Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Streitgegenstand. Folgebescheid. Beitragsrecht. Unfallversicherung. Versicherungspflicht. GmbH-Geschäftsführer. Gesellschafter-Geschäftsführer. Stammkapital. Anteil. abhängige Beschäftigung. selbständiger Unternehmer
Orientierungssatz
1. Im Beitragsrecht werden während des Verfahrens vor dem SG und dem LSG im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses ergangene Folgebescheide, die Regelungen jeweils für einen weiteren Zeitraum treffen, in entsprechender Anwendung von § 96 SGG iVm § 153 Abs 1 SGG Gegenstand des beim LSG anhängigen Streitverfahrens, wenn - wie hier - gegen die Folgebescheide die gleichen Einwände wie gegen den Erstbescheid erhoben werden, der Kläger sich auch gegen die Folgebescheide wendet und die Beklagte nicht widerspricht. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der in der gesetzlichen Unfallversicherung für die einzelnen Geschäftsjahre ergangenen Beitragsbescheide (vgl BSG vom 30.10.1962 - 2 RU 270/59 = BSGE 18, 93, 94 = SozR Nr 16 zu § 96 SGG; vgl BSG vom 28.9.1999 - B 2 U 40/98 R = SozR 3-2200 § 776 Nr 5).
2. Die Versicherungspflicht eines Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, hängt davon ab, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluß auf die Entscheidungen der Gesellschaft, daß er jeden ihm nicht genehmen Beschluß verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit. Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt, und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überläßt. Unter Umständen genügt auch schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich ua darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen gerade hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit zu verhindern.
3. Der Umkehrschluß, dass mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings von der Rechtsprechung des BSG nicht gebilligt worden (vgl BSG vom 13.12.1960 - 3 RK 2/56 = BSGE 13, 196, 200 = SozR Nr 5 zu § 1 BVG. In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach allgemeinen Grundsätzen wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt.
4. Insbesondere kommt bei einem Geschäftsführer einer Familiengesellschaft, sofern dieser mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine selbständige Tätigkeit in Betracht, da die in einer derartigen Familiengesellschaft vorliegende Verbundenheit zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung füreinander schaffen und einen Einklang der Interessen bewirken kann.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 745 Abs. 1; SGB IV § 7 Abs. 1; SGB X § 44 Abs. 1; SGG § 96
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für ihren Gesellschafter-Geschäftsführer Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu entrichten hat.
Die Klägerin, deren Gesellschaftszweck der Handel mit Sperrholz, Spanplatten und Tischlereibedarf ist, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). In den Jahren von 1991 bis 1995 waren an ihrem Stammkapital der zugleich zum Geschäftsführer bestellte Hans P (P) mit 44,8 vH und dessen Ehefrau mit 55,2 vH beteiligt. Nach dem Geschäftsführervertrag vom 1. Januar 1983 führt der Geschäftsführer die Geschäfte der Klägerin und hat die verantwortliche Leitung des gesamten Geschäftsbetriebes. Er ist allein geschäftsführungs- und vertretungsbefugt und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit. Der Vertrag enthält im übrigen die Regelung fester Monatsbezüge, einer Weihnachtsgratifikation und eines Urlaubsgeldes, die Stellung eines Dienstfahrzeuges, die Beitragsübernahme für eine betriebliche Altersversorgung sowie die Gewährung von Spesen und von Jahresurlaub. P, der als gelernter Holzkaufmann über die entsprechenden Branchenkenntnisse verfügt, kann seine Tätigkeit in allen Belangen, die ein Beschäftigungsverhältnis ausmachen, frei gestalten und hat hiervon auch Gebrauch gemacht. Demgegenüber hält sich dessen Ehefrau und Mitgesellschafterin, die keine Branchenkenntnisse hat und vollberuflich anderweitig beschäftigt ist, gänzlich aus den Geschäften der Klägerin heraus, überläßt ihrem Ehemann die vollkommen selbständige Führung der Geschäfte und hat ihre Gesellschafterposition bisher in keiner Weise wahrgenommen. Eine Gesellschafterversammlung hat niemals stattgefunden.
Die Beklagte setzte unter Zugrundelegung eines entsprechenden Lohnnachweises mit Bescheid vom 15. April 1994, berichtigt durch den Bescheid vom 2. Mai 1994, die Beiträge der Klägerin für das Jahr 1993 unter Einbeziehung der Bezüge des P fest. Nachdem die Einzugsstelle anläßlich einer Überprüfung festgestellt hatte, daß P als nicht abhängig beschäftigt in der Kranken- und Rentenversicherung versicherungsfrei und in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei sei, beantragte die Klägerin bei der Beklagten die entsprechende Berichtigung des Beitragsbescheides. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 16. Mai 1995 und 7. Juni 1995 sowie mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 1996 ab. Der Beitragsbescheid vom 2. Mai 1994 könne nicht nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen werden, weil er nicht rechtswidrig sei.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Beklagte mit Bescheiden vom 4. November 1996 berichtigte Beitragsbescheide unter Einbeziehung der Geschäftsführervergütung für die Jahre 1991, 1992, 1994 und 1995 erlassen. Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide vom 16. Mai 1995 und vom 7. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 1996 sowie die Bescheide vom 4. November 1996 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Bescheide vom 15. April 1994 und vom 2. Mai 1994 zurückzunehmen, soweit für P Beiträge für die Jahre 1991 bis 1995 gefordert worden seien, und die diesbezüglichen Beiträge für das Jahr 1993 zu erstatten (Urteil vom 29. Januar 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 28. Oktober 1998). Die Beitragsbescheide seien rechtswidrig, soweit die Vergütung des P der Bemessung der Beiträge zugrunde gelegt worden sei. Nach Abwägung aller Umstände stehe dieser nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin. Er verfüge als deren Mitgesellschafter zwar nicht über eine Sperrminorität. Die freie und von keinem Dritten beeinflußte Gestaltung seiner Geschäftsführertätigkeit sowie der Umstand, daß neben ihm an der Klägerin nur seine Ehefrau beteiligt sei und diese ihm die vollkommen selbständige Führung der Geschäfte überlassen habe, sprächen gegen eine abhängige Beschäftigung. Gegenüber dieser tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse enthalte der Geschäftsführervertrag - mit Ausnahme der Freistellung vom Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB - zwar weitestgehend für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechende Regelungen. Die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse habe jedoch hier Vorrang vor dem rechtlich anders geregelten, aber nicht praktizierten Vertragsverhältnis. Auch dürfe der in § 7 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) enthaltene Begriff der Beschäftigung in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht anders ausgelegt werden als im Recht der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, zumal der Versicherungsschutz in jenen Zweigen der Sozialversicherung als existentiell bedeutsamer einzuschätzen und eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit solcher dort nicht versicherungs- und beitragspflichtiger Gesellschafter-Geschäftsführer in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ersichtlich sei. Auch seien die mit der nachträglichen Feststellung einer abhängigen Beschäftigung verbundenen unfallversicherungsrechtlichen Abgrenzungsprobleme nicht ungewöhnlich; sie beträfen alle Zweige der Sozialversicherung gleichermaßen. Im übrigen berufe sich die Beklagte zu Unrecht auf ein rechtsmißbräuchliches Verhalten des P und auf das Bestehen einer Formalversicherung. Die sich aus § 26 Abs 2 SGB IV ergebende Erstattungspflicht der Beklagten sei nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil in den betreffenden Jahren Versicherungsschutz bestanden habe; denn das in Wahrheit rechtlich nicht abgesicherte Risiko habe zu keinen Leistungen der Beklagten geführt.
Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 539 Abs 1 Nr 1 und des § 725 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) sowie des § 2 Abs 4 SGB IV. Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gehörten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur dann nicht zum Kreis der kraft Gesetzes versicherten Personen, wenn sie zumindest über so viele Geschäftsanteile verfügten, daß ohne ihre Zustimmung Beschlüsse der Gesellschaft nicht getroffen werden könnten. Im Umkehrschluß dazu ergebe sich, daß jeder Geschäftsführer einer GmbH, der nicht wenigstens diese Voraussetzungen erfülle, nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO pflichtversichert sei. Damit werde den Besonderheiten der gesetzlichen Unfallversicherung Rechnung getragen; denn anders als in den übrigen Zweigen der Sozialversicherung trage der Unternehmer allein die Beiträge und sei bis zum Eintritt eines Unfallereignisses auch der alleinige Kommunikationspartner des Unfallversicherungsträgers. Würde dieser wie die Krankenkassen verfahren, bestünde bei einem schweren Unfall eines Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers die Gefahr, daß er von dessen faktisch beherrschender Stellung nichts erfahre und deshalb Unfallversicherungsschutz gewähre, während im Falle der Beitragsgewährung ohne Arbeitsunfall gegebenenfalls Besonderheiten vorgeschoben würden, aus denen sich dann die fehlende Beitragspflicht für den Geschäftsführer ergeben solle. Ferner habe das LSG bei der Anwendung des § 7 SGB IV nicht hinreichend den § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV berücksichtigt, wonach in allen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigte Personen versichert seien. Unberücksichtigt geblieben sei ferner § 2 Abs 4 SGB IV, wonach die Versicherung weiterer Personengruppen in einzelnen Versicherungszweigen sich aus den für sie geltenden Vorschriften ergebe; § 539 Abs 1 Nr 1 RVO sei demnach unter § 2 Abs 4 SGB IV zu subsumieren, da keine Entgelthöhe gefordert sei. Demnach "umschreibe" § 7 Abs 1 SGB IV nur eines der Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs 2 Nr 1 bzw des Abs 4 SGB IV im Wege der Rechtsfigur des Typus. Jedenfalls werde durch § 7 Abs 1 SGB IV nicht die Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige verdrängt. Auch sei P nach Maßgabe der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA) und des BSG wie ein abhängig Beschäftigter zu behandeln. Hierfür spreche insbesondere der Geschäftsführervertrag. Demgegenüber seien seine Branchenkenntnisse auch bei typischen Angestellten zu finden. Auch lasse sich aus den eherechtlichen Beziehungen zur Mitgesellschafterin nicht entnehmen, daß P keinem Weisungsrecht ausgesetzt sei. Schließlich habe das LSG zur Frage der Formalversicherung des P keine Feststellungen getroffen, sondern sich auf abstrakte rechtliche Ausführungen beschränkt. Insbesondere sei es nicht auf ihre ausführlichen Ausführungen hierzu in der Berufungsbegründung eingegangen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Oktober 1998 und das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Januar 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, mußte die Beklagte bei der Beitragserhebung den Geschäftsführer der Klägerin unberücksichtigt lassen.
Das LSG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß neben dem Beitragsbescheid für das Jahr 1993 vom 15. April 1994, berichtigt durch den Bescheid vom 2. Mai 1994, auch die Beitragsbescheide für die Jahre 1991, 1992, 1994 und 1995 vom 4. November 1996 Gegenstand des Verfahrens geworden sind. Im Beitragsrecht werden während des Verfahrens vor dem SG und dem LSG im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses ergangene Folgebescheide, die Regelungen jeweils für einen weiteren Zeitraum treffen, in entsprechender Anwendung von § 96 SGG iVm § 153 Abs 1 SGG Gegenstand des beim LSG anhängigen Streitverfahrens, wenn - wie hier - gegen die Folgebescheide die gleichen Einwände wie gegen den Erstbescheid erhoben werden, der Kläger sich auch gegen die Folgebescheide wendet und die Beklagte nicht widerspricht. Dem steht das Urteil des 6. Senats des BSG vom 20. März 1996 (BSGE 78, 98 = SozR 3-2500 § 87 Nr 12) nicht entgegen, weil bei Honorarkürzungsbescheiden für verschiedene Quartale im Vertragsarztrecht andere Verhältnisse vorliegen (BSGE 79, 133, 134 mwN = SozR 3-2500 § 240 Nr 27). Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der in der gesetzlichen Unfallversicherung für die einzelnen Geschäftsjahre ergangenen Beitragsbescheide (BSGE 18, 93, 94 = SozR Nr 16 zu § 96 SGG mwN; Urteil des Senats vom 28. September 1999 - B 2 U 40/98 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Zutreffend hat das LSG auch entschieden, daß sich der Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 1996 auf die Bescheide vom 16. Mai 1995 und 7. Juni 1995 bezog und damit das nach § 78 Abs 1 SGG für die Anfechtungsklage vorgeschriebene Vorverfahren stattgefunden hat.
Die beitragsrechtlichen Entscheidungen der Beklagten für die Jahre 1991 bis 1995 richten sich noch nach den Vorschriften der RVO. Am 1. Januar 1997 ist zwar das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in Kraft getreten (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes). Gemäß § 219 Abs 1 Satz 2 SGB VII sind aber die Vorschriften der RVO über die Aufbringung der Mittel für die vor 1997 liegenden Haushaltsjahre weiter anzuwenden.
Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei dessen Erlaß das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb ua Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Mit ihrem Beitragsbescheid vom 15. April 1994, berichtigt durch den Bescheid vom 2. Mai 1994, hat die Beklagte die Beiträge für das Jahr 1993 unter unrichtiger Anwendung des Rechts erhoben. Diese Bescheide sind daher zurückzunehmen, soweit der Beitragsberechnung das Entgelt für den Geschäftsführer der Klägerin P zugrunde gelegt worden ist. In diesem Umfang waren auch die noch nicht unanfechtbar gewordenen Beitragsbescheide für die Jahre 1991, 1992, 1994 und 1995 vom 4. November 1996 rechtswidrig und daher aufzuheben.
Grundlage für die Beitragserhebung in der gesetzlichen Unfallversicherung ist der Gesamtnachweis der Versicherten, die im abgelaufenen Geschäftsjahr von dem Unternehmen beschäftigt worden sind, und des anrechnungsfähigen Entgelts, das sie verdient haben (§ 745 Abs 1 RVO). Der Geschäftsführer-Gesellschafter P gehörte in den hier fraglichen Jahren nicht zum Kreis der kraft Gesetzes Versicherten, insbesondere war er nicht aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses (§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO) bei der Klägerin beschäftigt.
Beschäftigung ist nach der Legaldefinition des § 7 Abs 1 SGB IV, der für sämtliche Bereiche der Sozialversicherung gilt, die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Danach ist Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 mwN). Die persönliche Abhängigkeit stellt das wesentliche, das charakteristische Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses dar (Krasney in Schrammel, Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung, 1985, S 4). Persönliche Abhängigkeit bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozeß verfeinert" sein (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 mwN). Es darf aber nicht vollständig entfallen. Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit ist demgegenüber das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über Arbeitsort und Arbeitszeit zu verfügen (vgl BSG Urteil vom 27. Juli 1989 - 11/7 RAr 71/87 - HV-Info 1989, 2678 mwN). In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht, die allerdings zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend davon abweichen (vgl BSG aaO). Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch die Beantwortung der Frage, ob die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH, dessen Organstellung allein eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft bzw den Gesellschaftern nicht ausschließt (BSGE 13, 196, 200 = SozR Nr 5 zu § 1 AVG aF; BSG Urteil vom 27. Juli 1989 - 11/7 RAr 71/87 - HV-Info 1989, 2678; BSG Urteil vom 29. Oktober 1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145), eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit darstellt. Ob eine Tätigkeit außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird, richtet sich danach, ob nach dem Gesamtbild eine persönliche Abhängigkeit von der Gesellschaft besteht (vgl Krasney, aaO, S 10). Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter der GmbH, hängt die Entscheidung, ob ein abhängiges, die Versicherungspflicht auslösendes Arbeitsverhältnis vorliegt, davon ab, ob er einen bestimmenden Einfluß auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausübt (vgl BSGE 13, 196, 200 = SozR aaO; BSGE 38, 53, 57 = SozR 4600 § 56 Nr 1; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; BSG Urteil vom 25. Oktober 1989 - 2 RU 12/89 - HV-Info 1990, 112; BSG Urteil vom 27. Juli 1989 - 11/7 RAr 71/87 - HV-Info 1989, 2678; BSG, Urteil vom 14. Dezember 1995 - 2 RU 41/94 - SGb 1996, 487; BSG Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 35/98 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; Krasney, aaO; Schlegel in Schulin, HS-UV § 14 RdNrn 38 f; Brackmann/Wiester, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 2 RdNr 100). Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liegt dann nicht vor, wenn der Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt ist und er allein oder jedenfalls mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann.
Schon vom RVA ist die Frage eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses danach beurteilt worden, ob der Geschäftsführer als Gesellschafter einen maßgeblichen Einfluß auf die Gesellschaft hat (RVA AN 1931, 201 und AN 1938, 384), wobei die Größe des Einflusses nach der Höhe des Geschäftsanteils des Gesellschafters bestimmt wurde. Bei einer Beteiligung von weniger als der Hälfte am Stammkapital wurde regelmäßig ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis angenommen (s Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 470o I). Soweit aus der entsprechenden Beteiligung am Stammkapital und dem hierdurch begründeten, beherrschenden Einfluß auf eine selbständige Tätigkeit des Geschäftsführers geschlossen wurde, ist die Rechtsprechung des BSG dem beigetreten (vgl BSGE 17, 15, 20 = SozR Nr 27 zu § 537 RVO aF). So wurde ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis iS des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO bei einem zur Hälfte am Stammkapital einer GmbH beteiligten Geschäftsführer verneint, weil er zumindest jederzeit verhindern kann, daß überhaupt ein Beschluß gefaßt wird (BSGE 23, 83, 84/85 = SozR Nr 41 zu § 537 RVO aF). In diesem Fall unterliegt der Geschäftsführer keinem eine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der Gesellschafter. Dies bedeutet, daß die Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, davon abhängt, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluß auf die Entscheidungen der Gesellschaft, daß er jeden ihm nicht genehmen Beschluß verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (vgl Brackmann, aaO, S 470q mwN aus Rechtsprechung und Schrifttum). Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt (BSGE 23, 83, 84 = SozR aaO; BSGE 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr 1; BSG SozR Nr 30 zu § 539 RVO), und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überläßt (BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn 5 und 8; BSGE 66, 69, 71 = SozR 4100 § 104 Nr 19). Unter Umständen genügt auch schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich ua darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen gerade hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit zu verhindern (vgl BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8; SozR 3-4100 § 168 Nr 8).
Der Umkehrschluß, daß mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings von der Rechtsprechung des BSG nicht gebilligt worden (BSGE 13, 196, 200 = SozR aaO; Brackmann/Wiester, aaO). In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach allgemeinen Grundsätzen wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter über keine Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung weiter dann ausgeschlossen sein, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluß auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Dies kann zB der Fall sein, wenn er auch als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (Schlegel in Schulin, aaO, RdNr 40).
Zwar wird bei einem Geschäftsführer, der am Kapital der Gesellschaft nicht beteiligt ist, in der Regel ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegen (vgl BSG SozR Nr 22 zu § 3 AVG; BSG Urteil vom 24. Juni 1982 - 12 RK 45/80 - USK 82160). Indessen gilt auch für den Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung, daß Abhängigkeit nur bejaht werden kann, wenn das die abhängige Beschäftigung prägende Merkmal der Unterordnung unter das Weisungsrecht eines Arbeitgebers in bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung gegeben ist, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes erfolgt (BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; BSG Urteil vom 29. Oktober 1986 - 7 RAr 43/85 - Beiträge 1987, 17 = USK 86145). Insbesondere kommt bei einem Geschäftsführer einer Familiengesellschaft, sofern dieser mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine selbständige Tätigkeit in Betracht. Die in einer derartigen Familiengesellschaft vorliegende Verbundenheit zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer kann zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung füreinander schaffen und einen Einklang der Interessen bewirken. Im Einzelfall können die familiären Beziehungen dazu führen, daß die Geschäftsführertätigkeit überwiegend durch familienhafte Rücksichtnahmen geprägt wird und es an der Ausübung einer Direktion durch die Gesellschafter völlig mangelt (BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170).
Der Senat sieht auch im vorliegenden Rechtsstreit keinen Anlaß, von der vorgenannten Rechtsprechung in dem Sinne abzuweichen, daß die Merkmale für die Beschäftigung in § 7 SGB IV in der gesetzlichen Unfallversicherung anders als in den übrigen Zweigen der Sozialversicherung so auszulegen wären, daß jeder Gesellschafter-Geschäftsführer, dem nicht mindestens die Sperrminorität an Geschäftsanteilen zusteht, ein abhängig Beschäftigter ist. Eine derartige Auslegung läßt sich insbesondere weder aus § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV noch aus § 2 Abs 4 SGB IV ableiten. § 539 Abs 1 Nr 1 RVO setzt in Übereinstimmung mit § 2 Abs 1 Nr 1 SGB IV für den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung eine Beschäftigung voraus, die im Regelfall gegen Entgelt geleistet wird; denn gemäß § 7 Abs 1 SGB IV ist unter Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis gemeint, und auch § 539 Abs 1 Nr 1 RVO setzt die Beschäftigung aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses voraus, Vertragsverhältnisse also, in denen im Regelfall Arbeitsentgelt gezahlt wird. Damit scheidet eine Anwendung des § 2 Abs 4 SGB IV auf den von § 539 Abs 1 Nr 1 RVO erfaßten Personenkreis aus. Auch aus dem in § 2 Abs 2 SGB IV enthaltenen Merkmal "nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige" kann nicht geschlossen werden, daß die Beschäftigteneigenschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung anders auszulegen wäre als in den übrigen Zweigen der Sozialversicherung. Denn besondere Vorschriften iS des § 2 Abs 2 SGB IV können nur gesetzliche Vorschriften sein (vgl § 31 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung sind aber keine Gesetzesvorschriften vorhanden, die eine von § 7 SGB IV abweichende Auslegung des Beschäftigtenbegriffs vorsehen oder zulassen. Selbst wenn in diesem Zweig der Sozialversicherung die Schwierigkeiten bei der Feststellung der Versicherungspflicht des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH größer sein sollten als in den übrigen Zweigen und die damit zusammenhängenden Mißbräuche dort häufiger vorkämen, ist kein Raum für die von der Beklagten vertretene Auffassung. Hinzu kommt, daß solchen Problemen der mit dem SGB IV bezweckte, hoch einzuschätzende Vorteil einer Verwendung gleicher Begriffe und deren einheitlicher Auslegung in der gesamten Sozialversicherung gegenübersteht, der insbesondere den Arbeitgebern zugute kommt. So hat der Gesetzgeber des SGB IV insbesondere den Begriff der "Beschäftigung" als für alle Sozialversicherungszweige gleichbedeutend angesehen und für sie eine gemeinsame Regelung "vor die Klammer gezogen" (vgl Begründung Allgemeiner Teil Abschnitt II des Entwurfs eines SGB IV, BT-Drucks 7/4122 S 29). Diese der Modernisierung und Vereinheitlichung des Sozialrechts dienende Regelung des § 7 SGB IV sollte nicht durch unterschiedliche Auslegung je nach Versicherungszweig in ihrer Zweckbestimmung in Frage gestellt werden.
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hat das LSG zu Recht entschieden, daß der Geschäftsführer P nicht abhängig beschäftigt ist. Seinen Feststellungen ist zu entnehmen, daß P sich nach dem Gesamtbild wie ein Alleininhaber einer Firma verhielt. Nur er war in Angelegenheiten der Klägerin tätig, nur er hatte das erforderliche Fachwissen. Seine Ehefrau nahm ihre nach dem Gesellschaftsvertrag sowie nach den §§ 46 bis 51 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) zustehenden Rechte in keiner Weise wahr, insbesondere fanden keine Gesellschafterversammlungen statt (§ 49 GmbHG). Weiterhin spricht für die Selbständigkeit des P der Umstand, daß er in der fraglichen Zeit Gesellschafter und Geschäftsführer einer Familiengesellschaft war, bei der die Geschäftsführertätigkeit weitgehend durch familienhafte Rücksichtnahmen geprägt wurde. Unter diesen Umständen könnte eine abhängige Beschäftigung des P allenfalls dann angenommen werden, wenn eine Interessenlage denkbar wäre, bei der die wirtschaftlichen Interessen des P und seiner Ehefrau auseinandergehen (vgl BSG Urteil vom 28. Januar 1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201). Nach den Feststellungen des LSG sind jedoch für eine solche Annahme keine Anhaltspunkte ersichtlich. Demgegenüber sprechen die im Gesellschaftervertrag getroffenen Vereinbarungen (feste Monatsbezüge, Spesen, Weihnachtsgratifikation, Jahresurlaub, Urlaubsgeld, Stellung eines Dienstfahrzeuges, betriebliche Altersversorgung) - wie das LSG zu Recht ausgeführt hat - mit Ausnahme der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist (vgl KassKomm-Seewald, § 7 SGB IV RdNr 93 mwN) - eher für eine abhängige Beschäftigung.
Wenn eine Tätigkeit - wie hier - Merkmale aufweist, die sowohl auf Abhängigkeit als auch Unabhängigkeit hinweisen, ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen. Dabei sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 0- NJW 1994, 2974, 2975 = USK 9448; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13). Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild der Geschäftsführer aufgrund des Gesellschaftsvertrages sowie aufgrund des Geschäftsführer-Vertrages von der Gesellschaft persönlich abhängig ist oder nicht (BSG Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 35/98 R - mwN). Wie das LSG zu Recht entschieden hat, stand P nach diesem Gesamtbild nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu der Klägerin, weil die hiergegen sprechenden Argumente die dafür sprechenden deutlich überwiegen. Wenn nach der genannten Rechtsprechung des BSG bei einer Familiengesellschaft die Tätigkeit eines mit den Gesellschaftern durch Familienbande verbundenen Geschäftsführers, der selbst nicht Gesellschafter ist, bei entsprechendem Verhalten des Geschäftsführers als selbständig angesehen werden kann (BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170), muß dies erst recht für den Kläger gelten, der einen knapp unter der Hälfte der Geschäftsanteile liegenden Anteil besitzt. Da P mithin wie ein Selbständiger tätig geworden ist, war er weder nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO noch nach § 539 Abs 2 RVO versichert.
Eine Pflicht der Klägerin, unter dem Gesichtspunkt einer in den Jahren von 1991 bis 1995 etwa bestehenden sogenannten Formalversicherung für P Beiträge zu entrichten, besteht ebenfalls nicht. Dieses Rechtsinstitut der Formalversicherung beruht nach der auf die Entscheidungen des RVA zurückgehenden (s BSG SozR 2200 § 776 Nr 8 mwN) Rechtsprechung des BSG im wesentlichen auf dem Vertrauensschutz desjenigen, der wegen der Aufnahme in das Unternehmerverzeichnis als Mitglied und zugleich als Versicherter unbeanstandet Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung entrichtet hat (s BSG SozR 2200 § 539 Nr 126 mwN). Sie erstreckt sich auch auf Fälle, in denen unter bestimmten Voraussetzungen einzelne nicht versicherungspflichtige Personen in den Lohnnachweis aufgenommen und bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt worden sind (BSGE 34, 230, 233 = SozR Nr 1 zu § 664 RVO mwN). Im vorliegenden Fall ist bereits zweifelhaft, ob die Berücksichtigung des P in den Beitragsbescheiden der Beklagten überhaupt zu einer solchen Formalversicherung hätte führen können (vgl BSG SozR Nr 43 zu § 539 RVO). Aber selbst wenn man dieses unterstellt, ist für P kein Beitragsanspruch der Beklagten entstanden. Der Senat hat entschieden, daß bei bestehender Formalmitgliedschaft zwar diesem Mitglied, nicht aber dem Unfallversicherungsträger als dem anderen Subjekt und Partner des formal-rechtlichen Mitgliedschafts- und Versicherungsverhältnisses ein eigener Vertrauensschutz zusteht (BSG Urteil vom 28. Juni 1991 - 2 RU 65/90 - HVBG-Info 1991, 1839; BSG Urteil vom 5. Juli 1994 - 2 RU 33/93 - HVBG-Info 1994, 2174; BSGE 83, 270, 278 = SozR 3-2400 § 26 Nr 11). Dies gilt auch für den hier vorliegenden Fall, daß es sich zwar um eine auch materiell-rechtlich begründete Mitgliedschaft handelt, jedoch ein Nichtversicherungspflichtiger unzutreffenderweise als Versicherungspflichtiger mit der Folge eines höheren Beitrags bei dem Unfallversicherungsträger geführt wurde. Daraus folgt, daß jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - noch kein Versicherungs- und Leistungsfall eingetreten ist, das Mitglied auf den Vertrauensschutz für den nur formal Versicherten verzichten, damit dem formalen Rechtsverhältnis die sachliche Rechtfertigung entziehen und seine rückwirkende Aufhebung verlangen kann (vgl BSG Urteil vom 5. Juli 1994 - 2 RU 33/93 - aaO). Das stimmt mit der Regelung des § 44 Abs 1 SGB X überein, dessen tatbestandsmäßige Voraussetzungen hier voll erfüllt sind; dies gilt insbesondere für diejenige Voraussetzung, daß wegen der zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führenden Unrichtigkeit Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Aufgrund dieser Rechtsprechung zur Formalversicherung (s auch BSG SozR 2200 § 776 Nr 8) bedurfte es auch keiner weiteren Ermittlungen durch das LSG.
Soweit die Klägerin unter Berücksichtigung des P Beiträge an die Beklagte entrichtet hat, sind diese nach § 26 Abs 2 SGB IV an sie zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BB 2000, 674 |
DStR 2001, 39 |
DStZ 2000, 311 |
NWB 2000, 1368 |
ZAP 2000, 579 |
GmbHR 2000, 618 |