Leitsatz (amtlich)

Für die Verjährung des Anspruchs auf Erstattung des Kindergeldaufwandes nach KGAG § 7a Abs 2 gilt KGG § 35 Abs 1 entsprechend.

 

Normenkette

KGG § 35 Abs. 1 Fassung: 1954-11-13; KGGAnpG § 7a Abs. 2 Fassung: 1955-12-23

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Dezember 1961 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I. Der Hilfsarbeiter A B war vom 1. Juli 1954 bis zum 10. Februar 1956 beim Gartenbauamt der Stadt Nürnberg als Fürsorgearbeiter beschäftigt gewesen; er bezog anschließend vom 14. Februar bis zum 13. März 1956 vom Arbeitsamt Nürnberg Arbeitslosenunterstützung. Für Februar 1956 hatte er gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Kindergeldergänzungsgesetzes (KGEG) in Verbindung mit § 2 des Kindergeldgesetzes (KGG) für sein drittes Kind einen Anspruch auf Kindergeld gegen den beklagten Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverband. Dieses zahlte ihm gemäß § 7 a Abs. 1 des Kindergeldanpassungsgesetzes (KGAG) Anfang März 1956 die Klägerin aus. Sie begehrte mit Schreiben vom 5. März 1959 von dem Beklagten, ihr das an B gezahlte Kindergeld von 25,- DM gemäß § 7 a Abs. 2 KGAG zu erstatten. Der Beklagte verweigerte die Zahlung, weil der Anspruch der Klägerin verjährt sei. Deren Klage auf Zahlung von 25,- DM wurde vom Sozialgericht (SG) Nürnberg abgewiesen (Urteil vom 15. November 1960).

Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) wies die zugelassene Berufung der Klägerin zurück (Urteil vom 13. Dezember 1961). Ihr stehe zwar nach § 7 a KGAG ein Anspruch gegen den Beklagten zu. Dessen Einrede der Verjährung sei jedoch zutreffend. Wenngleich in dieser Vorschrift selbst eine besondere Verjährungsfrist nicht ausdrücklich festgelegt sei, würde es den Bedürfnissen des praktischen Lebens widersprechen und mit den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung nicht vereinbar sein, für den Erstattungsanspruch die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gelten zu lassen. Die Verjährung diene der allgemeinen Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Diesen Zwecken entspreche es, daß der Erstattungsanspruch der Klägerin wie der Anspruch auf das Kindergeld selbst, nämlich gemäß § 35 KGG in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit verjähre. Das frühere Reichsversicherungsamt (RVA) habe in ständiger Rechtsprechung hinsichtlich der Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht empfangener Leistungen aus der Sozialversicherung ausgesprochen, daß diese in der gleichen Frist verjähren wie die Leistungsansprüche. Beide seien, wenn sie auch auf verschiedenen Rechtsgründen beruhten, in vielem gleichartig, und deshalb müsse angenommen werden, daß beim Schweigen des Gesetzgebers dieser Versicherungsträger und Versicherte gleichbehandeln wolle. Das vormalige RVA habe weiter ausgesprochen, dies gelte auch für Erstattungsansprüche einer Krankenkasse, bei der eine Mitgliedschaft fortgesetzt werde gegenüber der bisherigen Kasse, weil es sich um einen Ausgleichsanspruch handele, der nach Grund und Höhe mit Gewährung bestimmter Kassenleistungen in untrennbarem Zusammenhang stehe (AN 1940, 249); denn es wäre nicht verständlich, wenn eine Krankenkasse zwar dem Versicherten nach zwei Jahren die Einrede der Verjährung entgegenhalten könne, ihre Erstattungsansprüche gegenüber einer anderen Kasse aber erst nach vier Jahren geltend machen müsse, obwohl sie die ihr zustehenden Ansprüche besser kenne als die meist rechtsunkundigen Versicherten. Diese Gründe träfen auf den Erstattungsanspruch der Klägerin ebenfalls zu, so daß es gerechtfertigt sei, auf ihn die zweijährige Verjährungsfrist des § 35 KGG anzuwenden. Die Ansicht der Klägerin, ihr Erstattungsanspruch verjähre gemäß § 208 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) in vier Jahren, weil ein Kindergeldanspruch nach dem KGAG mit den Unterstützungen nach dem AVAVG eine einheitliche Gesamtleistung bilde, sei unrichtig; denn § 6 Abs. 1 KGAG bestimme, daß das Kindergeld nach den Vorschriften des Dritten Abschnittes dieses Gesetzes nicht Bestandteil der Arbeitslosenunterstützung (jetzt: Arbeitslosengeld) und der Arbeitslosenfürsorge (jetzt: Arbeitslosenhilfe) ist. Wenn schon das Kindergeld, dessen Träger die Klägerin nach § 7 Abs. 1 KGAG sei, als eine selbständige Leistung neben den Leistungen nach dem AVAVG gelte, so müsse dies um so mehr für die Zahlung von Kindergeld nach § 7 a KGAG zutreffen, das die Klägerin lediglich für die ursprünglich zustehenden Träger des Kindergeldes auszuzahlen habe. Einer vierjährigen Verjährungsfrist gemäß der allgemeinen Vorschrift des § 29 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) - in Verbindung mit § 29 KGG - stehe die spezielle Vorschrift des § 35 KGG entgegen. Revision wurde zugelassen.

II. Die Klägerin legte form- und fristgerecht Revision ein. Sie rügt Verstöße gegen § 208 AVAVG sowie § 35 Abs. 1 KGG und ist der Ansicht, bei der Erstattung nach § 7 a KGAG handele es sich um einen selbständigen gesetzlichen Anspruch, der nicht mit jenem des Kindergeldberechtigten auf Kindergeld identisch sei, wenn er sich auch zum Teil auf die Inanspruchnahme des Kindergeldes richte. Der Erstattungsanspruch nach § 7 a Abs. 2 KGAG umfasse nämlich nicht nur die Aufwendungen an Kindergeld, sondern auch den Verwaltungsaufwand. Seine Verjährung sei gesetzlich nicht geregelt. § 35 Abs. 1 GG könne - wenn man der Rechtsprechung des vormaligen RVA, daß sich rechtsähnliche Ansprüche im Prinzip nach dem Leistungsrecht richteten, folge - nur auf Ansprüche, die sich aus dem KGG oder dem KGEG herleiteten, entsprechend angewandt werden. Daraus, daß der Gesetzgeber diese Vorschrift aber nicht ausdrücklich auch für den Bereich des KGAG für anwendbar erklärt habe, wie es für andere Bestimmungen in § 3 Abs. 4 KGAG geschehen sei, müsse gefolgert werden, daß für den Erstattungsanspruch nach § 7 a KGAG andere Verjährungsnormen gelten sollten. Sinnvoll sei es, hierfür die Verjährungsvorschriften des § 208 AVAVG entsprechend anzuwenden. Das Kindergeld nach dem KGAG und die von der Klägerin nach dem AVAVG zu erbringenden Leistungen seien ihrer Zweckbestimmung nach eine einheitliche Gesamtleistung zur Bestreitung des Lebensunterhalts des Berechtigten und seiner Familie, wobei das Kindergeld insoweit an die Stelle des Familienzuschlags trete. Dieser enge Zusammenhang rechtfertige es, den Erstattungsanspruch der Klägerin nach dem KGAG in derselben Zeit verjähren zu lassen, wie die Ansprüche nach dem AVAVG. § 6 Abs. 1 KGAG stehe dem nicht entgegen. Er solle lediglich den Anteil Kindergeld von einschränkenden Vorschriften nach dem AVAVG (z.B. über Höchstgrenzen, Ruhenszeiten ua) ausnehmen. Dieser Schutzzweck der Vorschrift sei indessen nicht geeignet, die enge Verknüpfung des Kindergeldes nach dem KGAG mit den Leistungen nach dem AVAVG zu widerlegen. Schließlich stelle die Berufung des Beklagten auf die Verjährung eine "unzulässige Rechtsausübung" dar und verstoße gegen Treu und Glauben.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des Urteils des SG Nürnberg vom 15. November 1960 den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag von 25,- DM zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

Der in § 7 a KGAG enthaltene Anspruch auf Leistung von Kindergeld beruhe unmittelbar auf dem KGG oder dem KGEG. Mit der Auszahlung des Kindergeldes befriedige die Klägerin nur den Anspruch des Berechtigten gegen einen anderen Träger der Kindergeldzahlung. Weil sie diesbezüglich fremde Geschäfte besorge, stehe ihr gemäß § 7 a Abs. 2 KGAG ein Erstattungsanspruch zu. Mangels einer anderen positiven Regelung verjähre dieser den vom früheren RVA aufgestellten Grundsätzen gemäß in derselben Zeit wie der Leistungsanspruch. Hierfür gelte kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift die zweijährige Verjährungsfrist (§ 35 KGG und § 5 Abs. 1 KGEG). Im übrigen stehe § 6 Abs. 1 KGAG der Auffassung der Klägerin entgegen. Ein Sachzusammenhang des von ihr gemäß § 7 a KGAG gewährten Kindergeldes mit den Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sei nicht gegeben, so daß es einer Anlehnung an die rechtsfremde Materie des AVAVG und dessen Verjährungsvorschriften nicht bedürfe. Einen Rechtsmißbrauch stelle die Geltendmachung der Einrede der Verjährung durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht dar; auch diese müsse für Rechtssicherheit und Klarheit sorgen.

III. Die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist zulässig. Sie konnte jedoch keinen Erfolg haben.

Gegen den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch nach § 7 a Abs. 2 KGAG greift die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durch. Wie das LSG in dem angefochtenen Urteil bereits zutreffend unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des früheren RVA (GE 5028 in AN 1936, 325; GE 5206 in AN 1938, 242; GE 5158 in AN 1938, 12; GE 5275 in AN 1939, 131; GE 4822 in AN 1934, 379), von der abzuweichen der erkennende Senat sachlich und rechtlich keinen Anlaß hat, ausführte, verjährt der Erstattungsanspruch der Klägerin, wie der Leistungsanspruch des Berechtigten auf Kindergeld gemäß § 35 KGG in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit. Bei einem von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch aus § 7a KGAG handelt es sich um einen selbständigen gesetzlichen Anspruch, welcher mit dem Anspruch des Kindergeldberechtigten auf das Kindergeld, der seine Rechtsgrundlage im KGG oder im KGEG hat, zwar nicht identisch, aber in einem besonderen Sachzusammenhang verbunden ist. Der Anspruch auf Ersatz des gemäß § 7 a Abs. 1 KGAG - verlagsweise in gesetzlicher Geschäftsbesorgung - ausgezahlten Aufwands an Kindergeld zuzüglich der Verwaltungskosten richtet sich ebenfalls gegen den ursprünglich zuständigen Träger der Kindergeldzahlung.

Auf diesen Anspruch sind die Verjährungsvorschriften des AVAVG nicht anwendbar. Gemäß § 6 Abs. 1 KGAG ist das Kindergeld nicht Bestandteil des Arbeitslosengeldes und der Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe. Durch diese Vorschrift wird klargestellt, daß es sich bei dem von der Klägerin nach dem KGAG ausgezahlten Kindergeld nicht um Leistungen der Arbeitslosenversicherung oder der Arbeitslosenhilfe handelt, sondern um eine Leistung besonderer Art, die neben dem Arbeitslosengeld oder der Arbeitslosenhilfe gewährt wird und mit diesen Leistungen nur deshalb verknüpft ist, weil das Kindergeld von den Arbeitsämtern an den im KGAG aufgeführten Personenkreis ausgezahlt wird (Lauterbach/Wickenhagen, Die Kindergeldgesetzgebung, Komm. z. KGAG § 6 Anm. 2,3). Die Vorschriften des Dritten Abschnittes des KGAG und des AVAVG sind zwar aufeinander abgestimmt, und es besteht eine sachliche Beziehung zwischen dem von der Klägerin ausgezahlten Kindergeld nach den Vorschriften des KGAG und den von ihr selbst gewährten Leistungen an Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe nach dem AVAVG. Da der Erstattungsanspruch der Klägerin jedoch nicht im AVAVG, sondern in der Kindergeldgesetzgebung seine Rechtsgrundlage hat, können auf ihn nur deren Verjährungsvorschriften zur Anwendung kommen. Wenn die Klägerin ausführt, das Kindergeld nach dem KGAG trete als Surrogat an die Stelle des Familienzuschlags und hieraus ableitet, das Kindergeld nach dem KGAG und die von ihr zu erbringenden Leistungen nach dem AVAVG seien deshalb als einheitliche Gesamtleistung anzusehen, so widerspricht diese Folgerung dem klaren Wortlaut des § 6 Abs. 1 KGAG, demzufolge das Kindergeld nicht Bestandteil der Leistungen der Klägerin nach dem AVAVG ist. Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß dieser Vorschrift möglicherweise zugleich der Schutzzweck innewohnt, den Kindergeldanteil von einschränkenden Vorschriften nach dem AVAVG auszunehmen. Ferner rechtfertigt der Hinweis der Klägerin auf § 5 Abs. 3 KGAG, in dem auf die entsprechende Geltung der §§ 176, 177 und 185 AVAVG verwiesen wird, nicht eine entsprechende Anwendung der Verjährungsvorschrift des § 208 AVAVG auf ihren Erstattungsanspruch gemäß § 7 a KGAG, weil es sich bei dieser Bestimmung um die Rückforderung zu Unrecht an Arbeitslose gezahlten Kindergeldes durch die Klägerin als leistungspflichtiger Träger der Kindergeldzahlung handelt; darüber hinaus wird aber in § 5 Abs. 3 KGAG auf die Verjährungsvorschrift des § 208 AVAVG auch nicht verwiesen.

Die weiteren Ausführungen der Klägerin, das LSG habe nicht beachtet, daß Erstattungsansprüche hinsichtlich der Verjährung den Leistungsansprüchen nur insoweit gleichgestellt werden könnten, als sowohl Leistungs- wie Erstattungsansprüche die Rechtsgrundlage in demselben Gesetz oder in demselben Abschnitt eines Gesetzes hätten, bestätigen ihre Ansicht nicht. In der von ihr herangezogenen Entscheidung des früheren RVA (AN 1940, 249, GE 5377) war für den geltend gemachten Erstattungsanspruch keine Verjährungsfrist ausdrücklich vorgeschrieben. Das RVA hat deshalb die in der RVO für rechtsähnliche Tatbestände gegebenen Verjährungsvorschriften entsprechend angewendet und geprüft, ob die Verjährungsfrist des § 29 Abs. 3 RVO oder des § 223 Abs. 1 RVO anzuwenden sei.

Dabei wurde betont, daß § 29 Abs. 3 RVO als allgemeine Regelung nur insoweit in Betracht komme, als es sich um Tatbestände handele, die nicht wieder unter eine Sondervorschrift fielen. Da im damals streitigen Fall der Erstattungsanspruch dem Zweiten Buche der RVO entstammte, hat es die in diesem Buche für die Krankenversicherung besonders geregelte Verjährungsfrist des § 223 Abs. 1 RVO für anwendbar erklärt. In dieser Entscheidung weist das RVA darauf hin, daß in seiner, von der Klägerin ebenfalls herangezogenen Entscheidung (EuM 42, 412 Nr. 112) bei einem Streit um einen Ersatzanspruch aus dem Fünften Buche der RVO mangels besonderer gesetzlicher Regelung nicht die besonderen Vorschriften über die Verjährung nach dem Zweiten Buche der RVO zur Anwendung kämen, dessen Rahmen die Anwendung des § 223 Abs. 1 begrenze, sondern die allgemeine Vorschrift des im Ersten Buch enthaltenen § 29 Abs. 3 RVO. Aus diesen RVA-Entscheidungen läßt sich die von der Klägerin vertretene Auffassung nicht herleiten; aus ihnen ist lediglich zu entnehmen, daß hinsichtlich der Verjährung eine allgemeine Vorschrift dann entsprechend angewendet werden kann, wenn es sich um Tatbestände handelt, die nicht unter eine Sondervorschrift fallen. Eine besondere Verjährungsvorschrift ist im KGAG selbst nicht enthalten. Die in § 35 Abs. 1 KGG allgemein geregelte Verjährungsfrist für Leistungsansprüche nach dem KGG und dem KGEG gilt daher für den Erstattungsanspruch der Klägerin, dem ein Leistungsanspruch nach dem Kindergeldrecht zugrunde liegt, entsprechend. Dem steht nicht entgegen, daß dabei eine Vorschrift aus dem KGG für einen Erstattungsanspruch nach dem KGAG als allgemeine Regelung angesehen wird. Die Kindergeldvorschriften nach dem KGG, KGAG und KGEG stellen sich als eine einheitliche Ordnung der Gesamtmaterie dar. Dieser liegt der Wille des Gesetzgebers zugrunde, der gesamten Bevölkerung bei Erfüllung der für die Familienbeihilfen geltenden Voraussetzungen das Kindergeld zukommen zu lassen (Lauterbach/Wickenhagen, Einführung I). Wenn die Regelung der Gesamtmaterie in mehreren Gesetzen und nicht in einem Gesetzgebungsakt erfolgte, so ist dies lediglich darauf zurückzuführen, daß die verschiedenen Bevölkerungsgruppen erst schrittweise jeweils durch ein weiteres Gesetz in die Kindergeldregelung einbezogen werden konnten. Da die genannten Kindergeldgesetze in einem so engen Zusammenhang stehen, daß sich sachlich und systematisch die Gesamtmaterie als ein Gesetzeswerk darstellt, ist die zweijährige Verjährungsfrist, die nach § 35 KGG für Leistungsansprüche wie für Beitragsrückstände allgemein Geltung hat, auf einen Erstattungsanspruch nach § 7 a KGAG entsprechend anzuwenden, auch wenn in diesem Gesetz auf § 35 KGG nicht ausdrücklich verwiesen wird. Daß der Beklagte die Einrede der Verjährung tatsächlich erhoben hat, kann nicht als "unzulässige Rechtsausübung" oder Verstoß gegen Treu und Glauben bewertet werden. Zwar handelt es sich nicht um vermögensrechtliche Auseinandersetzungen zwischen Privaten, sondern um den finanzwirtschaftlichen Ausgleich zwischen den Trägern sozialer Aufgaben. Aber auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist befugt - und aus Gründen des Etatrechts oder der Rechnungsprüfung fallweise sogar gezwungen - sich über ihre Finanzverhältnisse und ihren Wirtschaftsstatus Klarheit zu verschaffen. Sie kann dabei zur Erreichung der Rechtssicherheit oder zur Wahrung des Rechtsfriedens von einem gesetzlich zugelassenen Behelf Gebrauch machen. Daß der Beklagte die Verjährung arglistig oder sonstwie rechtswidrig durch sein früheres Verhalten herbeigeführt habe, ist von der Klägerin selbst nicht behauptet worden. Unter diesen Umständen war die Einrede des Beklagten nicht als Verletzung der Rechtsordnung oder von Sittengesetzen zu beanstanden.

Die Revision der Klägerin war nach alledem zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 4 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 262

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