Entscheidungsstichwort (Thema)
Vormerkung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einem gemeinsamen Auslandsaufenthalt unverheirateter Eltern. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Es ist nicht verfassungswidrig, dass das Gesetz die Anerkennung von Kindererziehungszeiten im Ausland bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung auf den gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern beschränkt.
Normenkette
SGB VI § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 3 Sätze 1-3, § 57; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, 5
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. September 2019 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Überprüfungsverfahren über die Vormerkung von im Ausland zurückgelegten Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die im Jahr 1972 geborene Klägerin ist Mutter eines 2011 geborenen Sohnes. Von November 2012 bis März 2016 lebte sie mit ihrem Sohn und dem beigeladenen Vater des Kindes in Thailand. Der Beigeladene war von seinem Arbeitgeber dorthin entsandt worden und leistete während des gesamten Auslandsaufenthaltes Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland. Die Kindererziehung erfolgte überwiegend durch die Klägerin. Mit dem Beigeladenen war die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum nicht verheiratet.
Auf ihren Antrag vom 28.6.2016 merkte die Beklagte mit Bescheid vom 18.10.2016 die Zeit vom 1.10.2011 bis zum 31.10.2012 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 1.10.2011 bis zum 31.10.2012 sowie vom 1.4.2016 bis zum 31.5.2016 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung im Versicherungskonto der Klägerin vor. Die Vormerkung von Kindererziehungszeiten für die Zeit vom 1.11.2012 bis zum 31.1.2014 und von Berücksichtigungszeiten für die Zeit vom 1.11.2012 bis zum 31.3.2016 lehnte sie hingegen ab, weil das Kind im Ausland erzogen worden sei. Die Klägerin erhob im April 2017 zunächst "Widerspruch zum Bescheid vom 18.10.2016", nahm diesen mit Schreiben vom 30.6.2017 zurück und beantragte die Überprüfung des Bescheids nach § 44 SGB X. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10.7.2017 eine Änderung des Bescheids vom 18.10.2016 ab. Die Voraussetzungen für die Anerkennung weiterer Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten seien nicht erfüllt, weil die Klägerin während des Aufenthalts in Thailand nicht mit dem Vater verheiratet gewesen sei. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, sie habe im Vorfeld ihrer Ausreise nach Thailand von der Beklagten telefonisch die Auskunft erhalten, Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten würden anerkannt, wenn der Vater des Kindes nach Entsendung in das Ausland Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahle. Diese Auskunft habe sie später auch in einer Rentenberatungsstelle vor Ort erhalten. Die Beklagte lehnte die Anerkennung der Zeiten mit Widerspruchsbescheid vom 18.9.2018 erneut ab, weil die Voraussetzungen, unter denen nach dem Gesetz Erziehungszeiten im Ausland einer Erziehung im Inland gleichstünden, nicht erfüllt seien.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 28.1.2019). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin sei in Thailand nicht erwerbstätig und deshalb auch nicht nach deutschem Recht versicherungspflichtig gewesen. Für die Anerkennung der begehrten Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten genüge die Rentenversicherungspflicht des nichtehelichen Lebensgefährten nach Entsendung nicht. Da er in dieser Zeit nicht mit der Klägerin verheiratet gewesen sei, könne die Erziehung des Kindes im Ausland nicht der Erziehung im Inland gleichstehen. Art 6 Abs 1 GG gebiete nicht, im Wege der verfassungskonformen Auslegung unverheiratete Elternteile einzubeziehen. Auch aus Art 6 Abs 5 GG ergebe sich keine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, weil diese Norm nur nichteheliche Kinder und nicht deren Eltern begünstige. Schließlich liege kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor. Der Gesetzgeber bewege sich bei der Begünstigung von Ehegatten und diesen gleichgestellten eingetragenen Lebenspartnern innerhalb seines Gestaltungsspielraums. Ein Anspruch auf Vormerkung der begehrten Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten ergebe sich auch nicht aus anderen Gründen. Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür könnten durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch im Fall der Klägerin nicht fingiert werden (Urteil vom 17.9.2019).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision einen Verstoß gegen Art 6 Abs 5 und Art 6 Abs 1 GG. Eine Beschränkung der Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten nur auf eheliche Kinder sei unzulässig. Letztlich schaffe das Gesetz eine Motivation dafür, dass der nichtverheiratete Elternteil dem anderen nicht in das Ausland folge.
|
Die Klägerin beantragt, |
|
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. September 2019 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Januar 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 10. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2018 zu verpflichten, den Bescheid vom 18. Oktober 2016 zu ändern und die Zeit vom 1. November 2012 bis zum 31. Januar 2014 als Kindererziehungszeit sowie die Zeit vom 1. November 2012 bis zum 31. März 2016 als Berücksichtigungszeit vorzumerken. |
|
Die Beklagte beantragt, |
|
die Revision der Klägerin zurückzuweisen. |
Die Beklagte ist der Auffassung, das LSG habe zutreffend entschieden. Nach dem Gesetz würden Kindererziehungszeiten für einen Elternteil nur angerechnet, wenn die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei oder einer solchen gleichstehe. Die Klägerin selbst habe keine Pflichtbeitragszeiten in Thailand zurückgelegt. Dass sie zuvor im Inland versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, genüge nicht. Als Ausfluss des in Deutschland geltenden Territorialitätsprinzips werde ausschließlich die Erziehungsleistung im Inland honoriert. Zwar habe der Lebensgefährte der Klägerin während des Aufenthalts in Thailand Pflichtbeiträge entrichtet. Da die Klägerin mit ihm aber nicht verheiratet gewesen sei, komme eine Gleichstellung mit einer Erziehung im Inland nicht in Betracht. Der von der Klägerin angestrebten Auslegung des Gesetzes stehe entgegen, dass die Regelung des § 56 SGB VI durch den Gesetzgeber in den letzten Jahren wiederholt geändert worden sei, ohne dass nichteheliche Lebensgemeinschaften gleichgestellt worden seien.
Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
A. Nach Schließung des 13. Senats gemäß § 202 Satz 1 SGG iVm § 130 Abs 1 Satz 2 GVG(Erlass des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24.6.2021) ist die Zuständigkeit für die Streitsache gemäß Geschäftsverteilungsplan (Stand 1.7.2021) auf den 5. Senat des BSG übergangen. Die nach Zulassung durch den 13. Senat (Beschluss vom 21.10.2020) statthafte Revision (§ 160 Abs 1 SGG) ist zulässig erhoben und genügt noch den Anforderungen an eine formgerechte Begründung iS des § 164 Abs 2 Satz 1 und Satz 3 SGG(vgl dazu BSG Beschluss vom 13.6.2018 - GS 1/17 - BSGE 127, 133 = SozR 4-1500 § 164 Nr 9) .
B. Ein Anspruch der Klägerin auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 10.7.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.9.2018 und Verpflichtung der Beklagten, den bestandskräftigen Bescheid vom 18.10.2016 zu ändern und Kindererziehungszeiten vom 1.11.2012 bis zum 31.1.2014 sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 1.11.2012 bis zum 31.3.2016 festzustellen, besteht nicht. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG). Sie hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese den Bescheid vom 18.10.2016 teilweise ändert und Kindererziehungs- sowie Berücksichtigungszeiten für die Zeit ihres Auslandsaufenthalts in Thailand feststellt.
I. Die erstrebte Rücknahme richtet sich nach § 44 SGB X, der auch im Rahmen des Vormerkungsverfahrens anwendbar ist. Da sich § 44 Abs 1 SGB X nur auf solche bindenden Verwaltungsakte bezieht, die - anders als der Bescheid vom 18.10.2016 - unmittelbar Ansprüche auf nachträglich erbringbare "Sozialleistungen" (§ 11 Satz 1 SGB I) iS der §§ 3 ff und 18 ff SGB I betreffen (BSG Urteil vom 29.5.1991 - 9a/9 RVs 11/89 - BSGE 69, 14, 16 ff = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 S 8 ff), kann sich ein Rücknahmeanspruch der Klägerin nur aus § 44 Abs 2 SGB X ergeben. Nach dieser Vorschrift ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar (und damit zugleich bindend) geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Satz 1). Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2). Diese Regelung bildet einen Auffangtatbestand für die zum Nachteil der Adressaten rechtswidrigen Verwaltungsakte, die nicht der Vorschrift des Abs 1 unterliegen (BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 9 SB 2/11 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 14 RdNr 17). Die Ablehnung der Vormerkung weiterer Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten war jedoch bei Erlass (Bekanntgabe iS von § 37 SGB X) des Bescheids vom 18.10.2016 rechtmäßig.
II. Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Feststellung weiterer rentenrechtlicher Zeiten ist § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI. Danach setzt der Versicherungsträger nach Klärung des Versicherungskontos die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Der Rentenversicherungsträger ist befugt, aber nicht verpflichtet, auf Antrag auch solche geklärten Daten durch Bescheid festzustellen, die noch keine sechs Jahre zurückliegen. Entscheidet er - wie von der Klägerin beantragt - auch über Tatbestände, die noch keine sechs Jahre zurückliegen, muss er einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid erlassen (vgl BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 13 R 19/14 R - SozR 4-2600 § 149 Nr 5 RdNr 15 und zur Vormerkung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten vgl BSG Urteil vom 24.10.2013 - B 13 R 1/13 R - SozR 4-2600 § 57 Nr 1 RdNr 12 mwN). Das war hier der Fall.
1. Der Anspruch der Klägerin bestimmt sich allein nach den Regelungen des SGB VI. Unionsrecht (insbesondere die europarechtlich gewährleistete Freizügigkeit) ist nicht zu beachten (vgl dazu EuGH Urteil vom 19.7.2012 - C-522/10 - EuGRZ 2012, 518 = NZS 2012, 935). Es gibt auch keine Vorschriften des zwischenstaatlichen Rechts, welche die Vormerkung von Tatbeständen der Auslandserziehung in Thailand als Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung oder Berücksichtigungszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vorschreiben oder erlauben. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit Thailand kein Sozialversicherungsabkommen geschlossen.
2. Nach § 3 Satz 1 Nr 1 SGB VI iVm § 56 Abs 1 bis 3 und 5 SGB VI sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind. Das sind Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren (§ 56 Abs 1 Satz 1 SGB VI mit Sonderregelungen für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder in § 249 SGB VI). Nach § 57 SGB VI ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Einem Elternteil wird gemäß § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Streitentscheidend ist hier, ob die Voraussetzungen des § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI vorliegen. Hierzu bestimmt § 56 Abs 3 Satz 1 SGB VI, dass eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten im Ausland formulieren sodann die Sätze 2 und 3 des § 56 Abs 3 SGB VI. Sie liegen hier nicht vor.
a) In der streitbefangenen Zeit hat die Klägerin ihr Kind nicht, wie das Gesetz dies für den Regelfall voraussetzt, im Inland erzogen, § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 iVm Abs 3 Satz 1 SGB VI.
Bereits bei Einführung von Kindererziehungszeiten durch das Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz (HEZG) vom 11.7.1985 (BGBl I 1450) mWv 1.1.1986 ging der Gesetzgeber von dem Grundsatz aus, dass die Erziehung im Inland erfolgen muss, dh der erziehende Elternteil und das Kind sich im Inland aufhalten müssen (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum HEZG, BT-Drucks 10/2677 S 29). Auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992) sollte grundsätzlich nur die Kindererziehung im Geltungsbereich des Gesetzes pflichtversichert sein. Die entscheidende Änderung gegenüber dem früheren Recht bestand lediglich darin, dass ab dem 1.1.1992 drei Jahre statt einem Jahr wegen Kindererziehung angerechnet wurden (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, BT-Drucks 11/4124 S 166). Durch die Anerkennung von Kindererziehungszeiten sollen alle diejenigen in das System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen werden, die wegen der Kindererziehung gar nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sind, eigene Rentenansprüche aufzubauen (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum HEZG, BT-Drucks 10/2677 S 28). Für alle, die im Inland erwerbstätig sein dürfen, wird dabei vorausgesetzt, dass sie freien Zugang zu einer regelmäßig versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit haben (vgl BSG Urteil vom 25.1.1994 - 4 RA 3/93 - SozR 3-2600 § 56 Nr 6 S 25 = juris RdNr 19). Die Erziehungsleistung wird gleichzeitig als Beitrag zur Aufrechterhaltung der als Generationenvertrag ausgestalteten Rentenversicherung verstanden (vgl BSG aaO sowie BSG Urteil vom 22.2.1995 - 4 RA 43/93 - SozR 3-2600 § 56 Nr 8 S 40 = juris RdNr 22, jeweils unter Hinweis auf BVerfG Urteil vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua - BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Ob die Eltern des Kindes zusammenleben und ob sie verheiratet sind, ist dafür unerheblich.
Der Gesetzgeber will als Ausfluss des in Deutschland geltenden Territorialitätsprinzips ausschließlich die Erziehungsleistung in der Bundesrepublik Deutschland honorieren. Er knüpft für den Erwerb von Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung bewusst an die Person des Erziehenden und an den Erziehungsort Bundesrepublik Deutschland an, weil grundsätzlich nur hier für die Zeit der Kindererziehung der Nachteil in der Altersversorgung eintreten kann (vgl BSG EuGH-Vorlage vom 24.2.1999 - B 5/4 RA 82/97 R - juris RdNr 16 mwN). Das BVerfG hat es ausdrücklich gebilligt, dass die Kindererziehung grundsätzlich nur im Inland rentenrechtlich relevant ist, da der gewöhnliche Aufenthalt einer Person im jeweiligen Staatsgebiet systemgerechter Anknüpfungspunkt für die mitgliedschaftliche Einbeziehung in nationale Sozialversicherungssysteme ist. Nur wer sich noch im sozialen Verantwortungsbereich der Bundesrepublik Deutschland aufhält, soll auch im Falle der Kindererziehung rentenwirksam abgesichert sein (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Nichtannahmebeschluss vom 6.3.2017 - 1 BvR 2740/16 - juris RdNr 3 unter Hinweis auf BVerfG ≪Kammer≫ Nichtannahmebeschluss vom 2.7.1998 - 1 BvR 810/90).
b) Das Gesetz sieht in § 56 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB VI Ausnahmen von diesem Grundsatz vor. Deren Voraussetzungen sind indes ebenfalls nicht erfüllt.
aa) Schon im HEZG vom 11.7.1985 (BGBl I 1450) hat der Gesetzgeber Ausnahmeregelungen geschaffen, nach denen auch Eltern wegen Kindererziehung versichert sein können, die in ein Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland entsandt worden sind und wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung haben. Versichert wegen Kindererziehung sollte nicht nur der entsandte Elternteil selbst sein, sondern auch sein Ehegatte, wenn er die sonstigen Voraussetzungen - Erziehung des Kindes und Aufenthalt in demselben Land wie der entsandte Ehegatte und das Kind - erfüllte (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum HEZG, BT-Drucks 10/2677 S 34). Das Rentenreformgesetz 1992 übernahm diese Regelungen. Nach § 56 Abs 3 Satz 2 SGB VI wird dem Erziehenden die Erziehungszeit auch dann angerechnet, wenn er sich mit dem Kind im Ausland gewöhnlich aufhält und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat. Abs 3 Satz 3 regelt schließlich den Fall der Erziehung während eines gemeinsamen Aufenthalts von Ehegatten im Ausland.
Alle drei in § 56 Abs 3 SGB VI geregelten Fallgestaltungen haben im Blick auf die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nur scheinbar verschiedene Anknüpfungspunkte. Im Kern zielen sie auf dasselbe ab: Die Erziehenden müssen vor der Geburt oder während der Kindererziehung in derart enger Beziehung zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben stehen, dass die - typisierende und pauschalierende - Grundannahme des Gesetzes Platz greifen kann, während dieser Zeit seien ihnen nicht wegen der Integration in eine ausländische Arbeitswelt, sondern im Wesentlichen wegen der Kindererziehung deutsche Rentenanwartschaften entgangen (vgl grundlegend BSG Urteil vom 17.11.1992 - 4 RA 15/91 - BSGE 71, 227 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 = juris RdNr 30 und BSG Urteil vom 23.10.2003 - B 4 RA 15/03 R - BSGE 91, 245 = SozR 4-2600 § 56 Nr 1, RdNr 25). Auch darf sich der Erziehende - wie zB in Auswanderungsfällen - nicht dauerhaft bzw auf nicht absehbare Zeit von der inländischen Arbeits- und Erwerbswelt und damit auch von der deutschen Rentenversicherung gelöst haben (vgl BSG Urteil vom 10.11.1998 - B 4 RA 39/98 R - SozR 3-2600 § 56 Nr 13 = juris RdNr 22).
bb) Die Klägerin erfüllte selbst nicht den Tatbestand des § 56 Abs 3 Satz 2 SGB VI. Nach den für den Senat insoweit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war sie während ihres Aufenthalts in Thailand nicht erwerbstätig und deshalb auch nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland. Auch steht die Erziehung in Thailand der Erziehung im Bundesgebiet nicht nach § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI gleich.
Bei im Ausland nicht erwerbstätigen Erziehenden, die nicht selbst die Voraussetzungen des § 56 Abs 3 Satz 2 SGB VI erfüllen, wird die Gleichstellung der Erziehungsorte im Hinblick auf Art 6 Abs 1 GG mittelbar über die - fortbestehende - Integration des Ehepartners in das inländische Arbeits- und Erwerbsleben erreicht (vgl BSG Urteil vom 22.2.1995 - 4 RA 43/93 - SozR 3-2600 § 56 Nr 8 = juris RdNr 24). Die Annahme einer solchen (mittelbaren) Verbundenheit des nicht erwerbstätigen Erziehenden zur inländischen Arbeits- und Erwerbswelt und damit auch zur deutschen Rentenversicherung ist begründet, wenn der Familienwohnsitz - und damit der Erziehungsort - nur wegen der im Inland verankerten Erwerbstätigkeit des anderen Elternteils vorübergehend ins Ausland verlegt werden musste (vgl BSG Urteil vom 17.11.1992 - 4 RA 15/91 - BSGE 71, 227 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 = juris RdNr 32; BSG Urteil vom 10.11.1998 - B 4 RA 39/98 R - SozR 3-2600 § 56 Nr 13 = juris RdNr 24). Davon geht der Gesetzgeber "bei einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland" aus.
Allerdings wurden für den Beigeladenen während des Aufenthalts in Thailand Pflichtbeiträge gezahlt. Die Klägerin war mit ihm im streitbefangenen Zeitraum jedoch nicht verheiratet, sodass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Gleichstellung der Erziehung im Ausland nach § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI nicht gegeben sind. Erziehende Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften werden nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht erfasst (kritisch dazu im Gesetzgebungsverfahren Stellungnahme von Prof. Dr. Gerhard-Teuscher, Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Ausschussdrucks 11/1124 S 13). Zwar wurde die Ausnahmeregelung des § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI zuletzt durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 (BGBl I 3396) mWv 1.1.2005 auf Lebenspartner erstreckt. Der Beigeladene war jedoch nicht Lebenspartner im Sinne der Vorschrift. Der Begriff "Lebenspartner" ist legal definiert und beschreibt Personen gleichen Geschlechts, die eine Lebenspartnerschaft begründen (§ 1 Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft ≪LPartG≫ vom 16.2.2001, BGBl I 266). Nichteheliche Lebensgemeinschaften bleiben weiterhin unberücksichtigt.
III. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin verletzt die fehlende Anerkennung von Kindererziehungszeiten im Ausland nach § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI erziehende Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften nicht in ihren Grundrechten aus Art 6 GG.
1. Der Schutzbereich des von der Revisionsbegründung in den Vordergrund gestellten Grundrechts aus Art 6 Abs 5 GG ist bereits nicht betroffen. Dieses Grundrecht setzt als Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes und als Schutznorm zugunsten nichtehelicher Kinder der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit Grenzen. Danach darf ein Kind nicht wegen seiner nichtehelichen Geburt benachteiligt werden (vgl BVerfG Beschluss vom 12.10.2010 - 1 BvL 14/09 - BVerfGE 127, 263 = SozR 4-1300 § 116 Nr 2 RdNr 41; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 20.5.2020 - 2 BvR 2628/18 - juris RdNr 21 mwN).
Kindererziehungszeiten im Ausland werden nach der Ausnahmevorschrift des § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI unabhängig davon anerkannt, ob eheliche oder nichteheliche Kinder erzogen werden. Der Schutzbereich des Art 6 Abs 5 GG ist auch nicht mittelbar berührt. Kindererziehungszeiten sind rentenrechtliche Zeiten, die sich zugunsten des Versicherten rentenbegründend und rentensteigernd auswirken. Werden solche Zeiten nicht im Versicherungsverlauf vorgemerkt, hat dies allein für die Alterssicherung des erziehenden Elternteils Konsequenzen, nicht aber für das zu erziehende Kind (zur mittelbaren Schlechterstellung von nichtehelichen Kindern vgl ua BVerfG Beschluss vom 17.10.1973 - 1 BvL 20/72 - BVerfGE 36, 126 = juris RdNr 23; BVerfG Beschluss vom 28.2.2007 - 1 BvL 9/04 - BVerfGE 118, 45, 62 = juris RdNr 56 f und BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 6/10 - BVerfGE 135, 48 RdNr 108 = juris RdNr 111). Art 6 Abs 5 GG schützt aber nur nichteheliche Kinder, nicht deren Eltern (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2004 - 1 BvR 684/98 - BVerfGE 112, 50, 66 f = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 53 juris RdNr 54).
2. Auch liegt kein rechtswidriger Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG vor. Dieses Grundrecht verpflichtet den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthält die Bestimmung eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 26.3.2014 - 1 BvR 1133/12 - juris RdNr 24 unter Bezugnahme auf BVerfGE 87, 1, 35; 103, 242, 257 f). Als Familie geschützt ist die tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft von Eltern mit Kindern. Das Familiengrundrecht garantiert auch das Zusammenleben der Familienmitglieder und die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 31.3.2021 - 1 BvR 413/20 - juris RdNr 17 mwN). Für den Schutz durch das Familiengrundrecht kommt es zudem nicht darauf an, ob die Eltern miteinander verheiratet sind oder nicht. Der Familienschutz schließt auch die nichteheliche Familie ein (vgl BVerfG Beschluss vom 26.3.2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 RdNr 56 mwN).
Die Regelung in § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI steht einem Zusammenleben der Familie im Inland oder im Ausland nicht entgegen. Einen weitergehenden Anspruch gegen den Gesetzgeber, den Schutz der Familie gerade dadurch zu gewährleisten, dass Kindererziehungszeiten im Ausland überhaupt und auch bei nicht verheirateten und nicht erwerbstätigen Erziehenden berücksichtigt werden, begründet Art 6 Abs 1 GG nicht (vgl dazu BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 6.3.2017 - 1 BvR 2740/16 - NJW 2017, 1938 RdNr 3 mwN; in anderem Zusammenhang auch: BVerfG Beschluss vom 26.3.2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 RdNr 57). Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen lassen sich aus Art 6 Abs 1 GG nicht herleiten (vgl BVerfG Beschluss vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - BVerfGE 130, 240, 252 = SozR 4-7835 Art 1 Nr 1 RdNr 38).
IV. § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI verletzt die Klägerin auch nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfG Urteil vom 17.7.2002 - 1 BvF 1/01 - BVerfGE 105, 313 = juris RdNr 108 mwN). Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl BVerfG Urteil vom 26.5.2020 - 1 BvL 5/18 - BVerfGE 153, 358 RdNr 94).
Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Diese bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (stRspr; vgl aus jüngerer Zeit BVerfG Beschluss vom 26.3.2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 RdNr 64; BVerfG Beschluss vom 8.7.2021 - 1 BvR 2237/14 ua - juris RdNr 111).
Hier ist einerseits zu berücksichtigen, dass das Familiengrundrecht aus Art 6 Abs 1 GG - jedenfalls mittelbar - berührt ist. Die Klägerin hat insofern geltend gemacht, es sei das Recht auf eigenverantwortliche Gestaltung des Familienlebens betroffen, weil die fehlende Anerkennung von Kindererziehungszeiten in Konstellationen wie der ihren dazu motiviere, dem nichtehelichen Partner und Elternteil nicht ins Ausland zu folgen. Andererseits ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei aus Bundesmitteln zum sozialen Ausgleich gewährten Leistungen wie den Kindererziehungszeiten besonders groß (vgl BSG Urteil vom 16.10.2019 - B 13 R 14/18 R - BSGE 129, 192 = SozR 4-2600 § 70 Nr 3, RdNr 38 unter Bezugnahme auf BVerfG ≪Kammer≫ Nichtannahmebeschluss vom 11.1.2016 - 1 BvR 1687/14 - juris RdNr 12 mwN). Hinzu kommt, dass ein ebenfalls weiter - freilich nicht unbegrenzter - Spielraum des Gesetzgebers für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen im Bereich der Massenverwaltung besteht, zu dem auch das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung zählt (vgl zuletzt BSG Urteil vom 20.1.2021 - B 13 R 5/20 R - BSGE 131, 202 = SozR 4-2600 § 88 Nr 4, RdNr 40 mwN). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist bei bevorzugenden Typisierungen besonders groß (vgl BSG Urteil vom 28.6.2018 - B 5 R 25/17 R - BSGE 126, 128 = SozR 4-2600 § 51 Nr 2, RdNr 91). Vor diesem Hintergrund ist § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI nicht zu beanstanden.
2. Es bestehen hinreichend gewichtige Sachgründe, die gemessen am Regelungsgegenstand und Regelungsziel die Beschränkung der - von Verfassungs wegen nicht gebotenen - Anerkennung von Kindererziehungszeiten im Ausland auf nicht selbst erwerbstätige Ehegatten und Lebenspartner rechtfertigen.
a) "Bei einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland" geht der Gesetzgeber in § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI davon aus, dass eine (mittelbare) Verbundenheit des nicht erwerbstätigen Erziehenden zur inländischen Arbeits- und Erwerbswelt und damit auch zur deutschen Rentenversicherung fortbesteht, sofern der Ehe- oder Lebenspartner während des Auslandsaufenthalts Pflichtbeitragszeiten hat. In dieser Konstellation nimmt der Gesetzgeber an, dass der Familienwohnsitz und damit der Erziehungsort nur wegen der - weiterhin im Inland verankerten - Erwerbstätigkeit des anderen Elternteils vorübergehend ins Ausland verlegt werden musste (s dazu bereits die Ausführungen unter II 2. b). Dass der Gesetzgeber diese Annahme typisierend auf Ehegatten und Lebenspartner begrenzt, ist nicht zu beanstanden. Es werden rechtlich verbindlich ausgestaltete Beziehungen erfasst, die typischerweise auf einen längeren Bestand angelegt sind, sodass nach Ablauf der Entsendung von einer gemeinsamen Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werden kann. In der Rechtsprechung des BVerfG ist anerkannt, dass der Gesetzgeber die Ehelichkeit der Elternbeziehung als Indikator für die Stabilität einer Beziehung verwenden darf (vgl BVerfG Urteil vom 28.2.2007 - 1 BvL 5/03 - BVerfGE 117, 316 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 37; BVerfG Beschluss vom 26.3.2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 RdNr 96). Während die Ehe nach § 1353 Abs 1 Satz 1 BGB ebenso wie die eingetragene Lebenspartnerschaft nach § 2 Satz 1 LPartG auf Lebenszeit angelegt und nur unter den Voraussetzungen der Aufhebung (§§ 1313 ff BGB) oder Scheidung (§§ 1564 ff BGB) wieder auflösbar ist, können nichteheliche Partnerschaften jederzeit beendet werden (zum Anspruch der Mutter auf Betreuungsunterhalt vgl § 1615l BGB). Dabei steht außer Frage, dass auch nichteheliche Lebensgemeinschaften existieren, in denen die Beziehung der Eltern langfristig angelegt und tatsächlich stabil ist (vgl BVerfG Urteil vom 28.2.2007 - 1 BvL 5/03 - aaO RdNr 38; BVerfG Beschluss vom 26.3.2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 RdNr 99).
Dass § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI die Begünstigung einer ausnahmsweisen Berücksichtigung von Erziehungszeiten im Ausland vom Bestehen einer Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft abhängig macht, korrespondiert damit, dass auch in anderen Bereichen der gesetzlichen Rentenversicherung hieran angeknüpft wird. Insbesondere erhalten nur überlebende Partner einer ehelichen Lebensgemeinschaft oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (zur Vereinbarkeit des Ausschlusses von Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit Verfassungsrecht vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 17.11.2010 - 1 BvR 1883/10 - BVerfGK 18, 249 = juris RdNr 11 mwN). Nur Ehegatten und eingetragene Lebenspartner profitieren von einem Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Ehescheidung (§ 1 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 VersAusglG) oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft (vgl § 20 Abs 1 LPartG). Deshalb ist es folgerichtig, wenn eine rechtliche Verbindung einer im Ausland erziehenden, nicht selbst versicherungspflichtigen Person mit der gesetzlichen Rentenversicherung nur dann angenommen wird, wenn ihr Partner als Ehe- oder Lebenspartner während des gemeinsamen Auslandsaufenthalts Pflichtbeitragszeiten zurücklegt und auf diese Weise Anwartschaften erwirbt, die rentenrechtlich auch für den erziehenden Partner relevant sind.
b) Die Regelung des § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI dient in zulässiger Weise der Vereinfachung und Typisierung. Dabei ist zu bedenken, dass es sich bei der Rückausnahme des Satzes 3 um eine bevorzugende Typisierung handelt, bei der die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers weiter gespannt ist als bei einer benachteiligenden Typisierung (vgl BVerfG Beschluss vom 4.4.2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310, 319 unter Hinweis auf BVerfG Urteil vom 24.7.1963 - 1 BvL 30/57 ua - BVerfGE 17, 1, 23 f = SozR Nr 52 zu Art 3 GG = juris RdNr 60).
Mit der Voraussetzung "gemeinsamer Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland" knüpft der Gesetzgeber an ein Merkmal an, das im Rahmen der Massenverwaltung der gesetzlichen Rentenversicherung sicher, zeitnah und ohne aufwendige Ermittlungen festzustellen ist. Insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen muss der Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht um alle denkbaren Einzelfälle besorgt sein, sondern darf unter bestimmten Voraussetzungen typisierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Benachteiligung Einzelner gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Die mit der Typisierung verbundene Ungleichbehandlung ist allerdings unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber keinen atypischen Fall als Leitbild wählt, das Ausmaß der Ungleichbehandlung nicht sehr intensiv ist und Härten nur unter Schwierigkeiten zu vermeiden sind. Dabei haben auch praktische Erfordernisse der Verwaltung Gewicht (vgl BVerfGE 148, 147 RdNr 136; BVerfG Beschluss vom 26.3.2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 RdNr 113 f mwN; BVerfG Beschluss vom 8.7.2021 - 1 BvR 2237/14 ua - juris RdNr 115, 149 f, 222). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Der Gesetzgeber hat mit dem Tatbestandsmerkmal "bei einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern" keinen atypischen Fall als Leitbild gewählt, sondern sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert. Es ist davon auszugehen, dass durch das Erfordernis einer Ehe oder Lebenspartnerschaft nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen von der Begünstigung der Ausnahmevorschrift des § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI ausgenommen wird. Zwar liegen keine genauen Zahlen zu Auslandsaufenthalten unverheirateter erziehender Elternteile wegen der beruflichen Tätigkeit des anderen Elternteils vor. Es können jedoch Rückschlüsse aus der Zahl der bei unverheirateten Elternpaaren aufwachsenden Kinder gezogen werden. Im Jahr 2019 wurde in Deutschland der ganz überwiegende Teil der minderjährigen Kinder, nämlich knapp drei Viertel (74 %), bei Ehepaaren groß. Etwa 16 % wuchsen bei einem alleinerziehenden Elternteil auf und lediglich 10 % der minderjährigen Kinder lebten bei einem unverheirateten Elternpaar (vgl Statistisches Bundesamt, Datenreport 2021, S 61, www.destatis.de). Gleichzeitig kann davon ausgegangen werden, dass nur ein geringer Anteil von Versicherten im Ausland versicherungspflichtig tätig wird. Im Jahr 2016 waren ca 33,74 Millionen Menschen in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt (vgl Statistik "Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort Deutschland", www.destatis de). Davon wurde nur ein geringer Teil in das Ausland entsandt (etwa 260 000 Arbeitnehmer in den Europäischen Wirtschaftsraum, vgl Übersicht "Entsendung von Arbeitnehmern", www.europarl.europa.eu/infographic/posted-workers/index_de.html#overview). Der Anteil der erziehenden Elternteile, die diesen Versicherten - ohne eine rechtliche Absicherung der Beziehung - ins Ausland folgen, ist realistisch noch einmal geringer anzusetzen.
Eine individuelle Prüfung, ob sich der nicht verheiratete erziehende Elternteil während seines Auslandsaufenthalts dauerhaft oder zumindest für nicht absehbare Zeit vom inländischen Arbeits- und Erwerbsleben gelöst hat, wäre in der Praxis der Rentenversicherungsträger mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Zur Feststellung einer fortbestehenden Verbundenheit müssten in jedem Einzelfall nicht nur höchst persönliche Lebensentscheidungen beider Elternteile ermittelt werden, die als solche schon schwierig aufzuklären sind. Auch wäre auf die Verhältnisse abzustellen, wie sie sich zu Beginn des Auslandsaufenthalts darstellen (vgl BSG Urteil vom 10.11.1998 - B 4 RA 39/98 R - SozR 3-2600 § 56 Nr 13 S 69 juris RdNr 23). Abgesehen von der Schwierigkeit, mögliche Änderungen nachzuvollziehen, würden die erforderlichen Feststellungen häufig erst im Nachhinein und regelmäßig mit deutlichem zeitlichen Abstand getroffen. Dadurch würde eine Prüfung im Einzelfall einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand erfordern (vgl dazu auch BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 2.11.1992 - 1 BvR 700/90 - SozR 3-5750 Art 2 § 62 Nr 8). Es trägt deshalb zur Rechtssicherheit bei, wenn der Gesetzgeber für eine Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI typisierend an den "gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland" anknüpft.
Schließlich stehen die Vorteile der Typisierung nicht außer Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit. Zwar kann der Verlust von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten im Einzelfall erhebliche Bedeutung haben. Auch wenn die Rentenhöhe vom individuellen Verlauf der Erwerbsbiographie und der Höhe der erzielten Entgelte abhängig ist, wirkt es sich jedenfalls im Rahmen eines durchschnittlichen Versicherungsverlaufs spürbar aus, wenn bei einer Kindererziehung im Ausland die Regelung des § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI keine Anwendung findet. Die Auswirkungen bewegen sich aber noch im Rahmen dessen, was als notwendige Härte und Ungleichbehandlung infolge einer Typisierung hinzunehmen ist, und führen zu keiner unzumutbaren Belastung des nicht begünstigten Personenkreises. Die durch die Typisierung entstehende Ungleichbehandlung wäre - wie oben dargelegt - nur mit Schwierigkeiten vermeidbar. Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung haben zudem die Möglichkeit, die durch eine Kindererziehung im Ausland entstehenden Lücken in ihrer Altersvorsorge zu schließen. Jedenfalls grundsätzlich bis zum 31. März des Folgejahres kann der im Ausland erziehende Elternteil freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen (§ 197 Abs 2 SGB VI). Diese Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung besteht auch für Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben (§ 7 Abs 1 Satz 2 SGB VI). Zwar sind die Beiträge in diesem Fall durch den Versicherten in vollem Umfang allein zu tragen. Ihre Höhe kann jedoch in den Grenzen des § 161 Abs 2 SGB VI frei bestimmt werden. Für die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 50 Abs 1 SGB VI) genügen zB Beiträge, die nur nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage entrichtet werden.
V. Ein Anspruch der Klägerin auf Vormerkung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten während ihres Aufenthalts in Thailand besteht auch nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Dessen Tatbestand fordert zunächst das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 R 5/13 R - SozR 4-2600 § 137b Nr 1 RdNr 37 mwN).
Es kann hier offenbleiben, ob eine Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen einer Beratung der Klägerin erfolgt ist. Jedenfalls ist der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht geeignet, die von der Klägerin gewünschte Rechtsfolge einer Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten zu begründen. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, können die von der Klägerin nicht erfüllten Tatbestandsvoraussetzungen nicht fingiert werden. Es fehlt deshalb an der Voraussetzung, dass der Nachteil durch eine vom Gesetz vorgesehene und zulässige Amtshandlung ausgeglichen werden kann (vgl dazu auch BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R - SozR 4-1200 § 14 Nr 10 RdNr 17). Im Wege des Herstellungsanspruchs kann keine Vergünstigung erwirkt werden, die dem Betroffenen nach geltendem Recht nicht zusteht (vgl BSG Urteil vom 27.5.2014 - B 5 RE 6/14 R - SozR 4-2600 § 106 Nr 4 RdNr 68).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE 2022, 64 |
NJW 2022, 10 |
NZS 2022, 510 |
SGb 2021, 757 |
SGb 2022, 690 |
Breith. 2022, 675 |