Leitsatz (redaktionell)

Ein ehemals katholischer Geistlicher, der ein verkürztes 4semestriges Studium mit dem Ziele der späteren Aufnahme einer Tätigkeit als Gymnasiallehrer beginnt, hat keinen Anspruch auf Förderung nach dem AFG, weil durch die zwingend geforderte Ableistung des Vorbereitungsdienstes ein unmittelbar auf dem Arbeitsmarkt verwertbarer Beruf erst nach einer 3 Jahre überschreitenden Dauer der Umschulungsmaßnahme ausgeübt werden kann.

 

Orientierungssatz

1. Im Lehrberuf eröffnet der Abschluß des Studiums noch keine ausreichende Einsatzmöglichkeit. Es bedarf vielmehr noch des Vorbereitungsdienstes, um nach Abschluß der Umschulungsmaßnahme unmittelbar einen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Beruf iS des AFG § 47 Abs 1 zu erlangen.

2. Bei der Feststellung, ob die Umschulung zum Gymnasiallehrer den Zeitraum von 3 Jahren gemäß AFuU § 6 überschreitet, ist das Studium einschließlich des Vorbereitungsdienstes zu berücksichtigen.

 

Normenkette

AFG § 47 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 36 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 3 Abs. 2 Fassung: 1969-12-18, Abs. 3 Fassung: 1969-12-18, § 6 Abs. 1 S. 3 Fassung: 1969-12-18; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23; AFG § 47 Abs. 3 S. 2 Fassung: 1969-06-25

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 2. August 1973 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Ausbildung eines ehemaligen Priesters zum Lehrer an Gymnasien nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) als Umschulungsmaßnahme zu fördern ist.

Der Kläger (geboren 1942) hat im Januar 1967 ein theologisches Studium beendet und war anschließend als Priester tätig. Dieses Dienstverhältnis endete - wegen der Absicht des Klägers, eine Ehe zu schließen - am 2. Februar 1971 durch Suspendierung von dem Priesteramt. Der Kläger begann daraufhin im Sommersemester 1971 an der F-Universität in E ein Studium der Germanistik und Geschichte mit dem Ziel, Lehrer an höheren Lehranstalten zu werden. Auf das Studium wurde ihm das Studium der Theologie mit vier Semestern angerechnet, so daß sich die notwendige Studienzeit von acht auf vier Semester verkürzte.

Die Beklagte lehnte es ab, das Studium als Maßnahme der beruflichen Umschulung (§ 47 AFG) zu fördern (Bescheid vom 10. August 1971). Widerspruch, Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 30. September 1971; Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21. März 1972; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts - LSG - vom 2. August 1973). Das LSG hat die Auffassung vertreten, das Hochschulstudium sei keine Maßnahme der beruflichen Umschulung. Da das AFG den Begriff der Umschulung nicht erschöpfend definiert habe, sei auf § 47 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) zurückzugreifen. Danach sei es erforderlich, daß Maßnahmen zur beruflichen Umschulung nach Inhalt, Art, Ziel und Dauer den besonderen Erfordernissen der beruflichen Erwachsenenbildung entsprechen. Das sei bei einem Hochschulstudium nicht der Fall. Im übrigen sei die Förderung eines Hochschulstudiums generell ausgeschlossen. § 2 Abs. 6 Satz 3 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (AFuU 1969), der Hochschulstudien ausdrücklich ausschließe, betreffe zwar der Überschrift nach nur die berufliche Fortbildung. Daß gleiches aber auch für die berufliche Umschulung gelte, zeige insbesondere ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes und ergebe sich außerdem daraus, daß der Gesetzgeber das Ziel der Fortbildung allgemein sogar noch höher gesteckt habe als das der Umschulung.

Darüber hinaus stehe einer Förderung die Dauer des Studiums entgegen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 AFuU 1969). Die normale Dauer der besuchten Bildungsmaßnahme betrage acht Semester (vier Jahre) und überschreite damit die vorgeschriebene Höchstdauer von drei Jahren. Da das Studium somit an sich nicht förderungsfähig sei, scheide auch die Förderung von Teilen dieses Studiums aus, und zwar selbst dann, wenn es dem Teilnehmer gestattet sei, sich auf einen Teil zu beschränken.

Die Förderung ist nach Auffassung des LSG schließlich auch deshalb ausgeschlossen, weil sie unter Berücksichtigung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht zweckmäßig erscheint (§ 36 AFG). Weder die vom Kläger vorher verrichtete Tätigkeit als katholischer Priester noch die angestrebte Tätigkeit als Lehrer werde auf dem von der Beklagten zu betreuenden Arbeitsmarkt ausgeübt. Der Berufswechsel vollziehe sich außerhalb des Arbeitsmarktes und könne deshalb nicht nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig erscheinen.

Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger einen Verfahrensverstoß gegen § 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Er macht geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht den Antrag übergangen, Beweis darüber zu erheben, daß die Beklagte in anderen, völlig gleichgelagerten Fällen Förderungsmaßnahmen bewilligt habe. Wäre das Berufungsgericht diesem Beweisantrag nachgegangen, so hätte sich ihm ein Tatbestand eröffnet, der eine Verletzung des Art. 3 Grundgesetz (GG) darstelle.

Zur materiellen Rechtslage führt der Kläger aus, daß die Feststellung eines Tatbestandes von Ungleichbehandlung gemäß Art. 3 GG die Beklagte verpflichtet hätte, auch den Kläger positiv zu bescheiden. Ferner rügt der Kläger eine unrichtige Anwendung von Vorschriften des AFG. Der Kläger sei Arbeitsuchender, weil er willens und in der Lage sei, eine (neue) Stellung anzunehmen und die begehrte Maßnahme das Zeil habe, den Übergang in diese andere Tätigkeit zu ermöglichen. Hochschulstudien seien durch § 47 AFG nicht ausgeschlossen. Ebensowenig sei dem § 47 AFG eine Beschränkung auf Maßnahmen zu entnehmen, die "den besonderen Erfordernissen der beruflichen Erwachsenenbildung" entsprechen. Dieser Auslegung entspreche auch die von dem Verwaltungsrat der Beklagten gemäß § 39 AFG erlassene AFuU 1969. § 2 Abs. 6 Satz 3 dieser Anordnung schließe nur im Rahmen der Fortbildung Hochschulstudien aus, nicht hingegen für den Bereich der Umschulung. § 3 AFuU 1969 enthalte lediglich eine Empfehlung, Umschulungsmaßnahmen erwachsenengerecht zu gestalten, nicht aber eine dementsprechende Förderungsvoraussetzung.

Hinsichtlich der Dauer der Maßnahme sei auf die von dem einzelnen benötigte Studienzeit abzustellen. Diese liege im vorliegenden Fall unter drei Jahren.

Die Förderung sei auch zweckmäßig im Sinne des § 36 AFG, da der Kläger ohne eine entsprechende Förderung arbeitslos geworden wäre. Schließlich stehe der Förderung nicht entgegen, daß der Kläger noch nicht drei Jahre in seinem früheren Beruf tätig gewesen sei. Die Tätigkeit des Klägers habe sich immerhin auf mehr aus 2 1/2 Jahre erstreckt. Im Hinblick auf die Gründe für sein Ausscheiden reiche die Dauer dieser Tätigkeit aus, zumal in § 3 AFuU 1969 lediglich "in der Regel" eine dreijährige Tätigkeit im bisherigen Beruf verlangt werde.

Der Kläger beantragt dem Sinne nach

1.

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 2. August 1973 und das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21. März 1972 aufzuheben,

2.

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Januar 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 1971 zu verurteilen, das von dem Kläger eingeschlagene Hochschulstudium nach dem AFG zu fördern.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie beruft sich im wesentlichen auf das angefochtene Urteil.

Beide Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 124 Abs. 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist durch Zulassung statthaft und in rechter Form und Frist eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet.

Die Beklagte war nicht verpflichtet, das vom Kläger eingeschlagene Studium zum Gymnasiallehrer nach dem AFG als Umschulungsmaßnahme zu fördern.

Für den Kläger bedeutet der eingeschlagene Studiengang eine Maßnahme der Umschulung. Die von ihm im Rahmen des Theologiestudiums erworbenen Kenntnisse werden zwar in gewissem Umfang in den neuen Beruf mit übernommen. Hierauf deutet schon die Tatsache, daß dem Kläger vier Semester (die Hälfte der Studienzeit des Studiums der Geschichte und Germanistik) erlassen wurden. Gleichwohl haben alle Berufe, die der Kläger mit Hilfe eines abgeschlossenen Geschichts- und Germanistikstudiums ausüben könnte, einen anderen Inhalt.

Während der Beruf des Priesters speziell durch die theologischen Kenntnisse und den seelsorgerischen Auftrag geprägt wird, spielen in den nach der Umschulung möglichen Berufen Fachfragen der Germanistik und Geschichte sowie - bei dem Lehrerberuf - pädagogische Kenntnisse und Fähigkeiten die prägende Rolle (vgl. hierzu auch BSG SozR 4100 § 43 AFG Nr. 9).

Dem Kläger ist zunächst insoweit zuzustimmen, daß die Förderung weder daran scheitert, daß er nicht Arbeitsuchender ist (vgl. BSG vom 30. September 1975 - 7 RAr 96/73 -), noch daran, daß ein Hochschulstudium generell von der Förderung nach dem AFG ausgeschlossen ist (vgl. BSG SozR 4100 § 41 AFG Nr. 13), noch daran, daß es sich nicht um eine erwachsenengerechte Bildungsmaßnahme handelt (vgl. BSG vom 26. August 1975 - 7 RAr 68/74 - am Ende), auch nicht daran, daß der Kläger noch nicht volle drei Jahre im bisherigen Beruf tätig war. Schließlich ist der Anspruch auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Umschulung des Klägers nicht zweckmäßig i.S. des § 36 AFG sei (vgl. BSG SozR 4100 § 42 AFG Nr. 5).

Entgegen der Auffassung des LSG scheitert die Förderung ferner nicht daran, daß die reine Studienzeit den Dreijahresrahmen der §§ 47 Abs. 3 AFG/6 Abs. 1 Satz 3 AFuU 1969 überschreitet. Zwar hat das LSG festgestellt, daß ein Studium, wie es der Kläger eingeschlagen hat, im Regelfall mindestens acht Semester, also vier Jahre dauert. Es ist zwar richtig, daß grundsätzlich eine Teilförderung ausgeschlossen ist; das bedeutet indes nur, daß ein Teilnehmer an einer Maßnahme Förderungen nicht dadurch erreichen kann, daß er einen Teil dieser Maßnahme auf eigene Kosten durchläuft und lediglich einen innerhalb des Dreijahresrahmens liegenden Teil mit Hilfe von Förderungsmitteln finanzieren will. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Wenn - wie hier - der Arbeitsuchende bereits in dem Zeitpunkt, in dem er sich zur Umschulung entschließt, für den neuen Beruf ein Vorwissen mitbringt, das es ihm erlaubt, eine verkürzte Ausbildung für den neuen Beruf zu durchlaufen, wird der Bildungswille im Gegensatz zu den anderen zuvor genannten Fällen durch den Gesamtumfang seiner Umschulungsbemühungen weniger als drei Jahre beansprucht.

Dem Gedanken des § 47 Abs. 2 AFG und des § 6 Abs. 1 Satz 3 AFuU 1969, zu verhindern, daß ein Umschüler eine zu lange Zeit vom Arbeitsmarkt ferngehalten wird und keinen Beruf ausüben kann, wird in den Fällen voll Genüge getan, in denen für den einzelnen die vorgeschriebene Dauer der Teilnahme an der Umschulungsmaßnahme auf weniger als drei Jahre verkürzt ist.

Die Entscheidung des Senats vom 17. Dezember 1974 (SozR 4100 § 41 AFG Nr. 13) steht dieser Auslegung nicht entgegen. Dort scheiterte die Förderung daran, daß es sich bei dem verkürzten Studiengang nicht um eine institutionell eigenständige Maßnahme handelte, die die besonderen Zugangsvoraussetzungen des § 41 Abs. 1 AFG erfüllte. Dieses Erfordernis einer institutionell eigenständigen Maßnahme ist im Bereich der Umschulung nicht zu stellen, weil besondere Maßnahmekriterien wie Zugangsvoraussetzung oder auch erwachsenengerechte Ausgestaltung (s. oben) nicht gefordert werden.

Die Förderung des vom Kläger gewählten Bildungsganges scheitert vielmehr daran, daß der Abschluß des Studiums allein noch keine ausreichenden Einsatzmöglichkeiten im Lehrerberuf eröffnet, die Gesamtausbildung einschließlich des Vorbereitungsdienstes also die nach § 6 AFuU 1969 vorgeschriebene Höchstdauer von insgesamt drei Jahren überschreitet (vgl. für den Volksschullehrer BSG SozR 4100 § 47 AFG Nr. 2; für den Realschullehrer BSG vom 26. August 1975 - 7 RAr 68/74 -). Aus dem in § 47 Abs. 1 AFG umschriebenen Ziel der Umschulung geht hervor, daß die Maßnahme nicht nur zu irgendeiner späteren Tätigkeit führen soll, sondern zum Ziel haben muß, die berufliche Mobilität als Mittel zum Schutz gegen Arbeitslosigkeit und zur Deckung des Bedarfs an geeigneten Arbeitskräften in der Wirtschaft zu sichern. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn der Umschüler nach der erfolgreichen Teilnahme an der Bildungsmaßnahme wieder qualifiziert dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, d.h. unmittelbar nach Beendigung der Umschulungsmaßnahme eine andere geeignete berufliche Tätigkeit ausüben kann. Geeignet in diesem Sinne kann aber nur eine berufliche Tätigkeit sein, die den Ansprüchen sowohl des Umschülers als auch des allgemeinen Arbeitsmarktes im Sinne einer allgemeinen Verbesserung der beruflichen Beweglichkeit und der Sicherung vor Arbeitslosigkeit gerecht wird, und zwar nicht nur für einen erkennbar vorübergehenden Zeitraum, sondern für eine zunächst jedenfalls unbestimmte Zeit. Von diesen Voraussetzungen ausgehend, führt allein das Studium des Klägers nicht dazu, ihm den Übergang in eine andere geeignete Tätigkeit zu ermöglichen. Für den Gymnasiallehrer ist in erster Linie der durch die öffentlichen Schulen bestimmte Arbeitsmarkt für die Beurteilung maßgebend. Die Ausübung des Lehramtes an öffentlichen Schulen setzt auch in Bayern neben dem Abschluß eines Studiums und dem Ablegen der ersten Staatsprüfung die Ableistung des Vorbereitungsdienstes und das Bestehen einer zweiten Staatsprüfung voraus (§ 1 Ausbildungsordnung für das Lehramt an Gymnasien vom 12. April 1964 - GVBl, S. 89 -; ferner Art. 3 und 5 Bayerisches Lehrerbildungsgesetz vom 8. August 1974 - GVBl, S. 383).

Der Abschluß des Hochschulstudiums versetzt den Kläger somit noch nicht in die Lage, das Lehramt an öffentlichen Schulen auf Dauer auszuüben. Das gleiche gilt für private Gymnasien (Ersatzschulen). Für diese ist in den Schulgesetzen der Länder regelmäßig vorgeschrieben, daß die Ausbildung der Lehrer derjenigen Ausbildung entsprechen muß, die für Lehrer an staatlichen Schulen gefordert wird. (In Bayern: Art. 13 des Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 9. März 1960 - GVBl, S. 19). Das bedeutet zwar nicht, daß die Ausbildung für Lehrer an privaten Schulen völlig gleichförmig verlaufen muß, wohl aber, daß auch Lehrer an privaten Ersatzschulen zusätzlich zu einem Universitätsstudium Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben müssen, wie sie im Vorbereitungsdienst vermittelt werden. Es verbleibt somit allenfalls die Möglichkeit, den Lehrerberuf noch im Rahmen anderer beruflicher Bildungseinrichtungen auszuüben. Diese Möglichkeit hat aber für die Beurteilung außer Betracht zu bleiben, weil sie regelmäßig weder den Ansprüchen des Umschülers an seine zukünftige berufliche Stellung genügt, noch eine so erhebliche Zahl vor Arbeitsplätzen gesichert ist, die es erlaubt, davon auszugehen, daß schon allein mit dem Abschluß des Studiums den Zielen des § 47 AFG, die berufliche Beweglichkeit zu sichern oder zu verbessern, genügt wird.

Andere Berufe außerhalb des Lehrerberufes sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, weil es sich bei der vom Kläger eingeschlagenen Ausbildung objektiv eindeutig um eine Lehrerausbildung handelt und dies auch seinem subjektiven Berufsziel entspricht. Die Kombination von Pädagogik, Germanistik und Geschichtswissenschaft wird im wesentlichen nur im Lehramt an Schulen benötigt. Andere Berufe als diejenigen, auf die die Umschulungsmaßnahme objektiv hinzielt, sind lediglich dann zu berücksichtigen, wenn mit dem Abschluß des Studiums gleichzeitig und nicht nur ausnahmsweise die Befähigung zur Ausübung eines anderen im einzelnen geregelten Bildungsganges des allgemeinen Arbeitsmarktes erlangt wird (vgl. BSG vom 30. September 1975 - 7 RAr 96/73 -). Dies ist hier allenfalls hinsichtlich anderer Beamtenberufe (Bibliothekar, auswärtiger Dienst u.a.) der Fall. Für diese Berufe ist aber ebenfalls ein Vorbereitungsdienst mit abschließender Prüfung vorgesehen, so daß die Gesamtzeit der Ausbildung auch dort die nach § 6 AFuU 1969 vorgeschriebene Höchstdauer von drei Jahren überschreitet. Außerhalb des öffentlichen Dienstes sind zwar auch verschiedene Berufsmöglichkeiten vorhanden, die nach einem Studium der Germanistik und Geschichte ergriffen werden könnten (so zB im Bereich von Rundfunk, Presse und Verlagswesen, ferner bei Hinzunahme von Theaterwissenschaft auch im Bereich des Schauspiels). Hierbei handelt es sich aber nicht um Berufe, für die bestimmte Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen vorgeschrieben sind. Die Beschränkung auf geregelte Ausbildungsgänge ist erforderlich, weil die meisten Berufsausbildungen die Möglichkeit schaffen, mit den erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auch in anderen Berufen tätig zu werden als denjenigen, auf die die Ausbildung hinzielt. Für diese nicht im einzelnen geregelten und überschaubaren Möglichkeiten fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für die Beurteilung, in welchem Umfang tatsächlich Möglichkeiten einer Unterbringung bestehen und wie sich der Arbeitsmarkt für derartige Beschäftigungen entwickeln wird.

Derartige Anhaltspunkte sind aber für die Beurteilung, ob die Maßnahme - hier das Studium der Geschichte und Germanistik - geeignet ist, die berufliche Beweglichkeit zu sichern und zu verbessern, unverzichtbar.

Aus diesem Grunde ist auch im vorliegenden Fall von den sich im Lehrerberuf - und allenfalls in den sonst noch möglichen Beamtenberufen - ergebenden Berufsmöglichkeiten auszugehen. Diese konzentrieren sich fast ausschließlich auf den Bereich der öffentlichen Gymnasien und privaten Ersatzschulen, für die das Studium allein als Qualifikation nicht ausreicht.

Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht darauf stützen, daß die Beklagte früher in anderen gleichgelagerten Fällen Förderungsleistungen bewilligt hat. Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet die Beklagte nicht, Fehler in der Rechtsanwendung zu wiederholen oder fortzusetzen. Das gilt selbst dann, wenn es sich um eine ständige Verwaltungsübung handelt oder wenn eine über längere Zeit angewandte rechtswidrige Verwaltungsvorschrift zugrunde liegt (vgl. BSGE 7, 75/78).

Die Revision kann deshalb keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648071

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