Leitsatz (amtlich)
1. Die Berufung ist nicht zulässig, wenn der Übergang eines Anspruchs auf (vorzeitiges) Altersgeld für zurückliegende Zeit streitig ist (SGG § 145 Nr 2 iVm GAL § 30 S 2).
2. Hat das Sozialgericht die Berufung rechtsirrig als zulässig angesehen und in der Urteilsformel nur die Revision zugelassen, so liegt darin auch die Zulassung der Berufung (Anschluß an BSG 1977-07-28 2 RU 5/77 = BSGE 44, 203, BSG 1977-11-30 4 RJ 23/77 = BSGE 45, 183, BSG 1978-10-10 3 RK 23/78 = SozR 1500 § 150 Nr 13 und BSG 1978-12-06 9 RV 16/78 = SozR 1500 § 150 Nr 15).
3. Die Regelungen über das Ende des Krankengeldes und über einen Forderungsübergang bei weitergezahltem Krankengeld, die nach RVO § 183 Abs 3 und 4 beim Zusammentreffen von Krankengeld mit einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder einem Altersruhegeld und nach KVLG § 20 Abs 3 beim Zusammentreffen von Krankengeld aus der landwirtschaftlichen Krankenversicherung mit solchen Renten oder mit Altersgeld, vorzeitigem Altersgeld oder Landabgaberente aus der landwirtschaftlichen Altershilfe gelten, sind beim Zusammentreffen von Krankengeld aus der Krankenversicherung der RVO mit Altersgeld, vorzeitigem Altersgeld oder Landabgaberente entsprechend anzuwenden.
Normenkette
GAL § 30 S. 2 Fassung: 1965-09-14; SGG § 145 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03, § 149 Fassung: 1953-09-03, § 150 Fassung: 1953-09-03; RVO § 183 Abs. 3 Fassung: 1961-07-12, Abs. 4 Fassung: 1961-07-12; KVLG § 20 Abs. 3 S. 2 Fassung: 1974-08-07
Verfahrensgang
SG Bayreuth (Entscheidung vom 25.01.1979; Aktenzeichen S 2 Lw 7/78) |
Gründe
I.
Streitig ist ein Anspruchsübergang.
Die Klägerin (AOK) zahlte dem Beigeladenen wegen einer seit dem 5. Oktober 1977 angenommenen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld für die Zeit vom 7. Oktober 1977 bis zum 2. März 1978. Mit Schreiben vom 25. Oktober 1977 machte sie gegenüber der Beklagten (Landwirtschaftliche Alterskasse) einen "Ersatzanspruch" nach § 183 Abs 3 bzw 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) geltend, da der Beigeladene dort Altersgeld nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) beantragt hatte. Im Februar 1978 erhob sie Klage mit dem Antrag, die Beklagte zur Anerkennung des Ersatzanspruchs zu verurteilen. Während des Klageverfahrens billigte diese dem Beigeladenen vorzeitiges Altersgeld für die Zeit ab dem 1. Oktober 1977 zu, behielt jedoch einen Teil der Nachzahlung (1177,20 DM) wegen der vorliegenden Klage ein (Bescheid vom 30. Mai 1978). Nachdem die Klägerin darauf erklärt hatte, der Ersatzanspruch "betreffe die Zeit vom 18. November 1977 bis 2. März 1978 (§ 183 Abs 4 RVO)", verurteilte das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 25. Januar 1979 die Beklagte, "den am 25. Oktober 1977 geltend gemachten Ersatzanspruch ... anzuerkennen".
Es hielt die Klage nach § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für zulässig. In der Sache habe das SG nicht der Meinung folgen können, daß Leistungen nach dem GAL, weil der Wortlaut des § 183 Abs 3 und 4 RVO sie nicht erfasse, auf nichtlandwirtschaftliche Krankenkassen nicht übergehen könnten. § 20 Abs 3 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) mit der dort vorgeschriebenen entsprechenden Anwendung des § 183 RVO (Abs 3 bis 8) spreche vielmehr für das Gegenteil. Nach § 20 Abs 3 KVLG hätten die landwirtschaftlichen Krankenkassen einen Ersatzanspruch gegen den Rentenversicherungsträger, wenn dieser (ua) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewähre. Das gleiche müsse hier für die klagende AOK gegenüber der beklagten LAK gelten, da auch diese ein Träger der Rentenversicherung sei und das von ihr gewährte vorzeitige Altersgeld nach § 2 Abs 2 GAL Erwerbsunfähigkeit iS des § 1247 RVO voraussetze. § 183 Abs 3 RVO solle Doppelleistungen aus der Sozialversicherung verhindern; dies müsse auch gelten, wenn Leistungen der Krankenkassen mit Rentenleistungen aus der Altershilfe für Landwirte zusammentreffen.
Das SG hielt die Berufung nach § 149 SGG für zulässig, weil der Beschwerdewert 1.000,- DM übersteige. Es hat in seiner Urteilsformel die Sprungrevision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Mit der von der Beklagten eingelegten Sprungrevision beantragt diese,
das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie rügt unrichtige Anwendung der §§ 20 KVLG, 183 RVO. Das KVLG - und somit auch dessen § 20 Abs 3 - gelte nicht für die Klägerin; für sie sei § 183 RVO maßgebend, der keine Bestimmungen für Leistungen nach dem GAL enthalte. Es liege auch keine Gesetzeslücke vor, da sich diese Leistungen von den in § 183 RVO genannten Leistungen der Rentenversicherung in Charakter und Wirkungen unterschieden.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
In der Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, die Klage sei auf den Zeitraum vom 18. November 1977 bis zum 2. März 1978 und der Höhe nach auf 1.166,20 DM beschränkt. Die Beklagte hat die Höhe der Streitsumme als richtig bestätigt.
II.
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
1. Bei der Prüfung der Zulässigkeit ist zunächst klarzustellen, daß die Klage schon in der Verhandlung vor dem SG trotz der damals beibehaltenen Fassung des Klageantrages (§ 123 SGG) nicht mehr auf "Anerkennung" eines "Ersatzanspruchs", sondern auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Streitsumme an die Klägerin gerichtet war (Zahlungsklage nach § 54 Abs 5 SGG; vgl Urteile des 3. Senats des BSG vom 10. Juli 1979, 3 RK 3/79 und 87/77). Insoweit bestand von vornherein auch kein Zweifel daran, daß die Klägerin den Zahlungsanspruch aus einem angenommenen Anspruchsübergang herleitet; nach ihrer Meinung ist für den Zeitraum vom 18. November 1977 bis 2. März 1978 der Anspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte auf vorzeitiges Altersgeld auf die Klägerin übergegangen.
Hieraus ergibt sich aber, daß das SG die Berufung zu Unrecht nach § 143 SGG für zulässig erachtet hat, weil die Streitsumme den Grenzwert des § 149 SGG für Ersatzstreitigkeiten überschreite. § 149 SGG ist auf einen Streit um einen Anspruchsübergang nicht anwendbar (vgl BSG in SozR Nr 19 zu § 146 SGG und in BKK 1969, 88 sowie Urteil vom 5. März 1968 - 3 RK 15/68 -). Anzuwenden ist vielmehr § 145 Nr 2 SGG. Der vorliegende "Übergangsstreit" betrifft "Angelegenheiten des GAL". Nach § 30 Satz 2 GAL gelten für Streitigkeiten in solchen Angelegenheiten die Sondervorschriften des SGG für die Unfallversicherung. Für diese schließt § 145 Nr 2 SGG die Berufung (ua) bei einem Streit um Rente für einen vergangenen Zeitraum aus. In Verbindung mit der besonderen Verweisungsvorschrift des § 30 Satz 2 GAL bedeutet dies den Ausschluß der Berufung auch bei einem Streit um vorzeitiges Altersgeld für einen vergangenen Zeitraum. Infolgedessen war die Berufung hier nicht nach § 143 SGG zulässig.
Damit ist der Senat erneut vor die Frage gestellt, ob er die Zulassung der Revision im Urteil des SG als wirksam anzusehen hat, wenn die Berufung nicht nach § 143 SGG zulässig und auch nicht vom SG nach § 150 Nr 1 SGG zugelassen war. Hierzu hatte der Senat im Urteil vom 29. Juni 1977 (SozR 1500 § 161 Nr 15) entschieden, das SG dürfe die Revision zwar nur zulassen, wenn die Berufung an sich oder kraft Zulassung statthaft ist; eine gleichwohl ohne diese Voraussetzung erfolgte Zulassung der Revision sei jedoch für das Revisionsgericht bindend. Die spätere Rechtsprechung des BSG ist aus anderen Gründen zum gleichen Ergebnis der wirksamen Revisionszulassung gekommen. Nach ihr liegt in der Zulassung der Revision im Urteil des SG zugleich die Zulassung der Berufung, wenn diese nach den §§ 144 bis 149 SGG ausgeschlossen ist (so der 2. Senat in BSGE 44, 203, 204, ihm folgend der 4. Senat in BSGE 45, 183, 184, der 3. Senat in SozR 1500 § 150 Nr 13 und der 9. Senat in SozR 1500 § 150 Nr 15). Zur Begründung wird angeführt, das SG müsse, wenn es die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision bejahe, in diesem Falle auch die Berufung zulassen (so auch der Senat im Urteil vom 29. Juni 1977); den Beteiligten sei die Wahl zwischen Berufung und Revision offenzuhalten; der Rechtsmittelgegner dürfe es nicht in der Hand haben, das Urteil des SG jeglicher Nachprüfung zu entziehen, indem er die Zustimmung zur Einlegung der Revision verweigere.
Gegen diese Rechtsprechung sind zwar Einwände möglich. Sie unterstellt eine Zulassung - Zulassung der Berufung - durch das SG; damit entfernt sie sich von der früheren ständigen Rechtsprechung, daß die Zulassung eines Rechtsmittels als gerichtliche Entscheidung (konstitutiver Akt) einen eindeutigen Ausspruch fordert, in dem der Wille des Gerichts zur Zulassung des Rechtsmittels klar zum Ausdruck kommt (BSGE 2, 67, 69; 121, 125 f; 4, 261; 10, 269, 270). Gleichwohl erscheint das Bestreben vordringlicher, den Beteiligten die Wahlmöglichkeit zwischen der Berufung und der Revision zu erhalten. Von diesem Gedanken hatte sich der erkennende Senat auch im Urteil vom 29. Juni 1977 leiten lassen; die seitherige Rechtsprechung trägt dem jedoch konsequenter Rechnung. Der Senat schließt sich daher, auch im Interesse einer möglichst einheitlichen Rechtsprechung des BSG, der Rechtsprechung des 2., 3., 4. und 9. Senates an. Er geht weiterhin davon aus, daß das SG die Revision nur bei Statthaftigkeit der Berufung zulassen darf; wenn aber in der Zulassung der Revision zugleich eine Zulassung der Berufung liegt, dann ist die Berufung statthaft.
Hierbei übersieht der Senat nicht die noch offenen Fragen, ob nicht auch umgekehrt in der Zulassung einer Berufung aus Gründen, die ebenfalls zur Zulassung der Revision hätten führen müssen, die gleichzeitige Zulassung der Revision liegen könnte, und vor allem, was gelten soll, wenn das SG die Berufung irrtümlich für zulässig gehalten hat, im Urteil weder also die Berufung noch die Revision zugelassen hat und nun nachträglich die Zulassung der Revision durch besonderen Beschluß begehrt (und vom SG beschlossen) wird. Nach der Meinung des Senats müssen die Antworten auf diese Fragen jedoch die Rechtsprechung zum hier gegebenen Falle der Revisionszulassung im Urteil des SG nicht berühren.
Der Senat hat daher die Revision im vorliegenden Falle als zulässig erachtet.
2. In der Sache hat das SG im Ergebnis zu Recht die Klage für begründet gehalten.
Der von der Klägerin angenommene Forderungsübergang läßt sich allerdings entgegen ihrer Ansicht nicht schon dem § 183 Abs 3 und 4 RVO unmittelbar entnehmen. Das Gesetz trifft dort zunächst Bestimmungen über das Ende des Krankengeldes; nach Abs 3 Satz 1 endet es mit dem Tage, von dem an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld von einem Träger der Rentenversicherung zugebilligt wird; nach Abs 4 besteht Anspruch auf Krankengeld für höchstens sechs Wochen vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit an, wenn erst während des Bezuges von Erwerbsunfähigkeitsrente oder Altersruhegeld Krankengeld gewährt wird. Sofern über diese Zeitpunkte hinaus Krankengeld gezahlt ist, ordnet das Gesetz außerdem einen Forderungsübergang an; gemäß Abs 3 Satz 2 geht der Anspruch auf Rente bis zur Höhe des gezahlten Krankengeldes auf die Kasse über; nach der Rechtsprechung (BSG SozR Nr 13 zu § 183 RVO) gilt diese Regelung (Forderungsübergang) auch bei Weiterzahlung des Krankengeldes über das in Abs 4 festgesetzte Ende hinaus.
Die genannten Anordnungen setzen, was Abs 3 Satz 1 als Ausgangssatz verdeutlicht, voraus, daß "Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld von einem Träger der Rentenversicherung" zugebilligt bzw gewährt wird. Dieser Tatbestand ist nicht erfüllt, wenn eine landwirtschaftliche Alterskasse vorzeitiges Altersgeld, Altersgeld oder Landabgaberente nach dem GAL gewährt. Derartige Leistungen sind in ihrer gesetzlichen Benennung und ihrer Herkunft - überdies auch in sonstiger Beziehung - andere als die in § 183 Abs 3, 4 RVO bezeichneten. Die Versuche der Klägerin, sie diesen unter Berufung auf Vorschriften des Sozialgesetzbuches (§§ 4, 23 SBG 1) dennoch unterzuordnen, wirken konstruiert (anders beim Knappschaftsruhegeld, vgl BSGE 36, 52). Sie werden zusätzlich vom Inhalt des § 20 Abs 3 KVLG her widerlegt. Dort hat der Gesetzgeber für die landwirtschaftliche Krankenversicherung in Satz 1 angeordnet, daß für sie § 183 Abs 3 bis 8 RVO entsprechend gilt. Das bedeutet (ua), daß auch in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung die Regelungen des § 183 RVO über das Zusammentreffen von Krankengeld mit einer vom Rentenversicherungsträger zugebilligten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder einem von ihm zugebilligten Altersruhegeld anzuwenden sind. § 20 Abs 3 ordnet aber in dem folgenden Satz 2 eine weitere entsprechende Anwendung des § 183 Abs 3 RVO für den Fall an, daß "Altersgeld, vorzeitiges Altersgeld oder Landabgaberente von einer landwirtschaftlichen Alterskasse zugebilligt" wird. Damit hat der Gesetzgeber klar zu erkennen gegeben, daß er diese Leistungen nicht schon zu den unmittelbar von § 183 Abs 3 RVO erfaßten zählt. Soweit die Klägerin in § 20 Abs 3 Satz 2 KVLG nur eine Klarstellung sehen will, fehlt es hierfür an jedem Anhalt.
§ 183 Abs 3 und Abs 4 RVO sind jedoch für die hier streitigen Zeiten nach dem Inkrafttreten des KVLG entsprechend anzuwenden, zumal von da an ebenfalls eine entsprechende Anwendung des § 20 Abs 3 Satz 2 KVLG im Bereich der allgemeinen Krankenversicherung möglich ist. Dabei ist zunächst hervorzuheben, daß die Rechtsprechung auch früher schon Vorschriften des § 183 RVO bei Lücken im Gesetz entsprechend angewendet hatte. So war eine Lücke ua beim Zusammentreffen von Krankengeld mit nachträglich gezahltem Übergangsgeld gefunden worden (BSGE 25, 6). Die damalige Entscheidung sah sich an der entsprechenden Anwendung des § 183 Abs 3 Satz 2 RVO nicht dadurch gehindert, daß sich das Übergangsgeld von den in § 183 Abs 3 RVO genannten Leistungen in mehrfacher Hinsicht unterscheidet; der entscheidende Gesichtspunkt für die Gleichstellung im Rahmen des § 183 Abs 3 Satz 2 RVO sei die allen diesen Leistungen zukommende Lohnersatzfunktion (aaO S.8). Diese Funktion stellen noch viele andere Entscheidungen als maßgebend heraus; sie haben es als wesentlich bezeichnet, daß § 183 Abs 3 und 4 RVO über das dort festgelegte Ende des Krankengeldes hinaus Doppelleistungen mit jeweils voller Lohnersatzfunktion verhindern sollen (SozR Nrn 6, 17, 24, 25, 51 zu § 183 RVO). Solche Doppelleistungen können aber auch beim Zusammentreffen von Krankengeld mit vorzeitigem Altersgeld, Altersgeld oder Landabgaberente nach dem GAL erfolgen; denn hierbei handelt es sich insgesamt ebenfalls um das Arbeitsleben (Erwerbsleben) abschließende Leistungen, die frühere Arbeitseinkünfte (Erwerbseinkünfte) ersetzen sollen. Daß die Leistungen nach dem GAL - weil als Zuschüsse zu Altenteilsleistungen gedacht - allgemein niedriger sind als die Erwerbsunfähigkeitsrenten und Altersruhegelder aus der Rentenversicherung, steht dem nicht entgegen (auch § 183 Abs 3 und 4 RVO nehmen nicht die "Sockelrenten" der nur begrenzte Zeit pflichtversicherten Handwerker von ihrem Anwendungsbereich aus); entscheidend ist, daß der Gesetzgeber neben den Leistungen nach dem GAL zwar Altenteilsleistungen, nicht aber weitere Erwerbseinkünfte voraussetzt, so daß auch das vorzeitige Altersgeld, das Altersgeld und die Landabgaberente nach dem GAL eine volle Lohnersatzfunktion (Verdienstersatzfunktion) haben.
Daß der "Zuschußfunktion" dieser Leistungen zu Altenteilsleistungen hier keine Bedeutung beizumessen ist, bestätigt § 20 Abs 3 Satz 2 KVLG. Aus dieser Bestimmung ergeben sich darüber hinaus weitere gewichtige Anhaltspunkte für die hier zu treffende Entscheidung. Sie ist eine Folge davon, daß in die landwirtschaftliche Krankenversicherung mitarbeitende Familienangehörige mit Anspruch auf Krankengeld einbezogen worden sind (vgl BT-Drucks zu VI/2508 auf S. 3). Deren Krankengeld ist in der Höhe unterschiedlich, je nachdem, ob sie zugleich rentenversicherungspflichtig sind oder nicht (§ 19 KVLG). Im ersteren Falle sind die mitarbeitenden Familienangehörigen den in der allgemeinen Krankenversicherung pflichtversicherten Arbeitnehmern gleichgestellt, zumal sie ohne das KVLG zu ihnen gehören würden und vor dem KVLG zu ihnen gehört hatten. Gleichwohl erfaßt § 20 Abs 3 KVLG die krankengeldberechtigten mitarbeitenden Familienangehörigen ohne Unterschied. Bei allen endet das Krankengeld in entsprechender Anwendung des § 183 Abs 3 und 4 RVO beim Zusammentreffen mit Erwerbsunfähigkeitsrente oder Altersruhegeld aus der Rentenversicherung. Es endet aber außerdem beim Zusammentreffen mit den in § 20 Abs 3 Satz 2 genannten Leistungen nach dem GAL. Wie sich aus der Entstehungsgeschichte des § 20 Abs 3 KVLG ergibt (BT-Drucks VI/2508, Begr. S. 6 zu § 18b), wollte der Gesetzgeber des KVLG auf die Vorschriften der RVO über die Abgrenzung der Leistungen bei Anspruch auf Krankengeld und Gewährung von Rente verweisen; zugleich wollte er aber, daß die Regelung über das Ende des Krankengeldes bei Zubilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld "auf die entsprechenden Fälle" der Zubilligung von Altersgeld, vorzeitigem Altersgeld oder Landabgaberente aus der landwirtschaftlichen Altershilfe "erstreckt" wird. Das zeigt, daß der Gesetzgeber diese Leistungen nach dem GAl in der für die Anwendung des § 183 Abs 3 und 4 RVO maßgebenden, oben bereits dargelegten Interessenlage den dort genannten Leistungen gleichbewertet hat, und, daß diese "Erstreckung" auch für diejenigen mitarbeitenden Familienangehörigen gelten sollte, die ohne das KVLG in der allgemeinen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren bzw wären.
Hält man sich das aber vor Augen, so erhebt sich die Frage, warum bei ihnen die Zahlung von Krankengeld bei Bewilligung von Altersgeld, vorzeitigem Altersgeld oder Landabgaberente begrenzt sein soll, bei den nach der RVO krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern dagegen nicht. Ohne analoge Anwendung der §§ 183 Abs 3, 4 RVO, 20 Abs 3 Satz 2 KVLG würde zB ein früherer landwirtschaftlicher Unternehmer, der Altersgeld bezieht, bei einer Beschäftigung im landwirtschaftlichen Betrieb eines Angehörigen bei einer nach Beginn des Altersgeldes eintretenden Arbeitsunfähigkeit einen Krankengeldanspruch nur für sechs Wochen erwerben, während er bei einer anderweitigen krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung Krankengeld für 78 Wochen zu beanspruchen hätte. Für eine solch unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern lassen sich keine sachlich einleuchtenden Gründe finden. Die unterschiedliche Regelung kann nicht damit gerechtfertigt werden, der Gesetzgeber des KVLG habe lediglich eine doppelte Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Kassen vermeiden wollen; denn für eine solche Absicht finden sich keine Anhaltspunkte; dagegen spricht auch, daß er seine Regelung in § 20 Abs 3 KVLG nicht auf den Bereich des landwirtschaftlichen Sozialrechts beschränkt, den landwirtschaftlichen Krankenkassen vielmehr den Zugriff auf die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestattet hat; es ist deshalb nicht anzunehmen, daß er umgekehrt den allgemeinen Krankenkassen den Zugriff auf funktionsgleiche Leistungen nach dem GAL verwehren wollte. Auch aus der Lage des betroffenen Arbeitnehmers läßt sich eine Differenzierung nicht begründen. Der Anspruch auf die Leistungen nach dem GAL ist jeweils aus einer selbständigen Tätigkeit, der auf das Krankengeld jeweils aus einer unselbständigen Beschäftigung (Mitarbeit) erworben. Richtig ist zwar, daß ein mitarbeitender Familienangehöriger an der Beitragszahlung nicht beteiligt ist (§ 64 Abs 2 KVLG); deshalb läßt sich aber nicht sagen, der außerhalb der Landwirtschaft beschäftigte "Nebenerwerbslandwirt" habe sich das Krankengeld durch Beteiligung an den Beiträgen zur Krankenversicherung gewissermaßen in einer Weise erdient, daß es ihm bei Bezug wegen Leistungen nach dem GAL unangetastet verbleiben müßte; im übrigen kennt auch die allgemeine Krankenversicherung eine alleinige Beitragszahlung durch den Arbeitgeber (§ 381 Abs 1 Satz 2 RVO). Der Senat ist daher aufgrund aller dargelegten Erwägungen zu der Auffassung gekommen, daß § 183 Abs 3 und 4 RVO insoweit eine Lücke enthalten, als dort nicht auch das vorzeitige Altersgeld, das Altersgeld und die Landabgaberente nach dem GAL einbezogen sind. Diese Lücke ist durch entsprechende Anwendung des § 183 Abs 3 und 4 RVO - mit Hilfe einer wiederum entsprechenden Anwendung des § 20 Abs 3 Satz 2 KVLG - zu schließen.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß der Beigeladene nach dem 17. November 1977 keinen Anspruch auf Krankengeld gegen die Klägerin mehr hatte (§ 183 Abs 4 RVO) und daß für die Folgezeit, in der ihm dennoch das Krankengeld weitergezahlt wurde, der Anspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte auf vorzeitiges Altersgeld auf die Klägerin bis zur Höhe des weitergezahlten Krankengeldes übergegangen ist (§ 183 Abs 4 iVm Abs 3 Satz 2 RVO). Dementsprechend war die Revision der Beklagten zurückzuweisen; allerdings war dabei der Urteilstenor des SG zu berichtigen. Da es sich, wie dargelegt, um eine Zahlungsklage nach § 54 Abs 5 SGG handelte, war die Beklagte zur Zahlung des streitigen Betrages zu verurteilen. Dieser war zwar im angefochtenen Urteil der Höhe nach nicht beziffert. Die Hauptbeteiligten haben ihn jedoch übereinstimmend mit 1.166,20 DM angegeben. Da schon im erstinstanzlichen Verfahren ein geringfügig höherer Betrag genannt war, und der Beigeladene damals dessen Höhe nicht beanstandet hatte trug der Senat keinen Bedenken, den ersichtlich zutreffenden Betrag von 1.166,20 DM dem Zahlungsurteil zugrunde zu legen (vgl BVerwG 29, 127, 130; DÖD 1979, 189 zu den Befugnissen des Revisionsgerichts in vergleichbaren Fällen).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1655118 |
BSGE, 136 |