drucks 8/427) erhielt Art 2 § 12 KVKG dann seine spätere Fassung. Dabei wurde zugleich bestimmt, daß der neue, durch das KVKG für die KVdR geschaffene und seitdem im wesentlichen unverändert praktizierte Belastungsausgleich unter allen Krankenkassen einschließlich der Ersatzkassen (§§ 393b und c, § 514 Abs 2 RVO idF des KVKG) "auch schon für das zweite Halbjahr 1977 nachträglich durchgeführt" wurde (Begründung zum Änderungsantrag in BT-Drucks 8/427).

Dieser neue Belastungsausgleich soll - anders als die frühere Kürzungsregelung in § 385 Abs 3 RVO idF des Finanzänderungsgesetzes 1967, die lediglich einen Ausgleich der unterschiedlichen Rentnerdichte der einzelnen Krankenkassen bezweckte - die Last der gesamten Leistungsaufwendungen für die KVdR gleichmäßig auf alle beteiligten Kassen verteilen, soweit nicht die Aufwendungen von den Rentenversicherungsträgern (seit 1983: von den Rentnern mit Zuschüssen der Rentenversicherungsträger) getragen werden. Deren Beiträge wurden seit dem 1. Juli 1977, wie dargelegt, nach § 385 Abs 2 RVO idF des KVKG auf 11,7 vH (nach Abzug bestimmter anderer Zahlungen: auf 11 vH) der seitdem "gezahlten Rentenbeträge" festgesetzt. Soweit nun die gezahlten Rentenbeträge (einschließlich der in ihnen enthaltenen Nachzahlungen) bereits auf das zweite Halbjahr 1977 entfielen, hatten die Rentenversicherungsträger von ihnen mithin Beiträge nach § 385 Abs 2 RVO idF des KVKG zu entrichten. Mit diesen Beiträgen waren jedoch ihre schon nach altem Recht für dieselbe Zeit "vorläufig" geleisteten Beiträge entsprechend § 393b RVO nF "auszugleichen" (Art 2 § 12 Abs 3 KVKG). Durch diesen Ausgleich, dh die damit angeordnete Verrechnung der Beiträge des alten mit denen des neuen Rechts, wurde eine "doppelte" Entrichtung von Beiträgen der Rentenversicherungsträger für das zweite Halbjahr 1977 vermieden.

Das galt indes nur für diesen Zeitraum. Dagegen war ein nachträglicher Ausgleich mit den von den Nachzahlungen nach neuem Recht abgeführten Beiträgen nicht vorgesehen, soweit in den seit dem 1. Juli 1977 gezahlten Rentenbeträgen auch Nachzahlungen für Zeiten davor, insbesondere für das erste Halbjahr 1977, enthalten waren, für die die Rentenversicherungsträger ebenfalls schon Beiträge nach altem Recht (§ 385 Abs 2 und 3 RVO idF des Finanzänderungsgesetzes 1967) entrichtet hatten.

Auch die Verordnung über das Verfahren zum Ausgleich der Leistungsaufwendungen in der KVdR (KVdR-AusglVO) vom 20. Dezember 1977 (BGBl I 3140) enthielt für diese Fälle keine Übergangsregelung, anders als für die nach Art 2 § 12 KVKG für das zweite Halbjahr 1977 entrichteten Beiträge (§ 14). Für die auf Rentennachzahlungen für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 zu entrichtenden Beiträge galt vielmehr die allgemeine Bestimmung in § 3 der KVdR-AusglVO, wonach der Beitragsberechnung "die gesamten gezahlten Rentenbeträge" zugrunde zu legen waren (Abs 1 Nr 1). Unberücksichtigt blieb dabei, daß in diesen gezahlten Rentenbeträgen auch Rentennachzahlungen für die Zeit vor dem 1. Juli 1977 enthalten waren, für die bereits Beiträge nach altem Recht entrichtet waren. Daß diese Beiträge nicht auf die nach neuem Recht zu entrichtenden anzurechnen waren - indem etwa die auf Zeiten vor dem 1. Juli 1977 entfallenden Rentennachzahlungen von der Summe der nach neuem Recht (§ 385 Abs 2 RVO nF) für die Beitragsberechnung maßgebenden "gezahlten Rentenbeträge" abgezogen wurden -, mag für die Klägerin unbefriedigend erscheinen, kann aber von der Rechtsprechung nicht korrigiert werden.

Die von der Klägerin für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 noch nach altem Recht entrichteten Beiträge und die von ihr auf Rentennachzahlungen für solche Zeiten nach neuem Recht entrichteten sind im übrigen nur bei vordergründiger Betrachtung "doppelt" entrichtet worden. Erkennt man nämlich, daß der Gesetzgeber bei der Beitragsneuregelung für die KVdR zum 1. Juli 1977 nicht die von den einzelnen krankenversicherten Rentnern bezogenen Renten zum Maßstab der von den Rentenversicherungsträgern zu entrichtenden Beiträge gemacht, sich insofern also von konkreten Rentenbezügen gelöst und die Beitragslast der Rentenversicherungsträger pauschal in einer ihm angemessen erscheinenden Höhe festgelegt hat, dann wird deutlich, daß "die Summe der gezahlten Rentenbeträge" nur eine - wesentlich an Praktikabilitätserwägungen orientierte - Bemessungsgröße für den Finanzierungsanteil der Rentenversicherung an den gesamten Leistungsaufwendungen der KVdR war, für die auch eine andere Größe hätte gewählt werden können. Daß es sich insoweit um eine "abstrakte", dh von einzelnen konkreten Rentenbezügen unabhängige Rechengröße handelte, ist insbesondere daran abzulesen, daß in der "Summe der gezahlten Rentenbeträge" auch Nachzahlungen enthalten waren, deren Empfänger überhaupt nicht in der KVdR versichert waren.

Wie unterschiedlich die Beitragsregelungen des alten und des neuen Rechts waren, zeigt sich auch darin, daß die nach altem Recht geleisteten Beiträge von den Mitgliedskassen der Rentner vereinnahmt wurden, während die Beiträge des neuen Rechts in eine Ausgleichsmasse flossen, aus der die einzelnen Kassen entsprechend ihrer Gesamtbelastung aus der KVdR entweder Zahlungen erhielten oder an die sie umgekehrt ihrerseits Zahlungen zu leisten hatten (§ 393b RVO nF iVm der KVdR-AusglVO). Ein Beitragsausgleich für Zeiten vor dem 1. Juli 1977 hätte deshalb einen erheblichen Verwaltungsaufwand erfordert, was ebenfalls dagegen spricht, daß der Gesetzgeber eine solche Regelung zwar beabsichtigt, aber nur unvollkommen verwirklicht hat.

Damit erledigt sich zugleich der Hilfsantrag der BfA, wonach die beklagte Krankenkasse verpflichtet werden sollte, die von ihr für Rentenbezugszeiten vor dem 1. Juli 1977 nach § 385 Abs 2 RVO aF vereinnahmten Beiträge (die nach einem durchschnittlichen gekürzten Rentnergrundlohn und nach dem Beitragssatz der Beklagten berechnet waren) jedenfalls insoweit auszugleichen, als die Klägerin von den auf diese Bezugszeiten entfallenden Rentennachzahlungen Beiträge nach § 385 Abs 2 RVO nF an die erwähnte Ausgleichsmasse abgeführt hat. Eine solche Ausgleichspflicht der Beklagten besteht schon deshalb nicht, weil die von der Klägerin in Beziehung gesetzten Beitragsleistungen, wie ausgeführt, sich sowohl inhaltlich wie nach der Person der Empfänger wesentlich unterschieden. Zweifelhaft ist darüber hinaus, ob der Beklagten daraus, daß die BfA von den fraglichen Rentennachzahlungen Beiträge nach neuem Recht (§ 385 Abs 2 RVO nF) abgeführt hat, überhaupt ein ausgleichsfähiger, meßbarer Vorteil zugeflossen ist. Vorteile, die anderen Kassen daraus erwachsen sein mögen, könnten aber der Beklagten auf die von ihr insoweit nach altem Recht (§ 385 Abs 2 RVO aF) vereinnahmten Beiträge nicht angerechnet werden, ebensowenig wie umgekehrt allerdings auch Vorteile, die sie ihrerseits möglicherweise daraus gezogen hat, daß die BfA für Rentennachzahlungen an Mitglieder anderer Kassen Beiträge nach § 385 Abs 2 RVO nF abgeführt und damit die Ausgleichsmasse vergrößert hat.

Hiernach hat der Senat die Revision der klagenden BfA gegen das Urteil des LSG zurückgewiesen, dieses Urteil aber auf die Revision der beklagten Krankenkasse auch insoweit aufgehoben, als das LSG der Klage stattgegeben hatte, und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1662548

BSGE, 79

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