Leitsatz (amtlich)

Sonderausgaben und Freibeträge, die nach dem Einkommensteuergesetz abzugsfähig sind, mindern nicht das für die Beitragspflicht zu den Familienausgleichskassen nach KGG § 11 maßgebliche Einkommen.

 

Normenkette

KGG § 11

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 11. Juni 1963 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. November 1962 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin ist selbständige Steuerbevollmächtigte. Ihr Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1960 enthielt folgende Positionen:

Gesamthöhe der Einkünfte aus selbständiger Arbeit

7.220,- DM

Beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Ziff. 2 u. 3, § 52 Abs. 11-13 EStG

932,- DM

Spenden nach § 10 b EStG

60,- DM

Bezahlte Kirchensteuer

52,- DM

1.044,- DM

Freibetrag für freie Berufe § 18 Abs. 4 EStG

899,- DM

1.943,- DM

Einkommen

5.277,- DM

ab Freibetrag nach § 32 Abs. 3 Ziff. 1 EStG

840,- DM

zu versteuerndes Einkommen:

4.437,- DM

Nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin sind in dem Betrag von 932,- DM enthalten:

Krankenversicherung

448,63 DM

Lebensversicherung

106,80 DM

Unfallversicherung

34,20 DM

Berufsgenossenschaft

46,- DM

Ratensparvertrag

275,- DM

Aufgrund dieses Steuerbescheides forderte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Mai 1962 von ihr für das Jahr 1961 einen Beitrag von 56,- DM sowie für das Jahr 1962 einen Beitragsvorschuß in Höhe von 60,- DM. Die Klägerin zahlte unter Vorbehalt und erhob Widerspruch, in dem sie die Ansicht vertrat, für die Beitragserhebung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 des Kindergeldgesetzes (KGG) sei der Einkommensbegriff des § 2 Abs. 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) maßgebend. Deshalb müßten die Sonderausgaben vom Einkommen abgesetzt werden, bevor über die Beitragspflicht nach dem Kindergeldrecht entschieden werden könne. Nach Abzug der Sonderausgaben bleibe aber ihr Einkommen für 1960 unter 6000,- DM; folglich sei sie gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG von der Beitragspflicht befreit. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück, da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (BSG 15, 185; NJW 62, 76) der steuerrechtliche Einkommensbegriff im KGG nicht gelte (Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 1962).

II.

Das Sozialgericht (SG) wies die hiergegen erhobene Klage ab (Urteil vom 15. November 1962).

Nachdem die Klägerin durch Vorlage ihres Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 1961 einen Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 5.985,- DM nachgewiesen hatte, hob die Beklagte die inzwischen ergangene Rechnung vom 28. Mai 1963 über den Beitrag 1962 und den Vorschuß 1963 auf und verpflichtete sich außerdem, den für das Jahr 1962 bereits erhaltenen Vorschuß von 60,- DM an die Klägerin zurückzuzahlen. Im Streit blieb daher allein noch die Beitragspflicht nach dem KGG für das Jahr 1961.

Auf die Berufung der Klägerin hob das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 11. Juni 1963 das sozialgerichtliche Urteil sowie die Bescheide der Beklagten hinsichtlich der Beitragspflicht für das Jahr 1961 auf. Unter "Einkommen" im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG sei der steuerrechtliche Begriff des Einkommens zu verstehen, mit der Einschränkung, daß nur Einkünfte aus selbständiger Arbeit bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt werden könnten. Es verstoße jedoch nicht gegen einen Grundgedanken des KGG, wenn dort die Einkommensdefinition des EStG in den Fällen angewandt werde, in denen nur sonstige in § 2 Abs. 3 EStG genannte Einkünfte vorhanden seien und in denen die in § 2 Abs. 2 EStG genannten Sonderausgaben aus ihnen herrühren oder durch sie gedeckt würden. Dann sei davon auszugehen, daß die Sonderausgaben aus den Einkünften aus selbständiger Arbeit bestritten würden. Da dies bei der Klägerin der Fall sei, minderten die von ihr geltend gemachten Sonderausgaben ihr Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG. Ebenso würde dieses durch den Freibetrag des § 18 Abs. 4 EStG gemindert, da mit den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG nur die um diesen Freibetrag verringerten gemeint seien. Damit beeinflusse dieser Freibetrag zugleich unmittelbar die Begriffsbestimmung des Einkommens.

Revision wurde zugelassen.

III. Die Beklagte legte form- und fristgerecht Revision ein. Wenn man den steuerrechtlichen Einkommensbegriff auch für das KGG anwende, könne das Einkommen beispielsweise allein deshalb unter 6000 DM absinken, weil unter Vermietung und Verpachtung ein erheblicher Verlust wegen erhöhter Absetzung für Wohngebäude geltend gemacht werde, der mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit nichts zu tun habe. Der steuerrechtliche Einkommensbegriff sei daher, wie auch das BSG in seinem Urteil vom 25. Oktober 1961 entschieden habe, im Kindergeldrecht nicht anwendbar. "Einkommen" im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG könne nur der Rohgewinn sein. Dies habe auch bereits das Hessische LSG Darmstadt in einem Urteil vom 28. August 1963 (L - 3 Kg 12/62) festgestellt. Keinesfalls könnten daher Sonderausgaben oder der Freibetrag für freie Berufe nach § 18 Abs. 4 EStG als einkommensmindernd berücksichtigt werden.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils in Zurückweisung der Berufung der Klägerin gegen das wiederherzustellende Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. November 1962 und in Wiederherstellung der Bescheide der Beklagten vom 9.5. und vom 22.6.1962 die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision gegen das Urteil des LSG vom 11. Juni 1963 zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Urteils und ist der Ansicht, der Einkommensbegriff des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG sei mangels zwingend entgegenstehender Gründe derselbe wie im Einkommenssteuerrecht. Dies habe auch das BSG in seinem Urteil vom 25. Oktober 1961 anerkannt und nur festgestellt, daß bei der Prüfung der Beitragspflicht eines Selbständigen nach dem Grundgedanken des KGG Einkommen aus einer unselbständigen Beschäftigung nicht mitgerechnet werden dürfe. Von dem für die Beitragspflicht maßgebenden Einkommen eines Selbständigen müßten aber die vom Steuerrecht anerkannten Sonderausgaben abgerechnet werden, da sie eng mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit verknüpft seien und - wie Unfall-, Sterbegeld-, Lebens- und Krankenversicherung - eine Zukunftssicherung darstellten, wie sie für unselbständig Beschäftigte zwingend vorgeschrieben sei. Auch der Freibetrag des § 18 Abs. 4 EStG sei unlöslich mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit verbunden und mindere daher das Einkommen.

Beide Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

IV.

Die nach § 162 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist zulässig und begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 9. Mai 1962 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 1962, soweit als hierdurch von der Klägerin für das Jahr 1961 ein Beitrag von 56,- DM gefordert wird.

Da der vorliegende Fall die Beitragspflicht für das Jahr 1961 betrifft, finden die Vorschriften des KGG vom 13. November 1954 (BGBl. I, 333) in der Fassung des Ersten Kindergeld-Änderungsgesetzes (KGÄndG) vom 27. Juli 1957 (BGBl. I, 1061) und des Zweiten KGÄndG vom 16. März 1959 (BGBl. 1, 158) Anwendung. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG sind Selbständige, deren Einkommen jährlich 6000,- DM nicht übersteigt, für ihre Person von der Beitragspflicht befreit. Streitig ist hierbei, ob bei der Ermittlung des Einkommens entsprechend § 2 Abs. 2 EStG die Sonderausgaben der §§ 10 bis 10 d EStG abzuziehen sind und ob darüber hinaus auch der Freibetrag für Selbständige gemäß § 18 Abs. 4 EStG als einkommensmindernd zu berücksichtigen ist.

Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 25. Oktober 1961 (BSG 15, 185) entschieden hat, ist die steuerrechtliche Begriffsbestimmung des Einkommens, die Einkünfte aus selbständiger und aus nichtselbständiger Arbeit umfaßt, mit dem Grundgedanken des KGG nicht vereinbar, da beitragspflichtig nach dem KGG nur Selbständige sind. Daher ist, wie in dem genannten Urteil weiter festgestellt wurde, unter Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG nur das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu verstehen, das Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit dagegen nicht zu berücksichtigen.

Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts ist die Anwendung des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG jedoch nicht nur in den Fällen ausgeschlossen, in denen der Selbständige gleichzeitig Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit hat. Vielmehr kann auch dann, wenn der Selbständige, wie im vorliegenden Fall die Klägerin, allein Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bezieht, diese sich also mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG decken, der steuerrechtliche Einkommensbegriff nicht angewandt werden, weshalb steuerrechtlich mögliche Abzüge, wie z. B. Sonderausgaben im Sinne der §§ 10 bis 10 d EStG nicht zu berücksichtigen sind. Dies ergibt sich zunächst daraus, daß der Begriff des Einkommens im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG nur einheitlich verstanden werden und nicht, je nachdem ob lediglich Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit oder daneben auch Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit vorhanden sind, einmal als steuerrechtlicher, zum anderen Mal aber als eigenständiger Begriff verwendet werden kann. Ansonsten könnten im ersten Fall für das Steuerrecht vorgesehene Abzüge berücksichtigt, im zweiten Fall dagegen nicht berücksichtigt werden; das müßte zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung der Selbständigen mit Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit führen. Der zur Vermeidung dieser Schwierigkeit vom SG versuchte Ausweg, steuerrechtlich mögliche Abzüge auch im Kindergeldrecht insoweit einkommensmindernd zu berücksichtigen, als sie mit den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit in Zusammenhang stehen, ist dagegen nicht gangbar, da sich insbesondere die Sonderausgaben meist nicht eindeutig einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit zuordnen lassen.

V.

Entscheidend für die Auslegung und Bestimmung des Einkommensbegriffs in § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG ist jedoch der wesensmäßige Unterschied zwischen den Beiträgen zu den Familienausgleichskassen (FAK) und den Steuern im Sinne der Steuergesetze, der eine Anwendung von für die Besteuerung maßgebenden Vorschriften auf die Beitragspflicht nach dem KGG ausschließt. Denn die Beitragspflicht gemäß §§ 9, 10 KGG ist keine Steuer im Sinne des § 1 der Abgabenordnung, sondern eine sich aus dem arbeitsrechtlichen Fürsorgeprinzip ergebende Selbsthilfeleistung innerhalb der berufsständischen Gemeinschaft (BVerfG 11, 116; BSG 6, 237). Ziel dieser Beitragsregelung ist, die Aufbringung der zur Erfüllung der sozialpolitischen Aufgaben des Familienlastenausgleichs erforderlichen Mittel durch die Unternehmer sicherzustellen, also einen zweckbestimmten Bedarf zu decken. Dieses Ziel wird nach dem Willen des Gesetzgebers dadurch erreicht, daß grundsätzlich alle Unternehmer zur Zahlung eines festgelegten in der Höhe dem jeweiligen Bedarf und der Zahl der Beitragspflichtigen entsprechenden Beitrags verpflichtet werden. Wenn § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG von diesem Grundsatz eine Ausnahme zugunsten Selbständiger mit einem Jahreseinkommen unter 6000 DM macht, so sollen hierdurch gewisse einkommensschwache Berufe, "vor allem der gewerbliche Mittelstand geschützt werden, dessen Einkünfte in vielen Fällen unter dem Durchschnittseinkommen der Arbeitnehmer liegen" (BT II, 1953 - Drs. 708). Abgesehen davon, daß diese Regelung als Ausnahmevorschrift eng ausgelegt werden muß, ergibt sich aus ihrer sozialpolitischen Zweckbestimmung und Zielsetzung, daß Abzüge, die das Einkommen im Sinne des § 2 EStG und damit die Grundlage der Besteuerung mindern, im Beitragsrecht nicht berücksichtigt werden können. Jene steuerrechtlichen Abzüge, wie z. B. die Sonderausgaben im Sinne der §§ 10 bis 10 d EStG, stehen in der Regel mit keiner der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG in Zusammenhang, sondern sind typische Ausgaben der Einkommensverwertung (Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl. S. 1017; Hartmann-Böttcher, Komm. zum EStG § 10 Anm. 1 a). Wenn sie trotzdem das Einkommen im Sinne des EStG mindern, so sind hierfür jeweils wirtschaftspolitische, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen und Ziele maßgebend. Da sich diese jedoch im allgemeinen nicht mit der Zielsetzung der Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG decken, erschöpft sich die Wirkung der für sie vorgesehenen Vergünstigungen im Steuerrecht, ohne daß diese Vergünstigungen auch für die Beitragsregelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG Anwendung finden können. Mit dem für das Kindergeldrecht geltenden Grundsatz der allgemeinen Beitragspflicht aller Unternehmer wäre nicht zu vereinbaren, wenn etwa wegen der Beitragszahlung zu Bausparkassen, die zwecks Förderung der Spar- und Bautätigkeit gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG als Sonderausgaben begünstigt sind, die Beitragspflicht zur FAK entfallen sollte. Ähnliches gilt für die Steuerbegünstigung des nicht entnommenen Gewinns (§ 10 a EStG). Wollte man diese und die übrigen Sonderausgaben im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG als einkommensmindernd berücksichtigen, so würde der begünstigte Personenkreis erheblich ausgeweitet, weil dann eine beträchtliche Anzahl von Unternehmern die Möglichkeit hätte, durch Abschluß entsprechender Sparverträge, Nichtentnahme von Gewinn und dergleichen sich der Beitragspflicht zu entziehen. Hierdurch würde aber die Mittelaufbringung für die FAKen insgesamt gefährdet und eine ungerechtfertigte Mehrbelastung der restlichen Beitragspflichtigen herbeigeführt.

VI.

Wenn aber aus den oben angeführten Erwägungen bei der Ermittlung des Einkommens im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG der steuerrechtliche Einkommensbegriff nicht angewandt und Sonderausgaben im Sinne des Steuerrechts nicht als einkommensmindernd berücksichtigt werden können, so muß Gleiches hinsichtlich des Freibetrags für Selbständige nach § 18 Abs. 4 EStG gelten. Nach dieser Vorschrift dürfen bei der Ermittlung des Einkommens 5 v. H. der Einnahmen aus freier Berufstätigkeit, höchstens jedoch 1.200 DM jährlich abgesetzt werden, wenn die Einkünfte aus freier Berufstätigkeit die anderen Einkünfte überwiegen. Bei diesem durch das Steuerneuordnungsgesetz von 1954 neu eingeführten Pauschbetrag handelt es sich im Gegensatz zu der früher geltenden Regelung um einen echten Freibetrag, d. h. eine Steuerbefreiung, die in keinem Zusammenhang mit den Betriebsausgaben steht (Blümich-Falk, aaO, § 18 Anm. 7 c). Sie dient zur Abgeltung der für freie Berufe eigentümlichen Sonderverhältnisse, insbesondere ihrer typischen Vorbelastung durch besondere Ausbildungskosten sowie die geringere Verdienstzeitspanne, und ist steuerrechtlich wie eine Sonderausgabe zu behandeln (Hartmann-Böttcher, aaO § 18 Anm. 23). Auch hierbei handelt es sich aber um eine rein steuerrechtliche Vergünstigung, deren Motive für die Beitragspflicht nach dem KGG unbeachtlich sind; folglich mindert dieser Freibetrag das Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG nicht.

Das oben gefundene Ergebnis, daß der steuerrechtliche Einkommensbegriff im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG nicht anwendbar ist, wird schließlich auch nicht durch § 11 Abs. 1 Satz 4 KGG berührt. Während nach der Fassung des KGG bis zum 31. Dezember 1957 die Beitragsbefreiung von selbst eintrat, macht diese durch Art. I Nr. 5 KGÄndG eingeführte Vorschrift die Beitragsbefreiung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG von der Vorlage des letzten Einkommenssteuerbescheids oder einer Bescheinigung über die Nichtveranlagung zur Einkommenssteuer innerhalb von drei Monaten nach der Beitragsanforderung abhängig. Damit wird jedoch nicht das zu versteuernde Einkommen als für die Beitragspflicht des § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG maßgebend erklärt, sondern lediglich verwaltungsmäßige Doppelarbeit vermieden und den  FAKen die Möglichkeit gegeben, an Hand des Steuerbescheids die Höhe der dort bereits vom Finanzamt ermittelten Einkünfte aus selbständigen Tätigkeiten festzustellen. Der Gesamtbetrag dieser Einkünfte ergibt das für die Beitragsbefreiung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG maßgebende Einkommen, wobei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ebenso unberücksichtigt bleiben müssen wie steuerrechtlich mögliche Abzüge.

VII.

Da die Klägerin im Jahre 1960 nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts Einkünfte aus selbständiger Arbeit in einer Gesamthöhe von 7.220,- DM hatte und da weder die von ihr geltend gemachten Sonderausgaben noch der Freibetrag nach § 18 Abs. 4 EStG einkommensmindernd berücksichtigt werden können, war sie gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG zur Beitragsleistung verpflichtet. Demgemäß muß das Urteil des LSG aufgehoben und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen werden.

Nachdem beide Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen (§§ 165, 153, 124 SGG).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2387500

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