Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 (jetzt: Abs 3) SGB 5. Entstehung des Anspruchs auf Krankenbehandlung. Feststellung der Krankheit und Verordnung einer Leistung durch Kassenarzt. Maßgeblichkeit der Richtlinien nach § 92 SGB 5. Zuzahlungspflicht bei Heilmitteln. Zuzahlungshöhe bei vertragslosem Zustand
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kostenerstattungsnorm des § 13 Abs 2 (jetzt: Abs 3) SGB 5 regelt einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch aus Garantiehaftung des Krankenversicherungsträgers.
2. Der gesetzliche Anspruch auf Dienst- oder Sachleistungen zur Krankenbehandlung setzt - außer in Notfällen voraus, daß ein an der kassenärztlichen (vertragsärztlichen) Versorgung teilnehmender Arzt pflichtgemäß den Eintritt des Versicherungsfalls durch Diagnose einer Krankheit feststellt und eine nach Zweck oder Art bestimmte Leistung verordnet. Soweit der Kassenarzt nicht befugt ist, die Dienste oder Sachen darüber hinaus mit bindender Wirkung für die Kasse zu konkretisieren, ist eine Bewilligung durch diese erforderlich.
3. Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Sicherung der ärztlichen Versorgung sind im Streit um Leistungen zur Krankenbehandlung für die Gerichte maßgeblich, es sei denn, daß sie auf einer unrichtigen Auslegung höherrangigen Rechts beruhen oder ihr Inhalt sachlich unvertretbar ist.
4. Die Zuzahlung zu Heilmitteln ist eine Kostenlast. Erfolgt keine Zuzahlung, erlangt die Kasse mit kostenfreier Verschaffung der Dienstleistung einen Zuzahlungsanspruch gegen den Versicherten.
5. Zur Höhe der Zuzahlung bei vertragslosem Zustand zwischen Kassen und Leistungserbringern.
Normenkette
KVLG 1989 § 8 Abs. 1 Fassung: 1988-12-20; SGB V § 13 Abs. 2 Fassung: 1988-12-20, Abs. 3 Fassung: 1992-12-21, § 27 S. 2 Nr. 3 Fassung: 1988-12-20, § 32 Abs. 1 Fassung: 1988-12-20, Abs. 2 S. 1 Fassung: 1988-12-20, S. 3 Fassung: 1992-12-21, S. 4 Fassung: 1992-12-21, § 2 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1988-12-20, § 76 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1992-12-21, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 Fassung: 1988-12-20; HeilMHilfsMRL; SGB V § 95 Abs. 1 Fassung: 1992-12-21, § 125 Abs. 1 Fassung: 1992-12-21; SGB IV § 19 Fassung: 1989-12-18
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist, ob die beklagte Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) dem Kläger weitere 69,96 DM für von ihm vorfinanzierte krankengymnastische Behandlungen zu erstatten hat.
Der 1943 geborene Kläger ist als Mitglied der Beklagten bei dieser krankenversichert. Er erhielt im Frühjahr 1989 durch die Dres. med. M. und S. -R. insgesamt 24 krankengymnastische Behandlungen mit Eisanwendung verordnet. Im Jahre 1989 gab es zwischen der beklagten LKK und dem Zentralverband der Krankengymnasten (ZVK) keine gültige und ua für die im Kreis D. , in dem der Kläger wohnte, tätigen Krankengymnasten verbindliche Vergütungsvereinbarung. Nur ein Krankengymnast war bereit, mit der LKK direkt abzurechnen; dessen Praxis lag etwa 40 km vom Wohnort des Klägers entfernt. Nach telefonischer Rücksprache mit der LKK ließ der Kläger von Februar bis April 1989 die Behandlungen durch eine Krankengymnastin im erheblich näher liegenden Ort L. durchführen. Diese stellte ihm insgesamt 699,60 DM in Rechnung, die der Kläger bezahlte (Rechnungen vom 22. Februar, 10. März, 30. März und 13. April 1989).
Auf sein Begehren, ihm seine Aufwendungen in Höhe von 699,60 DM zu ersetzen, zahlte ihm die LKK insgesamt 90 vH dieses Betrages (629,64 DM). Mit dem streitigen Bescheid vom 16. Juni 1989, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 1989, lehnte sie die Erstattung weiterer 69,96 DM ab, weil der Kläger gemäß § 32 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) 10 vH der Kosten des Heilmittels selbst zu tragen habe. Falls dies beim Erstattungsanspruch des Klägers nicht zu berücksichtigen sei, stehe ihr jedenfalls ein Anspruch auf Zuzahlung des Kostenanteils von 10 vH zu, mit dem sie gegen den Erstattungsanspruch aufrechne (Schreiben der LKK vom 8. November 1989).
Das Sozialgericht (SG) Itzehoe hat die Beklagte unter Aufhebung der streitigen Verwaltungsentscheidungen verurteilt, dem Kläger "weitere 69,96 DM zu erstatten" (Urteil vom 7. Oktober 1991). Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat auf die - vom SG zugelassene - Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 22. September 1992). Das Berufungsgericht ist folgender Ansicht: Zwischen den Beteiligten bestehe kein Streit darüber, daß § 13 Abs 2 (jetzt: Abs 3) SGB V den Erstattungsanspruch des Klägers dem Grunde nach rechtfertige. Mit dem Wortlaut, dem Versicherten seien die Kosten "in der entstandenen Höhe" zu erstatten, bringe das Gesetz zum Ausdruck, daß die Versicherten so zu stellen sind, als hätten sie die ihnen zustehende Sozialleistung erhalten; dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte (Hinweis auf BT-Drucks 11/2493), dem Sparzweck des Gesetzes und der systematischen Stellung des § 13 SGB V in den gemeinsamen Vorschriften für alle Leistungen der Krankenversicherung (Drittes Kapitel SGB V); da die Leistungen teils mit, teils ohne "Zuzahlung" zu erbringen seien, müsse § 13 Abs 2 SGB V die konkrete Höhe des Erstattungsbetrages offenlassen. Diese ergebe sich aus den konkreten Leistungsnormen, hier aus § 32 SGB V. Die Beklagte habe die Höhe der Zuzahlung richtigerweise mit 10 vH des Betrages festgesetzt, der vom Kläger tatsächlich insgesamt aufgewendet worden sei. Dies sei keine unzumutbare Benachteiligung, denn der Versicherte könne die Höhe seiner Zuzahlung selbst beeinflussen, wenn er in seiner näheren Umgebung den günstigsten Therapeuten aufsuche. Entgegen der Ansicht des Klägers müsse die LKK auf die Zuzahlung nicht deswegen verzichten, weil sie einen Ausgleich dafür zu gewähren habe, daß er sich seinen Behandler selbst habe suchen müssen.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 13 Abs 2 SGB V. Die Krankenkasse müsse die Kosten in der dem Versicherten entstandenen Höhe auch dann erstatten, wenn die selbstbeschaffte Leistung teurer gewesen sei (Hinweis auf BR-Drucks 200/88 S 164). Diese Sanktionsvorschrift sei sachgerecht, weil ein Verschulden der Krankenkasse insoweit vorausgesetzt werde, als diese die "Sachleistung" nicht rechtzeitig oder zu Unrecht nicht erbracht habe. Im übrigen könne die Krankenkasse bei Bestehen einer Vergütungsvereinbarung die "Zuzahlung" nur im Wege der vertraglichen Verrechnung gegenüber dem Leistungserbringer durchsetzen. Dann aber sei sie bei Fehlen einer Vergütungsvereinbarung erst recht nicht befugt, den "Zuzahlungsbetrag" gegen den Erstattungsanspruch des Versicherten aufzurechnen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. September 1992 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 7. Oktober 1991 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Bei Anwendung von § 13 Abs 2 SGB V, der keine Sanktionsvorschrift sei, könne der Versicherte nicht bessergestellt werden als im Falle der Inanspruchnahme einer "Sachleistung". Im übrigen könne ein zeitweiliger vertragloser Zustand mit den Leistungserbringern den Krankenkassen nicht als Verschulden zugerechnet werden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine den Rechtsstreit abschließende Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) ist noch nicht möglich. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen zwar aus zu beurteilen, daß der Kläger die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 2 (seit dem 1. Januar 1993: Abs 3) SGB V erfüllt (dazu unten Teil A); sie lassen aber noch keine Entscheidung darüber zu, ob die beklagte LKK ihre Erstattungspflicht durch Zahlung von 629,64 DM bereits erfüllt hat (dazu unten Teil B); das Berufungsgericht wird zur Feststellung der Höhe des vom Kläger zu tragenden "Zuzahlungsbetrages" von 10 vH der Kosten der Heilmittel noch weitere Ermittlungen durchzuführen haben.
§ 8 Abs 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) iVm § 13 Abs 2 SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
A:
Dem Kläger steht - nach den hierfür gerade noch ausreichenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts - gegen die beklagte LKK, bei der er als Mitglied versichert ist, grundsätzlich ein Kostenerstattungsanspruch zu:
1.
Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß § 13 Abs 2 SGB V die einzige auf das Begehren des Klägers anwendbare Anspruchsgrundlage ist; für den in der Zeit bis zum 31. Dezember 1988 richterrechtlich entwickelten sog krankenversicherungsrechtlichen "Kostenerstattungs-/Kostenübernahmeanspruch" (dazu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 15) ist seit dem Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 kein Raum mehr. Der Gesetzgeber hat die Frage, ob und inwieweit die Krankenversicherungsträger den Versicherten Kostenerstattung/Kostenübernahme statt Sach- oder Dienstleistungen gewähren oder zusagen dürfen, im SGB V umfassend und abschließend geregelt. Gemäß § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 aaO) Kosten "nur" erstatten, soweit es dieses Buch (dh: das SGB V) vorsieht. Die Fallgruppen zulässiger Kostenerstattung/Kostenübernahme sind im Gesetz aufgezählt. Sie umfassen - im Blick auf die im vorliegenden Fall umstrittene "Leistungsart" (so § 11 Abs 1 Nr 4 aaO) der Krankenbehandlung (§§ 27 bis 43a SGB V) - erstens die vom Gesetzgeber selbst vorgenommenen Durchbrechungen des Naturalleistungsprinzips (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB V) bei bestimmten Leistungen zur künstlichen Befruchtung, bei kieferorthopädischer Behandlung und bei Zahnersatz (§§ 27a Abs 3, 29, 30 SGB V), zweitens parlamentsgesetzliche Ermächtigungen an Krankenversicherungsträger, durch Satzungsregelungen das Naturalleistungsprinzip für bestimmte Personengruppen oder zur Erprobung zu durchbrechen (§§ 14, 64, seit dem 1. Januar 1993 auch § 13 Abs 2 nF SGB V), drittens drei Fallgruppen des Systemversagens:
diesen ist gemeinsam, daß das gesetzlich ausgestaltete Leistungserbringungssystem den betroffenen Versicherten die medizinische Versorgung, welche die Krankenkasse diesen kraft Gesetzes gewährleisten muß (§ 70 Abs 1 Satz 1, § 2 Abs 1 Satz 1 SGB V), nicht erbringen kann (§ 17 aaO: Auslandsbeschäftigung von Mitgliedern; § 18 aaO: qualitativ erforderliche Behandlungsmöglichkeit nur im Ausland; § 13 Abs 2 Regelung 1 aaO: sonstiges Systemversagen; ferner §§ 37 Abs 4 und 38 Abs 4 aaO); gleichgestellt ist der Fall, daß die Krankenkasse eine Sach- oder Dienstleistung rechtswidrig abgelehnt hat (§ 13 Abs 2 Regelung 2 aaO; im übrigen zum "Systemversagen" weiter unten).
§ 13 Abs 2 SGB V läßt - unter weiteren Voraussetzungen (dazu unten) - "Kostenerstattung/Kostenübernahme" nur dann zu, wenn der Krankenversicherungsträger einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch nicht erfüllt hat (stellvertretend BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 15 = SGb 1993, 477 mit zust Anmerkung von Meydam, SGb 1993, 480 f; BSGE 70, 24 = SozR 3-2500 § 13 Nr 2). Die Vorschrift erlaubt unter keinen Umständen eine Wahl zwischen der Naturalleistung und der Kostenerstattung; auch die Krankenkasse darf Kostenerstattung/Kostenübernahme statt Naturalleistung nicht nach Ermessen gewähren oder zusagen.
Soweit der 14a Senat des BSG in seinem das kassenärztliche (vertragsärztliche) Disziplinarrecht betreffenden Urteil vom 8. September 1993 (14a RKa 7/92, S 9, zur Veröffentlichung vorgesehen) beiläufig davon gesprochen hat, die Therapiefreiheit in Verbindung mit dem Selbstbestimmungsrecht könne "einen Anspruch auf eine bestimmte Behandlungsweise (in Form der Sachleistung oder der Kostenerstattung) nur nach Maßgabe ... auslösen", ist klarzustellen: Seit dem 1. Januar 1989 gibt es im SGB V nur in den im Parlamentsgesetz geregelten oder mit dessen Ermächtigung im Satzungsrecht vorgesehenen Fällen eine Durchbrechung des Naturalleistungsprinzips (siehe oben), also nicht nach § 13 Abs 2 SGB V, eine Kostenerstattung/Kostenübernahme als Sozialleistung (Geldleistung, § 11 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB I≫). Im übrigen gibt es (neben den originären Geldleistungsansprüchen) nur Ansprüche auf Sach- oder Dienstleistungen. Diese werden nicht nach Wahl eines Arztes, eines Versicherten oder einer Krankenkasse, sondern nur dann durch einen sekundären (abgeleiteten) Kostenerstattungsanspruch nach den §§ 13 Abs 2, 17, 18 SGB V - und zwar kraft Gesetzes und unter weiteren Voraussetzungen - ersetzt (substituiert), wenn die Krankenkasse eine objektiv bestehende Naturalleistungspflicht nicht erfüllt hat.
Einzige Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist also § 13 Abs 2 SGB V, weil der Kläger Erstattung von Kosten begehrt, die ihm dadurch entstanden sind, daß die Beklagte eine Dienstverschaffungspflicht nicht - oder nur unzulässig teilweise (§ 266 des Bürgerlichen Gesetzbuches ≪BGB≫) - erfüllt hat.
2.
§ 13 Abs 2 SGB V regelt einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch aus Garantiehaftung des Krankenversicherungsträgers:
Die Krankenkassen (ferner auch sämtliche Leistungserbringer) haben den Versicherten "zu gewährleisten" (so ausdrücklich § 70 Abs 1 Satz 1 SGB V), daß die gesetzlich vorgesehenen Dienst- und Sachleistungen, und zwar gerade "als Sach- und Dienstleistungen" (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB V), also nach dem Naturalleistungsprinzip zur Verfügung gestellt werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V).
Diese Grundentscheidung, jedem Versicherten die zur Erhaltung, Wiederherstellung oder Besserung des Gesundheitszustandes (§ 1 Satz 1 SGB V) erforderlichen Dienste und/oder Sachen zu verschaffen, dient dem Schutz der Mehrheit der Kassenmitglieder. Deren verfügbares, dh nach Abzug ua der Krankenversicherungsbeiträge für die Lebensführung verwendbares (Erwerbs-)Einkommen reicht in der Regel nicht aus, Dienste (zB ärztliche) oder Sachen (zB Arzneien, Heil- oder Hilfsmittel) zusätzlich zum Beitrag in mehr als geringem Umfang vorzufinanzieren. Deswegen bestimmt § 1 Satz 1 SGB V "die Krankenversicherung" (nicht nur: die einzelne Krankenkasse) als Solidargemeinschaft, in der die Versicherten, Krankenkassen und Leistungserbringer (§ 2 Abs 4 aaO) in gemeinsamer Verantwortung darauf zu achten haben, daß die notwendigen Sachen oder Dienste rechtzeitig, in hoher Qualität und in erforderlichem Umfang verschafft werden, dies aber möglichst kostengünstig zu besorgen ist.
Das gesetzliche Naturalleistungsgebot (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB V - sozialpolitisch: "Sachleistungsprinzip") schließt für alle in "der Krankenversicherung" Verbundenen (§ 2 Abs 4 aaO) die krankenversicherungsrechtliche Beachtlichkeit einer Selbstbeschaffung von Diensten oder Sachen aus, "soweit dieses Buch nichts Abweichendes vorsieht"; diese Ausnahmen vom Naturalleistungsgebot sind - wie ausgeführt - im SGB V abschließend aufgezählt. Die Maxime: "Beschaffe selbst und liquidiere bei der Kasse" (sozialpolitisch: "Kostenerstattungsprinzip") widerspricht grundsätzlich dem Naturalleistungsgebot und ist mit ihm zumindest in dem Sinne unvereinbar, daß Versicherte nicht zugleich in das Naturalleistungssystem einbezogen und zur Selbstbeschaffung mit Kostenersatz befugt sein können.
Das bindende Naturalleistungsversprechen des § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V kann nur eingehalten und nur dann aus erträglichen Krankenversicherungsbeiträgen berechenbar finanziert werden, wenn ein auf die Erbringung der erforderlichen Naturalleistungen spezialisiertes Naturalleistungssystem vorhanden ist, in dem der Zweck der bedarfsgerechten Versorgung mit Sach- und Dienstleistungen (§ 70 Abs 1 SGB V) nach für alle Betroffenen (Versicherte, Krankenkassen, Leistungserbringer) gleichen und rechtlich verbindlichen Maßstäben verfolgt wird.
Ersichtlich übersteigt die Sicherstellung und Erbringung des in den ersten vier Kapiteln des SGB V geregelten Naturalleistungsangebots die Kräfte des einzelnen Krankenversicherungsträgers. Deswegen hat das Gesetz ua die Krankenkassen und die Leistungserbringer in einem vielschichtig funktional gegliederten Gesamtsystem (Naturalleistungssystem) zu dem Zweck verbunden, dadurch den Versicherten ua die gesetzlich zugesagte Krankenbehandlung (§ 27 aaO) bedarfsgerecht und in hoher Qualität (§§ 2 Abs 1 Satz 3, 70 aaO) zu garantieren. Der einzelne Krankenversicherungsträger, der dieses Naturalleistungssystem gegenüber seinen Mitgliedern repräsentiert, hat diesen im Rechtssinne für den Verschaffungserfolg zu haften (Garantiehaftung). Schon deswegen kommt es - entgegen der Ansicht der Revision - für den in § 13 Abs 2 SGB V geregelten Anspruch auf ein Verschulden der Organe oder Amtswalter der beklagten LKK nicht an. In § 13 Abs 2 SGB V (auch §§ 17, 18 aaO) stellt das Gesetz vielmehr in Rechnung, daß das krankenversicherungsrechtliche Naturalleistungssystem trotz aller gesetzlichen Vorkehrungen uU nicht in der Lage ist, das dem Versicherten Geschuldete überhaupt, rechtzeitig oder in der gebotenen Qualität zu erbringen. Sofern dem Versicherten eine Sach- oder Dienstleistung hätte zur Verfügung gestellt werden müssen, dies aber bis zum Zeitpunkt der Unaufschiebbarkeit der Bedarfsdeckung nicht geschehen und der Versicherte insoweit mit eigenen Mitteln eingetreten ist, hat die Krankenkasse ihn schadlos zu stellen, falls die Nichterfüllung auf einem (konkreten oder generellen) Unvermögen des Leistungssystems (Systemversagen) oder auf rechtlichem Versagen der einzelnen Kasse, nämlich auf eigener rechtswidriger Ablehnung der Dienst- oder Sachleistung beruht. Die zuständige Krankenkasse hat also gegenüber dem bei ihr Versicherten dafür einzustehen, daß das krankenversicherungsrechtliche Naturalleistungssystem, dem sie eingegliedert ist und das sie gegenüber dem Versicherten rechtlich repräsentiert, bestehende Sach- und Dienstleistungsansprüche erfüllt. Dieser Garantiehaftung der einzelnen Krankenkasse für das gesetzliche Leistungssystem entspricht spiegelbildlich, daß die dem Versicherten nach den Vorschriften des SGB V durch zugelassene Leistungserbringer erbrachten Leistungen befreiende Wirkung für die zuständige Krankenkasse haben. Wegen dieser Garantiepflicht hat der Krankenversicherungsträger - wie das LSG im Ansatz richtig erkannt hat - den Vermögensschaden des Versicherten nur soweit auszugleichen, daß der Zustand hergestellt wird, der bestanden hätte, wenn die nach dem Gesetz geschuldete Naturalleistung ordnungsgemäß erbracht worden wäre. "Kostenerstattung" iS von § 13 Abs 2 SGB V bedeutet also Schadensersatz, der im wesentlichen in Geld (§ 251 Abs 1 BGB), uU aber auch im Wege der Freistellung von einer Verbindlichkeit (§ 257 BGB) zu leisten ist.
3.
Grundvoraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 13 Abs 2 SGB V ist, daß der Kläger einen Naturalleistungs- oder Naturalverschaffungsanspruch (Primäranspruch) auf die Sach- oder Dienstleistung hatte (BSGE 70, 24 = SozR 3-2500 § 12 Nr 2; BSG Urteil vom 30. September 1993, 4 RK 1/92, zur Veröffentlichung vorgesehen), den die zuständige Krankenkasse nicht erfüllt hat. Der Versicherte muß also in dem Zeitpunkt, in dem die Bedarfsdeckung unaufschiebbar und deswegen von ihm selbst beschafft wurde, einen im SGB V ausgestalteten Sach- oder Dienstleistungsanspruch gegen die zuständige Krankenkasse gehabt haben, der durch die selbstbeschaffte Bedarfsdeckung untergegangen ist (Identität zwischen Bedarfsdeckung und Anspruchsinhalt).
Dabei muß sich der Primäranspruch grundsätzlich aus dem materiellen Leistungs- und Leistungserbringungsrecht des SGB V ergeben; er kann aber auch auf (was hier fernliegt) einem wirksamen verwaltungsrechtlichen Vertrag (§§ 53 ff, 58 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫) oder auf einem - uU hier bei dem Telefonat oder durch die Kostenerstattung verlautbarten, (rechtswidrig) begünstigenden - Verwaltungsakt (Leistungsbewilligung/Anerkennung des Anspruchs) der zuständigen Krankenkasse beruhen. Eine dieser Möglichkeiten der Anspruchsentstehung liegt im Falle des Klägers - worauf zurückzukommen ist - wahlweise vor.
Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die den Senat binden (§§ 163, 164 Abs 2 Satz 3 SGG), genügen nicht zu entscheiden, daß der Kläger einen gesetzlichen Dienstverschaffungsanspruch (Primäranspruch) gegen die Beklagte hatte:
Die Ausführungen des LSG, die Dres. med. M. und S. -R. hätten dem Kläger im Frühjahr 1989 insgesamt 24 krankengymnastische Behandlungen mit Eisanwendung verordnet, legen zwar nahe, reichen aber nicht aus zu erkennen, daß der Kläger kraft Gesetzes das Recht hatte, von der Beklagten die Verschaffung dieser (im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung, verordnungsfähigen) Behandlungen zu verlangen (§ 194 Abs 1 BGB). Es fehlen nämlich Feststellungen dazu, ob diese Ärzte iS von § 76 SGB V an der kassenärztlichen (seit 1. Januar 1993: vertragsärztlichen) Versorgung teilnehmen und in diesem Sinne "Kassenärzte" sind, ferner ob sie ihre Diagnose und Verordnung in Wahrnehmung ihrer Pflichten als Kassenärzte (§ 95 Abs 3 und 4 SGB V), nicht aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit dem Versicherten, getroffen haben, welche Krankheit (oder Behinderung - § 33 Abs 1 aaO) sie diagnostiziert und ob sie die verordneten Behandlungen gerade im Blick hierauf iS von § 27 (jetzt: Abs 1) Satz 1 SGB V medizinisch als notwendig erachtet haben. Diese Voraussetzungen werden grundsätzlich und in aller Regel dadurch hinreichend belegt, daß der Kassenarzt eine in der kassenärztlichen Versorgung (§ 73 Abs 2 SGB V) verordnungsfähige Dienst- oder Sachleistung auf einem vorgeschriebenen Verordnungsformular ("Kassenrezept") verordnet.
Zwar läßt sich den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsvorgängen der Beklagten entnehmen, daß der Kläger an einer Gonarthrose links sowie an einer Versteifung des rechten Armes leidet. Nicht deutlich ist, ob die krankengymnastischen Behandlungen deswegen verordnet worden sind. Ferner ist zwar im Tatbestand des SG-Urteils mitgeteilt, die Ärzte seien Kassenärzte. Das Berufungsgericht, das diese Feststellung nicht übernommen hat, hat hingegen in seinem Urteil weder auf das Urteil des SG noch auf die Prozeßakten der ersten Instanz Bezug genommen. Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten lassen Feststellungen weder darüber noch zu der Frage zu, ob die Verordnungen auf "Kassenrezepten" erfolgten. Tatsächliche Feststellungen hierzu sind aber für eine Entscheidung, daß der Kläger einen gesetzlichen Primäranspruch hatte, aus folgenden Gründen unumgänglich:
Die Entstehung eines gesetzlichen Anspruches auf Verschaffung einer Dienst- oder Sachleistung als Hauptleistung zur Krankenbehandlung setzt - jedenfalls seit Inkrafttreten des SGB V - (mit Ausnahme nur eines Notfalls iS von § 76 Abs 1 Satz 2 aaO) notwendig voraus, daß ein an der kassenärztlichen (vertragsärztlichen) Versorgung teilnehmender Arzt in Wahrnehmung kassenärztlicher Pflicht den Eintritt des Versicherungsfalls (in medizinischer Hinsicht) durch Diagnose einer Krankheit feststellt und eine medizinisch nach Zweck oder Art bestimmte Sach- oder Dienstleistung verordnet (bei Eigenabgabe: anordnet, so § 15 Abs 1 SGB V).
Abgesehen von der Notfallbehandlung beleiht nämlich das Gesetz ausschließlich den jeweils vom Versicherten frei gewählten "Kassenarzt" mit der öffentlich-rechtlichen Rechtsmacht (Kompetenz), die medizinischen Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalls der Krankheit für den Versicherten und die Kasse verbindlich festzustellen. Diese Rechtsmacht erstreckt sich - soweit in (gesetzmäßigen) Vorschriften des Leistungserbringungsrechts (§§ 69 ff SGB V iVm nachrangigem Recht) nichts Abweichendes bestimmt ist - ferner darauf, im Rahmen und in den Formen der kassenärztlichen Versorgung (§§ 73 Abs 2, 92 SGB V) mit rechtlicher Bindungswirkung für die zuständige Krankenkasse (nur) im Leistungsverhältnis zum Versicherten festzusetzen, welche nach Zweck oder Art bestimmten Dienste oder Sachen zur Krankenbehandlung medizinisch notwendig zu erbringen sind.
Wären also im Falle des Klägers die Ärzte privatärztlich tätig geworden, ohne daß - was hier fernliegt - ein Notfall dies unausweichlich erfordert hat, wäre kein Primäranspruch entstanden und eine Kostenerstattung ausgeschlossen. Wären sie zwar bei der Feststellung des Versicherungsfalls (Krankheitsdiagnose) als "Kassenärzte" vorgegangen, hätten sie aber - pflichtwidrig - die Verordnung nicht im Rahmen und in den Formen der kassenärztlichen Versorgung, also in Überschreitung der Grenzen der ihnen verliehenen Rechtsmacht, sondern zB auf Privatrezept getroffen, wäre diese Verordnung für die Kasse nicht bindend. Diese hätte dann auf notwendigen (§ 19 Viertes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB IV≫, früher: § 1545 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫) Antrag des Klägers im Verfahren nach §§ 1, 8 ff SGB X in eigener Kompetenz zu entscheiden, ob sie die Leistung gleichwohl bewilligt. Hätten hingegen die Ärzte die krankengymnastischen Behandlungen, die im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung verordnungsfähig sind, als "Kassenärzte" auf "Kassenrezept" verordnet, wäre die Beklagte im Verhältnis zum Kläger insoweit daran gebunden und der Anspruch auf Verschaffung von Dienstleistungen der verordneten Art (§§ 241, 243 Abs 1 BGB) entstanden. Dazu näher im folgenden:
Rechtsgrundlage (nicht: Anspruchsgrundlage) für einen primären Naturalverschaffungsanspruch des Klägers gegen die beklagte LKK ist § 32 Abs 1 SGB V. Danach haben Versicherte "Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln", soweit diese - wie im vorliegenden Fall - nicht nach § 34 aaO ausgeschlossen sind. Denn krankengymnastische Behandlungen gehören zur Gattung der Heilmittel, weil und soweit sie als Maßnahmen der physikalischen Therapie durch persönliche medizinische Dienstleistungen entsprechend ausgebildeter Personen zur Behandlung einer Krankheit ("von außen") erbracht werden. Die Vorschrift regelt - wie schon aus ihrem Wortlaut zu ersehen ist - nur Teilelemente einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage. Eine solche wäre erst dann vorhanden, wenn dem Text (durch Auslegung) entnommen werden könnte, unter welchen Voraussetzungen ein Berechtigter das - gerichtlich durchsetzbare - Recht hat, von dem Verpflichteten ein konkretes Tun, dh eine bestimmte Handlung zu verlangen (§ 194 Abs 1 BGB). Im vorliegenden Zusammenhang kann außer Betracht bleiben, daß § 32 Abs 1 aaO den Pflichtigen nur im Wege der stillschweigenden Verweisung auf die §§ 173 ff SGB V und den Berechtigten mit dem Ausdruck "Versicherte" lediglich durch Verweisung auf die §§ 5 ff SGB V anspricht. Entscheidend ist, daß die Vorschrift nicht ausdrückt, unter welchen Voraussetzungen der Versicherte ein Heilmittel verlangen kann. Wäre § 32 Abs 1 SGB V eine Anspruchsgrundlage, hätte jeder Versicherte - ungeachtet der sonstigen Vorschriften dieses Gesetzbuches und mit ihnen offensichtlich unvereinbar - das voraussetzungslose, jedoch einklagbare Recht, von der zuständigen Krankenkasse die Verschaffung eines von ihm gewählten Heilmittels zu verlangen. Augenfällig bedarf die Entstehung eines Anspruchs auf Verschaffung von Heilmitteln notwendig weiterer gesetzlicher Vorgaben. Diese sind in den §§ 27 Satz 1 und 2, 12 Abs 1 SGB V nur zum Teil enthalten.
Gemäß § 27 Satz 2 Nr 3 ist "die Versorgung mit Heilmitteln" Teil der Krankenbehandlung. Auf diese Versorgung haben Versicherte nach Satz 1 aaO "Anspruch", wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Grundvoraussetzung dieses sog "Anspruchs auf Krankenbehandlung" ist also das Vorliegen einer "Krankheit" (für diagnostische Maßnahmen: eines Krankheitsverdachts). Es muß also objektiv eine "regelwidrige Beeinträchtigung der - geistigen, seelischen oder körperlichen - Gesundheit" (§ 1 Satz 1 SGB V) vorliegen, die im wesentlichen keine Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit iS der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 11 Abs 4 SGB V) und so gravierend ist, daß sie einer "ärztlichen" Behandlung zu den in § 27 Satz 1 SGB V genannten Zwecken bedarf. Gleichwohl hat der Versicherte im Krankheitsfall ggf Anspruch nur auf "notwendige" und "wirtschaftliche" Leistungen (§ 12 Abs 1 Satz 2 SGB V). Ferner scheiden aus dem Bereich möglicher Ansprüche des Versicherten solche Leistungen aus, die "unzweckmäßig", dh ungeeignet sind, die in § 27 Satz 1 SGB V genannten Zwecke zu fördern, oder die - aus seiner Sicht oder der seines behandelnden Arztes - zwar wünschenswert erscheinen, zur "ausreichenden" Krankenbehandlung jedoch nicht erforderlich sind (§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V), oder deren "Qualität und Wirksamkeit" dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht entsprechen (§§ 2 Abs 1 Satz 3, 70 Abs 1 SGB V).
Die vorgenannten Bestimmungen konkretisieren weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit tatbestandliche, dh inhaltlich (durch Auslegung) generell bestimmbare ("subsumtionsfähige") Voraussetzungen für einen gesetzlichen Anspruch des Versicherten auf Verschaffung eines bestimmten Heilmittels. Schon die Vielzahl der in ihrer Verflechtung und wechselseitigen Abhängigkeit nur schwer verständlichen unbestimmten Rechtsbegriffe zeigt, daß es sich um offene Wertungsnormen handelt. Es bedarf also weiterer Konkretisierungsschritte, des Abschreitens weiterer Erkenntniswege und weiterer Entscheidungen, bis erkennbar wird, ob der Versicherte nach dem Zweck des Gesetzes eine bestimmte Dienstleistung beanspruchen kann. Hinzu kommt, daß § 27 Satz 1 und 2 Nr 3 SGB V - wie schon § 32 Abs 1 aaO - den möglichen Anspruchsinhalt ("Versorgung mit Heilmitteln") nur abstrakt mit der Bezeichnung für die Leistungsgattung umschreibt, ohne Kriterien auch nur dafür aufzustellen, welche Arten von Heilmitteln bei welchen medizinischen Indikationen beansprucht werden können. § 27 SGB V enthält also augenfällig ein subjektiv-öffentlich-rechtliches Rahmenrecht, aus dem erst unter Einschluß weiterer im SGB V bestimmter Voraussetzungen ein konkreter Anspruch hergeleitet werden kann. Dem 1. Senat des BSG (zuletzt: SozR 3-2200 § 182 Nrn 15, 13) ist also auch für die seit dem 1. Januar 1989 maßgebliche Rechtslage beizupflichten, daß der "Anspruch auf Krankenbehandlung" nur ein sog Anspruch dem Grunde nach, also gerade noch kein hinreichend konkretisierter Anspruch ist. § 27 SGB V, dessen Satz 2 Nr 3 von § 32 Abs 1 aaO nur wiederholt wird, legt die Rahmenbedingungen für die Entstehung möglicher Ansprüche und damit zugleich die äußersten Grenzen für die Leistungsverpflichtungen der Krankenversicherungsträger fest.
Sachgrund für diese Zurückhaltung des parlamentarischen Gesetzgebers, gesetzliche Anspruchsgrundlagen auszugestalten (also: Konditionalprogramme festzuschreiben), und für seine Selbstbeschränkung darauf, subjektiv-rechtlich bewährte Zweckprogramme (§ 27 Satz 1 SGB V) zu normieren, ist ua, aber vor allem die medizinisch-wissenschaftliche Komplexität der Regelungsmaterie. Die Ergebnisse des in ständigem Fluß befindlichen Prozesses der medizinischen Erkenntnis in Diagnostik und Therapie entziehen sich schon wegen ihrer Dynamik weitgehend der parlamentsgesetzlichen Fixierung in "Wenn-Dann-Sätzen" (konkreten Anspruchsgrundlagen). Das SGB V würde bei einer zu sehr ins einzelne gehenden Ausgestaltung von Ansprüchen wegen der mit einer parlamentsgesetzlichen Festlegung verbundenen Statik sogar Gefahr laufen, sein erklärtes Hauptziel zu verfehlen, kranken Versicherten die nach dem - jeweils - allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts notwendige Krankenbehandlung durch das gesetzliche Naturalleistungssystem zuteil werden zu lassen.
Das SGB V hat prinzipiell einen anderen, im weitesten Sinne "verfahrensrechtlichen" Weg beschritten, auf dem konkrete Ansprüche der Versicherten auf bestimmte Sach- oder Dienstleistungen aus seinem (Rahmen-)Recht auf Krankenbehandlung herzuleiten sind.
Grundsätzlich hat das Gesetz die Konkretisierung (und Erfüllung) des subjektiv-öffentlichen Rechts auf Krankenbehandlung "der kassenärztlichen Versorgung" übertragen (§§ 72, 73, 75, 92 SGB V). Hierbei ist im ersten Schritt der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gesetzlich dazu bestellt, durch Richtlinien zur Sicherung der kassenärztlichen Versorgung im Rahmen des Möglichen abstrakt-generelle Maßstäbe aufzustellen, fortzuschreiben und ua jederzeit zu korrigieren, nach denen das im Einzelfall medizinisch Notwendige sowie dessen Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Erforderlichkeit zu beurteilen ist (§§ 91 bis 94 SGB V; dazu unten). Innerhalb vor allem dieser Vorgaben ist dem vom Versicherten frei gewählten "Kassenarzt" die Kompetenz zugewiesen, das Recht des Versicherten gegenüber der Krankenkasse (nur) in medizinischer Hinsicht verbindlich zu konkretisieren, soweit er sich dabei materiell und formell im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung bewegt.
Dies zeigt sich an dem im Bereich der Krankenbehandlung (§§ 27 ff SGB V - anders als bei zB Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit, §§ 53 ff SGB V - dazu Senatsurteil vom 30. September 1993, 4 RK 1/92, zur Veröffentlichung vorgesehen) besonders weitgehenden Ausschluß des "normalen", im wesentlichen in den §§ 8 ff SGB X geregelten Verwaltungsverfahrens für die Entscheidung über die Leistungsbewilligung. Dieses ist vor allem dadurch gekennzeichnet, daß der Versicherte gemäß § 19 Satz 1 SGB IV (vor dem 1. Januar 1992: § 1545 Abs 1 RVO) einen das Verwaltungsverfahren und uU den Anspruch auslösenden Antrag beim Krankenversicherungsträger stellen muß, soweit sich aus den Vorschriften des SGB V nichts Abweichendes ergibt; daraufhin hat der Krankenversicherungsträger ua den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und ggf Sachverständigengutachten einzuholen; schließlich muß er einen über den Anspruch entscheidenden Verwaltungsakt erlassen.
Das SGB V schließt diese (auf Konditionalprogramme zugeschnittene) streng verfahrensrechtliche Überprüfung des Vorliegens eines Anspruchs für den Bereich der Krankenbehandlung durch ein in sich geschlossenes und als abschließend konzipiertes Rechtskonkretisierungskonzept derart aus, daß das "normale" Verwaltungsverfahren nur noch dann und nur soweit stattfinden darf, als das gesetzliche Spezialkonzept einen Rückgriff hierauf zuläßt oder im Einzelfall objektiv versagt.
Kerngedanke dieses Konkretisierungskonzepts ist, daß die für die Entstehung eines Anspruchs im Einzelfall notwendige Erkenntnis, ob eine und ggf welche Krankheit besteht und was zu ihrer Behandlung im Sinne der Zwecke des § 27 Satz 1 SGB V medizinisch notwendig ist, im Kern weder einem Bestimmungsrecht (vgl § 315 BGB) des Versicherten noch der Wahl (vgl § 262 BGB) oder der hoheitlichen Entscheidung der Krankenkasse überantwortet wird. Ausschlaggebend ist, daß ein an der kassenärztlichen (vertragsärztlichen) Versorgung teilnehmender und dadurch mit der erforderlichen Rechtsmacht beliehener Arzt ("Kassenarzt" - iS von §§ 76 Abs 1 Satz 1, 73 Abs 2 SGB V) als "Kassenarzt" das Vorliegen einer Krankheit feststellt und eine medizinisch nach Zweck oder Art bestimmte Dienst- oder Sachleistung zu ihrer Behandlung iS von § 27 Satz 1 SGB V verordnet (bzw anordnet).
Die Erkenntnis eines anderen Arztes reicht hierfür ausnahmsweise dann und soweit aus, als der Versicherte unter Berücksichtigung der örtlichen und seiner persönlichen Verhältnisse und Fähigkeiten wegen der besonderen Umstände seines Bedarfs nach Diagnostik oder Behandlung objektiv außer Stande ist, einen "Kassenarzt" rechtzeitig zu konsultieren; denn andere Ärzte als "Kassenärzte" dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden (§ 76 Abs 1 Satz 2 SGB V; vgl schon BSGE 34, 172 = SozR Nr 6 zu § 368a RVO). Begibt der Versicherte sich also ohne Not in privatärztliche Behandlung, verläßt er dadurch den Schutzbereich der "Solidargemeinschaft der Krankenversicherung" (§ 1 Satz 1 SGB V); er kann deshalb von dieser insoweit nichts beanspruchen.
Gemäß dieser Grundentscheidung gestaltet das SGB V die Mitwirkungsrechte des Versicherten und der Krankenkasse an dem Rechtskonkretisierungsprozeß im Bereich der Krankenbehandlung aus: Der Versicherte, der krank ist oder sich dafür hält, hat gegen die Krankenkasse gemäß § 291 SGB V einen Anspruch auf Ausstellung einer Krankenversicherungskarte (bzw eines Krankenscheins), die ihn, ohne daß es eines Antrages oder eines Bewilligungsverwaltungsaktes der Kasse bedürfte, dazu berechtigt, einen von ihm frei gewählten "Kassenarzt" in Anspruch zu nehmen. Übernimmt dieser - pflichtgemäß - die Behandlung, entstehen zwischen ihm und dem Versicherten zwar rechtlich keine Hauptpflichten; jedoch ist der Arzt dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts (§ 76 Abs 4 SGB V) sowie in den durch §§ 12 Abs 1, 70 Abs 1 SGB V gezogenen Grenzen und im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung (§§ 73 Abs 2, 92 SGB V) zur Beachtung des Individualisierungsprinzips (§ 33 SGB I), also ua zur Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der angemessenen Wünsche des Versicherten, verpflichtet. Dem Versicherten obliegt es, gegenüber seiner Krankenkasse in den Grenzen des § 65 SGB I, bei Diagnostik und Therapie mitzuwirken. Durch die Tätigkeit des Kassenarztes wird das dem Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse zustehende (Rahmen-)Recht auf ärztliche Behandlung (§ 27 Satz 2 Nr 1 SGB V) erfüllt. Der Krankenversicherungsträger muß sich die kompetenzgemäße kassenärztliche Tätigkeit im Blick auf die Entstehung und Erfüllung des Krankenbehandlungsanspruchs des Versicherten kraft Gesetzes als eigene zurechnen lassen, weil der Kassenarzt sein gesetzlicher Leistungserbringer ist (§§ 70, 72, 73,75, 95 SGB V).
Das bedeutet: Der Krankenversicherungsträger ist rechtlich an die medizinische Erkenntnis des ordnungsgemäß handelnden Kassenarztes gebunden und gehindert, in das Vertrauensverhältnis zwischen dem Versicherten und dem von ihm gewählten "Kassenarzt" einzugreifen. Wenn und soweit der "Kassenarzt" in Wahrnehmung seiner Pflicht als Kassenarzt eine Krankheit diagnostiziert und eine Dienst- oder Sachleistung im Rahmen und in den Formen der kassenärztlichen Versorgung verordnet hat, aber auch nur insoweit, darf die Krankenkasse diese dem Versicherten nicht aus dem Grunde versagen, daß sie die Diagnose für falsch oder zB die verordnete Leistungsart iS von § 12 Abs 1 Satz 2 SGB V medizinisch für nicht notwendig hält. Sie ist vielmehr insoweit auf den kassenarztrechtlichen Rückgriff (vgl § 106 SGB V) verwiesen. Hingegen verbleiben Entscheidungen über die - oder im Rahmen der Ausführung - der kassenärztlichen Verordnung grundsätzlich im Kompetenzbereich des Krankenversicherungsträgers. Dieser kann über die rechtsvernichtende Einwendung der Unwirtschaftlichkeit (§ 12 Abs 1 Satz 2 SGB V), die mit der medizinischen Notwendigkeit nicht verwechselt werden darf und im Leistungsrecht die og ärztliche Verordnung voraussetzt, sowie über die hemmenden Einreden der - gleichfalls am Zweck der Verordnung zu messenden - Unzweckmäßigkeit und Nichterforderlichkeit (§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V), ferner über die Konkretisierung (§ 243 Abs 2 BGB) sowie über die Art und Weise der Erbringung der Leistung entscheiden. Im Falle des Klägers sind keine Umstände dargetan oder ersichtlich, die den Primäranspruch vernichten oder seine Durchsetzbarkeit hemmen könnte.
Die Schlüsselrolle des "Kassenarztes" bei der (das "Ob", nicht das "Wann" betreffenden) konstitutiven Ausgestaltung eines konkreten Dienst- oder Sachleistungsanspruchs aus dem subjektiv-öffentlichen Recht auf Krankenbehandlung wird auch in zahlreichen anderen Bestimmungen des SGB V deutlich: ZB sieht § 73 Abs 2 Nrn 5 bis 8 SGB V für die in § 27 Satz 2 SGB V genannten subjektiven Rechte auf Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, auf Krankenhausbehandlung und auf medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation ausdrücklich die kassenärztliche Verordnung vor und bestimmt ferner, daß die in § 27 Satz 2 Nrn 1 und 2 zugesagte ärztliche/zahnärztliche Behandlung von der kassenärztlichen Versorgung umfaßt wird. Im Blick auf Heilmittel geht § 34 Abs 1 iVm Abs 5 SGB V von einem Ausschluß bestimmter Heilmittel "bei Verordnung" in bestimmten Anwendungsgebieten, also von einem gesetzlichen Verordnungsvorbehalt aus. Vor allem aber kann das SGB V sein Ziel (§ 2 Abs 2 Satz 1 aaO), unter Wahrung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem einzelnen Versicherten und seinem Arzt ein effektives und zugleich finanzierbares Naturalleistungssystem zu schaffen, nur erreichen, wenn der Arzt, in dessen Hand die Feststellung des Behandlungsbedarfs sowie des Umfangs und der Intensität der Behandlung und damit zugleich des Ausmaßes der Kosten liegt, bei seiner Tätigkeit strikt an die rechtlichen Vorgaben dieses Gesetzbuches (§§ 2, 12 Abs 1, 70 aaO) gebunden ist. Dies ist rechtlich nur dann der Fall, wenn dieser "Kassenarzt" und aus diesem Grunde verpflichtet ist (§§ 70, 95 aaO), die Vorschriften des SGB V und des auf dieser Grundlage ergangenen sekundären Leistungserbringungsrechts einzuhalten.
Demnach hätte der Kläger gegen die beklagte LKK nur dann einen von dieser im Leistungsverhältnis nicht mehr überprüfbaren gesetzlichen Anspruch auf Verschaffung der ("verordnungsfähigen") krankengymnastischen Behandlungen gehabt, wenn die beiden Ärzte als "Kassenärzte" diese Heilmittel auf dem in der kassenärztlichen Versorgung vorgeschriebenen Verordnungsblatt ("Kassenrezept") verordnet hätten. In diesem Falle hätte die beklagte LKK - wie ausgeführt - im "normalen" Verwaltungsverfahren auf Antrag des Klägers allenfalls noch über die Art und Weise der Ausführung der ärztlichen Verordnung (bzw über die Gewährung von hierzu ergänzenden Sach- oder Dienstleistungen) zu entscheiden gehabt (falls sie nicht - was bei ordnungsgemäßer kassenärztlicher Versorgung wegen der nur verfahrensrechtlichen und anspruchsauslösenden Bedeutung des Leistungsantrags zulässig ist ≪§ 9 SGB X≫ - gegenüber ihren Versicherten für den Fall der Inanspruchnahme eines zugelassenen Krankengymnasten allgemein auf die Durchführung des Verwaltungsverfahrens verzichtet hat). Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen jedoch - wie ausgeführt - nicht aus zu beurteilen, ob der Anspruch auf diesem Wege entstanden ist.
Bei dieser Sachlage ist auf wahlweiser Grundlage zu erkennen, daß dem Kläger der Primäranspruch zustand. Es bestehen drei Möglichkeiten, wie der Anspruch entstanden sein könnte, ohne daß entscheidbar ist, welche hiervon vorliegt: Entweder ergab sich der Anspruch im dargelegten Sinn aus dem Gesetz; die hierfür lückenhaften tatsächlichen Feststellungen des LSG schließen dies nicht aus, weil sich daraus ergibt, daß Ärzte ein verordnungsfähiges Heilmittel verschrieben haben. Oder der Anspruch beruhte auf einem Verwaltungsakt der beklagten LKK, den diese entweder durch Leistungsbewilligung bei dem Telefonat oder nachträglich durch vorbehaltlose Anerkennung bei der Kostenerstattung erteilt haben kann. Eine andere Möglichkeit, insbesondere die einer Leistungsablehnung oder eines Schweigens der Kasse zum Bestand des Primäranspruchs ist nach den Umständen des Falles auszuschließen:
Auf der bislang festgestellten Tatsachengrundlage kann allerdings auch nicht abschließend entschieden werden, daß die Beklagte dem Kläger bei dem einen Antrag auf Leistungsgewährung enthaltenden Telefonat, das er mit ihr vor der Inanspruchnahme der Krankengymnastin geführt hat, einen Anspruch auf dieses Heilmittel - uU rechtswidrig, aber bindend (iS von § 77 SGG) - zuerkannt hat. Insoweit ist hier zu unterstellen, daß die tatsächlichen Voraussetzungen für die Entstehung eines gesetzlichen Dienstleistungsanspruchs ganz oder teilweise nicht vorlagen. Ferner muß hier unterstellt werden, daß der Kläger die Beklagte bei dem Telefonat hiervon unterrichtet hat. Hätte die beklagte LKK mit diesem Kenntnisstand dem Kläger anheimgestellt, die Krankengymnastin aufzusuchen, wäre darin uU zugleich die schlüssige Bewilligung eines Anspruchs auf dieses Heilmittel zu sehen. Den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsvorgängen der Beklagten ist jedoch nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, ob die LKK von einer solchen Fallgestaltung ausgegangen ist. Aus der Widerspruchsschrift des Klägers vom 12. Juli 1989 ergeben sich nämlich Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte damals von einer ordnungsgemäßen kassenärztlichen Verordnung ausgegangen sein könnte, also erkennbar keine Maßnahme zur Regelung (hier: Feststellung) eines Dienstleistungsanspruchs getroffen haben könnte (§ 31 SGB X).
Trotz dieser unzureichenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist dessen Urteil - ohne insoweit zurückzuverweisen - insoweit zu bestätigen, als es den Primäranspruch des Klägers bejaht hat. Der 3. Senat des BSG (BSGE 64, 256, 259 = SozR 2200 § 182 Nr 114) hat entschieden, daß eine Krankenkasse durch Erstattung eines Anteils an den Kosten einer selbstbeschafften Leistung einen Verwaltungsakt im Sinne einer sozialrechtlichen Leistungsgewährung im konkreten Einzelfall erläßt. Dem tritt der erkennende Senat für das seit dem 1. Januar 1989 geltende Recht in dem Sinne bei, daß die Auslegung einer vorbehaltlosen, dh die Existenz eines primären Dienst- oder Sachleistungsanspruchs nicht leugnenden Kostenerstattung ergeben kann, daß die Krankenkasse - uU rechtswidrig, aber bindend (§ 77 SGG) - nur die frühere Existenz eines solchen Primäranspruches anerkannt hat. Hier ist zu unterstellen, daß der Anspruch des Klägers nicht bereits kraft Gesetzes und auch nicht durch Bewilligung bei dem Telefonat entstanden ist und daß die Beklagte dies wußte. Unter diesen Voraussetzungen kann die Zahlung von 629,64 DM sowie die in den streitigen Verwaltungsentscheidungen verlautbarte vorbehaltlose Anerkennung, daß dem Kläger ein Kostenerstattungsanspruch zusteht, nur so verstanden werden, daß sie die frühere Existenz eines Anspruchs auf Verschaffung der 24 krankengymnastischen Behandlungen anerkannte.
Den Primäranspruch des Klägers auf krankengymnastischen Behandlungen hat die Beklagte sogar dann nicht erfüllt, wenn - was nach den Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden kann - die vom Kläger aufgesuchte Krankengymnastin eine iS von § 124 SGB V "zugelassene" Leistungserbringerin war. Nach Abs 1 aaO dürfen Heilmittel, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie (hier: krankengymnastische Behandlungen), an Versicherte "nur" von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Falls die Krankengymnastin trotz Nichtbestehens einer für sie und die beklagte LKK gültigen Vergütungsvereinbarung (§ 124 Abs 2 Nr 4 SGB V) mangels Widerrufs einer erteilten Zulassung (Abs 6 aaO) noch zugelassene Leistungserbringerin gewesen wäre, wäre der Verschaffungsanspruch des Klägers seinem Gegenstand nach befriedigt worden. Denn die krankengymnastischen Behandlungen wären ihm dann von einem zugelassenen Leistungserbringer tatsächlich als Dienstleistung erbracht worden. Gleichwohl hätte die Beklagte ihre Verschaffungspflicht nicht mit befreiender Wirkung erfüllt. Denn der Krankenversicherungsträger ist nach dem Naturalleistungsprinzip (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB V) verpflichtet, dem Versicherten die Sach- oder Dienstleistungen grundsätzlich und in der Regel (sowie in den im § 61 SGB V geregelten Härtefällen) vollkostenfrei oder im übrigen, soweit das Gesetz - wie bei Heilmitteln (§ 32 Abs 2 Satz 1 SGB V) - eine sog Zuzahlung (oder eine sonstige "Kostenbeteiligung") vorschreibt, teilkostenfrei zu verschaffen (vgl BSGE 69, 170 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1). Die beklagte LKK hingegen hat den Kläger nicht davor bewahrt, seine krankengymnastischen Behandlungen in vollem Umfange vorfinanzieren zu müssen.
4.
Es liegen auch die weiteren anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 13 Abs 2 SGB V vor:
Regelung 2 aaO, nach welcher die Krankenkasse kostenerstattungspflichtig ist, wenn sie eine Dienst- oder Sachleistung zu Unrecht abgelehnt hat, greift nicht ein. Denn die Beklagte hat die Verschaffung krankengymnastischer Behandlungen nicht abgelehnt, dh weder ihre Leistungspflicht noch den Anspruch des Klägers verneint.
§ 13 Abs 2 Regelung 1 SGB V setzt voraus, daß die Krankenkasse die Dienst- oder Sachleistung, auf die der Versicherte einen Primäranspruch hatte, nicht rechtzeitig erbringen konnte, die Bedarfsdeckung unaufschiebbar geworden war und vom Versicherten im notwendigen Umfang auf eigene Kosten beschafft worden ist.
Voraussetzung ist also, daß die Beklagte den Primäranspruch des Klägers deswegen nicht rechtzeitig, dh in der Zeit, in der er medizinisch indiziert war, erfüllt hat, weil sie die Leistung nicht erbringen "konnte". Dies war hier der Fall:
Zwar "konnte" die Beklagte ihm die Dienstleistung auf eine im SGB V nicht vorgesehene Weise voll- oder jedenfalls teilkostenfrei verschaffen. Das nach § 13 Abs 2 Regelung 1 SGB V vorausgesetzte Unvermögen der Kasse, die Leistung zu erbringen, liegt aber nur bei einer Störung oder einem Versagen des Naturalleistungssystems, also nur dann vor, wenn die Dienst- oder Sachleistungspflicht mit den im SGB V vorgesehenen persönlichen und sächlichen Mitteln in der gesetzlich vorgeschriebenen Qualität und Art und Weise nicht erfüllt werden kann und der Versicherte deswegen gezwungen ist, seinen Bedarf selbst zu decken.
Indes ist der Krankenversicherungsträger in Fällen der vorliegenden Art jedenfalls rechtlich nicht gehindert, dem Versicherten zum Ausgleich des Systemversagens (hier: vertragsloser Zustand) die für die Durchführung der Behandlung erforderlichen Geldmittel vorab zur Verfügung zu stellen. Die Kasse kann ferner mit dem Versicherten und dem einzelnen Leistungserbringer eine vertragliche Regelung (zB Schuldübernahme, Vertrag zugunsten Dritter) mit dem Ziel der voll- oder teilkostenfreien Leistungsverschaffung treffen. Zu diesen im Leistungssystem des SGB V nicht vorgesehenen Maßnahmen muß sie aber grundsätzlich und in aller Regel nicht greifen. Gerade § 13 Abs 2 Regelung 1 SGB V geht davon aus, daß der Versicherte, dessen Dienst- oder Sachleistungsanspruch wegen eines Versagens des Naturalleistungssystems nicht erfüllt werden kann, seinen unaufschiebbaren Bedarf mit eigenen Mitteln deckt. Käme es für das in dieser Vorschrift vorausgesetzte Unvermögen ("Konnte die Krankenkasse ... nicht") auf die außergesetzlichen, also tatsächlichen Verschaffungsmöglichkeiten der einzelnen Kasse an, müßte diese - weil zur Naturalleistung verpflichtet: jedenfalls vorsorglich und aus Kostengründen - konkrete Vorkehrungen für den Fall des Versagens des gesetzlichen Naturalleistungssystems treffen, zB Rücklagen bilden und Rahmenverträge mit Sachmittellieferanten oder Dienstleistungserbringern schließen, also ein besonderes Naturalleistungssystem (Reservesystem) neben dem gesetzlichen aufbauen. Es liegt auf der Hand, daß das vom SGB V nicht bezweckt ist. Regelung 1 aaO erfaßt also nur Fälle des Systemversagens. Der Schutz des Vermögens des Versicherten wird dabei dadurch gewährleistet, daß die Kasse ihm ab Unaufschiebbarkeit der notwendigen Bedarfsdeckung Schadensersatz leisten, ihn also in Geld schadlos stellen, oder von einer im notwendigen Umfang eingegangenen Verbindlichkeit freistellen muß. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es also auch in diesem Zusammenhang nicht auf ein Verschulden der Organe oder Amtswalter der Krankenkasse an. Mit den im Leistungssystem des SGB V vorgesehenen ordentlichen Mitteln konnte die Beklagte aber dem Kläger im Frühjahr 1989 die verordneten krankengymnastischen Behandlungen mangels der gesetzlich vorausgesetzten Vergütungsvereinbarung (§ 125 SGB V) nicht in der gebotenen Weise - teilkostenfrei - verschaffen. Diese Voraussetzung (Systemversagen) ist erst recht erfüllt, wenn - wiederum wahlweise bei im übrigen gleicher Sachlage - die vom Kläger in Anspruch genommene Krankengymnastin keine zugelassene Leistungserbringerin war.
Die Erbringung der Heilmittel war "unaufschiebbar". Eine Leistung wird iS von § 13 Abs 2 Regelung 1 SGB V in dem Zeitpunkt unaufschiebbar, in dem sie (bei Teilleistungen wie hier: die erste von ihnen) erbracht werden muß, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht werden kann. Aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, das diese Voraussetzung nicht näher geprüft hat, ergibt sich noch hinreichend, daß der Kläger die vier Behandlungsabschnitte zu je sechs Behandlungen jeweils binnen zwei Wochen nach Ausstellung der ärztlichen Verordnung angefangen und keine Behandlungsserie mehr als zehn Tage unterbrochen hat.
Bei dieser Sachlage steht aus Rechtsgründen fest, daß die Leistung "unaufschiebbar" geworden war. Gemäß Abschnitt A Nr 2.8 der vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: § 91 SGB V) beschlossenen Richtlinien über die Verordnung von Heilmitteln und Hilfsmitteln in der kassenärztlichen Versorgung (Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien) vom 26. Februar 1982 (Beilage Nr 32/82 zum Bundesanzeiger ≪BAnz≫ Nr 125 vom 13. Juli 1982; vgl jetzt: § 92 Abs 1 Nr 6 SGB V iVm Abschnitt A Nr 17 und Abschnitt B Nr 36.3.5. der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien idF vom 17. Juni 1992 - BAnz Nr 183b S 13) ist bei Maßnahmen der physikalischen Therapie grundsätzlich eine Neuverordnung geboten, wenn die Behandlung nicht innerhalb von 14 Tagen nach der Ausstellung der Verordnung aufgenommen wurde; das gleiche gilt, wenn eine Behandlungsserie mehr als zehn Tage unterbrochen worden ist. Hieraus ergibt sich, daß mit dem Beginn einer Behandlungsserie jedenfalls höchstens 14 Tage gewartet werden kann.
Der Senat ist revisionsrechtlich nicht gehindert, diese Vorgabe der Richtlinien seiner rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes zugrunde zu legen. Denn die seit dem 1. Januar 1989 auf der parlamentsgesetzlichen Ermächtigung des § 92 Abs 1 Nr 6 SGB V beruhenden Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen sind nicht etwa lediglich für das Beweisrecht erhebliche antizipierte Sachverständigengutachten. Es handelt sich vielmehr um Bundesrecht, das ua für die Krankenversicherungsträger und die Kassenärzte (in einem hier nicht zu erörternden Sinne) verbindlich ist (§ 92 Abs 7 SGB V - vgl BSG Urteil vom 8. September 1993, 14a RKa 7/92, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSGE 63, 163 = SozR 2200 § 368p Nr 2; BSGE 38, 35 = SozR 2200 § 368p Nr 1). Es ist zwar dem Innenrechtsbereich der am Leistungserbringungsrecht (§§ 69 ff SGB V) beteiligten Rechts subjekte zuzuordnen, also Verwaltungsbinnenrecht. Daher kann es die im Range des Parlamentsgesetzes garantierten subjektiv-öffentlichen Rechte der Versicherten aus dem SGB V weder einschränken noch über deren gesetzliche Grenzen (§ 12 Abs 1 iVm § 27 Satz 1 SGB V) erweitern. Jedoch ist dieses Verwaltungsbinnenrecht als Ausspruch der vom parlamentarischen Gesetzgeber zur näheren Bestimmung des Inhalts und der Formen kassenärztlicher Versorgung bestellten, außerdem mit besonderer Sachkunde versehenen Bundesausschusses im Streit um Leistungen zur Krankenbehandlung vor den Sozialgerichten für die Sachentscheidung grundsätzlich maßgeblich. Allerdings sind die Gerichte - wie der Senat in seinem Urteil vom 30. September 1993 (4 RK 1/92, S 8 ff, mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen) dargelegt hat - an derartiges Verwaltungsbinnenrecht rechtlich nicht gebunden. Sie müssen vielmehr nicht nur überprüfen, ob die Richtlinien auf einer falschen Auslegung des den Bundesausschuß als Richtliniengeber bindenden höherrangigen Rechts beruhen, also mit solchem Recht vereinbar sind. Gegenstand gerichtlicher Kontrolle kann bei hinreichendem Anlaß auch werden, ob der Inhalt der Richtlinien, soweit dieser Verbindlichkeit beansprucht, sachlich vertretbar ist. Wirksam erlassene (§ 94 SGB V) Richtlinien sind im Leistungsstreit um Krankenbehandlung für die Sachentscheidung der Gerichte maßgeblich, es sei denn, sie sind mit höherrangigem Recht unvereinbar oder ihr Inhalt ist sachlich unvertretbar (anders als uU im kassenärztlichen Disziplinarrecht - dazu BSG Urteil vom 8. September 1993, 14a RKa 7/92, zur Veröffentlichung vorgesehen). Denn die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind - jedenfalls im Leistungsrechtsstreit - nicht dazu berufen, in medizinisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzungen ihre am Einzelfall mittels ausgewählter Sachverständigen gefundene medizinische Ansicht an die Stelle des Regelwerkes des vom Gesetz autorisierten besonders sachkundigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu setzen. Dieser ist heterogen zusammengesetzt (§ 91 Abs 2 SGB V) und fähig, sowie gesetzlich dazu bestellt, die gesamte Breite und Tiefe der ärztlichen Erfahrung sowie die allgemein anerkannten medizinischen Erkenntnisse und jeweils den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Dabei hat er in den Grenzen dieser gesetzlichen Vorgaben auch Diagnose- und Therapiemethoden der "besonderen Therapierichtungen" (§ 2 Abs 2 Satz 2 SGB V) und die von diesen zu unterscheidenden sog alternativen Behandlungsmethoden (früher: "Außenseitermethoden") in seine Prüfungen einzubeziehen. Schließlich werden die Richtlinien nur wirksam, nachdem sie beim zuständigen Bundesminister zur Kontrolle vorgelegen haben (§ 94 SGB V). Bei dieser Rechtslage haben die Gerichte im Leistungsstreit die - auch bei Gesetzen gebotene - Kontrolle der Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht vorzunehmen; ferner haben sie - nur bei hinreichendem Anlaß - den Inhalt der Richtlinien darauf zu überprüfen, ob dieser, soweit er Geltung beansprucht, nach dem allgemein (dh zumindest auch von den Richtungen der empirisch-wissenschaftlichen Medizin) anerkannten (dh im wesentlichen in der medizinischen Wissenschaft nicht mehr streitigen) Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Beachtung des medizinischen Fortschritts schlechthin sachlich unvertretbar ist. Ergibt die Prüfung, daß die Richtlinie rechtlich gültig und ihr Inhalt, wenn auch medizinisch-wissenschaftlich nicht unumstritten, so doch sachlich vertretbar ist, ist dieses Regelwerk (nicht: die Meinung einzelner gerichtlicher Sachverständiger oder Ärzte) für die Sachentscheidung maßgeblich.
Gegen die Vereinbarkeit der hier maßgeblichen Vorschriften der Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien (Abschnitt A Nr 2.8) mit höherrangigem Recht bestehen keine Bedenken; es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, sie seien sachlich schlechthin unvertretbar. Da sie den spätesten Beginn der Behandlungsserien grundsätzlich festlegen und keine Umstände ersichtlich sind, daß beim Kläger ein von diesem Grundsatz nicht erfaßter Fall vorgelegen hätte, war die Leistung (Bedarfsdeckung) unaufschiebbar geworden. Eine Beiladung des Bundesausschusses (§ 75 Abs 2 Regelung 1 SGG) war hier deswegen nicht geboten.
Keiner Darlegung bedarf, daß dem Kläger durch die Nichterfüllung seines primären Verschaffungsanspruches seitens der Beklagten Kosten für die selbstbeschaffte Bedarfsdeckung entstanden sind. Schließlich kann die Beklagte dem Kläger nicht begründet entgegenhalten, die von ihm selbstbeschaffte Leistung, dh die mit eigenen Mitteln durchgeführte Bedarfsdeckung, sei iS von § 13 Abs 2 SGB V ganz oder teilweise ("soweit") nicht notwendig gewesen. Zwar kann der Versicherte auf der leistungsrechtlichen Primärebene nur beanspruchen, was notwendig und wirtschaftlich ist (§ 12 Abs 1 Satz 2 SGB V). Wird jedoch das Verschaffungsrisiko infolge der Nichterfüllung des Primäranspruches im Zeitpunkt der Unaufschiebbarkeit der Bedarfsdeckung gesetzwidrig auf den Versicherten verlagert, hat es die Krankenkasse - wie der Kläger insoweit zutreffend vorträgt - hinzunehmen, wenn er seinen Bedarf mit unwirtschaftlichen, insbesondere kostenmäßig ungünstigen Mitteln deckt. Insoweit trifft den Versicherten lediglich eine nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu beurteilende, nach Treu und Glauben eng begrenzte Nebenpflicht aus dem Sozialversicherungsverhältnis zu wirtschaftlichem Verhalten (§ 2 Abs 4 SGB V). Er muß daher ihm bekannte oder offensichtliche und ihm zumutbare Möglichkeiten der Schadensminderung oder -begrenzung nutzen. Nur wenn und soweit der Versicherte diese Nebenpflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, entsteht der Kostenerstattungsanspruch mangels wirtschaftlicher Notwendigkeit der Bedarfsdeckung nicht. Wie sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, der Sache nach aber vor allem aus der gesetzwidrigen Verlagerung des Verschaffungsrisikos auf den Versicherten ergibt, trifft den Krankenversicherungsträger die materielle Beweislast dafür, daß und wieweit die selbstbeschaffte Bedarfsdeckung nicht notwendig war.
Der Kläger, der wohl entgegen der Auffassung des LSG nicht gehalten war, den billigsten Therapeuten in seiner Umgebung zu ermitteln und aufzusuchen, hat seine Nebenpflicht zur Schadensminderung nicht dadurch verletzt, daß er sich nicht in die Behandlung des 40 km entfernt wohnenden einzigen Krankengymnasten begeben hat, der bereit war, direkt mit der Beklagten abzurechnen. Der Reiseaufwand war ihm nicht zumutbar. Auch im übrigen ergibt sich weder aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts noch aus dem Vorbringen der - hier darlegungspflichtigen - Beklagten ein vom Revisionsgericht zu beachtender Hinweis darauf, die Krankengymnastin könne dem Kläger Leistungen erbracht und in Rechnung gestellt haben, die nach ihrem Inhalt oder der Art und Weise ihrer Durchführung nicht notwendig, dh zur Ausführung der ärztlichen Verordnung nicht geboten waren.
Nach alledem hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht erkannt, daß der Kläger gemäß § 13 Abs 2 SGB V einen "Kostenerstattungsanspruch" gegen die Beklagte erlangt hat.
B:
Hingegen reichen die vom LSG festgestellten Tatsachen nicht aus, zu entscheiden, ob die Beklagte diesen Schadensersatzanspruch bereits durch Zahlung von 629,64 DM, also durch Erstattung von 90 vH des vom Kläger verauslagten Betrages von 699,60 DM, in vollem Umfange erfüllt hat:
Nach § 13 Abs 2 SGB V hat die Beklagte nicht schlechthin die für die selbstbeschaffte Leistung entstandenen Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, wie der Kläger meint. Sie muß nämlich nur denjenigen Schaden ersetzen, der dem Versicherten dadurch entstanden ist, daß sie ihre primäre Pflicht zur Verschaffung der Dienst- oder Sachleistung nicht (rechtzeitig) erfüllt hat (normativer Schadensbegriff). Das bedeutet, daß ein nach dieser Vorschrift auszugleichender Vermögensschaden von vornherein insoweit nicht vorliegt, als das Vermögen des Versicherten auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung des primären Verschaffungsanspruchs gemindert worden wäre. Hätte aber die Beklagte den primären Naturalverschaffungsanspruch des Klägers ordnungsgemäß nach den Bestimmungen des SGB V erbracht, wäre dadurch das Vermögen des Klägers um den sog Zuzahlungsbetrag vermindert worden. Durch die Nichterfüllung des Dienstleistungsanspruchs ist also in diesem Umfang beim Kläger keine gesetzwidrige und deshalb von der Beklagten auszugleichende Vermögensminderung verursacht worden. Daher ist der sog Zuzahlungsbetrag vom Gesamtbetrag der vom Kläger getragenen Kosten abzusetzen (vgl schon BSGE 70, 24 = SozR 3-2500 § 12 Nr 2 zur Rezeptblattgebühr). Dies ergibt sich aus folgendem:
Gemäß § 32 Abs 2 Satz 1 SGB V haben Versicherte, die - wie der Kläger - das 18. Lebensjahr vollendet haben und nicht nach § 61 SGB V befreit worden sind, "zu den Kosten der Heilmittel eine Zuzahlung von 10 vH an die abgebende Stelle zu leisten". Obwohl die Mitglieder der Krankenversicherungsträger die Leistungen und sonstigen Ausgaben der Krankenkassen durch ihre Beiträge (einschließlich der sog Arbeitgeberbeiträge) mit eigenen Mitteln finanzieren (§ 3 SGB V), hat es der Gesetzgeber des SGB V für notwendig erachtet, das durch die Beiträge (Versicherungsprämien) erworbene Recht, bei Eintritt des Versicherungsfalles die Versicherungsleistungen ohne zusätzliche Gegenleistungen oder weitere Kostenbelastungen in Anspruch nehmen zu können (vgl BSGE 69, 170 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1), bei zahlreichen Leistungsarten des SGB V einzuschränken. Mit der sog Zuzahlung hat § 32 Abs 2 Satz 1 SGB V eine Kostenlastregelung in dem Sinne getroffen, daß der Versicherte, der ein Heilmittel in Anspruch nimmt, letztlich 10 vH der dadurch verursachten Kosten - zusätzlich zu seinen Beiträgen - selbst zu tragen hat. Im übrigen hat das Gesetz sich darauf beschränkt, dem Versicherten als Nebenpflicht aus dem Sozialversicherungsverhältnis aufzuerlegen, den auf ihn entfallenden Anteil von 10 vH der Kosten durch Zahlung an die abgebende Stelle, dh an den Leistungserbringer, auszukehren (sog Zuzahlung). Die Bestimmung darüber, ob und wie der vom Versicherten aufgebrachte Kostenanteil dem Krankenversicherungsträger zufließt, hat er dem Vertragsrecht überlassen (§ 125 SGB V; seit dem 1. Januar 1993: § 43b SGB V).
Bei dieser sog Zuzahlung handelt es sich weder um eine Gegenleistung für die Verschaffung des Heilmittels noch um eine die Entstehung des Verschaffungsanspruchs aufschiebende Bedingung (vgl BSG USK 84126 zu § 184 Abs 3 RVO). Erst recht begründet § 32 Abs 2 Satz 1 SGB V keinen originären gesetzlichen "Zuzahlungsanspruch" des Krankenversicherungsträgers (oder gar des Leistungserbringers) gegen den Versicherten. Dies ergibt sich schon daraus, daß das Gesetz keinen Anhalt dafür gibt, die Kasse dürfe die Verschaffung des Heilmittels hintanhalten oder gar ablehnen, wenn der Versicherte seinen Kostenanteil nicht durch Zahlung an den Leistungserbringer übernimmt. Das bedeutet: Zahlt der Versicherte pflichtwidrig seinen Kostenanteil nicht an die abgebende Stelle, bleibt die Krankenkasse gleichwohl verpflichtet, ihm das Heilmittel zu verschaffen. Genügt die Krankenkasse dieser Vorleistungspflicht, wendet sie also dem Versicherten die Naturalleistung vollkostenfrei zu, ist dessen Vermögen im Widerspruch zur gesetzlichen Kostentragungsregel, also gesetzwidrig und damit ohne Rechtsgrund zu Lasten des Krankenversicherungsträgers vermehrt. Im Augenblick der vollkostenfreien Vorleistung durch die Kasse entsteht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch des Leistungsträgers gegen den Versicherten in Höhe von 10 vH der von ihm an den Leistungserbringer zu zahlenden Vergütung. Diesen Anspruch (Zuzahlungsanspruch) hat die Krankenkasse vom Versicherten einzuziehen (vgl jetzt § 43b SGB V). Die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung ist also schon deshalb ins Leere gegangen, weil sie keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (Zuzahlungsanspruch) erlangt hat; denn sie hat dem Kläger die Heilmittel nicht vollkostenfrei vorgeleistet, vielmehr ihm die vollständige Vorfinanzierung überlassen. Spiegelbildlich hierzu hat der Versicherte, der die Bedarfsdeckung in vollem Umfang vorfinanziert hat, unter den - hier gegebenen - Voraussetzungen des § 13 Abs 2 SGB V gegen den Krankenversicherungsträger einen Anspruch auf Schadensersatz nur abzüglich des von ihm nach § 32 Abs 2 Satz 1 SGB V zu tragenden Kostenanteils. Das Berufungsgericht hat also im Ansatz zutreffend erkannt, daß die Erstattungsforderung des Klägers um den von ihm zu tragenden Kostenanteil herabzusetzen ist.
Grundsätzlich beträgt - wie ausgeführt - der Kostenanteil des Versicherten 10 vH des Preises, den der Krankenversicherungsträger dem Leistungserbringer zu zahlen hat. Hierfür setzt § 32 Abs 2 Satz 1 SGB V jedoch voraus, daß - anders als im vorliegenden Fall - eine für den Behandlungszeitraum gültige Vergütungsvereinbarung (§ 125 SGB V) besteht, aus der sich die Höhe der Schuld der Krankenkasse gegenüber dem Leistungserbringer und damit, weil hiervon abhängig, der Kostenanteil des Versicherten ergibt. Besteht eine solche Vergütungsvereinbarung nicht, liegt - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - eine planwidrige Gesetzeslücke vor. § 32 Abs 2 Satz 1 SGB V will nämlich ersichtlich (jedenfalls zumindest) alle bei einer bestimmten Krankenkasse Versicherten bei Inanspruchnahme eines bestimmten Heilmittels in dem Sinne formell gleichbehandeln, daß jeder einen gleichhohen Kostenanteil hieran zu tragen hat. Insbesondere liegt es - entgegen der Ansicht der Beklagten - der gesetzlichen Regelung fern, die Versicherten mit den Risiken eines vertragslosen Zustandes, also eines Falles der Systemstörung, zusätzlich kostenerhöhend zu belasten.
Für einen solchen Fall (Fehlen einer Vergütungsvereinbarung) hat das Gesetz planwidrig keine Regelung getroffen. Diese Lücke ist in Anlehnung an die seit dem 1. Januar 1993 in § 32 Abs 2 Sätze 3 bis 5 SGB V für eine vergleichbare Fallgestaltung geregelte Problemlösung zu schließen: Werden Heilmittel als Bestandteil der ärztlichen Behandlung abgegeben, errechnet sich der Kostenanteil des Versicherten nach den Preisen, die für seine Krankenkasse nach § 125 SGB V für den Bereich des Vertragsarztsitzes vereinbart sind. Bestehen dabei unterschiedliche Preisvereinbarungen, hat der Krankenversicherungsträger nach Satz 4 aaO einen durchschnittlichen Preis zu errechnen. Diese Regelung bezweckt, die Vertragspreise nach § 125 SGB V, die bei Heilmittelabgabe im Rahmen der ärztlichen Behandlung nicht unmittelbar gelten, auch in diesen Fällen zur Berechnungsgrundlage der "Zuzahlung" zu machen, damit unterschiedlich hohe Zuzahlungen vermieden werden (BT-Drucks 12/3209 S 45). Vor diesem Hintergrund liegt nahe, daß es dem Konzept des Gesetzes entspricht, bei vertraglosem Zustand auf die Durchschnittspreise abzustellen, welche die Beklagte am Sitz (Kreis oder kreisfreie Stadt) des verordnenden ("Kassen-")Arztes in den Behandlungsmonaten durchschnittlich zu zahlen hatte. Dieser Durchschnittspreis ist die Bezugsgröße für den Kostenanteil des Versicherten. Dies gilt nur dann nicht, wenn es diesem gelungen ist, bei der - nach § 13 Abs 2 SGB V beachtlichen - Selbstbeschaffung des Heilmittels einen günstigeren als den vorgenannten Durchschnittspreis der Kasse zu vereinbaren. In diesem Falle beträgt sein Kostenanteil nur 10 vH des von ihm verauslagten Betrages.
Da die vom LSG ansatzweise eingeleiteten Ermittlungen über die von den Leistungserbringern im Kreis D. damals abgerechneten Kosten nicht ausreichen, den vorgenannten Durchschnittspreis zu erkennen, und weil das Berufungsgericht - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zutreffend - keine weiteren Tatsachen hierzu festgestellt hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zu erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen