Leitsatz (amtlich)
Die Beitragspflicht, die nach GAL § 27 durch die Erklärung begründet wird, die Entrichtung von Beiträgen fortsetzen zu wollen, wird nicht davon berührt, daß der ehemalige Landwirt später heiratet und gemeinsam mit seinem Ehegatten ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibt, das der Ehegatte überwiegend leitet.
Normenkette
GAL § 14 Abs. 1 Fassung: 1973-12-19, Abs. 6 Fassung: 1973-12-19, § 27 Abs. 1 Fassung: 1969-07-29
Verfahrensgang
SG Aurich (Entscheidung vom 15.06.1977; Aktenzeichen S 9 Lw 1/76) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 15. Juni 1977 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die 1944 geborene Klägerin hatte als landwirtschaftliche Unternehmerin für die Zeit vom 1. Mai 1965 bis zur Abgabe des Betriebes am 31. Oktober 1971 Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse entrichtet und sich danach gem § 27 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) zur Weiterentrichtung von Beiträgen bereit erklärt. Die Beklagte hatte darauf festgestellt (Bescheid vom 14. August 1972), daß für die Klägerin weiterhin Beitragspflicht bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres oder bis zum Beginn der Zahlung des vorzeitigen Altersgeldes oder der Landabgaberente bestehe.
Die Klägerin heiratete am 5. Juli 1974 einen hauptberuflichen Landwirt, der nach ihren Angaben zur landwirtschaftlichen Alterskasse beitragspflichtig ist und Beiträge entrichtet. Im April 1975 beantragte sie unter Hinweis auf ihre Eheschließung Freistellung von der übernommenen Beitragspflicht. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 28. April 1975, Widerspruchsbescheid vom 3.Oktober 1975). Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide zu verurteilen, sie ab 1. August 1974 von der Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse zu befreien, da die doppelte Beitragspflicht bei einem Ehegattenbetrieb nicht im Sinne des Gesetzes liege. Die Klage blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts - SG - vom 15. Juni 1977). Das SG hat ausgeführt: Nach § 27 Abs 1 GAL begründe die Erklärung, die Entrichtung von Beiträgen fortzusetzen, Beitragspflicht in dem genannten Umfang. Eine Befreiung von der Beitragspflicht nach Heirat mit einem Landwirt sehe das Gesetz nicht vor.
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision macht die Klägerin geltend: Der Gesetzgeber habe an den Sachverhalt, daß ein ehemaliger Landwirt, der sich zur Weiterentrichtung von Beiträgen verpflichtet habe, selbst wieder einen landwirtschaftlichen Betrieb übernehme oder heirate und zusammen mit seinem Ehegatten einen landwirtschaftlichen Betrieb führe, nicht gedacht. Das Gesetz enthalte insoweit eine Lücke, die durch Auslegung zu schließen sei. Übernehme der ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer wiederum einen landwirtschaftlichen Betrieb, so sei die übernommene Verpflichtung zur Weiterentrichtung von Beiträgen im Verhältnis zur Beitragspflicht gem § 14 Abs 1 GAL subsidiär. Das gelte auch dann, wenn der ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer heirate und zusammen mit seinem Ehegatten einen landwirtschaftlichen Betrieb führe, und zwar auch dann, wenn sein Ehegatte den Betrieb überwiegend leite und daher nach § 14 Abs 6 GAL allein beitragspflichtig sei. Anderenfalls würden die Eheleute mit doppelten Beiträgen belastet, eine Rechtsfolge, die der Gesetzgeber, wenn er an einen solchen Sachverhalt gedacht hätte, nicht in Kauf genommen haben würde. Das Gesetz sei dahin auszulegen, daß in einem solchen Fall die Beitragspflicht des ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmers gem § 27 GAL so lange ruhe, als dieser mit einem beitragspflichtigen Landwirt verheiratet sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sie von der Beitragspflicht gem § 27 GAL von dem Zeitpunkt an zu befreien, seit dem und so lange sie mit einem gem § 14 Abs 6 GAL beitragspflichtigen Landwirt verheiratet ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Beide Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin war zurückzuweisen.
Die Klägerin begehrt im Hinblick auf ihre Ehe mit einem beitragspflichtigen Landwirt Freistellung von der gem § 27 GAL übernommenen Beitragspflicht, sei es unter dem Gesichtspunkt eines mit einer Verpflichtungsklage geltend zu machenden Befreiungsanspruchs, sei es unter dem Gesichtspunkt eines mit einer Feststellungsklage geltend zu machenden Ruhens oder Wegfalls dieser Beitragspflicht. Die Klage ist unter beiden Gesichtspunkten unbegründet.
Von der durch ihre Erklärung gem § 27 Satz 3 GAL aF begründeten Beitragspflicht kann die Klägerin weder durch einen Widerruf ihrer Erklärung noch auf andere Weise freikommen. Die abgegebene Erklärung über eine Weiterversicherung nach § 27 GAL ist unwiderruflich. Der § 27 GAL in der bei Abgabe der Erklärung im Sommer 1972 noch gültigen Fassung des Gesetzes vom 29. Juli 1969 (BGBl I S. 1017) besagt das zwar nicht ausdrücklich. Jedoch sah schon das GAL 1957 in § 20 ausdrücklich vor, daß die Erklärung über eine Weiterversicherung unwiderruflich sei, es sei denn, der Unternehmer verzichte auf Ansprüche aus diesem Gesetz. Mit § 21 GAL idF des Änderungsgesetzes vom 3. Juli 1961 (BGBl I S. 845) (GAL 1961) wurde diese Regelung dahin geändert, daß die Erklärung eine Beitragspflicht mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres oder bis zum Beginn der Zahlung des vorzeitigen Altersgeldes (später noch ergänzt: oder der Landabgaberente) begründe. Die Beitragspflicht bis zum 60. Lebensjahr sowie die zugleich eingeführte Wartezeit sollte Mißbrauchsmöglichkeiten weitgehend ausschließen (BT-Drucks III/1110 S. 11 f zu Nr 20). Diese Regelung und die entsprechende Regelung bei Abgabe der Erklärung im GAL 1969 kann nur im Sinne einer unwiderruflichen Bindung bis zu den genannten Zeitpunkten verstanden werden.
Eine Ausnahme von dieser so begründeten Beitragspflicht für den Fall der Ehe mit einem ebenfalls beitragspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer sieht das Gesetz nicht vor. Das Gesetz enthält entgegen der Ansicht der Klägerin insoweit auch keine Lücke, die im Wege der Auslegung geschlossen werden könnte. Es spricht nichts dafür, daß der Gesetzgeber die zahlreichen Möglichkeiten eines ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmers, der sich zur Weiterentrichtung von Beiträgen verpflichtet hat, durch Eheschließung oder auf andere Weise später noch eine (eigene oder abgeleitete) anderweitige Alterssicherung zu erwerben, übersehen haben könnte. So ist im vorliegenden Zusammenhang auch an die Fälle zu denken, in denen ein ehemaliger landwirtschaftlicher Unternehmer einen zur Rentenversicherung versicherungspflichtigen Arbeitnehmer heiratet. Da der ehemalige Landwirt in derartigen Fällen keine eigenen Ansprüche zur Alterssicherung erwirbt, sondern nur abgeleitete Rechte, erscheint es durchaus sinnvoll, ihn an seiner Verpflichtung, die eigene Alterssicherung fortzuführen, festzuhalten. Diese Regelung ist jedenfalls nicht so widersinnig, daß aus ihr geschlossen werden könnte, der Gesetzgeber habe an solche Sachverhalte nicht gedacht.
Ob dies auch für den Fall gilt, daß der ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer selbst wieder beitragspflichtig wird, sei es nach § 14 Abs 1 GAL, weil er einen landwirtschaftlichen Betrieb übernimmt, sei es nach § 14 Abs 6 wegen überwiegender Leitung des Betriebs, braucht hier nicht entschieden zu werden. In diesen Fällen ließe sich zwar wohl kaum eine doppelte Beitragspflicht des ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmers annehmen (vgl § 14 Abs 5 2. Halbsatz GAL, wonach ein landwirtschaftlicher Unternehmer sogar dann nur einen Beitrag entrichtet, wenn er mehrere landwirtschaftliche Unternehmen betreibt); ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor, weil der Ehegatte der Klägerin den gemeinsam geführten landwirtschaftlichen Betrieb überwiegend leitet, so daß gem § 14 Abs 6 GAL im Hinblick auf diesen Betrieb nur der Ehegatte der Klägerin, nicht aber diese selbst beitragspflichtig ist.
Die Revision macht zu Unrecht geltend, insoweit komme es nicht darauf an, welcher Ehegatte den Betrieb überwiegend leite, entscheidend sei allein die gemeinsame Bewirtschaftung. Die Revision verkennt dabei, daß bei überwiegender Leistung des Betriebes durch den Ehegatten der ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer keine Alterssicherung aus eigenem Recht erwirbt, sondern nur eine Alterssicherung aus abgeleitetem Recht. Er hat hinsichtlich der Alterssicherung die gleiche Rechtsstellung, die er hätte, wenn der überwiegend leitende Ehegatte Alleinunternehmer des landwirtschaftlichen Betriebes wäre. Insoweit kann dahinstehen, wie es sich mit den Rehabilitationsmaßnahmen verhält. Einen eigenen Anspruch auf Altersgeld erwirbt nach § 2 GAL jedenfalls nur derjenige Ehegatte, der gem § 14 Abs 6 GAL Beiträge zahlt (BSG SozR 3100 § 30 Nr 27). Für den nicht nach § 14 Abs 6 GAL beitragspflichtigen Ehegatten ist daher die Fortführung der eigenen Alterssicherung sinnvoll. Sie gewährt ihm Ansprüche, die nach anderen Voraussetzungen entstehen (und wegfallen), als bloß abgeleitete Ansprüche (§§ 2, 3, 14 Abs 4 GAL). Selbst beim Zusammentreffen von Ansprüchen beider Ehegatten ist die Erlangung eines eigenen Anspruches noch von Vorteil (§ 4 Abs 3 GAL), so daß insoweit ohne weitere Anhaltspunkte allein vom Ergebnis her gesehen eine Gesetzeslücke nicht angenommen werden kann.
Zu Unrecht meint die Klägerin schließlich, dem § 14 Abs 6 GAL den Grundsatz entnehmen zu können, daß Ehegatten nur einen Beitrag leisten müßten. Die Ausnahme des § 14 Abs 6 GAL gilt nur für den Fall, daß beide Ehegatten ein gemeinsames landwirtschaftliches Unternehmen betreiben und einer der beiden Ehegatten das Unternehmen überwiegend leitet. Betreibt jeder der beiden Ehegatten ein eigenes landwirtschaftliches Unternehmen oder betreiben beide ein gemeinsames Unternehmen, ohne daß es einer überwiegend leitet, so ist jeder der beiden Ehegatten beitragspflichtig. Eine doppelte Beitragspflicht von Ehegatten ist deshalb nach dem Gesetz durchaus möglich.
Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen