Leitsatz (amtlich)

Die Gewährung eines erhöhten Familien-Mutterschaftsgeldes darf nicht davon abhängig gemacht werden, daß die familienhilfeberechtigte Angehörige ärztliche Untersuchungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung in Anspruch genommen hat.

 

Normenkette

RVO § 205a Abs 2 Halbs 2, § 196 Abs 1, § 198

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 28.03.1984; Aktenzeichen L 4 Kr 35/82)

SG Hildesheim (Entscheidung vom 01.04.1982; Aktenzeichen S 2 Kr 3/82)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung der Genehmigung einer Bestimmung ihrer Satzung.

Am 30. Juni 1981 beschloß ihre Vertreterversammlung eine vom Vorstand empfohlene und ab 1. Juli 1981 geltende Neufassung ihrer Satzung. Deren § 20c über ein erhöhtes Familien-Mutterschaftsgeld lautete wie folgt: "Das Mutterschaftsgeld für Familienangehörige wird auf 100,-- DM erhöht, wenn die Familienangehörige die zur ausreichenden und zweckmäßigen ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung gehörenden Untersuchungen in Anspruch genommen hat. Der Anspruch bleibt unberührt, wenn Untersuchungen aus einem von der Versicherten nicht zu vertretenden Grund nicht durchgeführt wurden."

Das durch die Bezirksregierung Braunschweig vertretene beklagte Land genehmigte am 21. August 1981 die Neufassung der Satzung mit Ausnahme ihres § 20c. Mit Bescheid vom 21. Dezember 1981 versagte der Beklagte die Genehmigung des § 20c der Satzung, soweit die Leistung an Voraussetzungen geknüpft werde. Hinsichtlich des letzteren Satzes nahm der Beklagte in der mündlichen Verhandlung des erkennenden Senats den angefochtenen Bescheid zurück.

Die Klage hat das Sozialgericht (SG) Hildesheim abgewiesen (Urteil vom 1. April 1982). Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen zurückgewiesen (Urteil vom 28. März 1984). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Die in § 20c der neugefaßten Satzung normierten Anspruchsvoraussetzungen seien nicht genehmigungsfähig. Die für die Gewährung des erhöhten Mutterschaftsgeldes für Familienangehörige zur Bedingung gemachte Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen entbehre der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und gehe über die der Krankenkasse eingeräumte Rechtsetzungsbefugnis oder Satzungsautonomie hinaus. Sowohl eine Interpretation des Wortlauts als auch eine teleologische Auslegung des § 205a Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ergebe, daß sich das in der Vorschrift den Krankenkassen eingeräumte Ermessen nur auf eine Erhöhung des Beitrages und nicht auf zusätzlich daran geknüpfte Bedingungen beziehen könne. Für letzteres gebe es umso weniger einen überzeugenden Grund, als auch das laufende Mutterschaftsgeld (§ 200 RVO) und die einmalige Leistung für Versicherte ohne Anspruch auf laufendes Mutterschaftsgeld (§ 200 b RVO) ohne jede Einschränkung gewährt würden. Hätte der Gesetzgeber im Rahmen des § 205a Abs 2 RVO den Krankenkassen ein weitergehendes Ermessen einräumen wollen, so hätte er dies ausdrücklich sagen müssen. Der Sinn des Mutterschaftsgeldes sei allein darin zu sehen, daß der Mutter bei Eintritt des Versicherungsfalles wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit ein finanzieller Ausgleich gewährt werden solle. Demzufolge könne auch eine satzungsgemäß vorgenommene Erhöhung nicht an weitere Anspruchsvoraussetzungen - wie hier die Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen - geknüpft werden. Dagegen spreche schließlich, daß der Gesetzgeber bereits in § 198 RVO die Zahlung eines Pauschbetrages von der Bedingung einer Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung abhängig gemacht habe und auch familienhilfeberechtigte Frauen einen entsprechenden Anspruch hätten (§ 205 Abs 1 iVm § 195 Nr 3 RVO).

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzungen der § 324 Abs 2 und § 205a Abs 2 RVO. Der Beklagte habe zu Unrecht der Neuregelung in § 20c der Satzung seine Genehmigung versagt. Die Neuregelung halte sich im Rahmen der Ermächtigung des § 205a Abs 2 RVO. Diese beinhalte neben der Möglichkeit einer einfachen Erhöhung der Regelleistung auch das Recht, diese Erhöhung an zusätzliche sachgerechte Voraussetzungen zu knüpfen. Anders als das laufende Mutterschaftsgeld nach § 200 RVO habe das einmalige Mutterschaftsgeld schon seiner Höhe nach keine Lohnersatzfunktion. Es solle Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Entbindung ausgleichen und stehe insofern der Leistung nach § 198 RVO nahe. Entgegen der Ansicht des LSG sei nicht ersichtlich, warum die besondere Schutzbedürftigkeit der Mutter nur eine einschränkungslose Erhöhung des einmaligen Mutterschaftsgeldes zulassen solle. In § 205a Abs 2 RVO sei ursprünglich derselbe Betrag wie in § 200 b RVO (150,-- DM) vorgesehen gewesen. Er sei später herabgesetzt und damit den familienhilfeberechtigten Müttern ein nicht mehr so weitgehender Anspruch auf Mutterschaftsgeld wie den versicherten Müttern eingeräumt worden. Wenn zugleich der Gesetzgeber den Krankenkassen das Recht zur Gewährung von Mehrleistungen zugestanden habe, so dürften die Kassen bei der Ausübung des Ermessens die finanziellen Aspekte der Erhöhung und damit auch berücksichtigen, daß sich die Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen durch frühzeitigere Erkennung der Risiken und Behandlung der erkannten Gesundheitsstörungen infolge der Ersparung von Aufwendungen leistungsmindernd auswirken könne. Das spreche dafür, daß Mehrleistungen von den streitigen Voraussetzungen abhängig gemacht werden düften. Dafür spreche ebenfalls die Sachnähe des einmaligen Mutterschaftsgeldes zum Pauschbetrag nach § 198 RVO. Letztere Vorschrift besage nichts darüber, ob die Mehrleistungen im Rahmen des § 205a Abs 2 RVO einschränkungslos gewährt werden müßten. Im Interesse eines Anreizes zur Inanspruchnahme von Vorsorgeleistungen sei es sinnvoll, diese Mehrleistungen von denselben Voraussetzungen wie in § 198 RVO abhängig zu machen.

Die Klägerin beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. März 1984 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 1. April 1982 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebens seines Bescheides vom 21. Dezember 1981 zu verpflichten, § 20c der Neufassung der Satzung zu genehmigen.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er ist der Meinung, aus § 205a Abs 2 RVO lasse sich nicht herleiten, daß eine Erhöhung der darin vorgesehenen Regelleistung an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft werden dürfe. Vielmehr sei sie ebenso wie das Mutterschaftsgeld nach § 200b RVO ohne jede Einschränkung zu gewähren. Der Hinweis der Klägerin auf den leistungsmindernden Effekt von Vorsorgeuntersuchungen führe zu einer ungleichen Regelung gleicher Sachverhalte. Dieser finanzielle Aspekt sei bei versicherten und bei familienhilfeberechtigten Müttern gleich hoch zu bewerten und stehe einer unterschiedlichen Behandlung auch im Hinblick auf die übereinstimmende Zweckrichtung beider Arten des einmaligen Mutterschaftsgeldes entgegen. Im übrigen erscheine zweifelhaft, ob eine Krankenkasse die Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen überhaupt zum Gegenstand einer Satzungsregelung machen dürfe. Art und Umfang von Vorsorgeuntersuchungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Entbindung seien in §§ 196 und 198 RVO vom Gesetzgeber selbst und abschließend geregelt worden. Für autonomes Satzungsrecht sei daher kein Raum. Dieses dürfe dann aber auch nicht in der Form erlassen werden, daß dem Mutterschaftsgeld nach § 205a Abs 2 RVO durch Erhöhung des Betrages als Belohnung für eine Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen des § 196 RVO eine andere Zweckbestimmung in der Art eines zusätzlichen finanziellen Anreizes unterlegt werde.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid in dem vom Beklagten aufrechterhaltenen Umfange ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht dem § 20c der Neufassung der Satzung der Klägerin seine Genehmigung versagt.

Nach § 324 Abs 1 RVO bedarf die Satzung einer Krankenkasse der Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung darf nur dann versagt werden, wenn die Satzung den gesetzlichen Vorschriften nicht genügt (§ 324 ABs 2 RVO).

§ 20c der von der Vertreterversammlung beschlossenen Satzung der Klägerin genügt den gesetzlichen Vorschriften nicht. Er widerspricht, wie das SG und das LSG zutreffend erkannt haben, dem § 205a Abs 2 RVO. Nach dieser Vorschrift wird Versicherten für Familienangehörige Mutterschaftsgeld als einmalige Leistung in Höhe von 35,-- DM gewährt; die Satzung kann den Betrag bis auf 150,-- DM erhöhen. Diese Ermächtigung zur Erhöhung des Betrages schließt die Befugnis, die Gewährung des erhöhten Mutterschaftsgeldes von der Inanspruchnahme der zur ausreichenden und zweckmäßigen ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung gehörenden Untersuchungen abhängig zu machen, nicht ein.

Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 205a Abs 2 RVO. Die Vorschrift räumt dem Versicherten als Regelleistung für familienhilfeberechtigte weibliche Angehörige (§ 205 RVO) einen Rechtsanspruch auf Mutterschaftsgeld in Höhe von 35,-- DM ein. Die Satzung der Krankenkasse kann als Mehrleistung (vgl Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, 2.Aufl, Stand 15. Mai 1985, § 205a RVO, Anm 3) die Erhöhung des Betrages bis auf 150,-- DM vorsehen. Ungeachtet dessen behält auch die Mehrleistung ihren Rechtscharakter als Mutterschaftsgeld.Die Gewährung von Mutterschaftsgeld schließ jeweils an den Eintritt eines bestimmten Versicherungsfalles an. Allerdings braucht dieser nicht stets derselbe zu sein. Das Gesetz bietet keinen Anhalt dafür, daß Leistungen, die durch eine einmal eingetretene Schwangerschaft erforderlich werden, auf einen einheitlichen Leistungsfall zurückzuführen sind (BSGE 49, 240 ,242 = SozR 2200 § 196 Nr 2 S 2). Vielmehr ist Versicherungsfall jeweils das Ereignis, welches das der jeweiligen Leistung eigentümliche Versicherungsrisiko verwirklicht und durch seinen Eintritt die Leistungspflicht begründet (BSGE 32, 270, 273 = SozR Nr 1 zu § 200a RVO). Bei den nach § 200 Abs 1 und § 200a Abs 1 Satz 1 RVO zum Bezug eines laufenden Mutterschaftsgeldes als Leistung mit Lohnersatzfunktion (BSGE 45, 114, 117 = SozR 7830 § 13 Nr 3 S 10; BSGE 47, 71, 76 = SozR 2200 § 200a Nr 3 S 12) berechtigten Versicherten wird der Anspruch auf Mutterschaftsgeld durch den Versicherungsfall des Einsetzens der Phase der besonderen Schutzbedürftigkeit der werdenden Mutter, das mit dem Beginn des Mutterschaftsgeldes (§ 200 Abs 3 RVO) zusammenfällt, ausgelöst (BSGE 32, 270, 273 = SozR Nr 1 zu § 200a RVO; BSGE 39, 162, 163 = SozR 2200 § 200a Nr 2 S 2; BSGE 40, 211, 212 = SozR 2200 § 200 Nr 2 S 6; BSGE 47, 71, 72 = SozR 2200 § 200a Nr 3 S 7; BSGE 49, 240, 242 = SozR 2200 § 196 Nr 2 S 2). Für das einmalige Mutterschaftsgeld nach § 200b RVO kann hingegen ein solcher Versicherungsfall nicht maßgebend sein. Hier entsteht der Anspruch auf Mutterschaftsgeld aufgrund des Versicherungsfalls der Entbindung (vgl Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 18. Aufl, Stand 1. September 1985, Band II/2, § 200b, Anm 3 und 4). Dasselbe gilt für den Anspruch eines Versicherten auf Familien-Mutterschaftsgeld nach § 205a Abs 2 RVO. Auch diese einmalige Leistung knüpft an die Entbindung als den insoweit maßgeblichen Versicherungsfall an (vgl Peters, aaO, § 205a, Anm 5 f). § 205a Abs 2 RVO setzt somit für die Gewährung sowohl des Regelbetrages von 35,-- DM als auch einer Mehrleistung bis zu 150,-- DM allein den Eintritt des "Versicherungsfalls" der Entbindung voraus. Würde die Bewilligung der Mehrleistung an die zusätzliche Voraussetzung gebunden, daß die familienhilfeberechtigte Angehörige ärztliche Untersuchung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung in Anspruch genommen hat, so würde damit im Ergebnis die Mehrleistung von dem Eintritt eines weiteren Versicherungsfalls abhängig gemacht. Bei Leistungen aus Anlaß der Inanspruchnahme der zur ausreichenden und zweckmäßigen ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung gehörenden Untersuchungen ist nämlich der maßgebende Versicherungsfall nicht die Entbindung, sondern die Schwangerschaft bzw die erstmals nach dem Beginn der Schwangerschaft in Anspruch genommene Mutterschaftsvorsorge (BSGE 57, 50, 52 = SozR 2200 § 198 Nr 2 S 3). Die Ermächtigung des § 205a Abs 2 Halbsatz 2 RVO zur Erhöhung des Familien-Mutterschaftsgeldes über den Regelbetrag von 35,-- DM hinaus umfaßt jedoch nicht die Befugnis zur Einführung eines zusätzlichen Versicherungsfalles für die Mehrleistung. Damit würde im Ergebnis anstelle einer "Mehrleistung" eine andersartige "Regelleistung" eingeführt (vgl auch BSGE 15, 61, 63 = SozR Nr 2 zu § 205a RVO). Das ist von der dem Satzungsgeber durch § 205a Abs 2 RVO erteilten Ermächtigung nicht mehr gedeckt.

Auch nach dem rechtsystematischen Gesamtzusammenhang des § 205a Abs 2 RVO muß es als unzulässig angesehen werden, die Gewährung eines erhöhten Familien-Mutterschaftsgeldes von der Inanspruchnahme ärztlicher Untersuchungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung abhängig zu machen. Das ergibt sich einmal aus dem Zusammenhang des § 205a mit §§ 200, 200a und 200b RVO. Letztere Vorschriften regeln Voraussetzungen und Umfang des Anspruchs derjenigen Frauen, die selbst Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind, auf Mutterschaftsgeld. Diese Ansprüche setzen die Inanspruchnahme ärztlicher Untersuchungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung nicht voraus. Dann aber ist kein sachgerechter Grund dafür ersichtlich, die Gewährung des erhöhten Familien-Mutterschaftsgeldes nach § 205a Abs 2 RVO von einer solchen Inanspruchnahme abhängig zu machen. Zwar kann nicht außer Betracht bleiben, daß es sich bei dem erhöhten Familien-Mutterschaftsgeld um eine Mehrleistung, bei den Mutterschaftsgeldern nach §§ 200 bis 200b RVO dagegen um Regelleistungen handelt. Dieser Unterschied bietet jedoch keine Rechtfertigung dafür, die Erhöhung des Familien-Mutterschaftsgeldes an die zusätzliche Voraussetzung der Inanspruchnahme ärztlicher Untersuchungen zu binden. Die dem Satzungsgeber in § 205a Abs 2 Halbsatz 2 RVO erteilte Ermächtigung bezieht sich allein auf eine "Erhöhung" der Regelleistung von 35,-- DM bis zu einer Obergrenze von 150,-- DM und gestattet ihm deswegen ausschließlich solche Erwägungen, welche sich auf die Höhe des Familien-Mutterschaftsgeldes und speziell auf die Frage beziehen, ob die Gewährung des Regelbetrages ausreichend oder aber etwa wegen der Entwicklung der Lebenshaltungskosten oder der finanziellen Situation der anspruchsberechtigten Versicherten eine Erhöhung des Betrages geboten oder zweckmäßig ist. Hingegen dürfen Gesichtspunkte, die für die Höhe des Familien-Mutterschaftsgeldes nicht unmittelbar relevant sind und sich im Kern auf den Grund des Anspruchs beziehen, nicht herangezogen werden. Dazu gehört die zusätzliche Voraussetzung der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen. Der Senat pflichtet der Klägerin darin bei, daß die verstärkte Inanspruchnahme ärztlicher Untersuchungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung auch durch familienhilfeberechtigte Angehörige gesundheitspolitisch erwünscht ist und mittelbar durch die Möglichkeit einer Früherkennung und -behandlung von Erkrankungen auch zu einer Ersparung von Aufwendungen führen mag. Indes sind dies keine Umstände, die - wie etwa die wirtschaftliche Situation der Versicherten oder die Leistungsfähigkeit der Kasse - von unmittelbarer Bedeutung für die Entscheidung des Satzungsgebers über eine Erhöhung des Familien-Mutterschaftsgeldes sind.

Zum anderen ist der rechtssystematische Zusammenhang zwischen § 205a RVO einerseits und §§ 196, 198 RVO andererseits zu berücksichtigen. Nach § 205a Abs 1 Satz 1 RVO erhalten Versicherte für Familienangehörige, für die sie Anspruch auf Familienkrankenpflege haben, Mutterschaftshilfe. Diese umfaßt mit Ausnahme des Mutterschaftsgeldes, für welches § 205a Abs 2 RVO eine spezielle Regelung enthält, die auch für Versicherte vorgesehenen Leistungen (§ 195 Nrn 1 bis 4 RVO; vgl BSGE 49, 240, 242 = SozR 2200 § 196 Nr 2 S 2). Zu diesen gehören die Ansprüche auf ärztliche Betreuung und auf Hebammenhilfe während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (§ 196 Abs 1 RVO) und auf den Pauschbetrag nach der Entbindung, wenn ua die zur ausreichenden und zweckmäßigen ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung gehörenden Untersuchungen in Anspruch genommen worden sind (§ 198 RVO). Demnach wird die Inanspruchnahme ärztlicher Betreuung auch seitens der familienhilfeberechtigten Angehörigen eines Versicherten mit der "MutterschaftsvorsorgePrämie" (vgl BSGE 57, 50, 54 = SozR 2200 § 198 Nr 2 S 6) nach § 198 RVO honoriert. Daß daneben ein weiterer Anreiz zur Inanspruchnahme ärztlicher Untersuchungen auch noch durch Gewährung eines gemäß § 205a Abs 2 Halbsatz 2 RVO erhöhten Familien-Mutterschaftsgeldes geboten werden darf, ist auszuschließen. Vielmehr muß insoweit § 198 RVO als abschließende Regelung des Inhalts angesehen werden, daß für die Inanspruchnahme ärztlicher Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung ausschließlich eine einmalige Leistung von 100,-- DM zu gewähren ist, weitere Vergünstigungen hierfür hingegen weder der Versicherten selbst noch einem Versicherten für eine familienhilfeberechtigte Angehörige gewährt werden dürfen, um die mit § 198 RVO bezweckten Anreize zu verstärken. Hätte der Gesetzgeber das im Rahmen des § 205a Abs 2 RVO als Voraussetzung für die Gewährung eines erhöhten Familien-Mutterschaftsgeldes als Mehrleistung zulassen wollen, so hätte dies gerade im Hinblick auf § 198 RVO im Wortlaut der Norm (§ 205a Abs 2 RVO) zum Ausdruck kommen müssen. Das ist nicht geschehen.

§ 20c der Satzung der Klägerin in der von der Vertreterversammlung am 30. Juni 1981 beschlossenen Fassung verstößt nach alledem gegen geltendes Recht und ist nicht genehmigungsfähig (§ 324 Abs 2 RVO). Der Bescheid des Beklagten vom 21. Dezember 1981 in seinem aufrechterhaltenen Umfang ist rechtmäßig. Dies führt zur Zurückweisung der Revision der Klägerin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Streit 1986, 102

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