Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 1994 hinsichtlich der Berufung des Klägers aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger macht Kostenerstattung für die Fortführung einer kieferorthopädischen Behandlung durch einen Zahnarzt geltend, der im Laufe der Behandlung auf die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verzichtet hat.
Der Kläger ist bei der beklagten Ersatzkasse familienversichert; sein Vater (Stammversicherter) ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Der Kläger hatte 1990 bei dem Zahnarzt Dr. Dr. S. eine kieferorthopädische Behandlung begonnen und war vom 3. Quartal 1992 an von dem Zahnarzt Dr. R. weiterbehandelt worden. Die Beklagte hatte den ursprünglichen Behandlungsplan mit Bescheid vom 10. September 1990 an den Stammversicherten „für Ihren Sohn M.” genehmigt und ihre Kostenbeteiligung in Höhe von 80 % der Vertragskosten sowie die Erstattung des verbleibenden Eigenanteils nach planmäßigem Behandlungsabschluß zugesagt. Außerdem hatte sie am 14. September 1992 dem Zahnarztwechsel zugestimmt und die Zahl der noch zustehenden Abschlagszahlungen festgelegt. Zum 31. Dezember 1992 verzichtete Dr. R. ohne Abstimmung mit anderen Ärzten auf seine Zulassung als Kassenzahnarzt (jetzt: „Vertragszahnarzt”), war aber bereit, die Behandlung des Klägers zu den Bedingungen der vertragszahnärztlichen Versorgung zu Ende zu führen. Mit Bescheid vom 17. Februar 1993 (Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1993) entschied die Beklagte gegenüber dem Stammversicherten, daß ein Anspruch auf einen Zuschuß zu den Kosten der Behandlung für den Kläger ab dem 2. Quartal 1993 bei Dr. R. nicht bestehe.
Die vom Kläger, „gesetzlich vertreten” von seinem Vater, erhobene Klage auf Aufhebung der Bescheide der Beklagten und Erstattung von 80 % der restlichen durch die Behandlung bei Dr. R. entstehenden Kosten hat das Sozialgericht (SG) nach Beiladung von Dr. R. mit Urteil vom 9. November 1993 abgewiesen. Im Juni 1994 (während des Berufungsverfahrens) wurde die Behandlung abgeschlossen; die Beklagte erstattete den bis zum 31. März 1993 angefallenen Eigenanteil des Versicherten nach § 29 Abs. 3 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), lehnte aber eine Restkostenerstattung hinsichtlich der Behandlung in der Zeit danach ausdrücklich ab (Schriftsatz vom 16. Juni 1994).
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen des Klägers und des Beigeladenen mit Urteil vom 7. Juli 1994 zurückgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt: Die Zusage vom 10. September 1990 sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, den die Beklagte nach dem Verzicht des behandelnden Zahnarztes auf die Zulassung wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse habe aufheben müssen. § 29 Abs. 1 SGB V gebe nur einen Anspruch auf die Beteiligung der Krankenkasse, wenn die kieferorthopädische Behandlung im Rahmen der kassenärztlichen (jetzt: vertragsärztlichen) Versorgung durchgeführt werde. Die Leistungserbringung durch Vertragsärzte sei ein in sich geschlossenes System, um die in der Verantwortung des Arztes liegende Feststellung von Behandlungsbedarf und Behandlungsumfang aus Kostengründen möglichst eng an die gesetzlichen Vorgaben zu knüpfen. Aus dem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Versichertem ergebe sich nichts anderes, denn auf diese – privatrechtliche – Beziehung habe die Beklagte keinen Einfluß.
Mit der Revision rügt der nunmehr von seinen Eltern vertretene Kläger eine Verletzung der §§ 13, 29 SGB V sowie des § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB X). Das LSG sei zu Unrecht von einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ausgegangen, da eine kieferorthopädische Behandlung eine einmalige und keine wiederkehrende Leistung darstelle. Die ausgesprochene Genehmigung könne nicht widerrufen werden (Bezugnahme auf BSGE 49, 68 = SozR 2200 § 205 Nr. 28). Entstehung und Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche richteten sich nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Umstände gegolten habe; mangels hier einschlägiger Übergangsvorschriften könne eine Neuregelung von Dauerrechtsverhältnissen auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht gestützt werden. Der Verzicht des Zahnarztes auf die Zulassung habe keinen Einfluß auf den Behandlungsanspruch des Klägers, denn die Gesamtbehandlung habe dem vertragsärztlichen System entsprochen. Der Beigeladene habe nur für die Zukunft auf die Behandlung von Kassenpatienten verzichtet; der Behandlungsvertrag habe ungekündigt weiterbestanden. Schließlich sei Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verletzt, weil die fraglichen Vorschriften von verschiedenen Kassen unterschiedlich angewandt würden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihrer angefochtenen Bescheide zu verurteilen, die Kosten der kieferorthopädischen Behandlung durch den Beigeladenen im noch offenen Umfang zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X seien erfüllt, so daß sie keine andere Wahl gehabt habe, als den Kläger zum Arztwechsel aufzufordern.
Der Beigeladene schließt sich dem Vortrag des Klägers an und rügt, daß das LSG auf die Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit, der Behandlung nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, der humanen Krankenbehandlung und des § 95 b Abs. 3 SGB V nicht eingegangen sei.
Entscheidungsgründe
II
Der Senat hat auf Antrag der Beklagten nach Lage der Akten entschieden, nachdem die anderen Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen waren (§ 126 SGG).
Die Revision des Klägers ist zulässig. Mögliche Bedenken, weil (entgegen § 1629 BGB) zunächst nur der Stammversicherte als gesetzlicher Vertreter des Klägers aufgetreten ist, sind durch die Richtigstellung im Revisionsverfahren ausgeräumt.
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Die Tatsachenfeststellungen des LSG reichen nicht aus, um über den Anspruch des Klägers abschließend zu entscheiden.
Streitgegenstand des Verfahrens ist jedenfalls der Zuschuß in Höhe von 80 % zu den Kosten, die dem Kläger für die kieferorthopädische Behandlung in der Zeit vom April 1993 bis Juni 1994 vom Beigeladenen in Rechnung gestellt worden sein sollen. Ob daneben auch die Erstattung des Eigenanteils des Versicherten nach § 29 Abs. 3 SGB V Gegenstand des Verfahrens geworden ist, indem sie von der Beklagten im Schriftsatz vom 16. Juni 1994 abgelehnt wurde und der Kläger einen unbegrenzten Erstattungsanspruch geltend gemacht hat, wird das LSG bei der neuen Verhandlung und Entscheidung zu klären haben; gegebenenfalls wird den Beteiligten Gelegenheit zu geben sein, insoweit das Widerspruchsverfahren nachzuholen (BSGE 55, 250, 252 = SozR 1300 § 50 Nr. 3; BSG SozR 1500 § 78 Nr. 8 jeweils m.w.N.), es sei denn das LSG kommt zum Ergebnis, es handele sich um einen Bescheid nach § 96 Abs. 1 SGG. Kosten für die Behandlung bis zum 31. März 1993 einschließlich des zunächst vom Kläger getragenen Anteils sind demgegenüber nicht im Streit.
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht. Insoweit gilt § 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit 1. März 1993 geltenden Fassung, denn die mündliche Verhandlung vor dem SG wurde am 9. November 1993 geschlossen (vgl. Art. 14 Abs. 1 des Rechtspflege-Entlastungsgesetzes vom 11. Januar 1993, BGBl. I 50). Die Berufung betrifft wiederkehrende Leistungen i.S. des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Ob um wiederkehrende Leistungen gestritten wird, hängt auch bei Kostenerstattungen von der Art der Behandlung ab, welche die Kosten verursacht hat (so auch BSG SozR 1500 § 144 Nr. 35). Die kieferorthopädische Behandlung des Klägers erschöpfte sich nicht in einer einmaligen Maßnahme, sondern beinhaltete die wiederholte Betreuung durch den behandelnden Zahnarzt (ähnlich bei Zahnersatzleistungen: BSG SozR 3-2200 § 182 c Nr. 2 m.w.N.). Die geltend gemachten Kosten beziehen sich – wie dies § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG ferner voraussetzt – auf eine Behandlung, die über ein Jahr, nämlich von Anfang April 1993 bis Juni 1994 gedauert hat.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage i.S. des § 54 Abs. 4 SGG zulässig; insbesondere hat der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der zusätzlichen Leistungsklage. Wenn das Klagebegehren darauf gerichtet ist, eine Leistung zu erhalten, die vom Versicherungsträger ursprünglich bewilligt, dann aber entzogen wurde, ist zwar in der Regel die reine Anfechtungsklage die richtige Klageart (vgl. BSGE 59, 227, 228 f = SozR 4100 § 134 Nr. 29 S 78 f m.w.N.). Hier ist aber fraglich, ob sich der erlassene bewilligende Verwaltungsakt wirklich auf den im Prozeß streitigen Anspruch auf Kostenerstattung bezieht und ob die Beklagte ihn aufzuheben hatte oder tatsächlich aufgehoben hat. Jedenfalls enthält der angefochtene Bescheid keine ausdrückliche Aufhebungsentscheidung. Unter diesen Umständen kann das Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage nicht verneint werden, weil der Kläger sonst Gefahr liefe, an verfahrensrechtlichen Hürden zu scheitern (ähnlich zur echten Leistungsklage, wenn ungeklärt ist, ob ein Verwaltungsakt zu ergehen hatte: BSGE 58, 54, 55 = SozR 5420 § 87 Nr. 1 S 2, oder die Behörde keinen Verwaltungsakt erläßt: BSGE 57, 211, 212 f = SozR 1200 Art. 2 § 18 Nr. 1 S 1 f).
Unschädlich ist, daß die ursprüngliche Bewilligung und der jetzt angefochtene Verwaltungsakt einschließlich des Widerspruchsbescheids nicht an den Kläger, sondern an den Stammversicherten gerichtet wurden. Allerdings kann sich die Beklagte nicht an diesen als den gesetzlichen Vertreter des Versicherten gewandt haben, denn gesetzliche Vertreter sind die Eltern des Klägers, wie im Revisionsverfahren klargestellt wurde. Es würde aber dem Grundsatz der Prozeßökonomie widersprechen, wenn bei einer Klage aus der Familienversicherung nach § 10 SGB V das Verwaltungsverfahren gegenüber dem klagenden Familienangehörigen nachgeholt werden müßte, weil die Krankenkasse ihre nach früherem Recht zutreffende Praxis vorübergehend fortsetzt und ihre Bescheide an den Stammversicherten richtet (so auch BSG vom 23. November 1995 – 1 RK 11/95, zur Veröffentlichung bestimmt; bei der Klage des falschen Adressaten vgl. jedoch BSG SozR 1300 § 37 Nr. 1 m.w.N.). Der Sachentscheidung über den Anspruch des Klägers steht auch nicht ein noch anhängiges Widerspruchsverfahren entgegen, denn der Stammversicherte hatte nur für sich selbst und nicht außerdem für den Kläger Widerspruch eingelegt, über den noch zu entscheiden wäre (sonst müßte den Beteiligten zunächst Gelegenheit gegeben werden, das Widerspruchsverfahren des Klägers abzuschließen, vgl. BSG vom 29. Juni 1993 – 12 RK 13/93 = USK 93109).
Ob der Kläger einen Anspruch auf Weiterbehandlung bei dem behandelnden Zahnarzt zu Lasten der Beklagten hatte, kann erst nach weiteren Ermittlungen entschieden werden. Der Senat folgt dem LSG jedoch insoweit, als der Kläger entgegen seiner Auffassung weder aus dem Bescheid der Beklagten vom 10. September 1990 (geändert durch Bescheid vom 14. September 1992) noch aus § 29 SGB V den streitigen Kostenerstattungsanspruch herleiten kann.
Die Zusage der Beklagten bietet keine Rechtsgrundlage für den streitigen Anspruch. Die Erklärung, sich an den Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung durch den behandelnden Zahnarzt zu „beteiligen”, bezieht sich zwar nicht nur – i.S. einer Zusicherung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X – auf einen noch zu erlassenden Verwaltungsakt, sondern auf die nach § 29 Abs. 1 SGB V zu gewährende Leistung, so daß die Anwendung von § 34 Abs. 3 SGB X nicht in Betracht kommt.
Die Bewilligung kann dennoch nur Ansprüche im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, nicht aber den hier allein streitigen Anspruch auf Kostenerstattung für eine vom Versicherten bei einem Nichtvertragsarzt selbstbeschaffte Leistung auslösen. Mit ihr ist nicht eine kieferorthopädische Behandlung als solche, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, in das System der Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogenen Zahnarzt zugesprochen. Nur dieser ist nach § 95 Abs. 3 SGB V i.V.m. dem von ihm aufgestellten und von der Krankenkasse genehmigten Behandlungsplan gehalten, die Behandlung wirklich durchzuführen, und hat eventuelle Verstöße gegen gesetzliche oder vertragliche Vorschriften gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) und damit mittelbar nach § 75 Abs. 1 SGB V auch gegenüber der Beklagten zu verantworten. Deshalb wird der ursprünglich behandelnde Zahnarzt in der Genehmigung des Behandlungsplans vom 10. September 1990 genannt und der Versicherte um Mitteilung gebeten, falls ein Wechsel beabsichtigt sei. Die nochmalige ausdrückliche Genehmigung vom 14. September 1992, nachdem der Versicherte den Zahnarzt gewechselt hatte, mußte vom Versicherten ebenfalls dahin verstanden werden, daß die Bewilligung an die Behandlung durch einen bestimmten Vertragszahnarzt, nunmehr den Beigeladenen, geknüpft war. Dieses ergibt sich auch aus der vorgeschriebenen Art der Abwicklung der zugesagten Kostenbeteiligung: Kieferorthopädische Behandlungen werden nach dem Gebührentarif D zum Vertrag zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Ersatzkassenverbänden (EKV-Zahnärzte) vergütet. Für die darin genannten Leistungen hat der Vertragszahnarzt nach § 10 Nr. 2 und 3 EKV-Zahnärzte (Stand: 1. Januar 1990) in Höhe der Kostenzusage der Krankenkasse nur einen Anspruch gegen die KZV und somit keinen Anspruch gegen den Versicherten (vgl. zur Rechtslage im Primärkassenbereich und deren mögliche Änderung Anfang 1989: BSGE 66, 165 = SozR 3-2200 § 182 c Nr. 1; BSGE 66, 284 = SozR 3-2500 § 29 Nr. 1). Da nicht zugelassene Zahnärzte am Abrechnungsverfahren der KZV nicht teilnehmen, ist eine derartige Abwicklung außerhalb des Systems der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht möglich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte tatsächlich so verfahren ist. Nicht die Verwaltungspraxis, sondern die rechtlichen Rahmenbedingungen schließen es aus, die Genehmigung des Behandlungsplans als Zusage einer Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen zu verstehen.
Der Bewilligungsbescheid vom 10. September 1990 (14. September 1992) gilt nach seinem Sinn und nach der beschränkten Regelungsbefugnis der Beklagten nur für Behandlungen im Rahmen der von den gesetzlichen Krankenkassen zu verantwortenden Leistungserbringung. Ein Kostenerstattungsanspruch für außerhalb dieses Verantwortungsbereichs beschaffte Leistungen kann daraus nicht hergeleitet werden. Auf die Aufhebung dieser Bewilligung und die vorherige Anhörung kommt es nicht an. Begibt sich der Versicherte wegen einer sonstigen Erkrankung (beispielsweise am Herzen) in eine voraussichtlich langwierige Behandlung bei einem Vertragsarzt, ist die Krankenkasse an die anfangs veranlaßte Kostenübernahme ebenfalls nicht gebunden, wenn dieser Arzt seine Zulassung später zurückgibt; die erforderliche Genehmigung einer kieferorthopädischen Behandlung rechtfertigt grundsätzlich keine Abweichung. Ebensowenig wie bei sonstigen Behandlungen, die ohne vorherige Genehmigung gewährt werden, ist die Kasse im Zusammenhang mit einer vorherigen Genehmigung verpflichtet, auf die – nach den Erfahrungen bis zum Jahre 1992 eher entfernt liegende – Möglichkeit hinzuweisen, daß der Arzt auf die Zulassung verzichtet. Sollte der Zulassungsverzicht des Behandlers in Zukunft zu den üblichen Risiken einer längerdauernden Krankenbehandlung gehören, könnte es allerdings zweckmäßig sein, die anfängliche Kostenübernahme mit einem entsprechenden Hinweis zu verbinden.
Auch aus dem Gesetz läßt sich der streitige Anspruch grundsätzlich nicht herleiten. Der Kläger kann von der Beklagten nur die Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung verlangen, die von einem Vertragszahnarzt (früher: „Kassenzahnarzt”) durchgeführt wird. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB V knüpft den Anspruch des Versicherten auf Kostenübernahme ausdrücklich daran, daß die kieferorthopädische Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung durchgeführt wird. Diese Voraussetzung steht im Einklang mit der Bedeutung, die der in § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V angeordneten Beschränkung der freien Arztwahl auf die zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte für die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zukommt. Unter Hinweis hierauf hat der Senat entschieden, daß freiwillig Versicherten auch durch § 13 Abs. 2 SGB V in der vom 1. Januar 1993 an geltenden Fassung nicht das Recht eingeräumt ist, einen Nichtvertragsarzt oder ein nicht zugelassenes Krankenhaus auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen in Anspruch zu nehmen (Urteile vom 10. Mai 1995 – 1 RK 14/94 = BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 7 und vom 23. November 1995 – 1 RK 5/94, zur Veröffentlichung bestimmt). Die dort aufgezeigten Gesichtspunkte gelten auch für kieferorthopädische Behandlungen. Insbesondere hat der Senat bereits dort auf § 85 Abs. 4 b SGB V in der vom 1. Januar 1993 an geltenden Fassung über die Minderung des Vergütungsanspruchs ab einer bestimmten Gesamtpunktmenge des jeweiligen Zahnarztes hingewiesen und aus der Einbeziehung von Kostenerstattungen in die Berechnung der Punktmengen geschlossen, daß Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nur durch Vertragszahnärzte erbracht werden dürften. Mit § 85 Abs. 4 b SGB V soll nicht nur der Aufwand für den einzelnen Behandlungsfall gesenkt, sondern gleichzeitig – zur globalen Kostenbeschränkung – der Ausweitung des Praxisumfangs der Vertragszahnärzte entgegengewirkt werden. Dieser Zweck würde jedoch vereitelt, wenn kieferorthopädische Behandlungen auch von nicht zugelassenen Zahnärzten erbracht werden dürften. Denn Gesamtpunktmengen können nach dem System der vertragsärztlichen Vergütung sowie nach dem Wortlaut des § 85 Abs. 4 b Satz 1 SGB V nur bei Vertragszahnärzten gebildet werden. Dem in § 85 SGB V konkretisierten Teilaspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots kann deshalb die Bereitschaft des Zahnarztes, die Behandlung nach vertragsärztlichen Bedingungen zu Ende zu führen, nicht entgegengehalten werden, denn dies betrifft nur die Wirtschaftlichkeit des einzelnen Behandlungsfalles. Dasselbe gilt von der Befürchtung des Klägers, ein Behandlerwechsel hätte Mehrkosten verursacht. Inwiefern andere Kassen eine Weiterbehandlung beim Nichtvertragszahnarzt zulassen, ist unerheblich, denn Art. 3 GG gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
Die Beschränkung des Versicherten auf die Inanspruchnahme von Vertragsärzten für alle ärztlichen Maßnahmen gilt unabhängig davon, ob sie durch einen besonderen Plan zu einer eigenständigen „Behandlung” zusammengefaßt sind oder nicht. Auch wenn ein solcher Plan vorliegt, kann die Zuordnung von Einzelmaßnahmen zur ursprünglich geplanten „Behandlung” schwierig sein, wenn unvorhergesehene Schwierigkeiten auftreten, die beispielsweise eine ergänzende Zwischen- oder Weiterbehandlung erfordern. Konsequenterweise gibt weder § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V noch § 29 SGB V einen Anhalt dafür, daß die Arztwahl nur solange auf Vertragsärzte beschränkt sei, wie die Behandlung noch nicht begonnen hat oder nicht wesentlich fortgeschritten ist. Vielmehr nimmt § 76 SGB V gerade nicht darauf Bezug, wofür ein Vertragsarzt gewählt wird. Auch die Einbeziehung des Arztwechsels in die Regelungen des § 76 SGB V (vgl. Abs. 3) hängt nicht davon ab, ob die bisherige Behandlung abgeschlossen ist oder nur weitergeführt werden soll. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB V spricht von einer Behandlung „im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung” und bringt dadurch zum Ausdruck, daß die Bindung an das Vertragsarztsystem weiterreicht als die eigentliche Behandlung. Gerade bei der kieferorthopädischen Behandlung hat der Gesetzgeber durch die Übergangsvorschrift des Art. 60 Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) deutlich gemacht, daß die durch den Behandlungsplan geschaffene größere Geschlossenheit als bei anderen Behandlungen eine Ausnahme von den allgemeinen Regeln über die Erheblichkeit von Rechtsänderungen bei laufenden Behandlungsfällen grundsätzlich nicht rechtfertigt. Die Eigenschaft als Vertragszahnarzt während einer schon fortgeschrittenen kieferorthopädischen Behandlung ist genauso erheblich wie zu deren Beginn.
Auch der Einwand des Klägers, für eine Behandlung gelte ausschließlich das Recht, das zu ihrem Beginn gegolten habe, vermag kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen; die hierzu für den Fall der Gesetzesänderung entwickelte Rechtsprechung (BSGE 49, 68, 70 = SozR 2200 § 205 Nr. 28 S 63; vgl. dazu auch BSGE 70, 31, 33 ff = SozR 3-2500 § 48 Nr. 1 S 3 ff) ist hier nicht einschlägig. Denn der Zwang zur Inanspruchnahme von Vertragsärzten (damals „Kassenärzte”) bestand schon 1991, als die hier fragliche Behandlung begonnen wurde. Zwar gab es § 85 Abs. 4 b SGB V noch nicht, aber schon damals bezog sich die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch auf die Verordnungsweise des Arztes insgesamt und nicht nur auf den einzelnen Behandlungsfall. Art. 61 GRG mag Kostenerstattungen seitens der Ersatzkassen in weiterem Umfang zugelassen haben als das seit dem 1. Januar 1993 geltende Recht (zweifelnd BSGE 70, 170, 178 = SozR 3-2200 § 321 Nr. 1 S 10); solche Erstattungen können sich nach der Rechtsprechung zu § 13 Abs. 2 SGB V (Urteile vom 10. Mai – SozR 3-2500 § 13 Nr. 7 – und 23. November 1995 – 1 RK 5/94) jedoch nicht auf Behandlungen durch Nichtvertragsärzte bezogen haben.
Die Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes zu Lasten der Beklagten war auch nicht ausnahmsweise durch § 95 b Abs. 3 SGB V erlaubt. Danach müssen Ärzte, die nach § 95 b Abs. 1 SGB V auf die Zulassung als Vertragsarzt verzichtet haben, Behandlungen zu Lasten und zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung durchführen. Ein Fall des organisierten Zulassungsverzichts i.S. dieser Regelung liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor. Auf eine weitergehende Durchbrechung des Vertragsarztprinzips kann aus dieser Regelung nicht geschlossen werden. Denn in § 95 b SGB V geht es ausschließlich um die Sicherstellung der Krankenversorgung des Versicherten, wenn die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung durch kollektive Leistungsverweigerung gefährdet wird (BT-Drucks 12/3608 S 95 f). Dieser Hintergrund der gesetzlichen Regelung läßt ihre Ausdehnung auf den Fall des Verzichts eines einzelnen Arztes nicht zu. Im übrigen kann ein Kostenerstattungsanspruch auf diese Vorschrift wohl schon deshalb nicht gestützt werden, weil § 95 b Abs. 3 Satz 3 SGB V einen Vergütungsanspruch des Arztes gegen den Versicherten ausschließt, so daß erstattungsfähige „Kosten” gar nicht entstehen.
Das LSG hat jedoch zu Unrecht nicht näher geprüft, ob der Kläger nach den Sondervorschriften für Notfälle berechtigt war, sich von seinem nicht mehr zugelassenen Zahnarzt weiterbehandeln zu lassen und die Erstattung der Kosten von der Beklagten zu verlangen. Deshalb sind weitere Tatsachenfeststellungen erforderlich. Nach § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V können nicht zugelassene Ärzte nur in Notfällen zu Lasten der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. § 13 Abs. 3 SGB V läßt eine Kostenerstattung zu, wenn eine unaufschiebbare Leistung von der Krankenkasse nicht rechtzeitig erbracht werden kann oder wenn eine Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde. Das schließt nach der Rechtsprechung Kostenerstattungen für außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung beschaffte Leistungen mit ein, soweit ein zugelassener Leistungserbringer nicht rechtzeitig oder gar nicht zur Verfügung steht (zum damaligen § 13 Abs. 2 SGB V: BSGE 73, 271, 286 f = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S 25 f; vgl. auch, seinerzeit allerdings unter dem Gesichtspunkt des Herstellungsanspruchs: BSGE 53, 144, 148 ff = SozR 2200 § 182 Nr. 80 S 156 ff). In der Auslegung durch die Rechtsprechung enthält § 13 Abs. 3 SGB V somit eine nähere Umschreibung des in § 76 Abs. 1 SGB V erwähnten Notfalls und dehnt die Zulässigkeit der Inanspruchnahme von Nichtvertragsärzten über den Fall der besonders akuten Gesundheitsgefährdung hinaus auf Sachverhalte aus, in denen dem Versicherten aus anderen Gründen der Zugang zu einem zugelassenen Leistungserbringer versperrt ist (Systemversagen). Unabhängig davon, daß kieferorthopädische Behandlungen nur zum Teil wie eine Sachleistung erbracht werden, müssen diese Grundsätze auch hier gelten, denn für eine Unterscheidung nach der Leistungsart sind Anhaltspunkte in § 13 Abs. 3 SGB V nicht enthalten und sachliche Gründe nicht erkennbar.
Ob die Voraussetzungen einer Kostenerstattung für Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung nach § 13 Abs. 3 SGB V vorliegen, läßt sich nicht abschließend entscheiden. Der Gesichtspunkt der Notfallbehandlung könnte den Anspruch des Klägers stützen, wenn die Weiterbehandlung als unaufschiebbar beurteilt werden muß, denn nur dann ist dem Versicherten der Zugang zum Nichtvertragsarzt auch ohne vorherige Einschaltung der Krankenkasse eröffnet. Im Zweifel ist zwar eine vom Vertragsarzt vorgeschlagene und von der Krankenkasse genehmigte kieferorthopädische Behandlung unaufschiebbar zumindest in dem Sinne, daß der medizinische Erfolg durch Verzögerungen nicht gefährdet werden darf (vgl. nochmals BSGE 73, 271, 287 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S 26 f). Gerade bei solchen Behandlungen ist jedoch denkbar, daß sie in bestimmten Stadien ohne wesentlichen Nachteil vorübergehend unterbrochen werden können und dem Versicherten schon deshalb genügend Zeit zur Verfügung stand, einen neuen Zahnarzt zu wählen oder – zumindest – die Entscheidung der Krankenkasse nach § 13 Abs. 3 Alt 2 SGB V einzuholen.
Wie lange die Suche nach einem neuen Vertragszahnarzt im Frühjahr 1993 voraussichtlich gedauert hätte und ob im konkreten Behandlungsstadium eine möglicherweise dadurch verursachte Verzögerung den Erfolg gefährdet hätte, hat das LSG jedoch nicht festgestellt. Dabei ist beispielsweise auch zu berücksichtigen, ob die besondere Art der Behandlung des Klägers oder eine eventuelle Überlastung der erreichbaren Vertragszahnärzte die Übernahme der Behandlung zum erforderlichen Zeitpunkt erschwert hätte. Insbesondere der erste Punkt bedarf weiterer Aufklärung, nachdem Kläger und Beigeladener vorgetragen haben, die angewandte Behandlungsmethode werde von anderen Kieferorthopäden nicht beherrscht.
Offen ist bisher auch, ob dem Versicherten für die neue Arztwahl oder die Einschaltung der Kasse nur die Zeit zwischen der Mitteilung der Beklagten bis zur medizinisch notwendigen Fortsetzung der Behandlung oder aber ein längerer Zeitraum zur Verfügung stand. Eine die Durchbrechung des Leistungssystems rechtfertigende Eilbedürftigkeit, von der hier frühestens im März 1993 ausgegangen werden kann, hat sich der Versicherte möglicherweise selbst zuzuschreiben. Bei pflichtgemäßem Verhalten des behandelnden Zahnarztes hätte der Versicherte nämlich bereits wesentlich früher von dem Verlust der Zulassung erfahren müssen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (= Zahnärzte-ZV, früher: „Zulassungsordnung”) muß die Verzichtserklärung im Regelfall dem Zulassungsausschuß ein volles Kalendervierteljahr vor dem Eintritt der Wirksamkeit zugehen, das wäre hier spätestens der 30. September 1992 gewesen. Bei Nachweis der Unzumutbarkeit kann die Frist nach Satz 2 der genannten Vorschrift verkürzt werden. Wann der Beigeladene die Verzichtserklärung abgegeben hat und er seine Patienten hierüber spätestens informieren mußte und ob und in welcher Form er sie tatsächlich informiert hat, kann bei der Entscheidung nicht unberücksichtigt bleiben. Denn davon hängt es ab, welcher Zeitraum dem Versicherten – eventuell nach Rücksprache mit der Beklagten – für die Arztwahl wirklich zur Verfügung stand und wer von den Beteiligten gegebenenfalls für einen zu kurzen Zeitraum einzustehen hat: Der Versicherte wegen Untätigkeit, die Beklagte wegen Systemversagens nach § 13 Abs. 3 SGB V oder der Zahnarzt wegen Verletzung des Behandlungsvertrags nach § 76 Abs. 4 SGB V (zur Haftung des Vertragsarztes für Beratungsfehler gegenüber dem Kassenpatienten vgl. BGHZ 124, 128 = LM BGB § 823 ≪Aa≫ Nr. 154 m.w.N.; zur Hinweispflicht bei Zweifeln an der Kostenübernahme durch die Versicherung: BGH LM BGB § 276 ≪Ca≫ Nr. 27; OLG Düsseldorf VersR 1985, 458). Dabei mag auch zu prüfen sein, ob sich aus dem Gebot der humanen Krankenbehandlung nach § 70 Abs. 2 SGB V konkrete Verpflichtungen ergeben und inwiefern solche Verpflichtungen einen Zahnarzt treffen, der in kurzem zeitlichen Abstand die Behandlung eines Kassenpatienten übernimmt und die Zulassung zurückgibt. Die in diesem Zusammenhang zu beantwortenden Rechtsfragen können zwar Art und Notwendigkeit der weiteren Ermittlungen beeinflussen; dennoch läßt der Senat sie zunächst offen, weil noch nicht abzusehen ist, ob sie sich nach dem tatsächlichen Verlauf wirklich stellen. Ähnliches gilt für den Fall, daß sich bestimmte Punkte nicht mehr aufklären lassen.
Bei der erneuten Verhandlung muß berücksichtigt werden, daß die Zurückweisung der Berufung des Beigeladenen rechtskräftig ist, nachdem dieser Revision nicht eingelegt hat; eine erneute Berufung des Beigeladenen wäre unzulässig. Das schließt nicht aus, daß der Beigeladene als solcher (aber nicht als Berufungskläger) am Rechtsstreit weiterhin teilnimmt. Allerdings wird das LSG zu prüfen haben, ob es die als notwendig ausgesprochene Beiladung des behandelnden Zahnarztes in eine solche nach § 75 Abs. 1 SGG umwandelt. Die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung liegen nicht vor. Eventuelle Ansprüche zwischen dem Versicherten und seinem Zahnarzt betreffen nicht den Streitgegenstand des Verfahrens, sondern allenfalls Vorfragen des streitigen Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beklagte (vgl. dazu BSG SozR 3-4100 § 134 Nr. 7 S 17 f; SozR 1500 § 75 Nr. 71). Auch die Ansprüche zwischen dem Beigeladenen und der Beklagten gehören nicht zum Gegenstand eines Rechtsstreits um Kostenerstattung, obwohl sie generell – etwa im Rahmen des § 95 b SGB V – durch sein Ergebnis beeinflußt werden können. Wie der vorliegende Fall zeigt, führt die Versagung des Anspruchs des Versicherten nicht zwangsläufig zur Bejahung eines Anspruchs des Zahnarztes und umgekehrt (zur notwendigen Beiladung unter diesem Gesichtspunkt vgl. BSGE 66, 144, 145 f = SozR 5795 § 6 Nr. 1 S 2 f; BSGE 61, 271, 272 = SozR 2200 § 1304 c Nr. 1 S 2 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen