Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 10.09.1985)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. September 1985 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist Schlechtwettergeld (SWG).

In dem Bauunternehmen des Klägers wurden von Montag bis Donnerstag je neun Stunden und in der einen (sog langen) Woche am Freitag acht Stunden, zusammen mithin 44 Stunden, gearbeitet. In der nächsten (sog kurzen) Woche war dafür der Freitag arbeitsfrei, so daß in dieser Woche nur 36 Stunden gearbeitet wurden.

Am 25. November 1983, einem Freitag, an dem nach der geschilderten betrieblichen Übung acht Stunden zu arbeiten waren, fiel die Arbeit für drei Arbeitnehmer des Klägers witterungsbedingt aus. Dem Antrag des Klägers, für diesen Arbeitsausfall seinen Arbeitnehmern SWG und ihm einen entsprechenden Zuschuß zu seinen Aufwendungen für die Rentenversicherung zu gewähren, gab die Beklagte nur hinsichtlich von vier Arbeitsstunden des Arbeitnehmers J. M. (M) statt. Entscheidend für die Ablehnung des weitergehenden Antrags war hinsichtlich des M, daß bei der Gewährung von SWG für alle ausgefallenen acht Arbeitsstunden in der Kalenderwoche vom 21. bis 27. November 1983 die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden nach § 3 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 (BRTV-Bau) um vier Arbeitsstunden überschritten worden wäre (Bescheid vom 20. Dezember 1983, Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 1984).

Das Sozialgericht (SG) hat der Klage, mit der der Kläger schließlich nur höheres SWG für M geltend machte, stattgegeben und die Beklagte unter entsprechender Änderung der ergangenen Bescheide verurteilt, dem Kläger für weitere vier Ausfallstunden SWG zu gewähren (Urteil vom 20. September 1984). Vor dem Landessozialgericht (LSG) schränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von SWG für weitere zweieinhalb Stunden ein. Auf die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben, soweit es die Beklagte zur Zahlung von mehr als zweieinhalb Ausfallstunden SWG verpflichtet hat; im übrigen hat das LSG die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 10. September 1985).

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, ein Anspruch auf SWG bestehe nur für weitere zweieinhalb Stunden, da andernfalls zusammen mit Zeiten, für die M Arbeitsentgelt gezahlt worden sei, im November 1983 die Arbeitszeit iS des § 69 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) überschritten würde (§ 85 Abs. 3 AFG). Bei einer tariflichen Arbeitszeit von werktäglich acht und wöchentlich 40 Stunden (§ 3 Nr. 1.1 BRTV-Bau) ergäben sich für November 1983 bei 22 Arbeitstagen 176 Arbeitsstunden. Da M für 169,5 Stunden Arbeitsentgelt und schon für vier Stunden SWG erhalten habe, bestehe Anspruch auf SWG nur für den Unterschiedsbetrag von zweieinhalb Stunden. Im übrigen könne dem Gesetz nicht entnommen werden, daß die bei der SWG-Gewährung als Höchstgrenze zu berücksichtigende regelmäßige betriebliche Arbeitszeit im Abrechnungszeitraum, soweit sie die tarifliche Arbeitszeit im Abrechnungszeitraum nicht übersteigt, ihre Grenze auch an der tariflichen Arbeitszeit innerhalb der einzelnen Wochen des Abrechnungszeitraums finde. Es komme deshalb auf die von der Beklagten eingeholten Stellungnahmen der Tarifvertragsparteien nicht an, ob sie die in einem Einzelfall durchaus begründete unterschiedliche Verteilung der tariflichen Wochenarbeitszeit akzeptierten.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 69 AFG und trägt hierzu vor: Das SWG bemesse sich nach der Zahl der Arbeitsstunden, die der Arbeitnehmer am Ausfalltag innerhalb der Arbeitszeit geleistet hätte. Stunden, für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestehe öder für die Arbeitsentgelt gezahlt werde, seien nicht zu berücksichtigen. Anspruch auf SWG bestehe außerdem nur für Ausfallstunden, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt werde oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestehe, in einem Lohnabrechnungszeitraum von mindestens vier Wochen die Arbeitszeit iS des § 69 AFG nicht überschritten (§ 85 Abs. 3 AFG). Beim SWG sei demnach sowohl eine auf den Ausfalltag als auch eine auf den Lohnabrechnungszeitraum abgestellte Prüfung vorzunehmen, ob die Ausfallstunden zusammen mit Entgeltstunden die Arbeitszeit iS des § 69 AFG überschritten. Maßgebend sei die Arbeitszeit iS des § 69 AFG. Auf dessen Begriffsbestimmungen nähmen sowohl § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AFG als auch § 85 Abs. 3 AFG Bezug. Der SWG-Gewährung sei damit höchstens die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit zugrundezulegen. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Baugewerbe betrage 40 Stunden, die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit acht Stunden (§ 3 Nr. 1.1 Satz 1 BRTV-Bau). Der Tarifvertrag lasse nur bei bestimmten abschließend aufgezählten Tätigkeiten eine von der allgemeinen Arbeitszeit abweichende Bestimmung einer längeren regelmäßigen Arbeitszeit zu. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Zwar könne nach § 3 Nr. 1.1 BRTV-Bau die Wochenarbeitszeit im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat auf die Werktage verteilt werden; eine Ausweitung der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 44 Stunden sei damit jedoch nicht möglich. Darüber seien sich die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes einig. Sie hätten dies sowohl 1977 (vgl. RdErl 202/77.4 vom 30. Juni 1977, DBl BA 1977, 670) als auch 1985 ausdrücklich bestätigt. Deshalb könne im vorliegenden Falle für den Abrechnungszeitraum November 1983 SWG nur für vier Ausfallstunden gewährt werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG insoweit aufzuheben, als die Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde, das Urteil des SG in vollem Umfange aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, daß es nach § 85 Abs. 3 AFG nicht darauf ankomme, ob in einer Woche mehr als 40 Stunden gearbeitet worden sei. Entscheidend sei vielmehr, daß im Abrechnungszeitraum nur soviele Stunden berücksichtigt werden dürften, wie sich unter Zugrundelegung einer 40-Stundenwoche ergebe. Wäre die Auffassung der Revision richtig, wäre die Formulierung „in einem Abrechnungszeitraum” in § 85 Abs. 3 Satz 1 AFG unnötig.

Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist, nachdem der Kläger im Berufungsverfahren seinen Antrag eingeschränkt hat, lediglich noch sein Klagbegehren, SWG für weitere zweieinhalb Ausfallstunden des M zu erhalten. Ob dem M, dessen Anspruch der klagende Arbeitgeber zulässig als Prozeßstandschafter geltend macht (BSGE 22, 181, 183 = SozR Nr. 26 zu § 144 SGG, BSGE 33, 64 = SozR Nr. 5 zu § 143 e AVAVG; SozR 4100 § 86 Nr. 1), für den Abrechnungszeitraum vom 1. bis 30. November 1983 SWG in dem geltend gemachten Umfange zusteht, richtet sich nach den §§ 83 ff AFG vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) in der zuletzt durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1857) geänderten Fassung. Nach § 86 Abs. 1 AFG gilt für die Bemessung und Höhe des SWG § 68 AFG mit Ausnahme von Abs. 2 Satz 1 entsprechend. Demnach wird das SWG für die Ausfallstunde gewährt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 AFG). Es bemißt sich nach dem Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall in der Arbeitsstunde erzielt hätte, und nach der Zahl der Arbeitsstunden, die der Arbeitnehmer am Ausfalltag innerhalb der Arbeitszeit (§ 69 AFG) geleistet hätte; Stunden, für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht oder für die Arbeitsentgelt gezahlt wird, sind nicht zu berücksichtigen (§ 68 Abs. 1 Satz 2 AFG). Anspruch auf SWG besteht dabei nur für Ausfallstunden, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, in einem Abrechnungszeitraum von mindestens vier Wochen die Arbeitszeit iS des § 69 AFG nicht überschreiten (§ 85 Abs. 3 AFG). Demnach ist sowohl eine auf die Ausfalltage als auch eine auf den Lohnabrechnungszeitraum abgestellte Prüfung vorzunehmen, um die Zahl der letztlich berücksichtigungsfähigen Ausfallstunden zu ermitteln. Nach beiden Prüfungen ist das Urteil des LSG, das dem M SWG für weitere zweieinhalb Stunden zugesprochen hat, nicht zu beanstanden.

Die auf den Ausfalltag abgestellte Prüfung ergibt, daß dem M am 25. November 1983 acht Ausfallstunden entstanden sind. Da M für diesen Tag weder Arbeitsentgelt erhalten noch Anspruch auf Arbeitsentgelt hat, ist nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AFG für die Bemessung des SWG maßgebend die Zahl der Arbeitsstunden, die M an diesem Tage „innerhalb der Arbeitszeit (§ 69 AFG)” geleistet hätte. Arbeitszeit ist nach der durch den Klammerzusatz ausdrücklich angezogenen Legaldefinition des § 69 AFG „die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit, soweit sie die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit oder, wenn eine solche nicht besteht, die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gleicher oder ähnlicher Betriebe nicht überschreitet”. Gemeint ist die Arbeitszeitdauer, ausgedrückt durch eine Stundenzahl (BSG SozR Nr. 1 zu § 68 AFG). „Arbeitszeit (§ 69)” ist in § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AFG demnach die Anzahl der Arbeitsstunden, die der Arbeitnehmer nach der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit, höchstens der maßgebenden tariflichen Arbeitszeit, am Ausfalltag gearbeitet hätte, wenn es nicht zu dem schlechtwetterbedingten Arbeitsausfall gekommen wäre. Um die Anzahl der Arbeitsstunden eines Ausfalltages festzustellen, ist daher auch die regelmäßige betriebsübliche Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage zugrundezulegen, wie der Senat schon zu § 85 Abs. 3 AFG entschieden hat (vgl. das nicht veröffentlichte Urteil vom 23. Oktober 1985 – 7 RAr 85/84 –).

Wenn es nicht zu dem schlechtwetterbedingten Ausfall gekommen wäre, hätte M am Ausfalltag acht Stunden gearbeitet, da der Ausfalltag auf einen Freitag einer sogenannten langen Woche fiel, an dem nach der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit und ihrer betriebsüblichen Verteilung acht Stunden gearbeitet wurden. Der Beklagten, die vier dieser acht Stunden nicht als berücksichtigungsfähig hält, weil mit ihnen die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit überschritten worden wäre, ist einzuräumen, daß die im Betrieb des Klägers gehandhabte Arbeitszeitregelung mit der maßgeblichen tariflichen Regelung nicht übereinstimmt.

Die maßgebliche tarifliche Regelung ist dem BRTV-Bau zu entnehmen. Dieser Tarifvertrag ist von Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung für allgemeinverbindlich erklärt worden (vgl. Bekanntmachung vom 3. Juni 1981, BAnz Nr. 111 vom 23. Juni 1981). Gemäß § 5 Abs. 4 Tarifvertragsgesetz erfassen damit seine Rechtsnormen den Kläger und dessen Arbeitnehmer auch dann, wenn der Kläger und die Arbeitnehmer nicht schon als Mitglieder der Tarif Vertrags Parteien tarifgebunden sein sollten. Nach § 3 Nr. 1.1 BRTV-Bau beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit acht Stunden, die wöchentliche 40 Stunden. Für Maschinenpersonal, für Kraftwagenfahrer, Beifahrer und bestimmte andere Arbeitnehmergruppen darf diese regelmäßige Arbeitszeit zwar wöchentlich bis zu vier, fünf oder zehn Stunden verlängert werden (§ 3 Nr. 1.2 und 1.3 BRTV-Bau). Das LSG hat indes nicht festgestellt, daß der M zu einer dieser Personalgruppen gehörte. Auszugehen ist daher von der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden.

Die Arbeitszeit, die die Arbeitnehmer im Betrieb des Klägers regelmäßig erbringen, entspricht nun insoweit der 40-Stundenwoche, als innerhalb von zwei Wochen wie in anderen Baubetrieben auch regelmäßig 80 Stunden zu arbeiten ist. Lediglich die Verteilung dieser innerhalb von zwei Wochen zu erbringenden 80 Arbeitsstunden auf die in den zwei Wochen anfallenden zwölf Werktage weist die Besonderheit auf, daß innerhalb der einen Folge von sieben aufeinanderfolgenden Tagen 36 und der anderen Folge 44 Stunden gearbeitet werden. In jeder zweiten Woche werden also die Arbeitsstunden vor- oder nachgeholt, die in der anderen Woche an der Erfüllung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden fehlen.

Nach den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften der Arbeitszeitordnung vom 30. April 1938 (RGBl I 447), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. März 1975 (BGBl I 685) –AZO–, ist diese Verteilung der Arbeitszeit im Betrieb des Klägers nicht zu beanstanden. Wird die Arbeitszeit an einzelnen Werktagen regelmäßig verkürzt, kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AZO die ausfallende Arbeitszeit auf die übrigen Werktage derselben sowie der vorhergehenden oder der folgenden Woche verteilt werden. Das ist auch dann möglich, wenn die Arbeit an einem Werktag völlig wegfällt (hM, vgl. Röhsler, Arbeitszeit, S 55f; Neumann, AZO, 9. Aufl 1976, § 4 Rdz 4, jeweils mwN). Die hier vorgenommene Verlängerung der Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag um eine Stunde und das Vor- bzw Nachholen von vier Arbeitsstunden in der anderen Woche entspricht dem; daß die tägliche Arbeitszeit infolge einer derartigen Verteilung zehn Stunden täglich nicht überschreiten darf (§ 4 Abs. 3 AZO), ist beachtet worden.

Die tarifliche Arbeitszeitregelung ist indessen, wie die Beklagte richtig erkannt hat, weniger elastisch. Nach § 3 Nr. 1.1 Satz 3 BRTV-Bau kann die regelmäßig an einzelnen Wochentagen ausfallende Arbeitszeit ohne Mehrarbeitszuschlag durch Verlängerung der Arbeitszeit an anderen Werktagen innerhalb derselben Woche gleichmäßig ausgeglichen werden. Das ermöglicht einen Ausgleich in der gleichen Woche, dh innerhalb von sieben aufeinanderfolgenden Tagen, nicht aber eine Verlegung der Arbeitszeit in die Woche davor oder danach, wie sie nach der AZO möglich ist. Da § 3 Nr. 1.1 Satz 6 BRTV-Bau für einen Ausnahmefall, nämlich für den wetterbedingten Arbeitsausfall vorsieht, daß ausgefallene Arbeitsstunden innerhalb der folgenden zwölf Werktage nachgeholt werden können, ist das Schweigen des Tarifvertrages zur Verlegung der Arbeitszeit in die vorhergehende oder nachfolgende Woche dahin zu verstehen, daß dies tarifrechtlich nicht zulässig sein soll. Hiernach ergibt sich, daß die Arbeitszeitregelung im Betrieb des Klägers sich zwar insoweit nach § 3 BRTV-Bau rechtfertigen läßt, als die tariflich regelmäßige werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden um eine Stunde von Montag bis Donnerstag verlängert worden ist, um freitags und samstags die Arbeit zu verkürzen bzw ausfallen zu lassen. Soweit die für diese Werktage verbleibenden vier Arbeitsstunden regelmäßig alle zwei Wochen für die Vor- bzw die Folgewoche nach- oder vorgearbeitet werden, entspricht die Arbeitszeitverteilung im Betrieb des Klägers dagegen nicht dem Tarifvertrag.

Indessen ist es weder nach dem Wortlaut des § 69 AFG noch nach dem Zweck der nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AFG erforderlichen, auf den einzelnen Ausfalltag abzustellenden Prüfung, wieviele Ausfallstunden entstanden sind, erheblich, ob die betriebsübliche Arbeitszeitverteilung der tariflichen Regelung entspricht, wenn durch die schlechtwetterbedingt ausgefallenen Arbeitsstunden regelmäßig nur die tarifliche Arbeitszeitdauer und nicht zusätzliche Arbeitsstunden erbracht werden sollen. Die SWG-Regelung setzt zwar bei der einzelnen Ausfallstunde an, letztlich sieht sie indes SWG für Lohnausfall in einem längeren Abrechnungszeitraum vor. Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß es genügt, wenn der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum höchstens für soviele Ausfallstunden SWG erhält, wie die Differenz zwischen der Zahl der Arbeitsstunden, die in dem Zeitraum ohne Überstunden angefallen wären, und den Entgeltstunden beträgt, um die Beschäftigungsverhältnisse in Betrieben des Baugewerbes trotz unvermeidbarer witterungsbedingter Unterbrechungen der Bautätigkeit aufrechtzuerhalten, was mit der SWG-Gewährung erreicht werden soll (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AFG, BT-Drucks VI/2689 S 10). Deshalb sieht der oben erwähnte § 85 Abs. 3 AFG vor, daß Anspruch auf SWG nur für Ausfallstunden besteht, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird, oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, in einem Abrechnungszeitraum von mindestens vier Wochen die Arbeitszeit iS des § 69 AFG nicht überschreiten. Wenn das Gesetz nun nicht ausschließlich auf die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit abstellt, sondern diese durch die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit, oder wenn eine solche nicht besteht, die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit gleicher oder ähnlicher Betriebe begrenzt, entspricht dies dem auch sonst in der Arbeitslosenversicherung verfolgten Grundsatz, daß bei der Leistungsbemessung höchstens die Zahl der Arbeitsstunden berücksichtigt wird, die nach einer tariflichen Regelung oder üblicherweise in der Zeit anfallen, für die die Leistung gewährt wird (vgl. § 112 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 2 AFG). Diese Begrenzung verhindert zudem, daß Arbeitnehmer in Betrieben, die keiner tariflichen Regelung unterliegen oder sich an eine solche nicht halten, beim SWG gegenüber Arbeitnehmern in anderen Betrieben besser gestellt sind (vgl. die Ausführungen zu § 64 des Entwurfs des AFG, mit denen im Gesetzgebungsverfahren die Gesetz gewordene Fassung des § 6, 9 AFG begründet worden ist, zu BT-Drucks V/4110 S 14). Hiernach ist es aber für die Zwecke des SWG unmaßgeblich, ob die betriebsübliche Verteilung der im Abrechnungszeitraum anfallenden Arbeitszeit auf die Werktage des Abrechnungszeitraums den tariflichen Vorschriften entsprochen hat oder nicht. Wesentlich ist nur, daß die Arbeitszeitdauer, ausgedrückt in einer Anzahl von Stunden, innerhalb der Arbeitszeitdauer liegt, die der Tarifvertrag erlaubt. Bei der auf den Abrechnungszeitraum abzustellenden Prüfung der insgesamt beim SWG berücksichtigungsfähigen Ausfallstunden begrenzt daher allein die Summe der Arbeitsstunden, die nach der tariflichen Regelung im Abrechnungszeitraum hätten anfallen können, die Summe der Arbeitsstunden, die ohne den schlechtwetterbedingten Ausfall nach der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeitregelung angefallen wären, wie das LSG zu Recht erkannt hat.

Aber auch nach den Zwecken der auf den Ausfalltag abzustellenden Prüfung ist kein durch die SWG-Regelung begründbarer Sinn darin zu sehen, den schlechtwetterbedingten Ausfall solcher nach regelmäßiger betrieblicher Übung anfallender Arbeitsstunden beim SWG nicht zu berücksichtigen, durch die lediglich tarifliche Arbeitszeit vor- oder nachgeholt wird. Das Anliegen des Gesetzes, durch die auf den Ausfalltag abzustellende Prüfung bei der Zahl der möglichen Ausfallstunden solche Stunden auszunehmen, die außerhalb der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeitdauer erbracht werden, wird in Fällen wie dem vorliegenden nicht beeinträchtigt. Die Tarifwidrigkeit des regelmäßigen Vor- bzw Nacharbeitens tariflicher Arbeitszeit in einer anderen Woche als der, in der die Arbeit nach dem Tarif hätte erbracht werden müssen, ist bei der auf den Ausfalltag abgestellten Prüfung auch nicht deshalb zu Lasten der Arbeitnehmer zu beachten, weil andernfalls die Gefahr bestünde, daß SWG für Stunden beantragt würde, die möglicherweise auch ohne schlechtes Wetter nicht erbracht worden wären. Eine solche Gefahr besteht nämlich nicht, da nur solche Ausfallstunden berücksichtigt werden können, die der Arbeitnehmer nach der im Betrieb herrschenden Übung am Ausfalltag hätte arbeiten müssen. Träfe die Ansicht der Beklagten zu, daß Ausfallstunden, wie die hier streitigen nicht berücksichtigt werden dürften, hätte dies zur Folge, daß die SWG-Regelung den Winterbau nicht förderte, sondern ohne Grund erschwerte. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müßten sich nämlich, jedenfalls in der Schlechtwetterzeit vom 1. November bis 31. März, strikt an die tarifliche Arbeitszeitregelung halten, auch wenn diese ihren übereinstimmenden Interessen nicht entspricht, um die SWG-Ansprüche nicht zu gefährden. Daher bestehen jedenfalls dann, wenn die Verlegung der tariflichen Arbeitszeit wie hier den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften der AZO entspricht, keine Bedenken, beim SWG auch solche ausgefallene Arbeitsstunden zu berücksichtigen, durch die tarifwidrig, aber betriebsüblich tarifliche Arbeitszeit vor- oder nachgeholt wird. Die Zahl der Ausfallstunden, die der M am 25. November 1983 innerhalb der Arbeitszeit geleistet hätte, beträgt daher acht Stunden, auch wenn mit den letzten vier dieser acht Stunden in der Kalenderwoche die tarifliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden überschritten worden wäre.

Auch die durch § 85 Abs. 3 AFG gebotene, auf den Abrechnungszeitraum abzustellende Prüfung der Zahl der letztlich insgesamt berücksichtigungsfähigen Ausfallstunden steht der vom LSG getroffenen Entscheidung nicht entgegen. Hiernach besteht Anspruch auf SWG nur für Ausfallstunden, die zusammen mit Entgeltstunden in einem Abrechnungszeitraum von mindestens vier Wochen die Arbeitszeit iS des § 69 AFG nicht überschreiten. Nach der regelmäßigen, im Betrieb des Klägers üblichen wöchentlichen Arbeitszeit und ihrer geschilderten üblichen Verteilung auf die Werktage fielen im November 1983 178 Arbeitsstunden an, nämlich von Dienstag, den 1. November bis Montag, den 7. November 36 Stunden, vom 8. bis 14. November 44 Stunden, vom 15. bis 21. November 36 Stunden, vom 22. bis 28. November 44 Stunden und 18 Stunden am 29. und 30. November 1983, einem Dienstag und einem Mittwoch. Daß möglicherweise am 1. November 1983 wegen Allerheiligen und jedenfalls am 16. November 1983 wegen des Buß- und Bettages die Arbeit ruhte (vgl. dazu Art. 1 Abs. 1 Nr. 1, Art. 9 Abs. 2 des bayerischen Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage vom 21. Mai 1980, GVBl 215), bleibt dabei unberücksichtigt (vgl. dazu das schon erwähnte Urteil des Senats vom 23. Oktober 1985 – 7 RAr 85/84 –).

Die tarifliche Arbeitszeit im Abrechnungszeitraum betrug dagegen zumindest 176 Stunden. Wie oben dargelegt, genügt es für die mit §§ 85 Abs. 3, 69 AFG verfolgten gesetzgeberischen Zwecke vollauf, wenn für die nach der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit zu bestimmenden Höchstgrenze der in einem Abrechnungszeitraum berücksichtigungsfähigen Ausfallstunden darauf abgestellt wird, wieviele Arbeitsstunden nach der tariflichen Regelung im Abrechnungszeitraum hätten anfallen können. Es ist daher nicht richtig, wenn bei der auf den Abrechnungszeitraum abzustellenden Prüfung nur diejenigen betriebsüblich angefallenen Arbeitsstunden angesetzt werden, durch die in den Kalenderwochen des Abrechnungszeitraums die 40-Stundenwoche nicht überschritten worden ist, wie das im Widerspruchsbescheid geschehen ist. Im November 1983 hätten bei der tariflichen 40-Stundenwoche mindestens 176 Arbeitsstunden anfallen können, nämlich 160 (= 4 × 40) Arbeitsstunden für die vier Wochen vom 1. bis 28. November und angesichts der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von acht Stunden für den 29. und 30. November jedenfalls weitere 16 Stunden. Ob zwei weitere Stunden hinzukommen, weil an diesen Werktagen je neun Arbeitsstunden betriebsüblich zu erbringen waren und das nach § 3 Nr. 1.1 Satz 3 BRTV-Bau zulässig war, bedarf hier keiner Entscheidung, da lediglich streitig ist, ob dem M SWG statt für vier Ausfallstunden für sechseinhalb Ausfallstunden zusteht. Zusammen mit den 169,5 Entgeltstunden übersteigen die sechseinhalb Ausfallstunden, für die das LSG dem M insgesamt SWG zugebilligt hat, nämlich nicht die Anzahl der 176 Arbeitsstunden, die in jedem Falle nach der tariflichen Arbeitszeit im November 1983 angefallen wären.

Die Revision der Beklagten muß daher ohne Erfolg bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 137

BB 1987, 1528

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