Leitsatz (amtlich)

Können die für eine Berufstätigkeit entrichteten Pflichtbeiträge nicht mehr beanstandet werden, so ist diese Tätigkeit auch dann bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit als bisheriger Beruf zugrunde zu legen, wenn sie möglicherweise wegen der Höhe des Entgelts versicherungsfrei war.

 

Normenkette

RKG § 46 Abs 2 Fassung: 1957-05-21; RVO § 1246 Abs 2 Fassung: 1957-02-23; RKG § 139 Fassung: 1957-05-21; RVO § 1423 Abs 2 Fassung: 1957-02-23

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 15.01.1981; Aktenzeichen L 2 Kn 61/78)

SG Duisburg (Entscheidung vom 14.03.1978; Aktenzeichen S 2 Kn 179/76)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit nach § 46 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) zusteht.

Der Kläger war nach dem üblichen beruflichen Werdegang und nach dem erfolgreichen Besuch des Lehrgangs für Betriebsführer und Obersteiger an der Bergschule bis September 1952 als Reviersteiger in Herne tätig. Seit Oktober 1952 war er Grubenfahrsteiger in Rumeln. Für ihn wurden in der Zeit von Oktober bis Dezember 1952 Pflichtbeiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtet. Danach leistete der Kläger freiwillige Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung. Im Oktober 1955 wurde er Beamter bei einem Bergamt. Er wurde zum 1. Oktober 1976 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 11. Januar 1977 die Bergmannsrente wegen einer am 19. April 1976 eingetretenen verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit Die Gewährung der Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit lehnte sie mit Bescheid vom 28. Juli 1976 ab. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 15. Januar 1981 das Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 14. März 1978 geändert und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juli 1976 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. November 1976 verurteilt, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit nach einem am 19. April 1976 eingetretenen Versicherungsfall zu gewähren. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, bisheriger Beruf sei die Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers. Im Oktober 1952 habe der Kläger diese Tätigkeit versicherungspflichtig ausgeübt, weil sein Entgelt unter der Jahresarbeitsverdienstgrenze von 12.000,DM gelegen habe. Zwar habe er in diesem Monat tatsächlich 1.020,- DM erhalten; gleichwohl habe er die Versicherungspflichtgrenze nicht überschritten. Nach den Lohnsteuerrichtlinien für das Jahr 1952 sei ein Verpflegungszuschuß (Trennungsentschädigung) bis zum Betrag von 3,- DM täglich steuerfrei geblieben, wenn der Arbeitnehmer wegen der weiten Entfernung seines Wohnsitzes nicht nach Hause zurückgekehrt sei. Nach dem seinerzeit noch geltenden Gemeinsamen Erlaß des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (AN 1944, 281) sei die Berechnung der Lohnsteuer auch für die Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge maßgebend gewesen. Der Kläger habe im Oktober 1952 noch in Herne gewohnt und sei erst später nach Rheinhausen umgezogen. Der Kläger könne keine höherwertigen Tätigkeiten als die der Gehaltsgruppen 43 und 44 des Manteltarifvertrages des rheinisch- westfälischen Steinkohlenbergbaus verrichten. Mit diesen Tätigkeiten könne er nicht die Hälfte des durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalts eines Grubenfahrsteigers erwerben. Auf die Frage der Zumutbarkeit dieser Tätigkeiten komme es daher nicht an.

Die Beklagte hat dieses Urteil mit der zugelassenen Revision angefochten. Sie ist der Ansicht, bisheriger Beruf des Klägers sei nicht die Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers, sondern die eines Reviersteigers. Das Entgelt des Klägers habe auch im Oktober 1952 über der Versicherungspflichtgrenze gelegen. Das LSG sei offenbar davon ausgegangen, daß der Kläger zumindest an sieben Tagen des Monats nicht nach Hause zurückgekehrt sei, da das Trennungsgeld andernfalls nicht steuerfrei gewesen sei. Hierzu habe es jedoch keine Feststellungen getroffen. Die Tatsache allein, daß der Kläger im Oktober 1952 seine Familienwohnung noch in Herne gehabt habe, reiche hierfür nicht aus. Außerdem könnten die Kosten, die durch die weite Entfernung des Wohnsitzes vom Arbeitsplatz entständen, nicht vom versicherungspflichtigen Entgelt abgezogen werden. Es handele sich vielmehr um Absetzungsbeträge, die nur für die Lohnsteuer gelten. Darüber hinaus ist die Beklagte der Ansicht, daß ein einziger Pflichtbeitrag nicht dazu führen könne, den entsprechenden Beruf für die Prüfung der Berufsunfähigkeit zugrundezulegen. Der Kläger habe im Oktober 1952 den Beruf eines Grubenfahrsteigers noch nicht vollwertig verrichtet. Das komme insbesondere darin zum Ausdruck, daß er erst in den folgenden Monaten Erfolgsanteile und eine wesentlich höhere Leistungszulage erhalten habe. Als Reviersteiger könne der Kläger aber auf die ihm zumutbaren Tätigkeiten der Gehaltsgruppen 43 und 44 des Tarifvertrags für Angestellte des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus verwiesen werden. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Januar 1981 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 14. März 1978 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für richtig und ist der Ansicht, die Revision der Beklagten sei unbegründet. Zusätzlich trägt er vor, nach § 139 RKG müßten die unbeanstandeten Beiträge von Oktober 1952 bis Dezember 1952 als wirksame Pflichtbeiträge gelten, so daß er die Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers insgesamt drei Monate lang versicherungspflichtig verrichtet habe.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das LSG hat die Beklagte mit Recht zur Gewährung der Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit verurteilt. Nach den insoweit nicht angegriffenen und für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger berufsunfähig iS des § 46 Abs 2 RKG.

Bisheriger Beruf des Klägers iS des § 46 Abs 2 Satz 2 RKG ist die Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers. Nach der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigten ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist auch bei freiwillig Weiterversicherten der bisherige Beruf nur aus den versicherungspflichtigen Tätigkeiten zu ermitteln (vgl Bundesverfassungsgericht in SozR 2200 § 1246 Nr 28 und die dort zitierten Entscheidungen des BSG). Nach der am 1. Januar 1968 in Kraft getretenen Änderung des § 1 RKG durch das Finanzänderungsgesetz 1967 sind Grubenfahrsteiger ohne Rücksicht auf die Höhe ihres Entgelts versicherungspflichtig. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese nunmehr versicherungspflichtige Tätigkeit auch für solche Versicherte zugrundegelegt werden kann, die die gleiche und nur wegen der Höhe des Entgelts damals versicherungsfreie Tätigkeit vor dem 1. Januar 1968 aufgegeben haben. Für den Kläger sind jedenfalls in der Zeit von Oktober bis Dezember 1952 aus der Tätigkeit als Grubenfahrsteiger unbeanstandet Pflichtbeiträge entrichtet worden. Zwar ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß jedenfalls die Beiträge im November und Dezember 1952 zu Unrecht entrichtet worden sind. Die Beklagte hat diese Beiträge jedoch nicht beanstandet und ist gemäß § 139 RKG nach Ablauf von mehr als 10 Jahren zur Beanstandung auch nicht mehr berechtigt. Die Beiträge gelten daher auch dann als wirksam entrichtete Pflichtbeiträge, wenn sie zu Unrecht entrichtet worden sein sollten. Das hat zur Folge, daß die Beiträge für die Erfüllung der Wartezeit, für die Berechnung der Rente und auch für die Beurteilung des bisherigen Berufs als Pflichtbeiträge zugrundezulegen sind. Zwar dient § 139 RKG primär dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit bei der Wirkung der Beiträge auf die Wartezeit und die Rentenberechnung. Der Gesetzgeber hat bei Schaffung dieser Vorschrift nicht an die Frage des bisherigen Berufs gedacht, die erst durch die Rechtsprechung auf versicherungspflichtige Tätigkeiten beschränkt worden ist. Jedoch können die Beiträge in diesem Zusammenhang nicht anders behandelt werden als bei der Prüfung der Wartezeit und der Rentenberechnung. Der Versicherte muß nach 10 Jahren darauf vertrauen dürfen, daß die unbeanstandeten Beiträge in jeder Beziehung als Pflichtbeiträge behandelt werden. Dafür spricht auch der enge Zusammenhang zwischen der Erfüllung der Wartezeit und dem bisherigen Beruf. Nach der Rechtsprechung des BSG kann ein Beruf, der vor Erfüllung der Wartezeit aufgegeben wurde, nicht als bisherige Beruf zugrundegelegt werden (vgl BSGE 19, 279 = SozR Nr 22 zu § 35 RKG aF; BSGE 29, 63 = SozR Nr 73 zu § 1246 RVO; BSG SozR 2600 § 45 Nr 24). Das führt zwangsläufig dazu, daß bei einem Versicherten, der die Wartezeit mit unbeanstandeten Pflichtbeiträgen aus einer wegen der Höhe des Entgelts versicherungsfreien Tätigkeit erfüllt hat, nicht die vor Erfüllung der Wartezeit aufgegebene, sondern die danach verrichtete - an sich versicherungsfreie - Tätigkeit als bisheriger Beruf zugrundegelegt wird. Das wird noch deutlicher, wenn man davon ausgeht, daß die Wartezeit ausschließlich mit unbeanstandeten Pflichtbeiträgen aus einer versicherungsfreien Tätigkeit erfüllt worden ist. In diesem Fall kommt für den bisherigen Beruf keine andere Tätigkeit in Betracht als diejenige, aus der die Beiträge entrichtet worden sind. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß der Grubenfahrsteiger in der damaligen Zeit wegen der Höhe des Entgelts ganz allgemein versicherungsfrei gewesen sei. Abgesehen davon, daß § 139 RKG der Beanstandung der Beiträge und der Annahme von Versicherungsfreiheit in der hier streitigen Zeit entgegensteht, richtete sich die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit nicht nach dem durchschnittlichen Entgelt in einem Beruf, sondern nach dem im konkreten Fall und für die bestimmte Zeit gezahlten Arbeitsentgelt. Wenn auch der Grubenfahrsteiger im allgemeinen wegen der Höhe seines Entgelts versicherungsfrei gewesen sein mag, so kam es doch stets auf die Höhe im Einzelfall an.

Selbst wenn man die sich aus § 139 RKG ergebenden Konsequenzen außer Acht läßt, so ist doch das Berufungsgericht mit Recht davon ausgegangen, daß der Kläger die Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers jedenfalls im Oktober 1952 versicherungspflichtig ausgeübt hat. Von den in diesem Monat gezahlten Bezügen in Höhe von 1.020,- DM ist ein Betrag von täglich 3,- DM abzusetzen. Nach dem in dem hier maßgebenden Zeitraum noch anwendbaren Gemeinsamen Erlaß des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (vgl Urteil des BSG vom 21. Juni 1972 - 7 RAr 60/69 -), waren die Beiträge zur Sozialversicherung grundsätzlich von dem Betrag zu berechnen, der für die Berechnung der Lohnsteuer maßgebend war. Nach Abschnitt 22 Abs 3 Nr 4 der Lohnsteuerrichtlinien für das Jahr 1952 (Bundessteuerblatt 1952, 140) durfte ein steuerfreier Verpflegungszuschuß (Trennungsentschädigung) bis zum Betrag von 3,- DM täglich gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer wegen der weiten Entfernung seines Wohnsitzes nicht nach Hause zurückkehrt. Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzung für den Monat Oktober 1952 bejaht und damit inzidenter festgestellt, daß er wegen der weiten Entfernung zwischen seinem Arbeitsort Rumeln und seiner Familienwohnung in Herne nicht nach Hause zurückgekehrt ist. Die gegen diese Tatsachenfeststellung gerichtete Verfahrensrüge der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat auf dem Wege zu dieser Feststellung weder das Gesetz verletzt noch die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten. Waren aber von dem gezahlten Betrag von 1.020,- DM täglich 3,- DM als lohnsteuerfreie Trennungsentschädigung abzuziehen, so betrug das versicherungspflichtige Entgelt des Klägers im Oktober 1952 weniger als 1.000,- DM und lag damit unter der damaligen Versicherungspflichtgrenze. Die Ansicht der Beklagten, daß es sich bei dem Trennungsgeld um Werbungskosten und damit um einen sogenannten Absetzungsbetrag im steuerrechtlichen Sinn gehandelt hat, trifft nicht zu. Wenn auch der Grund für die Steuerfreiheit der Trennungsentschädigung ein ähnlicher war wie für die Absetzung der Werbungskosten, so lag ein wesentlicher Unterschied doch darin, daß das Trennungsgeld vom Arbeitgeber von vornherein lohnsteuerfrei gezahlt und nicht erst als Werbungskosten bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt wurde.

Der Zugrundelegung der Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers als bisherigen Beruf steht auch nicht entgegen, daß der Kläger diese Tätigkeit nur relativ kurze Zeit versicherungspflichtig ausgeübt hat. Bisheriger Beruf ist die letzte vor Eintritt des Versicherungsfalles verrichtete versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit - sofern sie zugleich die qualitativ höchste gewesen ist - auch dann, wenn sie nur kurzfristig ausgeübt wurde und wegen des Übertritts in eine versicherungsfreie Beschäftigung endete (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 66 mwN). Gegenstand des Versicherungsschutzes ist die auf Dauer angelegte versicherungspflichtige Tätigkeit. Deshalb ist bei einer ständigen beruflichen Aufwärtsentwicklung von der letzten und höherwertigsten Tätigkeit auch dann auszugehen, wenn der Versicherte sie schon nach kurzer Zeit aufgeben mußte. In solchen Fällen ist aus der beruflichen Entwicklung zu entnehmen, daß der Versicherte die letzte Tätigkeit weiterhin verrichtet hätte, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre. Eine längerdauernde Verrichtung wird nur in solchen Fällen zu verlangen sein, in denen der berufliche Werdegang dafür spricht, daß die höherwertige Tätigkeit nicht auf Dauer angelegt und zu erwarten war, daß der Versicherte zu einer geringerwertigen Tätigkeit zurückkehren würde. Deshalb hat die Rechtsprechung eine längerdauernde Berufstätigkeit bei wechselhaftem beruflichen Werdegang und dann verlangt, wenn der Versicherte die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht auf dem berufsüblichen Wege erlangt hat. Im vorliegenden Fall hat der Kläger aber den berufsüblichen Werdegang genommen und brachte die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers durch seine langjährige Tätigkeit als Reviersteiger und durch den erfolgreichen Abschluß des Lehrgangs für Betriebsführer und Obersteiger mit. Die weitere - wenn auch versicherungsfreie - Verrichtung der Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers zeigt deutlich, daß es sich nicht nur um eine vorübergehende, sondern um eine auf Dauer angelegte Tätigkeit handelte. Ohne Bedeutung ist, ob der Kläger die Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers schon in der ersten Zeit vollwertig verrichtete. Der Kläger ist jedenfalls auch in der Zeit von Oktober bis Dezember 1952 als Grubenfahrsteiger eingesetzt worden. Es ist zwar selbstverständlich, daß er sich zunächst einmal an die neuen Arbeitsbedingungen gewöhnen mußte, zumal er nicht auf der ihm vertrauten, sondern auf einer ihm fremden Schachtanlage eingesetzt wurde. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß er eine andere als die Tätigkeit eines Grubenfahrsteigers verrichtet hat. Es handelte sich während dieser Zeit auch nach der Ansicht der Beklagten nicht um einen untauglichen Arbeitsversuch. Die Frage, ob der Versicherte eine höherwertige Berufstätigkeit vollwertig verrichtet hat, spielt im Rahmen des § 46 RKG nur dann eine Rolle, wenn der Versicherte die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht auf dem berufsüblichen Wege, sondern durch langjährige Berufstätigkeit erworben hat (vgl hierzu BSG SozR Nr 5 zu § 46 RKG). Bringt der Versicherte die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten aber durch die berufsübliche Ausbildung und den berufsüblichen Werdegang mit, so kommt es nicht darauf an, ob er diese Tätigkeit gut oder weniger gut verrichtet hat, wenn es sich nicht um einen untauglichen Arbeitsversuch, sondern um eine auf Dauer angelegte Tätigkeit gehandelt hat.

Nach den insoweit unangegriffenen und für den Senat nach § 163 SGG bindenden Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts kann der Kläger seit der Antragstellung im Mai 1976 keine höherwertigen Tätigkeiten als die nach der Gehaltsgruppe 43 und 44 des Tarifvertrags für Angestellte im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau verrichten. Mit dem entsprechenden tariflichen Gehalt würde er weniger als die Hälfte dessen erwerben, was Grubenfahrsteiger durchschnittlich zu verdienen pflegen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist daher iS des § 46 Abs 2 Satz 1 RKG auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken. Er ist damit berufsunfähig, ohne daß es auf die Zumutbarkeit dieser Tätigkeiten ankommt (vgl hierzu auch BSG SozR 2600 § 46 Nr 3). Der - im allgemeinen vorrangigen - Prüfung dieser Frage iS des § 46 Abs 2 Satz 2 RKG bedarf es daher im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht.

Der Senat hat die danach unbegründete Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 269

Breith. 1983, 511

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge