Verfahrensgang
Tenor
Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. bis 4., 6. und 8. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Juni 1995 werden zurückgewiesen.
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1. – 4., 6. und 8. haben der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens je zu einem Siebtel zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin ist als Laborärztin zugelassen. Mit ihrer Klage begehrt sie die Feststellung, daß sie berechtigt ist, im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung Laborleistungen gemäß Abschn O I des Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (BMÄ) und der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) zu erbringen und gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) abzurechnen. Die Beklagte bestreitet diese Befugnis mit dem Hinweis, Laborärzte dürften nur auf Überweisung tätig werden; Überweisungen zur Erbringung der im Abschn O I des BMÄ bzw der E-GO geregelten Basislaboruntersuchungen seien aber nach § 25 Abs 2 Nr 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw § 28 Abs 2 Nr 1 des im Ersatzkassenbereich geltenden Bundesmantelvertrages (Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag ≪EKV-Ä≫) unzulässig.
Das Sozialgericht (SG) hat der Feststellungsklage stattgegeben (Urteil vom 11. Januar 1995). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen der Beklagten, der zu 1) beigeladenen Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) und der zu 2) – 4), 6) und 8) beigeladenen Bundesverbände der Kranken- bzw Ersatzkassen zurückgewiesen (Urteil vom 14. Juni 1995). Es hat die Klage als vorbeugende Feststellungsklage für zulässig gehalten. Die Klage sei auch begründet, weil das Überweisungsverbot in formeller und materieller Hinsicht mit Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar sei.
Mit ihren vom LSG zugelassenen Revisionen rügen die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) – 4), 6) und 8) eine fehlerhafte Anwendung der Vorschrift des § 87 Abs 2b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), die in Verbindung mit § 105 Abs 2 SGB V sowie allgemein mit den Bestimmungen in den § 72 Abs 2, § 82, § 85 Abs 4 und § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V eine hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung für das Überweisungsverbot darstelle. Diese vertraglichen Regelungen des Überweisungsverbotes stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einführung eines Laborbudgets im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Dort sei auf der Grundlage des § 87 Abs 2a SGB V für alle Vertragsärzte ein nach einzelnen Arztgruppen unterschiedlich hohes Laborbudget pro Behandlungsfall geschaffen worden. Zur Absicherung dieses Budgets sei bestimmt worden, daß der behandelnde Arzt die entsprechenden Leistungen nur selbst gegenüber der KÄV abrechnen dürfe, unabhängig davon, ob er sie tatsächlich selbst erbringe, ob er sie in Laborgemeinschaften erbringen lasse oder von einem Laborarzt beziehe. Die Regelung der Kostentragung sei dem Vertragsarzt im Innenverhältnis zu seinem Auftragnehmer vorbehalten. Diese Regelung treffe nicht nur Laborärzte, sondern alle Ärzte oder Arztgemeinschaften, die im Auftrag eines anderen Arztes Analysen nach den Abschn O I und O II BMÄ/E-GO erbrächten. Nach § 87 Abs 2b SGB V sei der Bewertungsausschuß verpflichtet, strukturelle Veränderungen der Versorgung mit Laborleistungen vorzunehmen, was erfordere, daß die Partner der Bundesmantelverträge ergänzende Regelungen zum neugestalteten EBM träfen. Darüber hinaus sei in § 105 Abs 2 SGB V die Möglichkeit geschaffen worden, für bestimmte medizinisch-technische Leistungen, zu denen auch die Leistungen des Abschn O I BMÄ/E-GO gehörten, die Beziehbarkeit herzustellen. Grundgedanke dieser gesetzlichen Regelungen sei, die Laborleistungen in der Hand des Arztes, der für die Behandlung des Patienten verantwortlich ist, zu bündeln, und diesem die Möglichkeit zu geben, die erforderlichen Laboranalysen kostengünstig zu beziehen. In Verbindung mit der Einführung fester arztgruppenbezogener Laborbudgets sei dieses Ziel nur realisierbar, wenn die O I-Leistungen von der Überweisungsmöglichkeit ausgeschlossen seien. Die getroffene Regelung sei mit dem Grundrecht der betroffenen Ärzte aus Art 12 Abs 1 GG vereinbar, weil es sich bei den Leistungen nach dem Abschn O I BMÄ/E-GO überwiegend um technisch-apparative Leistungen handele, bei denen die persönliche ärztliche Leistungserbringung weitgehend in den Hintergrund trete. Im übrigen hätten vor Einführung des Überweisungsverbotes die O I-Leistungen sowohl im Hinblick auf den Zeitaufwand der Ärzte für Laboratoriumsmedizin als auch bei Umsatz und Gewinn nur einen unwesentlichen Teil der Gesamtleistungen dieser Arztgruppe ausgemacht.
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 4) und 8) beantragen übereinstimmend,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Juni 1995 und des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Sie hält die Urteile der Vorinstanzen für zutreffend und bekräftigt ihre Auffassung, das Überweisungsverbot für bestimmte Laborleistungen greife ohne gesetzliche Grundlage in den vertragsärztlichen Zulassungsstatus und damit in die Berufsausübung der Laborärzte ein, indem es sie für einen Teilbereich ihrer Tätigkeit rechtlich aus der vertragsärztlichen Versorgung ausschließe und sie hinsichtlich der Leistungen nach Abschn O I BMÄ/E-GO nichtärztlichen Leistungserbringern gleichstelle. Zudem sei ein solcher Ausschluß zur Erreichung des angestrebten Zieles nicht erforderlich, weil sich eine Umgehung der für O I-Leistungen geltenden Punktzahlenbegrenzung durch eine Anrechnung überwiesener Leistungen auf das Budget des auftraggebenden Arztes verhindern lasse. Im Hinblick darauf, daß andere, nicht dem Überweisungsvorbehalt unterliegende Ärzte weiterhin O I-Leistungen erbringen dürften, führe die angegriffene Regelung schließlich zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung der Laborärzte, für die es keinen rechtfertigenden Grund gebe. Die wirtschaftlichen Folgen des Überweisungsverbotes seien schließlich nicht zu vernachlässigen, weil der Anteil der O I-Leistungen in ihrer Praxis 20 % bis 30 % der insgesamt über die Beklagte abgerechneten Leistungen ausmache.
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen haben keinen Erfolg. Die Klägerin ist berechtigt, im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit Laborleistungen gemäß Abschn O I BMÄ/E-GO zu erbringen und gegenüber der Beklagten abzurechnen. Das haben die Vorinstanzen zu Recht durch ihre Urteile festgestellt.
Zutreffend haben SG und LSG die erhobene Feststellungsklage als zulässig angesehen. Die hierfür als Rechtsgrundlage allein in Betracht kommende Vorschrift des § 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) setzt voraus, daß die Klage auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Bedenken der Beigeladenen zu 1) und 2), das Feststellungsbegehren der Klägerin betreffe kein konkretes Rechtsverhältnis, sondern laufe auf eine im sozialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Normenkontrollklage hinaus, greifen nicht durch. Richtig ist allerdings, daß untergesetzliche Rechtsvorschriften, wie die hier streitigen Bestimmungen der Bundesmantelverträge, grundsätzlich von einem Normadressaten nicht losgelöst von einem konkreten Sachverhalt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden können. Da das SGG – anders als die Verwaltungsgerichtsordnung (§ 47 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung ≪VwGO≫) – eine (abstrakte) Normenkontrolle nicht kennt, ist eine darauf gerichtete Klage auch dann unzulässig, wenn sie nicht gegen den Normgeber, sondern gegen die zur Ausführung berufene Verwaltungsbehörde gerichtet und der Feststellungsantrag so gefaßt wird, daß die Gültigkeit der Norm formal nur Vorfrage für die Beantwortung einer anderen Frage ist, die jedoch ihrerseits ebenfalls keine Beziehung zu einem konkreten Anwendungsfall der Norm aufweist (Urteil des Senats vom 24. September 1968 ≪BSGE 28, 224 = SozR Nr 45 zu § 55 SGG). Darum handelt es sich hier jedoch nicht.
Die Klägerin erstrebt eine Klärung der Frage, ob sie auf der Grundlage des seit 1. April 1994 bestehenden Rechtszustandes weiterhin Leistungen nach Abschn O I BMÄ/E-GO auf Überweisung von Vertragsärzten erbringen und gegenüber der Beklagten abrechnen darf. Die Antwort hierauf hängt zwar von der Gültigkeit der das Überweisungsverbot regelnden Vorschriften der Bundesmantelverträge ab. Sie stellt sich aber aus konkretem Anlaß, weil die Klägerin die genannten Leistungen im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit in ihrer Praxis erbringen will und sich daran durch das Überweisungsverbot gehindert sieht. Die Klage betrifft damit ein konkretes Rechtsverhältnis iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, nämlich die Anwendung bzw Anwendbarkeit einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, bereits eingetretenen und überschaubaren Lebenssachverhalt und eine daraus resultierende Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten (zum Begriff des Rechtsverhältnisses: BSGE 43, 148, 150 = SozR 2200 § 1385 Nr 3 S 3 mwN).
Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt daraus, daß die Beklagte die Zulässigkeit der Erbringung von O I-Leistungen durch Laborärzte zu Lasten der vertragsärztlichen Gesamtvergütung bestreitet und die Klägerin auf andere zumutbare Weise keinen wirksamen Rechtsschutz erlangen kann. Da eine unmittelbare Klagebefugnis gegen die normativen Regelungen in § 25 Abs 2 BMV-Ä und § 28 Abs 2 EKV-Ä nicht besteht, könnte die angestrebte gerichtliche Klärung nur im Rahmen eines Abrechnungsstreits erfolgen. Die Klägerin müßte dazu entgegen dem Wortlaut der genannten Bestimmungen O I -Leistungen erbringen und abrechnen, um anschließend im Honorarberichtigungsverfahren ihre Berechtigung zur Leistungserbringung geltend zu machen. Aufträge für derartige Leistungen könnte sie aber bei Befolgung des Überweisungsverbots durch die anderen Vertragsärzte nicht erhalten. Gerichtlicher Rechtsschutz wäre deshalb nur zu erlangen, wenn das Verbot von beiden am Überweisungsverkehr beteiligten Ärzten nicht beachtet und damit gegen geltende Rechtsvorschriften verstoßen würde. Auf diese Möglichkeit kann die Klägerin im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 Satz 1 GG nicht verwiesen werden.
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Das in § 25 Abs 2 Nr 1 BMV-Ä (Fassung ab 1. Januar 1995) bzw § 28 Abs 2 Nr 1 EKV-Ä (Fassung ab 1. Juli 1994) geregelte Verbot, Leistungen gemäß Abschn O I BMÄ/E-GO auf Überweisung erbringen zu lassen, ist mit höherrangigem Recht nicht vereinbar und deshalb unwirksam, wie SG und LSG zutreffend erkannt haben.
Das Überweisungsverbot greift ohne ausreichende gesetzliche Grundlage in den vertragsärztlichen Status der Klägerin als Ärztin für Laboratoriumsmedizin ein. Es richtet sich zwar vordergründig an den behandelnden Arzt, der eine der im Abschn O I des BMÄ bzw der E-GO aufgeführten Laboranalysen in Auftrag geben will, wirkt sich aber im Ergebnis vor allem auf die Rechtsposition des Arztes aus, der solche Leistungen bisher auf Überweisung erbringen durfte und dies auch weiterhin zu tun beabsichtigt, daran aber durch die Regelung in den Bundesmantelverträgen gehindert wird. Auch wenn der Ausschluß dieses Arztes von der Leistungserbringung nicht das unmittelbare Ziel der Regelung, sondern nur deren unvermeidliche Folge ist, handelt es sich doch um eine Beschränkung der Berufsfreiheit, die an Art 12 Abs 1 GG zu messen ist (zur Relevanz mittelbarer Eingriffe in die Berufsfreiheit: BVerfGE 46, 120, 137 f). Die Frage, ob ein Vertragsarzt Leistungen seines Fachgebietes (auch) auf Überweisung erbringen darf oder ob er hiervon ausgeschlossen werden kann, betrifft die Voraussetzungen, unter denen dieser Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, also seinen Zulassungsstatus (BSGE 43, 247, 249 = SozR 2200 § 368f Nr 5; BSGE 58, 18, 21 = SozR 2200 § 368g Nr 13; BSGE 68, 190, 193 = SozR 3-2500 § 95 Nr 1). Beim Laborarzt wird die statusbeschränkende Wirkung dadurch verstärkt, daß er gemäß § 13 Abs 4 BMV-Ä bzw § 7 Abs 4 EKV-Ä nur auf Überweisung tätig werden darf und deshalb durch die Kombination von Überweisungsvorbehalt auf der einen und Überweisungsverbot auf der anderen Seite Leistungen des Abschn O I des BMÄ und der E-GO, obwohl zu seinem Fachgebiet gehörig, überhaupt nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbringen und gegenüber der KÄV abrechnen kann.
Daß es sich um einen Eingriff in den vertragsärztlichen Status und nicht bloß, wie die Beklagte es darstellt, um eine vergütungstechnische Regelung (Honorierung durch den auftraggebenden Arzt statt durch die KÄV) handelt, folgt aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Bestimmungen, welche die Rechtsstellung des Vertragsarztes regeln. Nach § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V bewirkt die Zulassung, daß der Arzt Mitglied der für seinen Vertragsarztsitz zuständigen KÄV wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Das bedeutet, daß er kraft seiner Zulassung das Recht erwirbt, Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen und der Ersatzkassen auf Krankenversichertenkarte bzw Kranken- oder Überweisungsschein zu behandeln (§ 73 Abs 2, § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V) und an der Honorarverteilung nach Maßgabe des von der KÄV beschlossenen Honorarverteilungsmaßstabs teilzunehmen (§ 85 Abs 4 SGB V; vgl auch Hess, Kasseler Komm, § 95 SGB V RdNr 58). Durch die Regelung in § 25 Abs 2 Nr 1 BMV-Ä bzw § 28 Abs 2 Nr 1 EKV-Ä werden die Laboruntersuchungen ausführenden Ärzte in bezug auf Auftragsleistungen nach Abschn O I BMÄ/E-GO und die Laborärzte in bezug auf O I-Leistungen insgesamt wie Nichtvertragsärzte (nichtärztliche Leistungserbringer) behandelt. Sie können diese Leistungen nur noch aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung mit dem auftraggebenden Arzt erbringen und müssen die Vergütung mit diesem aushandeln. Für den Bereich der O I-Leistungen werden sie rechtlich aus der vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeschlossen, obwohl diese Leistungen insgesamt weiterhin Teil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums bleiben.
Als Eingriffe in die Berufsausübung unterliegen Beschränkungen des Zulassungsstatus dem Regelungsvorbehalt des Art 12 Abs 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber ist bei solchen Eingriffen verpflichtet, die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und die Schrankenbestimmung nicht anderen Stellen zu überlassen. Soweit zum Erlaß berufsregelnder Vorschriften in untergesetzlichen Normen ermächtigt wird, muß die gesetzliche Regelung so gefaßt sein, daß sie Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen läßt. Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Auf eine diesen Anforderungen genügende Ermächtigungsgrundlage kann nicht mit der Begründung verzichtet werden, das umstrittene Überweisungsverbot betreffe nur einen unwesentlichen Randbereich der laborärztlichen Praxis. Welche Bedeutung dieses Verbot für die Tätigkeit speziell des Laborarztes gegenwärtig hat, läßt sich ohne genauere Kenntnis der Verhältnisse nicht abschätzen. Es bedarf keiner näheren Klärung, ob vor Einführung des Überweisungsverbots zum 1. April 1994 tatsächlich zwischen 20 % und 30 % der von der Klägerin abgerechneten Laborleistungen solche aus Abschn O I BMÄ/E-GO waren, wie sie vorgetragen hat, welcher Umsatzanteil dem entspricht, und wie sich die Situation nach der zum 1. April 1994 erfolgten Umstrukturierung des Laborkapitels durch den Bewertungsausschuß entwickelt hat. Darauf kommt es nicht entscheidend an, denn die einschlägigen Vorschriften der Bundesmantelverträge regeln das Überweisungsverbot in der Art einer dynamischen Verweisung, indem sie hinsichtlich der betroffenen Leistungen auf den Abschn O I BMÄ bzw der E-GO in ihrer jeweiligen Fassung Bezug nehmen. Damit kann der Umfang der Leistungen, für die dieses Verbot gilt, jederzeit vom Bewertungsausschuß durch eine Umstrukturierung des Laborkapitels im EBM verändert werden, wie dies in der Vergangenheit auch bereits geschehen ist. Im Hinblick darauf, daß sich Analysegeräte und -techniken ständig weiterentwickeln und immer neue Laboruntersuchungen mit maschinellen, computergestützten Verfahren erbracht werden können, die keine persönliche Leistungserbringung durch den Arzt mehr erfordern, läßt sich vorhersehen, daß der unter das Überweisungsverbot fallende Anteil an den Laborleistungen größer werden und zunehmende Bedeutung gewinnen wird. Die Befürchtung, daß die umstrittene Regelung auf lange Steht dazu führen könnte, daß die Laborärzte in größerem Umfang aus dem Sachleistungssystem verdrängt werden, ist danach nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen.
Eine Vorschrift, welche die Partner der Bundesmantelverträge ermächtigt, für bestimmte Laborleistungen ein Überweisungsverbot mit den dargestellten Konsequenzen vorzusehen, ist im SGB V nicht enthalten. Insbesondere die Beigeladene zu 1) verweist in diesem Zusammenhang darauf, daß die Regelungen in § 25 Abs 2 Nr 1 BMV-Ä und § 28 Abs 2 Nr 1 EKV-Ä Teil eines Gesamtkonzepts seien, mit dem die Partner der Bundesmantelverträge im Zusammenwirken mit dem Bewertungsausschuß dem gesetzlichen Auftrag zur Neuordnung der Laborleistungsvergütung und zur Veränderung der Versorgungsstrukturen mit dem Ziel einer wirtschaftlicheren Erbringung der Laborleistungen nachgekommen seien. Die im EBM für die O I-Leistungen vorgesehene Begrenzung der je Arztpraxis und Abrechnungsquartal berechnungsfähigen Gesamtpunktzahl (sog Praxisbudget; vgl dazu das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Sache 6 RKa 51/95) habe durch ein Überweisungsverbot für diese Leistungen abgesichert werden müssen. Dadurch, daß die Basislaboruntersuchungen ausnahmslos nur noch vom behandelnden Arzt abgerechnet werden könnten, der die erforderlichen technischen Analysen entweder im Eigenlabor erbringen oder von einer Laborgemeinschaft oder einem anderen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt beziehen könne, sei zugleich ein Einstieg in die vom Gesetzgeber des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) geforderten Neustrukturierung der Versorgung mit Laborleistungen bewirkt worden. Die Gesamtregelung halte sich damit im Rahmen der den Partnern der Bundesmantelverträge obliegenden allgemeinen Gewährleistungsverpflichtung und sei durch die speziellen Handlungsaufträge in § 87 Abs 2b und § 105 Abs 2 Satz 2 SGB V hinreichend legitimiert. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
Die Regelung in § 72 Abs 2 SGB V kommt weder für sich allein noch in Verbindung mit § 82 Abs 1 und § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V als Legitimationsbasis in Betracht. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist. Damit werden den Vertragspartnern jedoch nur Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens eröffnet. Andernfalls könnten unter Berufung auf den Gewährleistungsauftrag durch vertragliche Rechtsetzung unterhalb der Ebene des Gesetzes grundlegende Veränderungen im System der vertragsärztlichen Versorgung mit unter Umständen weitreichenden Eingriffen in den Zulassungsstatus der Vertragsärzte vorgenommen werden, ohne daß Inhalt und Grenzen der Eingriffsbefugnisse aus der gesetzlichen Ermächtigung zu ersehen wären. Zwar hat der Senat im Urteil vom 19. Dezember 1984 (BSGE 58, 18 = SozR 2200 § 368g Nr 13) in den seinerzeit maßgebenden Vorschriften der §§ 368a Abs 4 und 368g Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die in einem Gesamtvertrag vorgesehene Beschränkung der Radiologen auf Überweisungsfälle gesehen und ausgeführt, mit der Bindung des Kassenarztes an die vertraglichen Regelungen über Umfang und Inhalt der zur kassenärztlichen Versorgung gehörenden Leistungen habe das Gesetz zugleich zum Ausdruck gebracht, daß der zugelassene Kassenarzt auch Beschränkungen unterworfen sei, die sich aus vertraglichen Bestimmungen zur näheren Ausgestaltung, der durch die Zulassung erworbenen Rechtsstellung ergeben. Die Zulässigkeit des Überweisungsvorbehalts ist aber letztlich nicht mit der Regelungsbefugnis aus § 368g Abs 1 RVO allein, sondern mit der Erwägung gerechtfertigt worden, dadurch werde lediglich eine sich aus der Fachgebietsausrichtung des Radiologen ergebende Beschränkung vom allgemeinen Berufsrecht in das Kassenarztrecht transformiert und der kassenärztliche Status insoweit klargestellt.
Damit ist das hier zu beurteilende Überweisungsverbot indessen nicht zu vergleichen, weil es sich nicht innerhalb der durch das geltende Recht festgelegten Strukturen des Kassenarztrechts hält, sondern diese Strukturen verändert. Der Senat braucht nicht zu entscheiden; ob die Regelungen in § 25 Abs 2 Nr 1 BMV/Ä und § 28 Abs 2 Nr 1 EKV-Ä explizit gegen das Gesetz verstoßen und deshalb schon im Hinblick auf den Vorrang des Gesetzes unwirksam sind, weil dieses den zugelassenen Ärzten in den Grenzen des Berufsrechts und vorbehaltlich der aus § 73 SGB V ersichtlichen Einschränkungen ein Recht auf umfassende Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung garantiert. Das Bundessozialgericht ist in der Vergangenheit davon ausgegangen, daß § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V (bzw die Vorläufervorschrift des § 368a Abs 4 RVO) dem Vertragsarzt grundsätzlich eine uneingeschränkte Teilnahmeberechtigung verschafft, deren Umfang und Grenzen durch untergesetzliche Normen nur insoweit konkretisiert werden dürfen, als es um die Umsetzung von Vorgaben des allgemeinen ärztlichen Berufsrechts geht (BSGE 58, 18, 21 ff = SozR 2200 § 368g Nr 13). Wie die Regelung in § 73 SGB V zeigt, ist offenkundig auch der Gesetzgeber der Meinung, daß weitergehende Eingriffe in den Zulassungsstatus, wie sie etwa mit der Aufteilung der vertragsärztlichen Versorgung in eine hausärztliche und eine fachärztliche Versorgung nach der Konzeption des GSG verbunden sind (anders noch § 73 Abs 1 SGB V idF des Gesundheitsreformgesetzes vom 20. Dezember 1988), nicht den Vertragspartnern der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen überlassen werden können, sondern einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedürfen. Dem entspricht die im Schrifttum vertretene Auffassung, durch § 95 Abs 3 Satz 1 iVm § 73 Abs 1a Satz 5 SGB V werde den Vertragspartnern der Bundesmantelverträge grundsätzlich eine über die Fachgebietsbeschränkung hinausgehende Einschränkung der Berufsausübung der Fachärzte im vertraglichen System verboten (Hess, Kasseler Komm, § 73 SGB V RdNr 10). Ob dem zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Nachdem durch die Regelungen zum Überweisungsverbot unzweifelhaft bestehende, im Gesetz angelegte Strukturen des Kassenarztrechts modifiziert werden, müssen jedenfalls an die Ermächtigungsgrundlage höhere Anforderungen gestellt werden, als sie die Globalermächtigung in § 72 Abs 2 SGB V erfüllt.
Ein anderes Bild ergibt sich auch dann nicht, wenn die in § 87 Abs 2b Satz 2 und § 105 Abs 2 Satz 2 SGB V enthaltenen Regelungs- und Handlungsaufträge in die Betrachtung einbezogen werden. Für sich genommen sind beide Vorschriften ohnehin nicht einschlägig. § 87 Abs 2b Satz 1 SGB V bestimmt, daß die Bewertungen der Laborleistungen im EBM entsprechend den Vorgaben nach § 87 Abs 2 Satz 2 SGB V anzupassen und neu zu ordnen sind. Nach Satz 2 der Vorschrift sind ferner bei der Neuordnung die Möglichkeiten struktureller Veränderungen der Versorgung mit Laborleistungen einzubeziehen. Die Regelung wendet sich an den Bewertungsausschuß und betrifft die Neuordnung und Neubewertung der Laborleistungen im EBM. Zwar mag aus der Wendung, die Möglichkeiten struktureller Veränderungen der Versorgung mit Laborleistungen seien “einzubeziehen”, auch eine Aufforderung an die Partner der Bundesmantelverträge zu entnehmen sein, die in ihre Zuständigkeit fallende Umgestaltung von Versorgungsstrukturen in Angriff zu nehmen. Welche “strukturellen Veränderungen” der Gesetzgeber bei der Formulierung des Satzes 2 im Auge gehabt hat, bleibt indessen unklar und ist auch aus den Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD und FDP zu einem GSG vom 5. November 1992 ≪BT-Drucks 12/3608 S 89≫) nicht zu ersehen. Angesichts des Wortlauts, der systematischen Stellung und der Unbestimmtheit der Regelung ist es nicht angängig, daraus eine Ermächtigung der Vertragspartner der Bundesmantelverträge zum Ausschluß der O I-Leistungen vom Überweisungsverkehr herzuleiten. Die ebenfalls angeführte Vorschrift des § 105 Abs 2 Satz 2 SGB V enthält eine Handlungsanweisung an die KÄVen; diese sollen es ermöglichen, medizinisch-technische Leistungen, die der Arzt zur Unterstützung seiner Maßnahmen benötigt, im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung von Gemeinschaftseinrichtungen der niedergelassenen Ärzte zu beziehen, wenn eine solche Erbringung medizinischen Erfordernissen genügt. Nach dem Wortlaut geht es eindeutig nur um die Beziehbarkeit medizinisch-technischer Leistungen von Gemeinschaftseinrichtungen niedergelassener Ärzte, nicht dagegen um die Herstellung der Beziehbarkeit zwischen Ärzten. Wie die Klägerin unter Hinweis auf die Kommentierung von Hess (Kasseler Komm, § 105 SGB V RdNr 3) zu Recht ausgeführt hat, ändert § 105 Abs 2 Satz 2 SGB V nichts daran, daß ermächtigte Ärzte, ärztlich geleitete Institute oder Laborleistungen erbringende Vertragsärzte nach wie vor nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden können.
Selbst wenn die genannten Vorschriften nicht isoliert, sondern als Bestandteil eines Regelungszusammenhangs gesehen werden, läßt sich daraus keine Ermächtigung zu Eingriffen in den Zulassungsstatus der betroffenen Vertragsärzte entnehmen. Die gesetzlichen Aufträge in § 87 Abs 2b Satz 2 und § 105 Abs 2 Satz 2 SGB V können die umstrittene Regelung schon deshalb nicht rechtfertigen, weil durch die Kombination von Praxisbudget und Überweisungsverbot bei O I-Leistungen gar keine Strukturveränderungen iS dieser Vorschriften bewirkt, sondern lediglich Mengensteigerungen bei den Basislaboruntersuchungen eingedämmt werden sollten. Die Regelung in den Bundesmantelverträgen dient nicht dem Ziel, die Beziehbarkeit medizinisch-technischer Leistungen (die es im Verhältnis Arzt-Laborgemeinschaft schon seit langem gegeben hat) herzustellen oder auszuweiten. Soweit sie solches dennoch bewirkt, handelt es sich um einen bloßen Nebeneffekt, der zwangsläufig mit dem zur Absicherung des Laborbudgets eingesetzten Überweisungsverbot verbunden ist. Tatsächlich wird die Struktur der Leistungserbringung bei O I-Leistungen nicht verändert, denn diese Leistungen bleiben weiter in das System ärztlicher Erbringung nach dem Sachleistungsprinzip eingegliedert, und es werden lediglich bestimmte Leistungserbringer hiervon ausgenommen. Den Weg einer echten Strukturreform durch Herausnahme der im Abschn O I des EBM zusammengefaßten Leistungen aus der vertragsärztlichen Versorgung sind die Vertragspartner nicht gegangen, wobei nicht zu entscheiden ist, ob sie dazu wiederum ohne gesetzliche Ermächtigung befugt gewesen wären. Schon von daher trägt die Erwägung nicht, das Überweisungsverbot setze einen aus § 87 Abs 2b und § 105 Abs 2 zu entnehmenden Regelungsauftrag um und werde durch diesen Auftrag legitimiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen