Leitsatz (amtlich)

In einer fortgesetzten Gütergemeinschaft, zu deren Gesamtgut ein landwirtschaftlicher Betrieb gehört, ist der überlebende Ehegatte Betriebsinhaber iS des DV § 33 BVG § 9. Die Mitarbeit eines anteilberechtigten Abkömmlings in dem Betrieb ist dagegen - falls keine besonderen vertraglichen Vereinbarungen getroffen sind - als Arbeit in der Familiengemeinschaft anzusehen und eine Vergütung dafür gemäß DV § 33 BVG § 10 als Einkommen nach BVG § 33 anzurechnen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Frage der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit innerhalb einer Familiengemeinschaft nach DV § 33 BVG § 10.

2. Betriebsinhaber iS der DV § 33 BVG § 9 und § 10 ist derjenige, auf dessen Rechnung der Betrieb geht, ohne Rücksicht darauf, ob er den Betrieb aufgrund seines Eigentums oder eines anderen Rechtsverhältnisses wirtschaftlich nutzt.

 

Normenkette

BVG § 33 Fassung: 1957-07-01, § 33 Fassung: 1964-02-21, § 33 DV § 9 Fassung: 1961-01-11, § 33 DV § 10 Fassung: 1961-01-11, § 33 DV § 9 Fassung: 1964-07-22, § 33 DV § 10 Fassung: 1964-07-22

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. September 1964 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Gründe

Die 1912 geborene Klägerin bezieht Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach der Reichsversicherungsordnung (RVO). Sie lebt zusammen mit ihrer Mutter und arbeitet in dem landwirtschaftlichen Betrieb von 108 Morgen, der zum Gesamtgut der zwischen ihr und ihrer Mutter bestehenden fortgesetzten Gütergemeinschaft (fortg. GG) gehört. Die Versorgungsbehörde lehnte den im Oktober 1960 von der Klägerin gestellten Antrag auf Gewährung von Witwenausgleichsrente mit Bescheid vom 21. September 1962 ab, weil der nach § 10 der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG vom 11. Januar 1961 (BGBl I 19 - DVO zu § 33 BVG) als Einkommen zu berechnende Betrag einschließlich der Witwenrente nach der RVO die Einkommensgrenze des § 41 Abs. 4 BVG übersteige. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1963).

Auf Anfrage des Sozialgerichts (SG) hat das Finanzamt mitgeteilt, daß der Klägerin nach § 28 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) keine Einkünfte aus landwirtschaftlichem Betrieb zugerechnet werden können; die Mutter der Klägerin sei wegen der bestehenden Steuerermäßigungen steuerfrei.

Das SG hat mit Urteil vom 30. Oktober 1963 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und den Beklagten verurteilt, "der Klägerin einen Bescheid des Inhalts zu erteilen, in dem das auf die der Klägerin dem Grunde nach zustehende Ausgleichsrente neben der Witwenrente aus der Sozialversicherung anzurechnende Einkommen im Rahmen der Landwirtschaft unter Berücksichtigung der §§ 8 und 9 der DVO zu § 33 BVG berechnet wird". Es hat die Berufung zugelassen.

Auf Anfrage des Landessozialgerichts (LSG) hat die Westfälische landwirtschaftliche Alterskasse mitgeteilt, daß für den landwirtschaftlichen Betrieb die Mutter der Klägerin als Unternehmerin veranlagt wird; die Landwirtschaftskammer W, Kreisstelle L, hat die Auskunft erteilt, daß die Kammerumlage von der Klägerin und ihrer Mutter gemeinsam erhoben werde. In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. September 1964 hat die Klägerin gegenüber dem LSG erklärt, ihr Sohn H arbeite nach Abschluß seiner landwirtschaftlichen Lehre seit 1962 auf dem Hofe mit. Sie und ihre Mutter führten den Hof gemeinsam. Sie besprächen alle wichtigen Fragen gemeinsam, dies beziehe sich auf den Kauf von landwirtschaftlichen Maschinen, von Saatgut und Düngemitteln; es gelte ebenso für die Bestellung der einzelnen Schläge, für den Viehkauf und für alle sonstigen wichtigen Fragen, die mit der Bewirtschaftung des Hofes zusammenhingen. Sie hätten ein Konto bei der Spar- und Darlehnskasse, das auf den Namen der Mutter laute. Sie - die Klägerin - sei unterschriftsberechtigt; beide hätten ihre Unterschriften bei der Kasse hinterlegt und seien daher beide über das Konto verfügungsberechtigt.

Das LSG hat mit Urteil vom 30. September 1964 die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Detmold vom 30. Oktober 1963 zurückgewiesen und ausgeführt, das SG habe im Ergebnis zutreffend entschieden. Das Einkommen der Klägerin aus der Landwirtschaft sei nicht - wie die Versorgungsbehörde angenommen habe - nach § 10 der DVO zu § 33 BVG, sondern nach den §§ 8 und 9 dieser DVO zu berechnen. Dieses Einkommen sei gem. § 41 Abs. 4 BVG idF des 1. Neuordnungsgesetzes - NOG - (aF) auf die der Klägerin dem Grunde nach zustehende Ausgleichsrente anzurechnen. Es handele sich hierbei rechtlich um Einkommen aus Landwirtschaft i. S. der §§ 8 und 9 der DVO zu § 33 BVG. Falls sich dabei nach steuerrechtlichen Maßstäben praktisch keine Einkünfte ergeben sollten, wäre der Klägerin - ebenso wie im Falle des Alleineigentums am Hof - die Ausgleichsrente nur unter Anrechnung ihrer Rente aus der Sozialversicherung zu gewähren.

Die Klägerin habe keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 10 der DVO zu § 33 BVG i. V. m. § 19 Nr. 1 EStG. Als solche Arbeit gelte nach § 10 Abs. 1 Satz 1 der DVO zu § 33 BVG die auf Gewinn gerichtete Tätigkeit, die in einer Familiengemeinschaft von einem Familienangehörigen des Betriebsinhabers geleistet werde. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift sei der in solcher Weise arbeitende Familienangehörige nicht selbst der Inhaber des Betriebes, für den er tätig sei. Die Vorschrift solle mitarbeitende Familienangehörige erfassen, die nicht in einem Beschäftigungsverhältnis im steuerrechtlichen Sinne stehen und sich dennoch wie Arbeitnehmer betätigen, die also keine Unternehmer seien. Die Klägerin sei an dem Hof, der zur fortg. GG gehöre, in der Weise beteiligt, daß ihr das Einkommen aus dem Betrieb nicht wie solches aus nichtselbständiger Tätigkeit zugerechnet werden könne. Sie arbeite nicht etwa unabhängig von ihrer Beteiligung, vielmehr gerade im Interesse des Betriebes, der die Grundlage ihrer Existenz bilde und dessen Vermögenslage sie durch ihre Tätigkeit verbessere. Ob der überlebende Ehegatte mit der ihm nach dem Gesetz ausschließlich zustehenden Befugnis zur Verwaltung des Gesamtgutes der fortg. GG grundsätzlich alleiniger Betriebsleiter und vielleicht auch Betriebsinhaber sei und den anteilsberechtigten Abkömmling - also die Klägerin - nicht an der gesetzlichen Verwaltung beteiligen könne, möge dahingestellt bleiben. Jedenfalls betreibe die Klägerin mit ihrer Mutter gemeinsam das landwirtschaftliche Unternehmen, dessen Grundlage die Grundstücke, Gebäude und Betriebsmittel des Gesamtguts der fortg. GG bildeten. Insofern bestehe zwischen der Klägerin und ihrer Mutter eine Gesellschaft i. S. des § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die fortg. GG bestehe nur hinsichtlich der Verwaltung. Für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit in dem landwirtschaftlichen Unternehmen sei das Vermögen der fortg. GG auf eine zwischen den Mitgliedern der Gütergemeinschaft bestehende Gesellschaft übertragen worden. Obgleich die Klägerin und ihre Mutter keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen hätten, arbeite die Klägerin mit dieser dennoch bei der gemeinsamen Leitung des Betriebes wie in einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft i. S. des § 705 BGB zusammen. Wie die Klägerin von vornherein angegeben und dem Senat nach der Lebenserfahrung glaubhaft im einzelnen geschildert habe, berieten und beschlössen beide gemeinsam über wichtige Arbeiten und Geschäfte, die in dem Unternehmen anfielen. Die Klägerin habe auch eine Vollmacht zur Verfügung über das dem Betrieb zustehende Bankkonto, das auf den Namen der Mutter eingerichtet sei. Falls im äußeren Verhältnis die Mutter allein als Unternehmerin auftrete, wie zB gegenüber der Alterskasse, bestehe eine sogenannte Innengesellschaft. Diese Regelung würde die Stellung der Klägerin als Mitinhaberin des Betriebes der fortg. GG nicht ausschließen. Keineswegs spreche gegen diese Rechtsstellung, daß sie früher während ihrer Arbeitsunfähigkeit laufend einen bestimmten Betrag an ihre Mutter für Kost und Wohnung gezahlt haben solle. Selbst wenn dies geschehen sein sollte, könnte sie damit an das Gesamtgut einen Ausgleich für ihre ausfallende Arbeitsleistung, die ein Beitrag zum gemeinsamen Betrieb sei, gezahlt haben, um eine ungerechtfertigte Bereicherung für die Gewährung von Kost und Wohnung zu verhindern. Ungeachtet der alleinigen gesetzlichen Verwaltungsbefugnis der Mutter der Klägerin innerhalb der fortg. GG und unabhängig von einer Mitwirkung der Klägerin innerhalb einer Gesellschaft seien ihre Einkünfte aus dem Betrieb als "Einkommen aus Landwirtschaft" deshalb zuzurechnen, weil die Klägerin an dem Gesamtgut der fortg. GG gesetzlich beteiligt sei. Zwar könne sie nach dem Recht der fortg. GG nicht beanspruchen, aus dem Gesamtgut unterhalten zu werden, aber ebensowenig habe die Mutter als überlebender Ehegatte einen solchen Unterhaltsanspruch. Ihr stehe auch nicht die alleinige Nutznießung zu. Wenn dennoch beide ihren Unterhalt wesentlich aus Mitteln des Hofes bestritten, so beruhe dies auf einer freien Vereinbarung, die ihre Grundlage in dem gemeinsamen Erwerbsbetrieb habe. An dem Betriebe sei die Klägerin ebenso wie an seinem Vermögen als Mitinhaberin beteiligt. Der Hof werde auf Rechnung beider Mitglieder der fortg. GG geführt, auch wenn die Klägerin an der Verwaltung nicht beteiligt und im Außenverhältnis nicht verpflichtet sei und auch nicht für die Gesamtgutsverbindlichkeiten persönlich hafte. Dies stehe aber der Annahme einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht entgegen, da auch nach den Vorschriften der Gesellschaft ein Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden könne. Dieser Auffassung stehe auch nicht § 28 EStG entgegen, nach dem bei einer fortg. GG die Einkünfte, die in das Gesamtgut fallen, als Einkünfte des überlebenden Ehegatten gelten, wenn dieser unbeschränkt steuerpflichtig ist. Diese Vorschrift wäre im Falle der Mutter schon nach steuerlichen Grundsätzen nicht anwendbar, da im Steuerrecht bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Einkünfte demjenigen zuzurechnen seien, dem die Verfügungsmacht über sie zustehe. Bei einer Innengesellschaft seien aber beide Gesellschafter abweichend von § 28 EStG steuerpflichtig. Der § 28 EStG sei im vorliegenden Fall auch nicht deshalb anzuwenden, weil die DVO zu § 33 BVG durch die Steuervorschriften ergänzt werde. Die insoweit bestehenden Vorschriften der früheren DVO zu § 33 BVG (§ 10 der DVO vom 2. August 1958), nach denen im Zweifel nach der steuerrechtlichen Behandlung zu entscheiden war, ob es sich im Einzelfall um Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit handele, sei nicht mehr gültig.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen dieses ihm am 29. Oktober 1964 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 25. November 1964, beim Bundessozialgericht (BSG) am 27. November 1964 eingegangen, Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 29. Januar 1965 mit einem am 27. Januar 1965 eingegangenen Schriftsatz vom 25. Januar 1965 begründet. Er beantragt,

das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen in Essen vom 30. September 1964 - L 10 V 303/63 - abzuändern und unter Abänderung des Urteils des SG Detmold vom 30. Oktober 1963 - S 3 V 61/63 - die Klage abzuweisen.

Er rügt eine Verletzung materiellen Rechts sowie des § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch das LSG. Er trägt insbesondere vor, das LSG habe verkannt, daß der landwirtschaftliche Betrieb nicht ein Gemeinschaftsbetrieb der Klägerin und ihrer Mutter sei. Betriebsinhaberin sei vielmehr nur die Mutter der Klägerin. Die Klägerin selbst arbeite in diesem Betrieb ebenso wie ihr Sohn auf Grund der Familiengemeinschaft, so daß die Einkünfte der Klägerin nach § 10 der DVO zu § 33 BVG berechnet werden müßten. Es sei unrichtig, daß die Klägerin und ihre Mutter eine Vereinbarung getroffen hätten, die von der gesetzlichen Regelung des Güterstandes der fortg. GG abweiche; hierzu hätte es eines Vertrages gemäß § 1408 BGB bedurft. Die Konstruktion des LSG sei schon deshalb nicht haltbar, weil aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ersichtlich sei, daß die Mutter und die Klägerin einen hierauf gerichteten Willen gehabt hätten. Welchen Willen die Beteiligten überhaupt gehabt hätten, habe das LSG in Verkennung der Rechtslage nicht erforscht. Es habe nicht ohne weiteres davon ausgehen können, daß die Beteiligten so komplizierte vertragliche Regelungen hätten treffen wollen. Dies könne um so weniger angenommen werden, als offensichtlich die Betriebsmittel des Unternehmens die einzigen Werte der fortg. GG seien und diese völlig inhaltsleer würde, wenn man von der Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgehen wollte. Praktisch würde eine solche Vertragswirkung die Stellung der fortg. GG verändern. Im übrigen könne man aus einer gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung sowie der Erteilung einer Bankvollmacht noch nicht folgern, daß die Klägerin mit ihrer Mutter das alleinige Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das Gesamtgut der fortg. GG habe erlangen sollen. Die Mutter beteilige ihre Tochter an allen wichtigen Maßnahmen, wahrscheinlich auch deshalb, weil die Klägerin später den Hof allein erhalten werde. Jedenfalls seien auch andere Deutungen möglich als die Begründung einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft. Es lägen somit keine hinreichenden Gründe dafür vor, daß die Mutter ihr alleiniges Verwaltungs- und Verfügungsrecht in ein gemeinsames Recht mit ihrer Tochter habe umwandeln wollen. Außerdem hätten, um einen derartigen Vertrag wirksam zu begründen, auch die Formvorschriften des BGB beachtet werden müssen. Weiterhin habe das LSG den § 128 SGG verletzt. Die Feststellung des LSG, die Klägerin und ihre Mutter beschlössen beide in wichtigen Arbeiten und Geschäften des landwirtschaftlichen Unternehmens und leiteten es gemeinsam, sei unter Verletzung des § 128 SGG zustande gekommen. Das LSG habe insoweit ausgeführt, die Klägerin hätte diese Verhältnisse von vornherein so angegeben und diese Angaben seien dem Senat nach der Lebenserfahrung glaubhaft. Die Feststellung des LSG, die Klägerin habe von Anfang an die Verhältnisse so wie vor dem LSG am 30. September 1964 geschildert, stehe aber im Widerspruch zum Akteninhalt. Im Laufe des Verfahrens habe die Klägerin immer nur behauptet, deshalb Mitinhaberin des Betriebes zu sein, weil sie an der fortg. GG beteiligt sei. Das LSG hätte sich mit den früheren Angaben der Klägerin auseinandersetzen müssen. An der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Klägerin hätte das LSG schon deshalb zweifeln müssen, weil es an der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin Zweifel durchblicken lasse, daß sie für die Dauer ihrer Arbeitsunfähigkeit einen Betrag an ihre Mutter für Kost und Wohnung gezahlt habe. Im übrigen habe das LSG den Aussagen der Klägerin einen Inhalt entnommen, der in ihnen nicht enthalten sei. Die Klägerin habe nur angegeben, daß sie den Betrieb gemeinsam mit ihrer Mutter leite und daß sie alle wichtigen Fragen mit ihr bespreche. Damit sei keineswegs gesagt, daß nur gemeinsam getroffene Beschlüsse ausgeführt würden und daß das alleinige Verwaltungs- und Verfügungsrecht der Mutter beseitigt sein sollte. Außerdem sei aus einer gegebenen Bankvollmacht nicht auf eine gemeinsame Verfügungsbefugnis, sondern nur auf ein Auftragsverhältnis zu schließen.

Im übrigen wird zur Darstellung des Vorbringens des Beklagten auf die Revisionsbegründung verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision des Beklagten gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen in Essen vom 30. September 1964 als unbegründet zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, daß die Entscheidung des LSG materiell-rechtlich zutrifft und der gerügte Verfahrensmangel nicht gegeben ist.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und daher zulässig.

Die Revision ist auch begründet.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkünfte der Klägerin, die auf die Witwenausgleichsrente anzurechnen sind, als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder als solche aus nichtselbständiger Tätigkeit zu gelten haben.

Der Auffassung des LSG, daß das Einkommen der Klägerin aus ihrer Tätigkeit in dem landwirtschaftlichen Betrieb nach den §§ 8 und 9 der DVO zu § 33 BVG als Einkommen aus selbständiger landwirtschaftlicher Tätigkeit anzusehen ist, kann nicht gefolgt werden.

Nach § 41 BVG erhalten Witwen, ... die das 45. Lebensjahr vollendet haben ... Ausgleichsrente (§ 41 Abs. 1 Buchst. b BVG idF des 1. NOG). Die volle Ausgleichsrente der Witwe beträgt danach monatlich 100,- DM. Sie ist um das anzurechnende Einkommen zu mindern. Der § 33 BVG gilt entsprechend mit der Maßgabe, daß von den übrigen Einkünften i. S. des Abs. 2 letzter Halbsatz 25 v. H., mindestens jedoch 40,- DM, außer Ansatz bleiben (§ 41 Abs. 2 und 4 BVG). Nach § 33 Abs. 5 BVG ist die Bundesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung näher zu bestimmen, a) was als Einkommen gilt und welche Einkünfte bei Feststellung der Ausgleichsrente unberücksichtigt bleiben, b) wie das Netto-Einkommen zu ermitteln ist.

In der von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG vom 11. Januar 1961 (BGBl I 19) - seither unverändert, soweit sie hier angewendet wird - ist in den §§ 8 und 9 die Berechnung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit geregelt, während der § 10 die Berechnung der Einkünfte aus einer auf Gewinn gerichteten Arbeit eines Familienangehörigen des Betriebsinhabers in einer Familiengemeinschaft bestimmt. Nach der letztgenannten Vorschrift gilt als nicht selbständige Arbeit im Sinne des § 19 Nr. 1 EStG die auf Gewinn gerichtete Arbeit, die in einer Familiengemeinschaft von einem Familienangehörigen des Betriebsinhabers geleistet wird. Wenn keine oder eine verhältnismäßig geringe Vergütung gewährt wird, so ist das Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse festzusetzen. Dabei dient die einem Gleichaltrigen für eine gleichartige Arbeit gleichen Umfanges in einem fremden Betrieb ortsüblich gewährte Vergütung als Bewertungsmaßstab. In angemessenem Umfang sind die verwertbare Arbeitskraft des Schwerbeschädigten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebs zu berücksichtigen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Witwen (§ 14 der DVO zu § 33 BVG).

Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut und Sinn jene in einer Familiengemeinschaft arbeitenden Personen erfassen soll, die selbst nicht Betriebsinhaber sind und ihre Arbeitsleistung nicht auf Grund eines arbeitsrechtlichen Vertrages, sondern auf Grund einer familiären oder sittlichen Verpflichtung in einer der Lohnarbeit entsprechenden abhängigen Stellung erbringen. Entgegen der Auffassung des LSG ist die Klägerin aber nicht als Betriebsinhaberin oder Unternehmerin, sondern in der Familiengemeinschaft als Familienangehörige des Betriebsinhabers in dem landwirtschaftlichen Betrieb, der zum Gesamtgut der fortg. GG gehört, tätig. Betriebsinhaber im Sinne dieser Vorschrift ist derjenige, auf dessen Rechnung der Betrieb geht, ohne Rücksicht darauf, ob er den Betrieb auf Grund seines Eigentums oder eines anderen Rechtsverhältnisses (Pächter, Nießbraucher usw.) wirtschaftlich nutzt. Dies ergibt sich zunächst aus dem Gebrauch des Wortes "Betriebsinhaber", das nach seinem Sprachgebrauch eine selbständige Stellung mit einer Tätigkeit für eigene Rechnung im Wirtschaftsleben kennzeichnet, weiterhin aber auch aus § 9 der DVO zu § 33 BVG. Nach § 9 Abs. 4 der DVO wird für die Berechnung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die Arbeitskraft des "Betriebsinhabers" bewertet und hinsichtlich der Existenzgrundlage eines Betriebes dieser Art in § 9 Abs. 7 der DVO auf den Begriff des "Unternehmers". nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) Bezug genommen. "Unternehmer" nach dem GAL ist derjenige, auf dessen Rechnung der Betrieb geht (BSG 12, 81, 84, 196, 197). In diesem Sinne ist aber nicht die Klägerin, sondern ihre Mutter als Betriebsinhaberin des zum Gesamtgut der fortg. GG gehörenden landwirtschaftlichen Betriebes anzusehen; dies folgt aus ihrer Stellung innerhalb der fortg. GG. Die Mutter der Klägerin hat als überlebender Ehegatte in der fortg. GG die rechtliche Stellung des Ehegatten, der in der allgemeinen Gütergemeinschaft das Gesamtgut allein verwaltet, während die Klägerin als anteilsberechtigter Abkömmling die rechtliche Stellung des anderen Ehegatten hat (§ 1487 Abs. 1 BGB). Die Stellung des überlebenden Ehegatten ist in ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Gestaltung gegenüber der des anteilsberechtigten Abkömmlings von so überragender Bedeutung, daß dieser - von geringen Ausnahmen abgesehen - keinen Einfluß auf die Verwaltung des Gesamtgutes hat. So ist allein der überlebende Ehegatte berechtigt, die zum Gesamtgut gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen und über das Gesamtgut zu verfügen (§ 1422 i. V. m. § 1487 Abs. 1 BGB). Seine Verfügungsbefugnis ist nur insoweit beschränkt, als er nicht über das Gesamtgut im ganzen (§ 1423 BGB) und über ein zum Gesamtgut gehörendes Grundstück (§ 1424 BGB) verfügen darf und weiterhin nur mit Einwilligung des anteilsberechtigten Abkömmlings einen Gegenstand aus dem Gesamtgut verschenken darf (§ 1425 BGB). Mithin kommt die Verwaltung des Gesamtgutes der fortg. GG ausschließlich dem überlebenden Ehegatten zu; er ist nicht einmal verpflichtet, den anteilsberechtigten Abkömmling über die Verwaltung zu unterrichten und über den Stand der Verwaltung Auskunft zu erteilen (§ 1487 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1435 BGB). Alle auf das Gesamtgut der fortg. GG bezogenen rechtsgeschäftlichen Handlungen nimmt der überlebende Ehegatte im eigenen Namen vor; er trägt auch insoweit das Risiko, denn er haftet allein für die Gesamtgutsverbindlichkeiten, während für den anteilsberechtigten Abkömmling hinsichtlich dieser Verbindlichkeiten keine Haftung entsteht (§ 1489 Abs. 1 BGB). Wenn auch der anteilsberechtigte Abkömmling gesamthänderischer Miteigentümer ist, so äußert sich seine Rechtsstellung während des Bestehens der fortg. GG vornehmlich nur in der Berechtigung, in den besonderen Fällen der §§ 1423 - 1425 BGB seine Einwilligung zu den Verfügungen zu erteilen. Gehört aber - wie im vorliegenden Fall - zum Gesamtgut der fortg. GG ein landwirtschaftlicher Betrieb, so ist der überlebende Ehegatte berechtigt, alle die Verwaltung und Bewirtschaftung des Betriebes erforderlichen Handlungen - ausgenommen Verfügungen i. S. des § 1423 bis 1425 BGB - ohne Genehmigung des anteilsberechtigten Abkömmlings im eigenen Namen vorzunehmen, insbesondere ist er berechtigt, über die Einnahmen und Ausgaben frei zu verfügen, und er haftet insoweit für die dadurch entstehenden Gesamtgutsverbindlichkeiten. Der Betrieb geht somit auf Rechnung des überlebenden Ehegatten, so daß er Betriebsinhaber ist, nicht aber die fortg. GG. Der Umstand, daß der anteilsberechtigte Abkömmling unter gewissen Voraussetzungen wegen Verfügungen des überlebenden Ehegatten nach der Auflösung der fortg. GG bei der Auseinandersetzung einen Ausgleichsanspruch haben kann, ist im vorliegenden Fall unerheblich und berührt nicht die Rechte und Pflichten des überlebenden Ehegatten während des Bestehens der fortg. GG und damit dessen Stellung im Arbeits- und Wirtschaftsleben. Die Stellung des überlebenden Ehegatten als Betriebsinhaber wird in dieser Beziehung auch in § 28 EStG anerkannt, nach dem bei einer fortg. GG Einkünfte, die in das Gesamtgut fallen, als Einkünfte des überlebenden Ehegatten gelten, wenn dieser unbeschränkt steuerpflichtig ist. Zum gleichen Ergebnis ist offensichtlich auch die zuständige Alterskasse in ihrer rechtlichen Beurteilung gelangt, denn sie hat nur die Mutter der Klägerin nach dem GAL als Unternehmerin veranlagt. Gegenüber dieser so begründeten Auffassung des Senats fällt nicht ins Gewicht, daß die Landwirtschaftskammer W die Kammerumlage von der Klägerin und ihrer Mutter gemeinsam erhebt. Nach der Auskunft der Landwirtschaftskammer vom 2. Juli 1964 ruht die Umlage "auf den Betrieben" und wird von der Klägerin und ihrer Mutter erhoben, "da beide in fortg. GG" leben. Offenbar hat die Kammer für die Umlagepflicht die Eigentumsverhältnisse der fortg. GG für maßgebend gehalten. Was aber auch immer die Kammer dazu veranlaßt haben mag, die Klägerin und ihre Mutter zur Umlage heranzuziehen, so gibt deren Verhalten nicht den geringsten Anlaß, von der Rechtsansicht abzugehen, daß die Mutter der Klägerin Betriebsinhaberin des bäuerlichen Betriebes im Sinne des § 10 der DVO zu § 33 BVG ist.

Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des LSG, daß zwischen der Klägerin und ihrer Mutter hinsichtlich der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebes eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Sinne des § 705 BGB vereinbart worden sei, so daß die Klägerin mit ihrer Mutter gemeinsam als Betriebsinhaberin oder Unternehmerin dieses Betriebs anzusehen und die Einkünfte der Klägerin aus dieser Tätigkeit nach den §§ 8 und 9 der DVO zu § 33 BVG zu berechnen seien. Das LSG hat hierzu festgestellt, daß die Mutter und die Klägerin alle wichtigen Fragen, die die Bewirtschaftung der Landwirtschaft betreffen, gemeinsam besprechen; dies gilt für den Ankauf von landwirtschaftlichen Maschinen, Saatgut und Düngemitteln, für die Bestellung einzelner Schläge, den Kauf von Vieh und sonstige mit der Bewirtschaftung des Hofes zusammenhängende wichtige Angelegenheiten. Ein Konto läuft auf den Namen der Mutter der Klägerin, die Klägerin hat Bankvollmacht und kann über das Konto verfügen. Diese nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des LSG rechtfertigen nicht dessen Auffassung, daß zwischen der Mutter und der Klägerin ein Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 705 BGB abgeschlossen ist, durch den beide Betriebsinhaberinnen geworden sind. Zunächst ist nicht - wie das LSG ausführt - "das Vermögen der fortg. GG auf eine zwischen den Gliedern dieser Gütergemeinschaft bestehende Gesellschaft übertragen worden". Da der landwirtschaftliche Betrieb neben den sonstigen Betriebsmitteln aus Grundstücken besteht, wäre zur Übertragung des Vermögens der fortg. GG die Auflassung und Eintragung der Grundstücke im Grundbuch auf die Gesellschaft erforderlich gewesen (§§ 873, 925 BGB). An einer solchen der notariellen Form bedürftigen Willenserklärung fehlt es aber bereits. Ist somit eine Gesellschaftsgründung mit der Eigentumsübertragung der landwirtschaftlichen Grundstücke des Betriebes auf die Gesellschaft - wie sie dem LSG vorgeschwebt hat - aus rechtlichen Gründen auszuschließen, so verbleibt die Möglichkeit, daß die Klägerin und ihre Mutter einen Gesellschaftsvertrag mit dem Ziel geschlossen haben könnten, den zum Gesamtgut der fortg. GG gehörenden landwirtschaftlichen Betrieb als Pächter gemeinsam zu bewirtschaften. Auf den Abschluß eines solchen Gesellschaftsvertrages deutet aber nichts hin. Zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes hätte nämlich zwischen der angenommenen Gesellschaft und der fortg. GG ein Pachtvertrag geschlossen werden müssen, in dem die Gegenleistung der Gesellschaft an die fortg. GG für die Verpachtung des landwirtschaftlichen Betriebes zu bestimmen und andere mit der Verpachtung eines solchen Betriebes notwendig verbundenen Regelungen zu treffen gewesen wären. Nach der Richtung ergibt sich jedoch weder etwas aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus den Feststellungen des LSG über die Mithilfe der Klägerin bei der Bewirtschaftung des Betriebes. Die gemeinsamen Besprechungen der Klägerin und ihrer Mutter über die Bestellung der landwirtschaftlichen Grundstücke, die Absprachen über An- und Verkauf lebenden und toten Inventars sowie die gemeinsame Beratung aller sonstigen für die Bewirtschaftung des Betriebes wichtigen Fragen halten sich im vorliegenden Fall durchaus im Rahmen dessen, was in einer bäuerlichen Familiengemeinschaft zwischen betagten und jüngeren Familienmitgliedern üblich ist, so daß kein Schluß der Art gerechtfertigt ist, es müsse dieser Zusammenarbeit rechtlich ein besonderer Vertrag zugrunde liegen. Im übrigen spräche auch die Kompliziertheit eines derartigen Gesellschaftsvertrages gegen die Annahme, daß die Mutter und die Klägerin als rechtsungewandte Personen einen Gesellschaftsvertrag in dem erwähnten Sinne vereinbart haben sollten. Für den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages und die Ansicht des LSG spricht auch nicht der Umstand, daß die Klägerin für das Konto bei der Spar- und Darlehnskasse, das auf den Namen der Mutter der Klägerin eingerichtet ist, Bankvollmacht hat. Hätten die Klägerin und ihre Mutter einen Gesellschaftsvertrag geschlossen, so wäre es folgerichtig gewesen, das Konto für die "Gesellschaft", also zumindest auf den Namen beider Gesellschafter, einzurichten. So aber ist die Mutter allein verfügungsberechtigt und kann der Klägerin jederzeit die Bankvollmacht entziehen. Es besteht somit keine auf die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Hofes gerichtete Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zwischen der Klägerin und ihrer Mutter; diese ist vielmehr allein Betriebsinhaberin im Sinne des § 10 der DVO zu § 33 BVG. Die Klägerin arbeitet demnach ohne einen besonderen Arbeitsvertrag in dem landwirtschaftlichen Betrieb als Familienmitglied der Betriebsinhaberin. Für sie besteht auch weder auf Grund ihrer Stellung als anteilsberechtigter Abkömmling innerhalb der fortg. GG noch als Tochter der Betriebsinhaberin rechtlich eine Pflicht zur Arbeit in dem landwirtschaftlichen Betrieb.

Da somit das LSG den § 10 der DVO zu § 33 BVG verletzt hat, ist die Revision begründet. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Der Senat konnte in der Sache selbst nicht entscheiden. Auf Grund seiner unzutreffenden Rechtsauffassung hat das LSG keine Feststellungen darüber getroffen, ob die vom Beklagten im angefochtenen Bescheid vorgenommene Berechnung des sonstigen Einkommens den Voraussetzungen des § 10 der DVO zu § 33 BVG entspricht, ob also das aus der Tätigkeit der Klägerin als mitarbeitender Familienangehöriger von der Versorgungsbehörde festgesetzte Einkommen unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse festgestellt, dabei die einem Gleichaltrigen für eine gleichartige Arbeit gleichen Umfangs in einem fremden Betrieb ortsüblich gewährte Vergütung als Bewertungsmaßstab angenommen und in angemessenem Umfang die verwertbare Arbeitskraft der Klägerin sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes berücksichtigt worden ist. Die Sache mußte daher an die Vorinstanz zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380250

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